„Ich bin ja schuldig“ – sagt die Frau mit dem Pflegejob

von Andreas Milk

Es braucht wenig „kriminelle Energie“, um als Angeklagter vor Gericht zu stehen – oder sogar in U-Haft zu kommen. Das hat sich heute einmal mehr am Kamener Amtsgericht gezeigt. Ein Kraftfahrer aus Kamen und eine Pflegeassistentin aus Bergkamen hatten zu Unrecht Geld erhalten – er vom Jobcenter, sie von der Arbeitsagentur. Beide hatten es versäumt, den Behörden zu sagen, dass sie Arbeit hatten. Juristisch gesehen: Betrug.

Der Mann aus Kamen, Ende 50, war seit Mitte Mai 2017 bei einer Zeitarbeitsfirma. Für die Monate Juni bis August überwies ihm das Jobcenter trotzdem insgesamt 1348 Euro. Dass etwas nicht stimmte, merkte das Jobcenter schließlich bei einem Datenabgleich. Fast zeitgleich meldete sich auch der Kamener beim Jobcenter – und zwar, weil er seine Arbeitsstelle da schon wieder verloren hatte. Bereits den Beginn dieser Arbeit mitzuteilen, sei ihm nicht in den Sinn gekommen, erzählte der Mann dem Richter. Der Fehler sei „nicht mit voller Absicht“ passiert. Zur Vorgeschichte gehören ein Alkoholproblem, Depressionen und Suizidgefahr. „Ich habe mich abgeschottet.“ Für rechtliche Belange hat er auf eigenen Wunsch eine Betreuerin. Die 1348 Euro hat er längst zurückgezahlt. Vor allem aber war er wegen der ganzen Sache mehr als drei Wochen in der JVA. Denn weil er bei einem ersten Termin gefehlt hatte, erging ein Haftbefehl. Das Urteil nun: eine Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 15 Euro. Immerhin ist ein Drittel der Summe durch die abgesessene Haft erledigt.

Um einen Schaden von 759 Euro ging es im Prozess gegen die Bergkamener Pflegeassistentin. Der Arbeitsagentur hatte sie im August 2018 mitgeteilt, dass sie ab September eine Stelle haben werde. Tatsächlich arbeitete sie zu dem Zeitpunkt schon. Das sei „keine Absicht“ gewesen, erklärte die Frau peinlich berührt dem Richter, entschuldigte sich mehrfach und sprach von einem Todesfall in der Familie – sie sei durcheinander gewesen. Für ihren 30-Stunden-Job bekommt sie knapp 1100 Euro netto monatlich. Die 759 Euro von der Arbeitsagentur will sie nach und nach zurückzahlen. Das Gerichtsurteil – eine Geldstrafe von weiteren 900 Euro – akzeptierte sie sofort. „Ich bin ja schuldig.“




Ex-Nachbarn vor Gericht: „Sie wollte mich vernichten“

von Andreas Milk

Nachdem die ehemaligen Nachbarn aus Oberaden gesagt hatten, was es zu sagen gab, hatte der Kamener Amtsrichter noch einen dringenden Wunsch: „Dass Sie sich alle aus dem Wege gehen.“ Die 35-jährige Hausfrau und Mutter Bianca M. (Namen geändert) war angeklagt, weil sie am 22. Mai 2018 mit Bildaufnahmen den höchstpersönlichen Lebensbereich von Klaus S. (46) verletzt haben soll. Beide lebten im selben Mietshaus. Sie sagt heute: „Ich bin seinetwegen weggezogen.“ Er sagt: „Seit sie raus ist, ist es bedeutend ruhiger.“

Klaus S. hatte Bianca M. angezeigt, weil sie mit dem Handy in seine Wohnung hinein fotografiert habe. Außerdem habe sie ihre Tochter dazu gebracht, das Gleiche zu tun. Viel Klarheit brachte der Prozess nicht – höchstens darüber, wie glücklich sich ein/e jede/r schätzen darf, wenn er/sie nette Nachbarn hat. Laut Bianca M. war es Klaus S. selbst, der wieder und wieder die Handykamera zückte. Und laut Klaus S. wiederum wollte Bianca M. ihn regelrecht „vernichten“ und habe Andere gegen ihn aufgehetzt. Auf Anraten eines Polizisten habe er sie schließlich „zurückgefilmt“. Einen USB-Stick mit den so entstandenen Aufnahmen habe er auf der Wache abgeliefert. Bloß: In den Akten findet sich davon nichts.

Der Richter stellte das Verfahren gegen Bianca M. ein – unter anderem, weil nicht bewiesen sei, dass am 22. Mai irgendwelche Filme oder Fotos vom damaligen Nachbarn Klaus S. entstanden seien. S. hat die Möglichkeit, Privatklage zu erheben – falls er nicht doch zu dem Schluss gelangt, dass es langsam mal genug ist.




Kopfhörer-Klau bei Berlet: Elektronik schafft Klarheit

von Andreas Milk
Der Berlet-Markt „An der Bummansburg“ in Rünthe verkauft nicht nur Elektronik – er nutzt sie auch. Aufnahmen aus den Überwachungskameras überführten einen Ladendieb, der auf den ersten Blick gar keiner zu sein schien: Silvio B. (Name geändert) musste sich jetzt vor dem Strafrichter am Amtsgericht in Kamen verantworten.

Der 29-jährige Dortmunder hatte im vergangenen Mai bei Berlet mitgeholfen, zwei Kopfhörer der Marke Bose im Gesamtwert von 756 Euro zu klauen. Es gab zwei Mittäter – einen Mann und eine Frau. Der Mann nahm als Erster die Kopfhörer an sich, deponierte sie an einem verabredeten Platz. Die Frau steckte sie dort ein und schmuggelte sie durch die Kassenzone. Der Job von Silvio B. war es, Deckung zu liefern und den Kassierer beim Ertönen des Diebstahl-Alarms abzulenken. All das ist festgehalten auf Kamerabildern aus verschiedensten Perspektiven.

Leugnen wäre zwecklos gewesen – Silvio B. gab beim Gerichtstermin seinen Tatbeitrag zu. Wer die Komplizen waren, ist bis heute ungeklärt. „Solo“ war B. dann fünf Monate später auf dem Dortmunder Westenhellweg aktiv: Bei einem Herrenausstatter zog er sich ein Paar schicke Schuhe an – Wert: 150 Euro – und spazierte aus dem Laden. Das fiel auf. Wieder setzte es eine Anzeige wegen Diebstahls.

Schon vor einigen Jahren hatte B. sich strafbar gemacht, vor allem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Auch ein Betrug war mal dabei. Es gab jeweils eine Geldstrafe. Sein Geständnis rettete ihn diesmal vor einer (Bewährungs-) Haftstrafe: 120 Tagessätze à 10 Euro muss er zahlen. Außerdem muss er Berlet die Kopfhörer ersetzen. Die sind – im Gegensatz zu den Schuhen vom Westenhellweg – weiter verschwunden.




Unfallflucht: Eine Geldstrafe – und: Gute Wünsche

von Andreas Milk
Es war sozusagen eine Sache unter Kollegen. Die junge Frau, die im Kamener Amtsgericht als Angeklagte saß, ist Jurastudentin. In Bergkamen hatte sie nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine Unfallflucht begangen: Im Juli vorigen Jahres, an einem Vormittag, habe sie mit ihrem Auto auf der Parkstraße einen anderen Wagen gerammt und sei weiter gefahren. Jemand gab der Polizei ihr Kennzeichen. Die Reparatur des anderen Fahrzeugs kostete später mehr als 7.000 Euro.

„Ich habe den Unfall nicht bemerkt“, sagte nun die Studentin. Dafür hatte sie auch eine Erklärung. Ihrer kleinen Tochter, die auf der Rückbank saß, sei es schlecht gegangen; sie habe Schmerzen gehabt und geschrien. Ein Arztbesuch stand an. Kurz: Es war stressig.

Von dem Schaden am anderen Wagen gibt es Fotos. Denen nach zu urteilen, hätte die junge Frau den Zusammenstoß wohl mitkriegen müssen, fand der Richter. Und er wies die angehende Juristin darauf hin, dass ein Gutachten zur Klärung dieser Frage ein paar Tausender kosten könnte. Kosten, die sie im Falle einer Verurteilung zusätzlich zu tragen hätte.

Aber so weit kommt es nicht. Die Studentin verzichtete auf eine aufwendige Beweiserhebung und akzeptierte am Ende auch das Urteil: eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 10 Euro, dazu eine fünfmonatige Führerscheinsperre. Ihr Führungszeugnis bleibt bei einer solch geringen Strafe „sauber“. Und gute Wünsche für ihre Ausbildung gab es auch noch.




Drei Monate Haft für eine Dose Tabak

von Andreas Milk

Drei Monate Gefängnis für den Diebstahl einer Dose Tabak im Wert von 16,95 Euro: Dieses Urteil bekam die Bergkamenerin Silvia L. (Name geädert) vor dem Kamener Amtsgericht. Im Juni 2018 hatte sie den Tabak bei Rewe eingesteckt. Zur Vorgeschichte des harten Richterspruchs gehört, dass Silvia L. zuletzt ganze drei Tage vor der Tat bei Rewe verurteilt worden war – ebenfalls wegen Diebstahls.

Ihre Einträge im Bundeszentralregister reichen zurück bis 2005. Zwei Haftstrafen hat sie schon verbüßt – einmal zwei Monate, einmal sechs Monate. Beim Gerichtstermin heute saß ihr siebenjähriger Sohn neben ihr. Vor ihm wolle sie nicht drum herum reden, erklärte Silvia L., und gab den Tabakklau nach anfänglichem Zögern zu. „Der Kurze“ sei auch der Grund, dass sie sich bessern wolle. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte eine Bewährungsstrafe: Silvia L. habe eine günstige Zukunftsprognose.

Der Richter widersprach. Es war derselbe, der Silvia L. im Juni 2018 zu einer Geldstrafe verurteilt hatte. Ein Urteil übrigens, das seinerzeit die Staatsanwaltschaft dazu brachte, Berufung einzulegen. Begründung: zu milde. (Vor dem Landgericht nahm sie die Berufung zurück.) Heute also war es umgekehrt: Die Staatsanwaltschaft warb für Milde; der Richter entschied: Haft.

Denn zu lang sei die Liste der Vorstrafen, und was den „Kurzen“ angehe: Seine Existenz habe Silvia L. nicht umdenken lassen. Vielmehr habe sie eine „enorme Rückfallgeschwindigkeit“ bei ihren Taten gezeigt.




Blitzer-Foto bringt Knast auf Bewährung

von Andreas Milk

Wenn Autofahrer geblitzt werden, müssen sie in der Regel zahlen – und gut ist’s. Bei einem jungen Mann aus Dortmund waren die Konsequenzen gravierender. Er war am 17. November 2017 auf der A 2 nicht nur zu schnell unterwegs zu seiner Arbeitsstelle im Bergkamener A2-Logistikpark – er hatte auch keinen Führerschein. Das Blitzerfoto bekam seine Mutter, denn in ihrem Auto war er gefahren. Heute saß er im Kamener Amtsgericht auf der Anklagebank.

Und das auch noch in Handfesseln. Der Grund: Seit rund sechs Wochen saß er in Untersuchungshaft, weil er zwei frühere Gerichtstermine ignoriert hatte. Seine Vorgeschichte: Vor mehr als drei Jahren war ihm wegen einer Drogensache der Führerschein abgenommen worden. Er hat Vorstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Unfallflucht, Trunkenheit. Für seinen Job bei DB Schenker im Logistikpark hatte er sich einer Fahrgemeinschaft angeschlossen. Als die sich am 17. November 2017 verspätete, nahm er eben den Wagen der Mutter. Und ohne den Tempoverstoß auf der A 2 wäre das wohl nicht mal aufgefallen.

Die sechs Wochen U-Haft hätten ihn zum Nachdenken gebracht, erklärte er. Er habe aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, wolle sein Leben ändern. In Schwerte hat er einen neuen Job gefunden. Das Urteil: vier Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Zahlung von 300 Euro an die Gerichtskasse. Die Handfesseln wurde er los, der Haftbefehl wurde aufgehoben.




Ein Kessel Buntes vom Gericht: Verschollene Post, ein versetzter Dorfsheriff und eine geklaute Küche

von Andreas Milk

Wer in Bergkamen oder Kamen etwas Strafbares tut, der kommt in der Regel vors Kamener Amtsgericht. Aber es gibt Angeklagte, die haben keine Lust. Oder sie wissen vielleicht auch gar nichts von ihrem Termin? Zum Beispiel jener Bergkamener, der sich heute wegen Fahrens ohne Führerschein verantworten sollte: Eine Zustellurkunde der Post suchte Richter Christoph Hommel in den Akten vergeblich. Der Bergkamener hat die Ladung also wohl nie gekriegt. Es wäre nicht der erste verschollene Brief. Die Post steht schon eine Weile in der Kritik. Jedenfalls: Im Februar soll es einen neuen Verhandlungstermin geben – vielleicht erfährt der Angeklagte rechtzeitig davon, und noch „vielleichter“ kommt er sogar.

Ganz bestimmt von ihrem Termin vor Gericht gewusst hat dagegen eine Kamenerin. Aber auch die kam heute nicht. Der Anklagevorwurf: Missbrauch von Notrufen. Weil schon einmal eine Verhandlung geplatzt war, hatte Richter Hommel diesmal eine polizeiliche Vorführung veranlasst. So stand denn „Dorfsheriff“ Frank Ellerkmann um 9 Uhr an diesem Dienstag bei der Dame vor der Haustür, um sie zum Gericht zu bringen. Die beiden hatten das kurz vor Weihnachten so besprochen. Aber: Sie war nicht da. Irgendwann reicht’s: Hommel erließ Haftbefehl. Sollte die Frau Ellerkmanns Weg kreuzen, muss sie in der JVA auf den nächsten Gerichtstermin warten.

Immerhin: Ein junger Mann aus Münster nahm heute Vormittag brav auf der Anklagebank Platz. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Küchenklau! Eine Einbauküche (ohne Elektrogeräte) soll er unbefugt aus einer Wohnung in Methler weggeschafft haben, obwohl sie seiner „Ex“ gehörte. Traurig, aber wahr: Diverse Rechtsstreitigkeiten um das Ende der Beziehung dauerten deutlich länger als die Beziehung selbst. Die Sache mit der Küche ist seit heute abgehakt: 120 Euro zahlt der Münsteraner an seine frühere Freundin. Das Verfahren wird eingestellt.

Einer fehlt noch. Und zwar ein Bergkamener: Er soll auf der Präsidentenstraße im Suff ausgerastet sein und dabei jemandem einen Schneidezahn ausgeschlagen haben. Seinen Gerichtstermin schwänzte er. In Abwesenheit verhängte der Richter eine Geldstrafe. Zahlt der Mann die Summe, ist der Fall erledigt. Zahlt er nicht, muss er doch noch vor Gericht erscheinen – falls die Post es schafft, ihm die Ladung zuzustellen.




Prozess um ein Phantom-Gerüst: 65.000 Euro Schaden

von Andreas Milk
Der Bauingenieur Walter K. (Name geändert) hatte wohl gehofft, dass es irgendwie gut geht. Es ging aber schief. Folge war eine Anklage wegen Betrugs und wegen Diebstahls. K. hatte einem Mann aus Bayern für rund 65.000 Euro Teile eines Baugerüstes verkauft, von dem er selbst nicht sicher wusste, ob es existierte. Und er transportierte von einer Baustelle in Oberaden Teile für mutmaßlich mehr als 2.000 Euro ab. Das durfte er nicht – was er allerdings nicht gewusst haben will. Der Prozess gegen Walter K. im Kamener Amtsgericht machte deutlich, dass die Baubranche zu kämpfen hat – und dass Absprachen und das „Sich-untereinander-Kennen“ wohl noch eine Menge zählen.

Was den Verkauf des Baugerüstes für 65.000 Euro angeht: Nach der Beweisaufnahme scheint klar, dass Walter K. hier bloß als Vermittler auftrat. Er arrangierte den (Phantom-) Verkauf für eine Firma, die übrigens längst pleite ist. Als der Gerüstkäufer aus Bayern anreiste, spielte Walter K. ihm Theater vor – bis hin zur Behauptung, eine Besichtigung des Gerüsts komme leider gerade nicht in Frage, weil seine Schwiegermutter auf der Intensivstation liege und er sich kümmern müsse. Dass der Mann aus Bayern trotzdem später Geld überwies, lag letztlich an der Fürsprache und „Bürgschaft“ eines Dritten.

Was den Vorfall auf der Oberadener Baustelle betrifft: Walter K. sagte, er habe im Auftrag eines Mannes gehandelt, der ihn mit unterdrückter Nummer angerufen habe. 250 Euro kassierte er für den Transport so genannter Baustützen von Oberaden nach Dortmund, bar auf die Hand natürlich. Ende der Geschichte. Das klinge „sehr abenteuerlich“. Aber so sei es gewesen.

Das Verfahren zu den Baustützen wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt. Die Nummer mit dem Geistergerüst dagegen brachte Walter K. nun acht Monate Haft auf Bewährung. Es bleiben nur Geschädigte: K. hatte die 65.000 Euro ja nicht einmal selbst kassiert, und der Mann aus Bayern – für den Prozess 700 Kilometer weit angereist – hat das Geld bis heute nicht zurück. Der Schaden entspricht etwa einem Jahreseinkommen seines Familienbetriebs.




Ohne „Lappen“ abgerauscht – vom Parkplatz des Verkehrsamts

von Andreas Milk
Wer eben noch vergeblich im Straßenverkehrsamt vorgesprochen hat, um an einen Führerschein zu kommen, der sollte sich gleich danach vielleicht nicht unbedingt hinters Steuer eines Autos setzen und losfahren. Das klingt selbstverständlich. Allerdings hat der Kamener Amtsrichter jetzt einen jungen Mann verurteilt, der genau das getan hatte.

Dass er nun den Verhandlungstermin ignorierte, war dabei nicht weiter wichtig: So lange bestimmte Strafmaße nicht überschritten werden und der Sachverhalt klar ist, darf ein Richter einen Angeklagten auch verurteilen, wenn der gar nicht da ist. In diesem Fall lautete das Strafmaß: Drei Monate Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung, sowie 120 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Gegen diesen Strafbefehl kann der Mann Einspruch einlegen. Tut er das, gibt es wieder einen Termin. Ob er dabei Chancen auf eine mildere Strafe oder gar einen Freispruch hätte, ist die Frage. Die Mitarbeiter des Straßenverkehrsamtes hatten seinerzeit mitbekommen, wie er zwar auf der Beifahrerseite des Wagens einstieg, dann aber hinter das Lenkrad rutschte. Ein Vorstrafenregister hat der Mann übrigens auch. Es beginnt mit einer Eintragung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.




Kfz-Meister betuppt: Bewährungsstrafe plus langgezogene Hammelbeine

von Andreas Milk

Im Juli 2017 gab Markus P. (Name geändert) bei einer Bergkamener Autowerkstatt eine Reparatur seines Zafira in Auftrag. Kostenpunkt: 1.400 Euro. P.s Kontostand zu der Zeit: 16 Euro – und zwar im Minus. Der Werkstattinhaber, ein selbstständiger Kfz-Meister, hat sein Geld bis heute nicht. Diese Woche sahen sich die beiden Männer vor dem Kamener Amtsrichter wieder: Markus P. war des Betrugs angeklagt.

„Ich bin davon ausgegangen, dass ich bezahlen kann“, sagte er. P. lebte von Hartz IV, hatte aber wohl einen Job in Aussicht. Dem Mann in der Werkstatt gegenüber gab er sich als bereits berufstätig aus. Von zwei möglichen Auspuff-Varianten wählte er ausdrücklich die teurere. Als er den Zafira wieder abholen wollte, erzählte er dem Kfz-Meister, gerade kein Geld bei sich zu haben – ob er den Wagen trotzdem schon haben könne? „Doof, wie ich bin, hab‘ ich den Wagen rausgegeben“, so der Betrogene vor Gericht.

Markus P. erklärte, die Sache tue ihm leid, und er wolle das Geld zurückzahlen. Die letzten vier Wochen hat er in Haft verbracht, weil er einen früheren Termin ignoriert hatte. Das sei hoffentlich ein Denkzettel gewesen, hofft der Richter. Er verhängte gegen den mehrfach vorbestraften Mann sechs Monate Haft auf Bewährung. Dazu kommt die Auflage, die 1.400 Euro auch wirklich abzustottern.

Weitere außergerichtliche Strafe: „Komm du mir nach Hause, dir zieh ich die Hammelbeine lang“ – Zitat von Markus P.s Lebensgefährtin, die den Prozess im Zuschauerraum verfolgt hatte.




Islam-Schmähung bei Facebook: 300 Geldbuße – zu zahlen an die Aktion Lichtblicke

von Andreas Milk

„Kranke Scheiße“, „der Islam sollte ausgerottet werden“: Für einen Facebook-Kommentar mit diesen Aussagen hat Jennifer M. (39, Name geändert) eine Anklage bekommen. Denn die Schmähung religiöser Bekenntnisse steht unter Strafe. Die Bergkamenerin musste sich vor dem Kamener Amtsgericht verantworten.

Es seien wohl „die Emotionen mit mir durchgegangen“, erklärte sie. Am 15. Februar, morgens gegen zwei Uhr, war Jennifer M. in dem sozialen Netzwerk auf ein Video gestoßen, das die Verheiratung älterer Männer mit kleinen Mädchen zum Thema hatte. „Man muss doch die Kinder schützen“, sagte sie nun vor Gericht.

Bei der Staatsanwaltschaft Köln befassen sich Juristen mit Fällen von Internet-Hetze in ganz NRW. So kam es, dass heute wohl zum ersten Mal eine Kollegin vom Rhein dort Platz nahm, wo sonst die Leute von der Staatsanwaltschaft Dortmund sitzen. Undifferenzierte Äußerungen wie die von Jennifer M. könnten zum (virtuellen) Flächenbrand führen, erklärte sie Kölner Strafverfolgerin. Das sei nicht zu akzeptieren.

Andererseits: Strafe genug war nach Überzeugung des Gerichts im Grunde schon eine Wohnungsdurchsuchung, die es bei Jennifer M. nach Bekanntwerden ihres Anti-Islam-Ausbruchs gab. „Das war ein Schock“, erinnerte sich die Angeklagte an die Polizeiaktion morgens um sechs. Handy und Laptop wurden damals sicher gestellt. Gefunden wurde darauf nichts Verdächtiges.

Als Buße für den Facebook-Kommentar muss Jennifer M. 300 Euro an die gemeinnützige Aktion Lichtblicke überweisen. Ist das erledigt, wird das Verfahren eingestellt. Vorbestraft ist die Bergkamenerin damit nicht. Ihren Facebook-Account hat sie gelöscht.