Kiosk-Attacke mit Cappuccino: Geldstrafe

von Andreas Milk

Ein Becher mit Cappuccino kann ein Tatwerkzeug sein. Die Bergkamenerin Magda L. (38, Name geändert) stand wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Kamen. Am Vormittag des 11. Oktober 2018 war sie im Kiosk am Bergkamener Stadtmarkt einer Bekannten begegnet, Rosa F. (35). Freundlich ausgedrückt, schätzen die beiden Frauen sich nicht besonders. Plötzlich jedenfalls hatte Rosa F. den Inhalt von Magda L.s Cappuccinobecher im Nacken. Weil dieser Inhalt heiß war und Rosa F. Verbrühungen ersten Grades erlitt, stand nun in der Anklage gegen Magda L.: Sie habe sich der „Beibringung eines gesundheitsschädlichen Stoffes“ schuldig gemacht.

Magda L. gab die heiße Begegnung zu. Aber: Es sei ein Unfall gewesen. Rosa F. habe sie am Kiosk-Eingang im Vorbeigehen mit ihrer Tasche angestoßen. Dabei habe sie eben den Becher aus der Gewalt verloren. „Ich selbst habe auch was abgekriegt.“ Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte Freispruch.

Der Richter allerdings war von Magda L.s Schuld – und Vorsatz – überzeugt. 1500 Euro Geldstrafe lautete das Urteil. Wichtigster Punkt der Begründung: Ohne Absicht von Magda L. hätte der Cappuccino nicht in Schulterhöhe von Rosa F. gelangen können – zumal das Opfer der Kaffeeattacke noch rund 12 Zentimeter größer ist als die (Ver-) Schütterin. Die will das Urteil anfechten. Gut möglich also, dass die Justiz weiter mit den beiden zu tun hat. L. über F.: „Ständig zerrt sie mich vor Gericht.“




Im Zweifel für den Angeklagten: „Mein Cousin war’s“ – Freispruch

von Andreas Milk

Manchmal müssen die alten Lateiner ran. In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten: Das ist der Grundsatz, dem der 32-jährige Bergkamener Milan K. (Name geändert) seinen Freispruch vor dem Amtsgericht Kamen verdankt. Möglich, dass er am späten Abend des 18. Februar ohne Führerschein durch die Gegend gefahren war. Möglich, dass er’s nicht war.

Kurz vor Mitternacht war seinerzeit einer Polizeistreife der VW Golf auf der Straße Im Sundern in Oberaden aufgefallen. Die Beamten fuhren hinterher. Der Golf sei Schlangenlinien gefahren, erinnerte sich jetzt im Prozess ein Polizist, außerdem habe es unerklärliche Temposchwankungen gegeben: mal 40, mal 60 km/h. Die eher beschauliche Verfolgungsjagd endete in der Distelfinkstraße in Weddinghofen. Der Mann im Golf steuerte in eine Parklücke, stieg aus, lief weg. Einholen konnten der Polizist und seine Kollegin ihn nicht. Aber: Sie fanden ein Handy, das ihm aus der Tasche gefallen war. Und sie wussten dank Kennzeichenüberprüfung, dass die Besitzerin des Golfs in der Nähe wohnte: Milan K.s Verlobte.

Da klingelten sie auch gleich mal an. Ja, das Handy gehöre ihrem Verlobten, soll die Frau gesagt haben. Von einem getürmten Fahrer allerdings war in der Wohnung nichts zu sehen. Die Beamten gingen wieder – blieben aber in der Nähe und klingelten etwas später nochmal. Nun war Milan K. auch da. Gefahren sei er aber nicht, sagte er.

Nach seiner Darstellung saß ein Cousin von ihm am Steuer. Dieser Cousin lebt in Bosnien. Weder konnten die Polizisten im Gerichtssaal Milan K. als den Mann im Golf identifizieren – noch hatten sie damals das gefundene Handy sichergestellt und näher überprüft. Selbst die Staatsanwältin beantragte Freispruch, Milan K.s Verteidiger sowieso – das entsprechende Urteil wurde Sekunden später verkündet.




Wildwest auf der A 2: Lkw-Fahrer schaut in Pistolenlauf

von Andreas Milk

Als der Lkw-Fahrer Thomas M. (Name geändert) am 29. Oktober auf der A 2 in Richtung Hannover beim Fahren nach links aus dem Fenster sah, war aus dem Mercedes neben ihm eine Schusswaffe auf ihn gerichtet. „Da ist mir die Pumpe gegangen“, sagte er jetzt vor dem Kamener Amtsgericht. Die beiden Insassen des Mercedes waren angeklagt wegen Bedrohung und unerlaubten Führens der Waffe.

Verurteilt wurde schließlich nur der Fahrer: Er war es, der nach Überzeugung von Staatsanwältin und Richter mit der Waffe – einer Gasdruckpistole – hantiert hatte. Der Beifahrer wurde freigesprochen: Er hatte nach eigener Aussage die Waffe überhaupt nicht in der Hand gehabt und war von ihrem Auftauchen selbst überrascht.

Die Männer im Mercedes hatten den Vorfall so geschildert: Ein missglücktes Überholmanöver des Lkw-Fahrers Thomas M. habe sie zum abrupten Abbremsen gezwungen. Dabei sei die unterm Beifahrersitz deponierte Waffe nach vorn gerutscht. Beim Aufheben – nicht durch den Beifahrer, sondern durch den Fahrer – sei der Lauf der Pistole dann womöglich einen Moment lang so ausgerichtet gewesen, dass Thomas M. das als Bedrohung empfand.

Nur passte das nicht zur Schilderung von M.: Der erinnerte sich, das Zielen mit der Waffe habe mehrere Sekunden gedauert. Er habe Angst bekommen: „Heutzutage weiß man ja nie.“ Der Mercedes-Fahrer – über den Sitz seines Beifahrers gebeugt – habe ihn direkt angeschaut. Thomas M.s Reaktion: Er merkte sich das Nummernschild und rief die Polizei an. Der Mercedes wurde gestoppt, die Pistole gefunden.

Der Richter verurteilte den Mercedes-Fahrer zu einer Geldstrafe: 80 Tagessätze à 15 Euro muss er zahlen. Dazu kommt ein Fahrverbot: Zwei Monate ohne Führerschein.




Skurrile Drohung mit „Plastikkopf“ vor dem Amtsgericht

von Andreas Milk

Eine ausgesprochen skurrile Drohung soll der 48-jährige Bergkamener Markus K. (Name geändert) gegen einen Mann auf der Straße ausgesprochen haben. Und zwar lautete sie laut Anklageschrift: „Ich werde dafür sorgen, dass du einen Plastikkopf bekommst!“ Einem anderen habe er einen Schlag gegen die Schulter versetzt und ihn „Arschloch“ genannt; eine Frau auf der Hochstraße soll er als „Fotze“ bezeichnet haben. Es wäre also reichlich Stoff gewesen diese Woche beim Termin vor dem Kamener Amtsgericht.

Aber: Dieser Termin brachte nicht viel. Denn Markus K. entzog seinem Pflichtverteidiger das Vertrauen; auch der Anwalt bat daraufhin um seine „Entpflichtung“. Markus K. sagt von sich selbst, er sei überfordert mit seinem Leben. Er hat schon einmal in Haft gesessen, zuletzt wurde er zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt wegen Delikten, die denen in der neuen Anklageschrift ähnlich sind. K. sprach von einem „Mordversuch, den ich überlebt habe“ – tatsächlich gab es eine Messerattacke gegen ihn -, die Polizei terrorisiere ihn, seit März habe er keinen Strom.

Der Richter will nun prüfen lassen, ob für Markus K. die Bestellung eines Betreuers in Frage kommt. K. selbst will sich einen neuen Verteidiger suchen. Sein Ziel sei ein Freispruch: „Ich habe nichts gemacht.“




Autofreunde rasten im Kaufland-Parkhaus aus – Greenpeace und kroatische Kinder profitieren

von Andreas Milk

Drei junge Männer in drei teuren Autos geraten aneinander – und am Ende profitieren von dem Zoff drei gemeinnützige Organisationen. Das ist das Fazit einer Verhandlung im Kamener Amtsgericht. Hier sahen sich zwei Brüder und ein dritter Mann wieder. Im Parkhaus von Kaufland an der Töddinghauser Straße waren sie im April vorigen Jahres zusammengerasselt: Einer im Chrysler, einer im Ford Mustang, einer im Daimler.

Kurzfassung des Geschehens: Besagter dritter Mann regt sich über unnötiges Gasgeben eines der beiden Brüder auf. Der reagiert unwirsch. Zweiter Bruder schaltet sich ein. In den Anklageschriften gegen das Trio ist von einem Pfefferspray-Einsatz, einer Todesdrohung und einer Sachbeschädigung (Tritt gegen Autotür) die Rede. Und die einzige Zeugin, die bei der Aufklärung hätte helfen können, fehlte. Sie muss nun ein Ordnungsgeld zahlen.

Keiner der Angeklagten ist vorbestraft – und alle haben sie bei dem Vorfall im Parkhaus irgendwas abgekriegt. Das brachte Richter Martin Klopsch auf die Idee, das Verfahren einzustellen gegen Zahlung von Geldbußen. Die drei Männer waren einverstanden, der Staatsanwalt ebenso. Und so läuft es jetzt: Ein Angeklagter überweist 500 Euro an Greenpeace, die beiden übrigen – weil sie ein höheres Einkommen haben – jeweils 1.000 Euro an eine Organisation für Kinder in Kroatien beziehungsweise an einen Verein zur Förderung naturverträglicher Windräder im Münsterland. Ist das Geld angekommen, ist der Fall „Parkhaus“ vorstrafenfrei abgehakt. Sollte einer nicht zahlen, sitzt er bald wieder auf der Anklagebank.




Wucher beim Schlüsseldienst: Bewährungsstrafe für 767-Euro-Rechnung

von Andreas Milk

Wegen Wuchers ist der Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes vor dem Amtsgericht Kamen zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Nach Überzeugung des Richters hatte Janis S. (Name geändert) die Notlage eines Geschwisterpaars in Bergkamen ausgenutzt. 767 Euro stellte er den beiden im März vorigen Jahres für eine halbe Stunde Arbeit in Rechnung – zahlbar sofort per EC-Karte. Später gingen die Geschwister zur Polizei.
An jenem Tag hatte es erst einen Feuerwehreinsatz gegeben: Die Wohnung vom tablettensüchtigen Bruder der beiden Geschwister musste gewaltsam geöffnet werden. Der Mann war hilflos, konnte nicht mehr selbst öffnen, brauchte medizinische Versorgung. Als die Feuerwehr weg war, stand die Wohnungstür offen und ließ sich nicht mehr schließen. Kurzes Googeln per Handy, die erstbeste 0800er-Nummer gewählt – und wenig später war Janis S. zur Stelle.

Es war ein Freitagnachmittag, etwa 16 Uhr: Kein Anlass also für besondere Wochenend- oder Nachtzuschläge. Der Bruder des Wohnungsbesitzers witzelte noch im Beisein von Janis S., die Branche der Schlüsseldienste habe ja einen miesen Ruf – mehr als 200 Euro dürfe der Einsatz nicht kosten, denn mehr habe er nicht dabei. Von Janis S. soll in dem Moment keine Reaktion gekommen sein; er machte seine Arbeit. Die Rechnung wies letztlich einen nicht näher erklärten „fallspezifischen Einsatzwert“ von 159 Euro aus sowie 217 Euro für einen Zylinder und 169 Euro für ein neues Schloss, dazu noch ein Arbeitsentgelt, das auf einen Stundenlohn von fast 160 Euro hochzurechnen ist.

Janis S.‘ Verteidiger forderte Freispruch. Begründung: Wucher sei nicht gegeben – dafür bräuchte es laut Strafrecht eine Notlage der Opfer. Die habe gefehlt – die beiden hätten sich eine Alternative überlegen können. Das sah der Richter anders – und er erklärte, wer in diesem Fall schon nicht von Wucher sprechen wolle, der müsse doch zumindest gewerbsmäßigen Betrug in dem Verhalten von Janis S. sehen. Es ist nicht das erste Mal, dass S. angeklagt war: Einige Verfahren sind schon abgeschlossen, andere laufen noch, die letzten sieben Wochen hat S. in U-Haft verbracht.

Staatsanwaltschaften in NRW, in Kiel und Frankfurt/Oder beschäftigen sich mit ihm. Seine Bergkamener Opfer hatten mit der 767-Euro-Rechnung eher noch Glück. Anderswo soll Janis S. für ähnliche Dienste 1.600 bis 1.800 Euro verlangt haben.




Tempo 161 statt 130: Tochter beschuldigt – aber die Schwester war’s

von Andreas Milk

Es blieb alles in der Familie – und nun endet es familiär harmonisch. Als die 44-jährige Bergkamenerin Joyce M. (Name geändert) als Angeklagte im Kamener Amtsgericht saß, waren ihre Tochter und ihre Schwester als Zeuginnen geladen. Es ging um falsche Verdächtigung in Zusammenhang mit einem Tempoverstoß auf der A 2.

Als der passierte, war die gebürtige Nigerianerin Joyce M. in Afrika. Die promovierte Soziologin ist in der Flüchtlingshilfe tätig, im Auftrag des Bundesbildungsministeriums. Bei ihrer Rückkehr fand sie in der Post den Bußgeldbescheid wegen der überschrittenen Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn. Beigefügt war ein Foto, das ihre jüngere Schwester hinterm Steuer zeigte. Aber dieses Foto sah sich Joyce M. – noch im Reisestress und laut eigener Schilderung „voll sauer“ – wohl nicht näher an. Jedenfalls schrieb sie in den Anhörungsbogen, ihre Tochter sei gefahren. Denn das tut die üblicherweise auch, wenn Mutter auf Reisen ist. Nur eben nicht in diesem einen Fall – da war Joyce M.s Schwester mit 161 statt der erlaubten 130 Kilometer pro Stunde über die A 2 gekachelt.

Der Irrtum klärte sich auf, die Schwester zahlte prompt das Bußgeld – aber der Vorwurf der falschen Verdächtigung gegen Joyce M. blieb. Seit der Verhandlung heute ist der Fall abgehakt. Oder jedenfalls fast: Joyce M. soll 750 Euro an den Jugendhilfeverein „Sprungbrett“ zahlen. Sobald sie das getan hat, wird das Verfahren ohne Vorstrafe beendet. Vom Richter gab es obendrein den Rat, sich selbst einmal um Eintragung ins Register der NRW-Gerichte für Bußgeldempfänger zu kümmern. Denn auch Joyce M. führt einen gemeinnützigen Verein.




Ohne „Lappen“ am Steuer: 4.800 Euro Strafe

von Andreas Milk

„Ja, stimmt.“ Und: „Blöde Sache.“ Viel mehr gab es nicht zu sagen für den Verteidiger der 41-jährigen Serap K. (Name geändert) vor dem Kamener Amtsgericht. Seine Mandantin war wegen Fahrens ohne Führerschein angeklagt: Am 30. März 2018 war sie auf der A 2 in Bergkamen geblitzt worden.
Die Frau wohnt in Moers, betreibt als Franchise-Nehmerin eine Bäckerei in Düsseldorf. An jenem Tag hatte eigentlich jemand anderes in dem Auto sitzen sollen: Es handelte sich um die Übernahme eines Leasingfahrzeuges. Aber dieser andere Jemand war kurzfristig ausgefallen. Serap K. sah sich genötigt einzuspringen.

Ein Fehler – erst recht für eine Frau, die wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie Trunkenheit im Verkehr vorbestraft ist.
Das Geständnis ohne jede Einschränkung und ohne Entschuldigung à la „Meine Mutter lag im Sterben“ rettete sie wohl vor einer Freiheitsstrafe: Der Richter beließ es bei einer Geldstrafe von 4.800 Euro, verbunden mit einer einjährigen Sperre für die Ausstellung eines neuen Führerscheins. „Jedes Delikt bringt Sie weiter vom Führerschein weg“, sagte er der Angeklagten. Auch eine medizinisch-psychologische Untersuchung dürfte noch auf sie zu kommen, bevor sie sich eines Tages legal ans Lenkrad setzen darf.




Zwangsprostitution, Erpressung, Betrug: Prozessstart am Landgericht

von Andreas Milk

Zwangsprostitution, schwerer Betrug, dazu fünf Dutzend Fälle von räuberischer Erpressung. All das wirft die Staatsanwaltschaft einem 38-Jährigen vor. Geschehen sein sollen die Taten in Bergkamen und anderen Orten, teilt das Landgericht Dortmund mit. Dort beginnt an diesem Donnerstag der Prozess gegen den Mann. Er kommt aus Werne und sitzt derzeit in der Dortmunder JVA.

Die Anklage umfasst eine Zeit von Ende 2006 bis Herbst 2018. Der Mann soll Frauen, mit denen er zuerst eine Liebesbeziehung hatte, als Prostituierte in einem Club beschäftigt haben – wobei sie mehr als die Hälfte ihres Lohns an ihn abgeben mussten, heißt es. Das hätten einige zunächst freiwillig getan. Später habe der Angeklagte Gewalt angedroht – und auch angewandt.

Ein weiterer Anklagepunkt: Vom Kolpingwerk soll der 38-Jährige monatlich 681 Euro bezogen haben – als Förderung für die Beschäftigung einer Frau. Aber die von dem Mann behaupteten Lohnzahlungen an diese Arbeitnehmerin gab es nicht.

Und schließlich: Erpressungen zu Lasten von Freiern. Der Mann soll Frauen gezwungen haben, ihre Kunden zu Geldgeschenken zu bewegen. Sie schafften das, indem sie den Freiern von drohender Gewalt oder drückenden Kreditschulden erzählten. Das Geld ging an den Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem „hohen fünfstelligen Betrag“.

Das Landgericht Dortmund hat zur Klärung der Vorwürfe Prozesstermine bis Mitte Juli angesetzt.




Polo überschlägt sich im Kreisverkehr – betrunkener Fahrer türmt: Bewährungsstrafe

von Andreas Milk

Ein klassischer Fall von „Mehr Glück als Verstand“: Ein VW Polo kracht in einem Kreisverkehr gegen einen Findling, überschlägt sich, bleibt auf dem Dach liegen – und die beiden Insassen klettern so gut wie unversehrt heraus. Passiert war das am frühen Morgen des 17. August 2018 in Bergkamen an der Kreuzung Erich-Ollenhauer-/Schulstraße/Kleiweg. Der Fahrer – seinerzeit betrunken und ohne Führerschein – stand jetzt in Kamen vor Gericht: Sedat H. (Name geändert), 36 Jahre.

„Da hätte fürchterlich viel mehr passieren können“, fand Richter Christoph Hommel und sprach von einem „großen Schutzengel“. H. und sein Beifahrer waren damals nach dem Unfall weggerannt. Eine Polizeistreife war zufällig in der Nähe – und nach dem Anruf eines Zeugen entsprechend flott vor Ort. H. und sein Begleiter liefen den beiden Beamtinnen entgegen. Erst behaupteten sie, dass sie gerade beim Joggen seien – nicht wirklich glaubwürdig um 3.15 Uhr in der Frühe. Bei der Feststellung der Personalien gab H. einen falschen Namen an, stieß einer Polizistin gegen die Schulter, rannte aufs neue los und verlor dabei seinen Ausweis. Er sah die Polizei wenig später in seiner Wohnung wieder.

Eine Blutprobe ergab 1,16 Promille. „Nicht so gut“ sei das alles gewesen, kommentierte H. die Anklagevorwürfe und entschuldigte sich bei der Polizistin, der er den Stoß gegen die Schulter verpasst hatte. Die Beamtin hatte schon vor jener Nacht mit ihm zu tun gehabt, das Gericht ebenso: H. hat ein Vorstrafenregister mit Einträgen von Hausfriedensbruch über Körperverletzung bis hin zu illegalem Schusswaffenbesitz.

Zuletzt war es allerdings vergleichsweise ruhig – daher verhängte der Richter diesmal eine Bewährungsstrafe; es ist die zweite in H.s „Karriere“. Drei Jahre darf nichts passieren – sonst drohen sechs Monate Haft. Und einen Führerschein darf er – theoretisch – frühestens im Frühjahr 2021 wieder bekommen.




„Keine Wahl gehabt“: Geldstrafe für Kaufland-„Dauerdieb“

von Andreas Milk

Er habe „keine andere Wahl gehabt“, entschuldigte sich der 29-jährige Stefan P. (Name geändert) vor dem Kamener Amtsrichter. Bei Kaufland an der Töddinghauser Straße hatte er mehrmals gestohlen – zum Beispiel Red-Bull-Dosen. Die habe er dann für den halben Kaufpreis weiterverkauft, um leben zu können. Auch Tabak für den Eigenbedarf ließ er mitgehen. Insgesamt listete die Anklage Waren im Wert von knapp 200 Euro auf, gestohlen an drei Tagen Ende 2018 / Anfang 2019.

Stefan P. ist wohnungslos, steht unter Betreuung. Vom Amt habe er zwischen Dezember und Mitte April kein Geld gekriegt, sagte er. „Da bin ich eben klauen gegangen.“

Schon Ende Januar hatte P. wegen eines weiteren Diebstahls einen Strafbefehl bekommen – ein Umstand, der es dem Gericht erlaubte, zwei der drei jetzt angeklagten Taten zu den Akten zu legen: „Verfahren eingestellt“, weil noch vor Erlass des Strafbefehls passiert und nicht gravierend. Mit der dritten Tat ging das nicht. Folge: eine Geldstrafe von 400 Euro. Die wird sich wohl in eine gemeinnützige Arbeit umwandeln lassen. Dass bei P. nichts zu holen ist, weiß auch die Staatsanwaltschaft. Deren Vertreter im Sitzungssaal erklärte dem Angeklagten, dass es „immer Alternativen“ zu strafbarem Handeln gebe – etwa den Gang zur Behörde oder zur Tafel.