Sieg-Heil-Ruf vor dem Amtsgericht: „Voll dumm von mir“ – 1000 Euro Geldstrafe

von Andreas Milk

Nicht nur, dass die Bergkamener Polizei in der Nacht zum 25. Juli mit Fällen von Brandstiftung an Fahrzeugen zu tun hatte. Nein – während der Ermittlungen an der Fritz-Husemann-Straße fiel den Beamten auch noch der 35-jährige Peter E. (Name geändert) auf. Mehrfach rief er „Sieg Heil!“, gerichtet wohl an eine Gruppe von Leuten, in der sich ein Mann arabischer Herkunft aufhielt.
Die Staatsanwaltschaft klagte E. wegen des „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen an“ – heute saß er im Kamener Amtsgericht. „Voll dumm von mir“ sei die Brüllerei gewesen. Ein Nazi sei er nicht. Die Sache tue ihm leid.

Für die Justiz ist Peter E. Stammkunde. Er verbüßte vor rund 15 Jahren eine Jugendstrafe wegen versuchten Totschlags; später saß er wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz in Haft. Er stand und steht unter Führungsaufsicht. Sein Bewährungshelfer wusste durchaus auch Positives zu berichten: E. besuche inzwischen die Abendschule, um den Realschulabschluss zu machen, die jüngsten Alkohol- und Drogentests hätten nichts Auffälliges ergeben, und mit der rechten Szene habe er tatsächlich nichts zu schaffen. E. ist verheiratet, hat drei Kinder, ist Hartz-IV-Bezieher.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 10 Euro. Wenn E. es will, kann die Staatsanwaltschaft diese Strafe in gemeinnützige Arbeit umwandeln. Das hätte laut Bewährungshelfer den Vorteil, dass etwas Struktur in seinen Alltag käme.

Hinten im Zuschauerraum saß während der Verhandlung E.s Frau. Beim Rausgehen sagte der Richter zu ihr: „Passen Sie auf ihn auf!“ – Antwort: „Ich geb‘ mir Mühe.“




Mit 1,8 Promille erwischt – doch der Führerschein kommt schneller zurück als gedacht

von Andreas Milk

 




„Das Übliche“: Attacke gegen drei Polizisten – Paar aus Bergkamen verurteilt

von Andreas Milk

Es sei eben „das Übliche“ gewesen in der Nacht zum 29. Januar, sagte die junge Polizistin heute als Zeugin im Kamener Amtsgericht. Das Übliche? „Traurig“ fand das der Vorsitzende Martin Klopsch. Die Beamtin, zwei Kolleginnen und ein Kollege mussten sich damals um ein Pärchen in Bergkamen kümmern: Pascal F. und Teresa H. (Namen geändert), beide Mitte 20, saßen jetzt als Angeklagte im Saal. Es ging um Widerstand, Bedrohung, Beleidigung, Körperverletzung und, nebenbei, um ein bisschen Marihuana, das bei F. und H. gefunden wurde.

Gegen zwei Uhr morgens war Pascal F. an der Wohnungstür von Teresa H. aufgekreuzt. Sie ließ ihn nicht rein – er demolierte die Tür und schlug die Frau. Die Polizei kam dazu. Weil Teresa H. ärztlich versorgt werden sollte und das Schloss an der Tür hinüber war, fuhren Streifenbeamte los, ihre Eltern zu holen, damit die auf die Wohnung aufpassen. Unterwegs wurden die Beamten zurück beordert: An Teresa H.s Wohnung gab es Probleme. Pascal F. wehrte sich heftig gegen die Polizei; Teresa H. hatte eine 180-Grad-Wende hingelegt und wollte F. plötzlich aus dem Polizeiwagen befreien.

Kurz und schlecht: Die Polizistinnen und der Polizist bekamen Schmähungen zu hören – „Schlampe“ noch eine der netteren -, es setzte Tritte, Bisse und versuchte Kopfstöße. Dem männlichen Beamten im Team drohte Pascal F., ihn und seine Söhne umzubringen. Bloß: „Ich hab‘ gar keine Söhne.“

Auf der Anklagebank waren Pascal F. und Teresa H. eher wortkarg. F. bestätigte knapp die Vorwürfe und äußerte sein Bedauern: „Außer Rand und Band“ sei er gewesen. „Das lief nicht, wie es hätte laufen sollen.“ H. wollte das Geschehen nicht näher schildern, erklärte aber, ihr Verhalten tue ihr leid. Beide hatten getrunken. Vorstrafen? Er ja, sie nein.

Das Urteil: Für Pascal F. fünf Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 40 Euro. Teresa H. muss ebenfalls eine Geldstrafe zahlen – genauso viele Tagessätze, aber jeweils nur halb so hoch, weil sie wohl deutlich weniger verdient.

Die Polizei sei damals losgefahren, um zu helfen, stellte Richter Klopsch fest. „Ich möchte den Beruf nicht machen.“




Tritt in den Bauch, Haarschnitt wider Willen? – Eine „schrecklich problematische Familie“ beschäftigt die Gerichte

von Andreas Milk

Diplomatischer als der Vorsitzende am Kamener Amtsgericht kann man es kaum sagen: „Die ganze Familie zeichnet sich dadurch aus, nicht unproblematisch zu sein.“ Die Bergkamener Sippe bringt zuverlässig einer Reihe von Juristen Arbeit.

Amtsgericht Kamen

Diesmal saß Marina H. (29, Name geändert) auf der Anklagebank. Die aus dem Kosovo stammende Frau soll vor knapp zwei Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder dessen Freundin misshandelt haben. Die war damals schwanger. Marina H. – so die Anklage – hielt die junge Frau fest; der Bruder trat ihr in den Bauch. Später habe Marina H. ihr dann auch noch die Haare abgeschnitten. Und, noch ganz was Anderes: Bei Zalando, Amazon und anderen Versandhändlern soll Marina H. Ware für Hunderte Euro bestellt und nicht bezahlt haben.

Was die Misshandlungsvorwürfe angeht: „Absurd“, sagt Marina H. Das angebliche Opfer sei inzwischen sogar wieder mit ihrem Bruder zusammen. Der wiederum machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Und seine Freundin selbst? Die machte im Laufe des Verfahrens widersprüchliche Angaben, beschuldigte neben Marina H. noch weitere Angehörige von deren Familie.
Auch in Sachen Versandhausschwindel war die Anklage wackelig. Als Zeuge sagte ein DHL-Zusteller aus: Er erinnere sich an einen „komischen Fall“ – und zwar habe er beim Liefern eines Paketes den Eindruck gehabt, von einem Mann vor dem Haus abgefangen zu werden. Dem gab er das Paket trotzdem: Die Zusteller haben Zeitdruck. Längere Debatten und Nachforschungen vertrügen sich kaum mit „durchschnittlich 180 Paketen am Tag“, von denen der Zeuge sprach.

Am Ende: Freispruch für Marina H. – sowohl in Sachen Körperverletzung als auch in Sachen Internetbetrug. Das Verfahren am Amtsgericht Kamen sei nur „kleiner Teil eines riesengroßen Verfahrens“ gewesen, so der Richter. Unter anderem gab es in dem Zusammenhang auch ein Gewaltschutz-Verfahren vor dem Familiengericht. Was die strafrechtliche Seite angeht, scheint die Staatsanwaltschaft ein bisschen überstrapaziert zu sein. Marina H.’s Verteidiger beanstandete, die Dortmunder Justizbehörde habe aus Versandhaus-Material, das bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurde, eine „Anklage gebastelt“, obwohl seine Mandantin den Versendern nachweislich nichts schuldig sei. Und der Richter schilderte, dass die Staatsanwaltschaft die Herausgabe einiger Akten verweigert habe – was wiederum ihn veranlasst habe, einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sodass Marina H. einen fairen Prozess bekommt.




Streit im Mietshaus ein Fall für die Justiz: Domina blieb der Gerichtsverhandlung fern

von Andreas Milk
In nüchternem Bürokratendeutsch ist die Anklage – wie üblich – abgefasst. Sie richtet sich gegen die 26-jährige Bergkamenerin Ivona K. (Name geändert). Die habe eine Nachbarin als – Zitat – „Stück Scheiße“ bezeichnet. Heute hätten sich die beiden Frauen vor dem Kamener Amtsgericht sehen sollen.

Die mutmaßliche Beleidigerin Ivona K. war zum Termin gekommen. Die mutmaßlich Beleidigte allerdings nicht. K. bestritt, die üblen Worte benutzt zu haben. Aber sie erzählte auch freimütig, dass es um die Nachbarschaft im Bergkamener Mietshaus nicht zum besten steht. Und das ist sehr, sehr zurückhaltend formuliert. Auch die Kinder werden wohl in den Streit der Großen mit hinein gezogen. K. jedenfalls schilderte, wie ihre Tochter vom Sohn der Nachbarin geschubst worden sei – woraufhin die Nachbarin das Mädchen der Lüge bezichtigt habe.

Zoff gab es außerdem um Wasser, das Ivona K. von ihrem Balkon im sechsten Stock kippte. Ein paar Tropfen seien wohl unten bei der Nachbarin gelandet. Die habe daraus ein Riesentheater gemacht – obwohl nichts Schlimmes passiert sei und das Wasser bei sommerlicher Hitze im August 2016 doch niemanden hätte stören dürfen.

Sonst noch was? Nur, dass die Nachbarin ihrer Ladung als Zeugin vor Gericht womöglich deshalb nicht gefolgt sei, weil sie in Hamburg als Domina arbeite – was sie übrigens selbst jedem erzähle. Die Frau – ob dominant oder nicht – muss nun 100 Euro Ordnungsgeld zahlen. Obendrein wird es einen neuen Termin geben, um zu klären, was dran ist an der Sache mit dem „Stück Scheiße“.

Weit einfacher hatte es die Justiz übrigens in einer anderen Strafsache gegen Ivona K.: ebenfalls eine Beleidigung, nur hatte K. sie praktischerweise für jedermann nachlesbar auf Facebook gepostet. Konsequenz war ein Strafbefehl nach Aktenlage – ohne aufwändigen Gerichtsprozess.




Dieses Tütchen Marihuana wurde teuer

So ein Tütchen, das kann ganz schön teuer werden. Der 35-jährige Christoph Müller (Name geändert) aus Bergkamen kann davon ein Lied singen. Der „Genuss“ von Marihuana brachte ihm jetzt eine Geldstrafe von 800 Euro ein.

Im Namen des Volkes... Foto: freepik
Im Namen des Volkes… Foto: freepik

Etwa zehnmal habe er ein Tütchen geraucht und vorher den Stoff auch gekauft, gab Christoph Müller in dieser Woche verschämt vor dem Kamener Amtsgericht zu. Etwa 20 Euro habe er jedes Mal bezahlt. Doch Christoph flog auf. Wie, das wurde vor dem Gericht nicht verraten. Aber offenbar gab es eine Hausdurchsuchung. Und Christoph saß plötzlich bei der Polizei. Und später vor Gericht.

Der Richter war entsetzt. „Viele glauben, das Marihuana harmlos ist. Aber das stimmt nicht. “

Die köperliche Beeinträchtigung sei wohl nicht so dramatisch. Aber viele Konsumenten würden ganz schlimm psychisch erkranken. „Irgendwann drehen Sie am Rad und kommen psychisch nicht mehr auf die Beine. Dann landen Sie in der Psychiatrie. Wollen Sie das?“, wetterte der Richter. Und der Angeklagte – immerhin auch Vater eines  Kindes im Grundschulalter – verneinte kleinlaut. „Ich habe Mist gebaut“, sagte er. Sein sofortiges Eingeständnis sprach ebenso für ihn wie die Tatsache, dass er regelmäßig arbeiten geht. Christoph Müller hat einen Job in der Gastronomiebrache.

Staatsanwaltschaft und Richter zeigten sich milde, auch wenn beide daraufhin wiesen, dass beim Erwerb und dem Konsum von Drogen eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren verhängt werden kann. Doch der Angeklagte kam mit einer Geldstrafe von 800 Euro (40 Tagessätze a 20 Euro) davon. Zudem hat er das Glück, dass diese Strafe nicht in seinem Führungszeugnis auftauchen wird.




Internetbetrug brachte Ehepaar eine Bewährungsstrafe

Zu jeweils eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilte das Schöffengericht Unna ein Bergkamen Ehepaar. Es hatte Waren im Wert von mehreren 1000 Euro im Internet bestellt und über einen Zwischenhändler weiterverkauft. Die Rechnung ihrer „Lieferanten“ bezahlten sie nie. Lesen Sie mehr auf „Report vor Ort Kreis Unna„.