Konzertierte Aktionen gegen die Einbrecherbanden im Kreis Unna
Der Kampf gegen organisierte Einbrecherbanden und stärkere Bemühungen, junge Leute wieder von der schiefen Bahn wieder abzubringen: Das waren zwei wichtige Themen beim Frühlingsempfang des SPD-Stadtverbands am Sonntag auf der Ökologiestation in Heil.
Gastredner war Landesinnenminister Ralf Jäger mit einem Vortrag über „Innere Sicherheit“. Die ersten Ausrufzeichen setzten seine Vorredner. Bürgermeister Roland Schäfer betonte, dass Bergkamen nach wie vor im Vergleich zu den Nachbarstädten allen Unkenrufen zum Trotz einer niedrigere Kriminalitätsrate habe. Das bestätigte auch der wiedergenesene Landrat und Polizeichef im Kreis Unna, Michael Makiolla. Nirgendwo sonst im Land lebten die Bürgerinnen und Bürger sicherer als im Kreisgebiet und auch in Bergkamen.
Sorgen bereitet allerdings Makiolla der sehr starke Anstieg bei den Wohnungseinbrüche. Auch hier hat Bergkamen mit nur 3 Prozent im vergangenen Jahr einen vergleichsweisen geringen Anstieg. Im Kreisgebiet liege das Plus bei 20 Prozent. Von einer deutlich verstärkten Polizeipräsenz in den Wohngebieten in den kommenden Monaten verspricht sich Landrat Michael Makiolla Besserung. Neben den eigenen Kräften der Kreispolizei soll hier auch Bereitschaftspolizei eingesetzt werden.
Hauseigentümer sollten es Einbrechern schwerer machen
Ursache für landesweit zu verzeichnenden Anstieg bei den Einbrüchen seien organisierte Verbrecherbanden aus Südost-Europa, die bittere Armut aus ihren Herkunftsländern nach der EU-Erweiterung hierhin getrieben habe, erklärte Innenminister Ralf Jäger. Sie kämen nicht nachts, sondern in der Regel in der Dämmerung, wenn die Wohnungseigentümer zwischendurch für ein, zwei Stunden das Haus verlassen haben. Nachbarn sollten deshalb besser aufeinander achtgeben. „Besser ist es hier, ein Mal zu viel die 110 zu wählen, als ein Mal zu wenig“, betonte der Minister.
Auch sollten die Hauseigentümer es den Einbrechern schwerer machen, in die Wohnung einzudringen. Die Nachrüstung eines Fenster koste rund 80 Euro. Bei einem Neubau wären nur 20 Euro Mehrausgaben pro Fenster notwendig. Bei rund 40 Prozent aller Einbrüche bleibe es beim Versuch, weil die Täter nicht schnell genug zum Ziel kämen. Er habe es selbst wegen der zahlreichen Vorführungen, bei denen er nur mit einem Schraubenzieher zu Werke gehe, zur Meisterschaft gebracht. „Inzwischen kriege ich jedes ungesicherte Fenster innerhalb von drei Sekunden auf.“
Jugendkriminalität: Vorbeugen spart dem Staat viel Geld
Ein weiterer Schwerpunkt der Polizeiarbeit wird laut Jäger die Vorbeugung bei der Jugendkriminalität sein. Die traditionelle Vorgehensweise der Strafverfolgungsbehörden hat sich nach seiner Überzeugung letztlich als wirkungslos erwiesen. „Nach einer Haftstrafe werden 70 Prozent der Täter wieder rückfällig“, erklärte Jäger. Als beispielhaft nannte er das Projekt „Kurve kriegen“, in dem rund 200 junge Leute betreut werden, die mit den Gesetzen in Konflikt geraten sind. Für ihn hat das Motto „Lieber heute helfen, als später hart bestrafen“ auch einen materiellen Sinn: „Pro Tag kostet jeder Straftäter in Haft 110 Euro. Wenn wir nur einen Teil dieses Geldes in die Prävention investieren, dann spart der Staat viel Geld.“
Dass hier der Innenminister im Kampf gegen die Jugendkriminalität auf Vorbeugen setzt, haben sicherlich die Bergkamener Bezirksbeamten und auch Ludger Kortendiek vom Bergkamener Jugendamt gern gehört. Sie arbeiten schon seit vielen Jahren nach diesem Prinzip. Dazu gehört zum Beispiel das „Schulschwänzerprojekt“, in dem die Polizei eng mit den Schulen, den Eltern und dem Jugendamt zusammenarbeiten. Für junge Täter, die durch zahlreiche Körperverletzungen in Erscheinung treten, ist ein spezielles Anti-Gewalt-Training entwickelt worden.
Neuartiger Crash-Kurs für junge Fahrer
Mehr Vorbeugung soll auch die hohe Zahl von Unfällen im Straßenverkehr verringern helfen, in denen junge Fahrer verwickelt sind. Ralf Jäger setzt hier auf eine Art „Crash-Kurs“, in dem vor einer Klasse Feuerwehrleute über ihre Gefühle berichten, wenn sie Unfallopfer aus einem Pkw schneiden und befreien, oder Polizeibeamte, wenn sie den Eltern die Todesnachricht über ihr Kindes überbringen. Die jungen Fahrer sollen vor allem dazu gebracht werden, nicht zu rasen.
Zu Beginn des Frühlingsempfangs ging Stadtverbandsvorsitzender Bernd Schäfer auch auf die Vorgänge bei der Westfälischen Rundschau ein. Die Schließung deren Lokalredaktionen sei ein schwerer Schlag gegen die „pluralistische Meinungsvielfalt im Kreis Unna“, erklärte er. Unerträglich sei es für ihn, wie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangenen worden sei. Und: Es sei eigentlich die Verpflichtung der WAZ gewesen, vor solch einem Schritt das Gespräch mit ihnen zu suchen.
Dieser Frühlingsempfang wird sicherlich vielen Teilnehmern in guter Erinnerung bleiben. Landesinnenminister Ralf Jäger hat sich zu dem ein lebendes Denkmal gesetzt: Er pflanzte nach dem offiziellen Teil auf dem östlichen Gelände der Ökologiestation einen Obstbaum der Sorte „Dülmener Herbstrosenapfel“.