Trotz Masern-Verdachts: Oberstufe der Gesamtschule stellt sich vor

Erst 24 Stunden zuvor war noch das Gesundheitsamt in der Willy-Brandt-Gesamtschule. Denn die Nachricht kam am Donnerstag aus heiterem Himmel: Ein Schüler könnte an Masern erkrankt sein. Vorerst ist es noch ein Verdacht, aber die Schule hat alle Sicherheits-Register gezogen. Alle Lehrer und Mitschüler, die in Kontakt mit möglicherweise an Masern erkrankten Schüler waren, sind beurlaubt. Auch der Tag der offenen Tür ist vorsichtshalber deutlich abgespeckt worden. „Das ist uns sehr schwergefallen, weil der Tag eine lange Tradition hat und auch schon lange angekündigt war. Wir wollen aber auf Nummer sichergehen und nichts riskieren“, schildert Schulleiterin Ilka Detampel.

Mit Kohlestift und Händen den Falten auf der Spur: Im Kunstunterricht konnten die Besucher den Schülern beim Tag der offenen Tür über die Schulter schauen.

Sie ist nach diesen zwei Tagen zur Fachfrau für Masern geworden. Inkubationszeit, Ansteckungsgefahr, Sicherheitsmaßnahmen: „Ich bin jetzt voll und ganz informiert“, kommentiert Ilka Detampel die Ereignisse der letzten Stunden. Die Sicherheitsmaßnahmen sind sofort angelaufen. Gesundheitsamt und Bezirksregierung wurden informiert. Alle setzten sich zusammen und beschlossen, kein Risiko einzugehen, bis es Klarheit gibt. Alle, die Kontakt zu dem betroffenen Schüler hatten, müssen sich am Montag beim Arzt untersuchen lassen. Das Blut wird Aufschluss geben, ob es eine Infektion gegeben hat. 14 Tage können zwischen einer möglichen Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit vergehen. Masern gehören zu den ansteckendsten Krankheiten. Dabei handelt es sich um einen Virus, der schon durch bloßes Einatmen übertragen werden kann. Fieber, Husten, Hautflecken: Die Symptome sind vielfältig und können sogar tödlich enden.

Gut besucht war das Café, in dem es nicht nur selbstgebackene Kuchen gab, sondern auch viele Informationen zu Anmeldungen und Schwerpunkten der Oberstufe.

Die Schüler der SII ließen sich am Samstag die gute Laune trotzdem nicht verderben. Schließlich hat der Tag der offenen Tür an der Gesamtschule eine lange Tradition. Dabei schauen viele Ehemalige in ihren alten Klassenräumen vorbei, es ergeben sich interessante Begegnungen und spannende Gespräche. Das war auch diesmal nicht anders, obwohl die SI aufgrund des Masern-Verdachtsfalls nicht mitmachen konnte. Der Fächermarkt der Oberstufe fand trotzdem statt und hatte auch viele interessante Einblicke zu bieten. Eltern und Schüler brachten unzählige selbstgemachte Kuchen mit und füllten damit ein eigenes Café. Selbstgemachte Crêpes und Baguettes: Auch kulinarisch gab es einiges zu entdecken. Johanna Schneider hatte jedenfalls ein volles Programm an diesem Tag. Sie hat die Realschule beendet, den Q-Vermerk schon in der Tasche und möchte unbedingt das Abitur machen. Biologie und Chemie sind die Fächer, die die 16-Jährige am meisten interessieren. „Ich möchte gern Medizinerin werden oder wenigstens etwas in der Medizin machen“, schildert sie ihre Pläne. Das Gymnasium kommt für sie nicht in Frage. Deshalb schaute sie sich in den Räumen der Gesamtschule um, sprach zusammen mit ihrer Mutter mit Lehrern und Schülern und war sehr angetan. Das Berufskolleg in Unna wird sie sich ebenfalls noch anschauen.

Farbstoffen mit Licht und Falten mit Kohle auf der Spur

Ab in den Apparat und Lichtwellen einschalten: Die Chemieschüler zeigen, wie man der Indigo-Farbe der Jeans chemisch auf die Schliche kommt.

Gerade für Johannas Berufswünsche hat die Gesamtschule einiges zu bieten. Die Zusammenarbeit mit Bayer und der Chemie-Schwerpunt der Schule, die technische Ausstattung inklusive 4K-Fernsehern und Breitband-Internet in jedem Klassenraum, Unterricht mit eigenen Laptops und Handys: Da stecken viele neue Ideen im Unterrichtsplan. In jeder Klasse lagen die Schulbücher für alle Fächer aus und Lehrer und Schüler standen als Ansprechpartner bereit. Etwa im Chemieraum, wo Ruven Bals mit seinen Kollegen aus dem Leistungskurs Jeans zerschnibbelte, die Farbstoffe herausholte und in einer Apparatur mithilfe von Lichtwellen und anschließenden mathematischen Formeln herausfand, welcher und wieviel Farbstoff in einer Jeans steckt. Im Kunstraum war eine Decke über eine Staffelei gehängt worden und die Schüler versuchten sich mit Kohlestiften und Leinwand daran, die Falten mit ihren Schattenwürfen so gut wie möglich einzufangen. „Das machen sie hier heute zum ersten Mal – und sehr gut“, war der Lehrer mehr als zufrieden.

Ganz schön sportlich: Der Sportkurs präsentiert sich mit Geräten und guter Laune.

Sogar Türkisch können alle, die die Oberstufe der Gesamtschule besuchen, lernen. Hier gibt es Fortführungskurse, die demnächst vielleicht auch für alle Interessierten geöffnet werden – auch für solche Schüler, die Türkisch ganz neu lernen wollen. Das Fach ist auch deshalb spannend, wie hier über die kulturellen Wurzeln, Aspekte der Alltagskultur oder aktuelle politische Entwicklungen diskutiert wird.Linn Melina Raulien interessierte sich dagegen mehr für Sport und Mathematik. Das sollen ihre Leistungskurse werden, wenn sie demnächst die Oberstufe besucht. Auch sie möchte das Abitur machen, nachdem sie die Realschule abgeschlossen hat. Die Kamener Gesamtschule hat sie sich schon angeschaut. „Es ist gar nicht so leicht, sich zu entscheiden“, meint die passionierte Handballerin.

Lecker: Mit Crepes macht Französisch richtig Spaß.

Ein bisschen Zeit, sich zu entscheiden, hat sie noch. Die Anmeldewoche beginnt erst in ein paar Tagen. Dann werden sich wahrscheinlich wieder ca. 80 Schüler für die Oberstufe an der Willy-Brandt-Gesamtschule anmelden – die Hälfte wird von anderen Schulen auch aus Kamen oder Werne dazustoßen. So war der Trend der letzten Jahre. Davor gab es eine Phase, in der die Oberstufe noch stärker war und ca. 100. Schüler umfasste. Auch die zentralen Abschlussprüfungen stehen noch an.Der Tag der offenen Tür der SI ist nicht abgesagt, sondern nur verschoben. Wann er nachgeholt wird, steht noch nicht fest. Den 25. Januar hat die Schulleitung bereits ins Auge gefasst. Der Tag wird sehr wahrscheinlich an einem Wochentag stattfinden. „Wir werden uns hier mit den Grundschulen abstimmen“, erläutert Ilka Detampel.