18 DVD’s im Hosenbund: Klauaktion bei Aldi

von Andreas Milk

Immerhin 18 DVD’s passten in den Hosenbund von Maria F. (22, Namen geändert). Den eher ungewöhnlichen Aufbewahrungsort hatte sie gewählt, weil sie die DVD’s stehlen wollte, gemeinsam mit ihrem Freund Wiktor K. (23), der Schmiere stand. Das Pärchen war am frühen Abend des 2. November in den Aldi-Markt an der Jahnstraße gekommen – heute standen sie wegen gemeinschaftlichen Diebstahls vor dem Kamener Amtsrichter.

Beide gaben Geständnisse ab. Die jungen Leute sprachen von einer Dummheit, die sie sich da wohl erlaubt hätten. Wiktor K. bezeichnete sich als Filmsammler – er brauche Tauschobjekte. So erklärte er denn auch, dass einige Titel gleich mehrfach „mitgingen“. Dem Vertreter der Staatsanwaltschaft fiel auf, dass es sich überwiegend um solche Titel handelte, die „schon was älter“ seien – worauf K.s Verteidiger sachkundig erwiderte: „Vielleicht gibt’s die deshalb bei Aldi.“ In K.s Kofferraum fanden Ermittler später an jenem Abend noch reichlich CD’s und DVD’s ungeklärter Herkunft – musikalisch war alles dabei von Tim Bendzko bis Kelly Family; bei den Filmtiteln stach „Inferno“ mit acht Exemplaren hervor.

Maria F. und Wiktor K. haben selbst keine Einkünfte, leben von der Hilfe ihrer Eltern. Für die geklauten Aldi-DVD’s – Gesamtwert: 159,91 Euro – müssen die beiden nun jeweils 600 Euro Geldstrafe zahlen.




„Nutte“, „Schlampe“: Geldbuße für mutmaßlichen Pöbel-Nachbarn

von Andreas Milk

Geschäftsleute freuen sich über Stammkunden – Strafrichter sind eher genervt. Der 34-jährige Bergkamener Thomas K. (Name geändert) war schon häufiger im Kamener Amtsgericht. Diesmal ging es um Beleidigung. „Schlampe“ und „Verpiss dich, du Nutte“ – das soll er am Nachmittag des 19. Januar seiner Nachbarin in einer Straße nahe dem Bayer-Werksgelände zugerufen haben.

Und was diese Nachbarschaft angeht: Die hat dem Gericht halt schon allerhand Arbeit beschert in den letzten Jahren. Man mag sich halt nicht besonders in diesem Wohnquartier – vorsichtig ausgedrückt. Beim Prozesstermin erklärte Thomas K. nun, er habe die Frau nicht beleidigt, sondern bloß Sachen aus seinem Auto geholt, als sie vorbeigegangen sei.

Reue und Einsicht sehen anders aus. Trotzdem: Richter Christoph Hommel hatte Deeskalation im Sinn und „keine Lust, dass wir hier wieder eine Lawine lostreten“. Sein Vorschlag: Verfahrenseinstellung gegen Geldbuße. Denn eine Verurteilung, so die Sorge des Juristen, werde womöglich ein Revanche-Foul provozieren, und das ganze Theater finge von vorn an.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte erst Bedenken – und zwar, weil von Thomas K. eben kein Geständnis gekommen war. Aber am Ende lenkte er ein.

Ergebnis: K. muss eine Geldbuße von 500 Euro an die evangelische Jugendhilfe Menden zahlen. Tut er das, ist die Sache erledigt, ohne neuen Eintrag im Vorstrafenregister. Appell des Richters zum Schluss: „Sehen Sie zu, dass es zu solchen Geschichten nicht mehr kommt.“




LKW-Unfall auf A 2: Anwalt in Rage – aber Führerschein gerettet

von Andreas Milk
Harte Worte unter Juristen: Ein Strafverteidiger warf dem Kamener Amtsrichter Martin Klopsch heute „fast schon erpressungsähnliches“ Verhalten vor. Klopsch erwiderte, er wolle halt nicht, „dass einer mit dem LKW auf mich zu kommt und mich platt macht“. Es ging um einen Unfall auf der A 2 – und um die mögliche Entziehung eines Führerscheins. Genau die drohte im Gerichtssaal dem Berufskraftfahrer Franz F. (57, Name geändert).

F. war am 15. August 2017 – abends gegen 21 Uhr – mit seinem Laster auf der Autobahn in Richtung Hannover unterwegs. Sein LKW rammte einen Wagen auf dem Seitenstreifen. Die Fahrerin stand neben dem Wagen; sie war wohl ausgestiegen, weil sie ein gesundheitliches Problem hatte. Die Berührung des LKW führte dazu, dass der Wagen gegen die Frau gedrückt wurde. Die erlitt eine Verletzung am Bein.

Konsequenz: ein Verfahren gegen Franz F. wegen fahrlässiger Körperverletzung. An sich keine große Sache. Aber: F. hat im Straßenverkehr schon mehr als reichlich Mist gebaut. 2009 verlor er den Führerschein, weil das Flensburger Punktekonto voll war. Als er den „Lappen“ nach Medizinisch-Psychologischer Untersuchung – alias Idiotentest – zurück hatte, folgten weitere Verkehrsverstöße. Die Sache auf der A 2 passierte, als gerade schon ein Verfahren wegen Handynutzung am Steuer gegen F. lief. Und ein Zeuge sagte, F.s Laster habe kurz vorm Zusammenstoß mit dem Wagen der Frau geschlingert – was den Verdacht aufkommen lässt, F. sei auch diesmal abgelenkt gewesen.

Bereits vor dem Gerichtstermin heute hätte die Sache für F. erledigt sein können. Er hatte einen Strafbefehl über 1.200 Euro erhalten. Doch statt zu zahlen, legte er Einspruch ein. Richter Klopschs lautes Nachdenken über ein vorläufiges Einkassieren des Führerscheins – Grund: mangelnde Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs – brachte F.s Anwalt in Rage. Einige Minuten Beratung auf dem Gerichtsflur – dann teilten er und sein Mandant mit: Der Einspruch gegen den Strafbefehl wird zurückgenommen. Damit war das Ganze erledigt; für den Richter gab es nichts mehr zu entscheiden.

„Rechtmäßig und gerecht ist das in keinem Fall“, kommentierte der Anwalt das Prozedere. Richter Klopsch bekannte, sein Ziel sei es eigentlich gewesen, F. den Führerschein wenigstens für eine Weile abzunehmen. Das Interesse der Allgemeinheit sei höher zu bewerten als das Interesse eines Einzelnen.




Ikea: Klauversuch an der SB-Kasse – Haftstrafen auf Bewährung

von Andreas Milk

Gemeinschaftlicher versuchter Diebstahl plus Urkundenfälschung: Dafür sind zwei Frauen heute vor dem Amtsgericht Kamen zu vier und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Tatort war das Ikea-Haus im Kamen Karree – genauer: dessen Selbstscanner-Kasse.

Am frühen Abend des 18. Februar 2017 hatten die beiden Frauen vier Teppiche ausgewählt. Die hätten insgesamt rund 457 Euro gekostet. Tatsächlich wies die Kasse aber nur vier Mal 1,99 Euro – insgesamt 7,96 Euro – aus. Die Erklärung: ein überklebtes Preisschild. Das nachträglich angebrachte Etikett von einem Billig-Artikel für 1,99 Euro wurde ganz bewusst und eben vier Mal von den Frauen eingescannt, war Richter Martin Klopsch überzeugt.

Die beiden Angeklagten hatten den Fall völlig anders dargestellt: Es habe Probleme mit der benutzten ec-Karte gegeben, darum hätten sie auf den Preis, den das Display anzeigte, gar nicht geachtet. Erst, als ein Detektiv sie hinter der Kasse ansprach, seien sie darauf aufmerksam geworden, dass etwas nicht stimmte.

Kaum zu glauben sei das – da waren sich Richter und Staatsanwalt einig. Es gab überhaupt so einiges, das die Frauen belastete. Zum Beispiel, dass sie zwar alle vier Teppiche am Scanner vorbei geführt haben wollen – dieser Scanner von den vier Teppichen aber nur einen einzigen registrierte, den aber dafür gleich vier Mal. Nämlich den mit dem 1,99-Euro-Barcode. Merkwürdig auch: Als der Detektiv den Kassenbon sehen wollte, hatten die Frauen diesen Bon angeblich schon verklüngelt – und das gerade einmal einige Sekunden, vielleicht eine halbe Minute nach Passieren der Kasse.

Mehrere Vorstrafen wegen Diebstahls kommen noch dazu. Dass die Frauen bei Ikea quasi aus Versehen zu Täterinnen wurden – eher unwahrscheinlich, so die Überzeugung des Richters.
Beide sind berufstätig – beide müssen als Bewährungsauflage Geld zahlen, in unterschiedlicher Höhe, gemäß Einkommenssituation. Das heißt konkret: Sofern das Urteil rechtskräftig wird, kriegt der Naturschutzbund NABU 2.000 Euro, die Aktion Lichtblicke ist mit 800 Euro dabei. Teure Teppiche für einen guten Zweck.




„Pass auf, mein Freund…“: Pampige Botschaft an Belastungszeugen via Facebook-Messenger

von Andreas Milk

Wer in einem Strafprozess angeklagt ist, kann eigentlich kaum etwas Idiotischeres tun, als vor dem Gerichtstermin Zeugen anzupflaumen oder gar zu bedrohen: Richter sind da empfindlich. Aber genau das tat Kevin M. (Namen geändert), Endzwanziger aus Bergkamen-Oberaden.

Im Kamener Amtsgericht hatte er sich heute für eine Reihe demolierter Autos zu verantworten. Einige Tage ist es her, da bekam ein potenzieller Belastungszeuge eine Sprachnachricht via Facebook-Messenger von Kevin M. Das war insofern praktisch, als der Zeuge diese Nachricht nun dem Gericht bequem vorspielen konnte. Sie startete mit den Worten „Jetzt pass mal auf, mein Freund…“, danach wurde es noch weit ruppiger. „Das war richtig dumm“, erkannte jetzt auch Kevin M. selbst.

Rückblende: In der Nacht zum 2. Juli 2017 sind zwei junge Männer im Bereich Am Hohen Kamp in Oberaden unterwegs. Sechs Autos – darunter ein Pommeswagen – werden beschädigt. Anwohner rufen die Polizei und nehmen die Verfolgung auf. Die beiden mutmaßlichen Randalierer werden schließlich gestellt – und zwar in der Wohnung von Kevin M.

Der beteuerte vor dem Richter wieder und wieder, nicht er sei es gewesen, der sich an den Fahrzeugen ausgetobt habe. Blieb als möglicher Täter nur sein Kumpel, der mitangeklagte Jochen F. – der allerdings den Prozess schwänzte. Zeugen bestätigten: Nicht beide Männer, sondern nur einer von den zwei Spätheimkehrern habe Krawall gemacht. Auf einem Foto erkannten sie ihn wieder: Jochen F.

Mit dem wird sich die Justiz nochmal extra befassen müssen. Kevin M. dagegen verließ das Gericht mit einem Freispruch – auch wenn der Richter ihm nicht abnahm, dass er von den Sachbeschädigungen nicht das Geringste mitbekommen habe in jener Nacht, obwohl er in der Nähe von Jochen F. die Straße entlang ging.

Nicht nur der Freispruch ist erfreulich für Kevin M., sondern auch die Tatsache, dass er nicht wegen Verdunkelungsgefahr in Haft landete: Hätte der Empfänger der pampigen Sprachnachricht sofort Polizei und Gericht informiert, wäre das nicht unwahrscheinlich gewesen. Im Gerichtssaal nahm der Zeuge eine Entschuldigung Kevin M.s an.




Nachts Knall gehört: Eigenes Auto war demoliert

von Andreas Milk

Es war nachts um halb zwei, und an der Lassallestraße lag die Studentin Marie M. (alle Namen geändert) mit einem fiesen Hustenanfall im Bett, als draußen vor dem Haus gerade ihr Auto demoliert wurde. Der Verursacher stand jetzt vor dem Kamener Strafrichter: Christoph E. soll sich der Unfallflucht schuldig gemacht haben. Doch daran gab es am Ende starke Zweifel.

Der Reihe nach: In jener Nacht im vergangenen September wollte E. sein Auto in der Lassallestraße abstellen, aber da war nichts frei – drum wollte er rückwärts wieder herausfahren. Dabei muss er wohl gegen den Wagen von Marie M. gestoßen sein. Die hörte einen Knall durchs gekippte Fenster, zog den Rolladen hoch, gestikulierte in Richtung Christoph E. – doch der, sagt sie, habe bloß erschrocken geguckt und sei weggefahren. Die Polizei klingelte ihn später aus dem Bett.

Der 22-Jährige sagt: Von dem Zusammenstoß mit dem fremden Fahrzeug habe er nichts mitbekommen. Und das sei auch glaubhaft, sagte ein Sachverständiger der Dekra. Er lieferte folgende Erklärung: Christoph E. habe rangieren müssen, um aus der engen Straße zu kommen; dabei habe er auch kräftig gebremst. Die Erschütterung beim Zusammenprall mit Marie M.s Auto könne von dem abrupten Bremsmanöver quasi verschluckt worden sein.

Auch der erschrockene Gesichtsausdruck E.s, den Marie M. schilderte, scheint damit erklärbar: E. könnte verstört und verunsichert darüber gewesen sein, durch das Abbremsen vermeintlich gerade noch eine Kollision vermieden zu haben – auch wenn es tatsächlich eine solche Kollision gab.

Als Schadenshöhe wurden knapp 1.300 Euro ermittelt. Strafrechtlich wird’s billiger: Für den Unfall als solchen – als Verstoß gegen die StVO – wurde Christoph E. zu einer Buße von 35 Euro verurteilt. Was den Vorwurf der Unfallflucht angeht, sprach der Richter ihn frei.




Bei Kaufland Schnaps, bei KIK eine Jeans und anderes mehr: Bergkamener geht vier Monate ins Gefängnis

von Andreas Milk

Wer als Angeklagter vor dem Strafrichter sitzt und den dann in einer Tour mit „Chef“ oder „Meister“ anredet, der tut sich damit nicht unbedingt einen Gefallen. Vorsichtig ausgedrückt. Aber Kamens Strafrichter Martin Klopsch ist nach 30 Jahren im Job einiges gewohnt. Die laxen Umgangsformen des Bergkameners Lars F. (Name geändert) brachten ihn nicht aus der Ruhe.

Es ging – unter anderem – um eine kuriose Form des Diebstahls: F. stand vor ein paar Monaten in einer Dortmunder Bahnhofsbuchhandlung und trank dort seelenruhig mehrere Getränkedosen aus, die er natürlich nicht bezahlt hatte. An einem anderen Tag wurde er von einem Hausmeister an der Bergkamener Zentrumstraße in einer leerstehenden Wohnung aufgegabelt, in der er eigentlich nichts zu suchen hatte. Und bei Kaufland an der Töddinghauser Straße klaute er Schnaps und Zigaretten, bei Kik schnappte er sich eine Jeans.

Lars F. hat ein Drogenproblem. Er schäme sich, sagte er – wobei er aber auch hin und wieder selbst über den Mist lache, den er da so fabriziere: Die Sache mit der leeren Wohnung etwa – da müsse er wohl „zugedröhnt“ gewesen sein.

Ein halbes Dutzend Vorstrafen hat F., die letzte Verurteilung war erst im vergangenen November. Diesmal nun setzte es vier Monate Haft. Abschließender Tipp vom „Chef“: Er könne Berufung beim Landgericht einlegen und zusehen, dass er vor dem Termin der neuen Verhandlung einen Therapieplatz bekommt. Das könne die Kollegen am Landgericht dazu bringen, die Strafe zu mildern – sprich: zur Bewährung auszusetzen.




Mann vom Ordnungsamt vor Imbiss attackiert: 1800 Euro Geldstrafe für Fahrer eines Lieferfahrzeugs

von Andreas Milk

Seit 2017 gilt im Strafrecht eine neue Vorschrift: Sie soll speziell Vollstreckungsbeamte, Feuerwehrleute, Sanitäter vor tätlichen Angriffen schützen. Im Prozess um einen Vorfall in Bergkamen hat der Kamener Amtsrichter Martin Klopsch diese Vorschrift heute angewandt – Ergebnis: eine hohe Geldstrafe für einen Rempler auf offener Straße.

Am 19. Juni 2017 – wenige Wochen nach Inkrafttreten des neuen Paragraphen – war Klaus G. (alle Namen geändert), Mitarbeiter des Ordnungsamtes Bergkamen, auf der Rünther Straße im Einsatz: Vor einem türkischen Imbiss stand ein Lieferwagen quer auf dem Bürgersteig; Fahrer Sedat P. lud gerade Kisten mit Brot aus. Klaus G. wollte das mit seiner Kamera dokumentieren. Sedat P., so die Anklage, stieß ihn deshalb gegen die Brust.

Beim Gerichtstermin bestritt Sedat P. erst, dass es überhaupt eine Berührung gegeben habe: Streit um die Ahndung des ordnungswidrigen Parkens ja – Körperkontakt nein. Klaus G. schilderte das ganz anders: P. sei plötzlich auf ihn zu gelaufen und habe ihn mit der Brust angestoßen. Da sei für ihn das Maß des Erträglichen überschritten gewesen – „wir müssen uns ja sowieso schon einiges anhören“. Zwar erlitt Klaus G. keine Verletzung und keine Schmerzen, dennoch zeigte er den ruppigen Brotlieferanten an.

Der ist 45 Jahre alt, hat keinerlei Vorstrafen und bekannte sich letztlich doch dazu, an jenem Tag auf der Rünther Straße wohl etwas aufbrausend gewesen zu sein. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, eine Haftstrafe sei hier zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht nötig – eine Geldstrafe tue es auch.

Dem folgte Richter Klopsch in seinem Urteil: 90 Tagessätze à 20 Euro – eine hohe Summe, erst recht für den Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente von rund 400 Euro monatlich. Grundsätzlich wären wenigstens drei Monate Haft fällig gewesen (die in diesem Fall wohl zur Bewährung ausgesetzt worden wären). Sollte das Urteil rechtskräftig werden und Sedat P. das Geld nicht zahlen können, drohen eben diese drei Monate Haft immer noch – dann eben in Form einer so genannten Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen.

Der Gesetzgeber will, sagte Richter Klopsch, dass das Strafrecht auch abschreckt. Spricht sich die neue Vorschrift rum, werden die Attacken – hoffentlich – weniger.




Haft auf Bewährung für etwas Bürokram

von Andreas Milk

Vier Monate Haft auf Bewährung, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit: ein ganz schön hoher Preis für ein bisschen Büromaterial. Aber so lautete nun mal das Urteil im Prozess gegen den Bergkamener Markus F. (Name geändert) vor dem Amtsgericht in Kamen.

Im April und Mai vorigen Jahres hatte F. Ware für rund 80 Euro bei einem Versand für Bürobedarf im thüringischen Jena bestellt, und zwar unter falschem Namen. Immerhin: Straße und Hausnummer schienen zu stimmen, sonst wären die beiden Pakete nicht bei ihm angekommen. Geld bekam der Jenaer Lieferant nicht. Und deshalb schickte er auch nichts mehr raus, als Bestellung Nummer drei, vier und fünf aus dem westfälischen Bergkamen eintrudelten.

Stattdessen kümmerten sich ein Inkassobüro und die Justiz um die Belange des Bergkamener „Kunden“.
Der hatte vor Aufgabe der Bestellungen längst einen Offenbarungseid leisten müssen. Den Bürokram zu ordern, sei „der größte Fehler gewesen, den ich machen konnte“. Er sei inzwischen dabei, alles zu bezahlen. Gläubiger und Behörden verlangen insgesamt rund 260 Euro – keine Riesensumme eigentlich. Es sei denn, einer ist eh schon blank.

Markus F. hat Probleme mit seiner Psyche, Erfahrung mit Psychopharmaka – und mit deren vorschneller Absetzung -, obendrein ein Vorstrafenregister: Betrug steht drin, aber auch sexueller Missbrauch. „Sie bewegen sich in Richtung Gefängnis“, fand jetzt der Richter. Wenn F. die Arbeitsauflage erfüllt und „sauber“ bleibt, bewegt er sich einen großen Schritt davon weg.

 




Angeklagter zerknirscht, Chef enttäuscht – und wohl 70.000 € Schaden

von Andreas Milk

Ein zerknirschter Angeklagter hat heute im Kamener Amtsgericht seinen enttäuschten Ex-Chef wiedergesehen. André H. (Name geändert) war bis September vorigen Jahres in einem Bergkamener Großhandel beschäftigt. Dann flog er auf – mit einem Diebstahl im großen Stil. Digitalkameras und anderes Material für 6.200 Euro hatte er aus der Firma herausgemogelt. Das war allerdings bloß die berühmte „Spitze des Eisbergs“. H. soll seit 2016 einen Schaden von insgesamt rund 70.000 Euro angerichtet haben. Er konnte das, weil er Vertrauen genoss.

Aber irgendwann schöpfte die Geschäftsleitung eben doch Verdacht. Der „Schwund“ im Warenlager war einfach zu groß. Eine Videoüberwachung lieferte die nötigen Anhaltspunkte für eine Falle. Als H. schließlich ein weiteres Paket mit geklauter Ware auf den Weg brachte – Adressat: ein Freund von ihm -, kam alles raus: Die Kripo griff zu.

Besonders bitter: In der Bergkamener Firma gehörte H. quasi zum Inventar. 1994 hatte er hier seine Ausbildung begonnen, seitdem war er dabei. Privat lief allerhand schief. Eine Scheidung brachte finanzielles und psychisches Desaster. Als es H. so richtig mies ging, kam ihn der Chef im Krankenhaus besuchen. Man ist per Du – und war es auch im Gerichtssaal. Dort betonte H., wie leid ihm alles tue. Er allein sei schuld; der Freund, an den er Kameras & Co. weitergab, habe keine Ahnung gehabt, dass was faul war. Sein Job sei es gewesen, die Sachen online zu verkaufen.

H. hat keinerlei Vorstrafen. Das Urteil jetzt: sechs Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung. Schadenshöhe und das besondere Vertrauensverhältnis, das H. ausgenutzt habe, spielten eine Rolle, so der Richter. Der appellierte an H., sich nicht mehr vor Gericht sehen zu lassen. Außerhalb der Justiz wollte H. bisher nicht zu seinem Tun stehen. Er habe eine Freundin und mit ihr ein Kind, erklärte er. Aber noch wisse sie nichts vom Prozess und von der Sache mit den Kameras.




„Falscher“ Steuerberater soll in den Knast

von Andreas Milk

Ein „falscher“ Steuerberater aus Bergkamen ist vor dem Amtsgericht in Kamen zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden – ohne Bewährung. Jahrelang hatte er einem Forstunternehmen vorgemacht, die Steuerangelegenheiten abzuwickeln. Was er tatsächlich tat, ließ sich im Nachhinein schwer rekonstruieren. Fest steht: Das Unternehmen hatte und hat Stress mit dem Finanzamt.

Markus F. (38, Name geändert) ist – immerhin – Steuerfachangestellter. Derzeit kümmert er sich um die Buchhaltung eines Transportbetriebs in einer Großstadt. Das Forstunternehmen geriet vor einigen Jahren an Markus F., als der noch im Büro eines (echten) Steuerberaters saß. Als er sich dann selbstständig machte, behielt das Unternehmen ihn als Betreuer in Sachen Steuer. Motto: Wir geben dem jungen Mann eine Chance.

Dass er selbst ein Steuerberater sei, habe er nie behauptet, sagte Markus F. vor Gericht. Aber, zugegeben: Er habe Leistungen versprochen, zu denen er gar nicht befugt sei. „Ich habe denen gesagt, ich habe alles beim Finanzamt eingereicht. Aber das stimmte nicht.“

Die Bürochefin und De-facto-Geschäftsführerin des kleinen Unternehmens machte in ihrer Zeugenaussage das Ausmaß der Trickserei deutlich. Allein für die Jahre 2014 und 2015 habe das Finanzamt rund 26.000 Euro nachgefordert. Hätte sich ein Profi um die Steuerangelegenheiten gekümmert, wären dagegen wohl 10.000 Euro zurückerstattet worden. Denn: Markus F. hat anscheinend Firmenausgaben über Privatkonten der Inhaber verrechnet – geradezu so, als würden die sich zum Vergnügen beispielsweise Trecker anschaffen.

Für seine Arbeit gegen das Wohl der Kunden stellte er 452 Euro monatlich in Rechnung. Allein das summierte sich zu einer Schadenshöhe von mehr als 19.000 Euro.

Verbunden mit dem Haft-Urteil ordnete der Richter den Einzug eben dieser Summe bei dem Angeklagten an. Der hat die Möglichkeit, vor dem Landgericht Dortmund Berufung einzulegen. An einer Haftstrafe ist dabei wohl nicht zu rütteln. Es könnte aber eine Bewährungschance dabei herauskommen.