Polo überschlägt sich im Kreisverkehr – betrunkener Fahrer türmt: Bewährungsstrafe

von Andreas Milk

Ein klassischer Fall von „Mehr Glück als Verstand“: Ein VW Polo kracht in einem Kreisverkehr gegen einen Findling, überschlägt sich, bleibt auf dem Dach liegen – und die beiden Insassen klettern so gut wie unversehrt heraus. Passiert war das am frühen Morgen des 17. August 2018 in Bergkamen an der Kreuzung Erich-Ollenhauer-/Schulstraße/Kleiweg. Der Fahrer – seinerzeit betrunken und ohne Führerschein – stand jetzt in Kamen vor Gericht: Sedat H. (Name geändert), 36 Jahre.

„Da hätte fürchterlich viel mehr passieren können“, fand Richter Christoph Hommel und sprach von einem „großen Schutzengel“. H. und sein Beifahrer waren damals nach dem Unfall weggerannt. Eine Polizeistreife war zufällig in der Nähe – und nach dem Anruf eines Zeugen entsprechend flott vor Ort. H. und sein Begleiter liefen den beiden Beamtinnen entgegen. Erst behaupteten sie, dass sie gerade beim Joggen seien – nicht wirklich glaubwürdig um 3.15 Uhr in der Frühe. Bei der Feststellung der Personalien gab H. einen falschen Namen an, stieß einer Polizistin gegen die Schulter, rannte aufs neue los und verlor dabei seinen Ausweis. Er sah die Polizei wenig später in seiner Wohnung wieder.

Eine Blutprobe ergab 1,16 Promille. „Nicht so gut“ sei das alles gewesen, kommentierte H. die Anklagevorwürfe und entschuldigte sich bei der Polizistin, der er den Stoß gegen die Schulter verpasst hatte. Die Beamtin hatte schon vor jener Nacht mit ihm zu tun gehabt, das Gericht ebenso: H. hat ein Vorstrafenregister mit Einträgen von Hausfriedensbruch über Körperverletzung bis hin zu illegalem Schusswaffenbesitz.

Zuletzt war es allerdings vergleichsweise ruhig – daher verhängte der Richter diesmal eine Bewährungsstrafe; es ist die zweite in H.s „Karriere“. Drei Jahre darf nichts passieren – sonst drohen sechs Monate Haft. Und einen Führerschein darf er – theoretisch – frühestens im Frühjahr 2021 wieder bekommen.




„Keine Wahl gehabt“: Geldstrafe für Kaufland-„Dauerdieb“

von Andreas Milk

Er habe „keine andere Wahl gehabt“, entschuldigte sich der 29-jährige Stefan P. (Name geändert) vor dem Kamener Amtsrichter. Bei Kaufland an der Töddinghauser Straße hatte er mehrmals gestohlen – zum Beispiel Red-Bull-Dosen. Die habe er dann für den halben Kaufpreis weiterverkauft, um leben zu können. Auch Tabak für den Eigenbedarf ließ er mitgehen. Insgesamt listete die Anklage Waren im Wert von knapp 200 Euro auf, gestohlen an drei Tagen Ende 2018 / Anfang 2019.

Stefan P. ist wohnungslos, steht unter Betreuung. Vom Amt habe er zwischen Dezember und Mitte April kein Geld gekriegt, sagte er. „Da bin ich eben klauen gegangen.“

Schon Ende Januar hatte P. wegen eines weiteren Diebstahls einen Strafbefehl bekommen – ein Umstand, der es dem Gericht erlaubte, zwei der drei jetzt angeklagten Taten zu den Akten zu legen: „Verfahren eingestellt“, weil noch vor Erlass des Strafbefehls passiert und nicht gravierend. Mit der dritten Tat ging das nicht. Folge: eine Geldstrafe von 400 Euro. Die wird sich wohl in eine gemeinnützige Arbeit umwandeln lassen. Dass bei P. nichts zu holen ist, weiß auch die Staatsanwaltschaft. Deren Vertreter im Sitzungssaal erklärte dem Angeklagten, dass es „immer Alternativen“ zu strafbarem Handeln gebe – etwa den Gang zur Behörde oder zur Tafel.




Polizeihund beißt zu – Richter bleibt milde

von Andreas Milk

So liebenswürdige Angeklagte sind selten: „Vielen, vielen Dank“, sagte der 28-jährige Bergkamener Nico T. (Name geändert), als der Richter die milde Entscheidung in seinem Fall verkündet hatte. Für T.s eigentliche Bestrafung hatte im vergangenen Dezember eh schon ein Polizeihund gesorgt.

Morgens gegen 2 Uhr hatte Nico T. die Eingangstür eines Supermarktes aus der Führungsschiene gehievt und war in den Laden gelangt. „Ich weiß nicht, warum ich das getan habe“, sagte er jetzt im Kamener Amtsgericht. Wie auch immer: Er stehe zu seiner Tat.
In jener Nacht kam T. von einer Feier, war wohl betrunken. Familiäre Probleme und der Tod einer nahen Angehörigen machten ihm zu schaffen.

In dem Laden, in den er einbrach, kauft er regelmäßig ein. Als ihm klar wurde, was er da gerade tat, sei er aus Angst weggelaufen. Nach Auslösen der Alarmanlage hockte er sich in ein Gebüsch. Dort erwischte ihn der Polizeihund an Ferse und Wade. Die Narben gehen nicht mehr weg; Schmerzen hat T. ab und zu auch noch. Dennoch legte er vor Gericht Wert darauf festzustellen, die Polizeibeamten seien nett und verständnisvoll gewesen, hätten sich um ihn gekümmert und noch dafür gesorgt, dass er nach dem Nähen der Wunde im Krankenhaus an seinen Wohnungsschlüssel kam.

Nico T. ist ohne Vorstrafe. Bei Gleichaltrigen, die beim Einbrechen erwischt werden, sieht das oft anders aus. 300 Euro muss er nun bis Ende Mai ans Gericht überweisen, dann ist die Sache abgehakt, das Verfahren wird eingestellt, das Vorstrafenregister bleibt leer.
Besonderer Service für den Bergkamener Nico T.: Richter Martin Klopsch schrieb ihm Kontonummer und Aktenzeichen gleich im Verhandlungssaal auf ein Blatt Papier. Denn T. hatte die Sorge geäußert, ein Brief vom Gericht könne bei der Post verschlampt werden.




Hatten sie Sex? – Das klärt jetzt die Justiz

von Andreas Milk

Wenn zwei Menschen miteinander Sex haben, geht das niemanden sonst etwas an. Eigentlich. Aber ob der Bergkamener Thomas H. (alle Namen geändert) an einem bestimmten Tag vor langer Zeit mit Martina G. geschlafen hat oder nicht – das könnte die Staatsanwaltschaft Dortmund bald sehr wohl interessieren. Die beiden sagten als Zeugen in einem Strafprozess vor dem Kamener Amtsgericht aus. Zeugen müssen die Wahrheit sagen. Aber während Martina G. erklärte: Ja, es gab an dem Tag Sex, erklärte Thomas H. genauso bestimmt: Nein, den gab es nicht. Eine(r) lügt.

Angeklagt war in dem Verfahren Jörg S. Es ging um Beleidigung. Jörg S. ist der Lebensgefährte von Martina G. Früher war sie aber mal mit Thomas H. zusammen. Das Problem: Jörg S. war im Frühling vorigen Jahres der Überzeugung, Thomas H. sei immer noch hinter Martina G. her. Die Frau selbst bestätigte übrigens vor Gericht, dass das auch zutraf. Jörg S., redegewandt und sehr temperamentvoll, schickte im Mai 2018 eine wüste Mail an Thomas H.: Darin nannte er ihn unter anderem einen „Asi“, drohte damit, ihn bei seinem Chef madig zu machen. Thomas H. ging zur Polizei.

Jörg S. gab vor Gericht zu, er habe sich im Ton vergriffen. Aber: Er habe auch einen Grund gehabt – eben, dass Thomas H. seine „Ex“ Martina G. weiter belästigt habe. Öffentlich verhandelt wurde die ganze Geschichte nur, weil Jörg S. gegen einen Strafbefehl über 900 Euro Einspruch eingelegt hatte. Den zog er nun zurück: Der Richter hatte ihn darauf hingewiesen, dass es angesichts seiner Einkommensverhältnisse bei einer Verurteilung eher etwas teurer, keinesfalls aber billiger werden dürfte.

Was den Sex zwischen Zeuge und Zeugin angeht: Der hat in Zusammenhang mit der beleidigenden E-Mail eher wenig zu bedeuten, kam aber trotzdem zur Sprache, als die turbulente Beziehungsgeschichte der drei Prozessbeteiligten erörtert wurde. Richter und Staatsanwälte lassen sich ungern anlügen. Martina G. will seinerzeit ihrer besten Freundin von der Liebesnacht mit Thomas H. berichtet haben. Das lässt sich ja überprüfen.




Mit Marihuana am Wasserpark geschnappt: Knapp an Haft vorbei

Mit 18 Tütchen Marihuana in der Tasche war Murat O. (Name geändert) Mitte November am Bergkamener Wasserpark geschnappt worden. Heute kam der 24-Jährige vor dem Amtsgericht in Kamen knapp um eine Haftstrafe herum: Richter Martin Klopsch beließ es bei einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 15 Euro wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. „Ich habe schwer mit mir gekämpft“, so der Richter.

Murat O. hat eine Vorstrafe im Register: Wegen einer Silvesterprügelei bei Schmülling war er zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Die Bewährungsfrist lief, als er bei der Kontrolle der Polizei am Wasserpark auffiel.

Jedes Tütchen soll rund ein Gramm enthalten haben. Zur Herkunft des Stoffs sagte O., er habe kurz vorher in Dortmund an einem Spielautomaten Geld gewonnen und das dann in Marihuana umgsetzt – 100 Euro seien drauf gegangen. „Beim Zugreifen hab‘ ich Herzrasen bekommen.“ Es habe sich um Stoff für den Eigenbedarf gehandelt: Ein paar Partys hätten damals angestanden.
Ob das stimmt, bleibt offen. Richter Klopsch erinnerte daran, der Wasserpark sei „ein bekannter Umschlagplatz für Drogen“.

Mehrfach versicherte Murat O., er bereue, dass er sich auf das Marihuana eingelassen habe. Was die Zukunft angehe: Jetzt habe er gerade eine Stelle bei einem großen Telefonnetzbetreiber in Aussicht.




Zwei Brüder, eine Aussage: „Filmriss“ – und Freispruch

von Andreas Milk

Die Bergkamener Brüder Tobias und Simon K. (Namen geändert) wohnen zusammen, verbringen viel Zeit zusammen – und fuhren heute zusammen nach Kamen zum Amtsgericht: der eine als Angeklagter, der andere als Belastungszeuge. Tobias, der jüngere der beiden, soll Simon, dem älteren, am Nachmittag des 5. April 2018 mit Faust und Schlagring ins Gesicht geschlagen haben.

War das so? Man weiß es nicht. Und man wird es nie wissen. Tobias K. erklärte, er habe an dem Tag eine Menge getrunken und deshalb einen „Filmriss“. Simon K. ging es genauso: „Ich erinnere mich an nichts.“ Fest steht deshalb nur, dass es seinerzeit im Haus einen Polizeieinsatz gab. Den Beamten soll Simon K. von einem Angriff seines Bruders erzählt haben. Aber vor Gericht hat das keine Bedeutung mehr: Wenn da nichts kommt, kommt eben nichts.

Die Konsequenz: Tobias K. wurde freigesprochen. Gut gelaunt verließ er mit dem mutmaßlichen Opfer den Saal. Zwischen ihnen sei „alles in bester Ordnung“, hatte einer im Laufe der Verhandlung erklärt. Nur wenn Alkohol dazu komme – dann sei der Familienfrieden akut gefährdet. Im Fall einer Verurteilung hätten sie sich womöglich erst mal voneinander verabschieden müssen: Tobias K. hat ein ordentliches Vorstrafenregister – es hätte wohl eine Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung gedroht.




Schüler der Gesamtschule erlebten praktischen Rechtskundeunterricht bi vier Verhandlungen am Amtsgericht

Die Schüler/innen des Ergänzungskurses Rechtskunde der Willy-Brandt-Gesamtschule erhielten jetzt eine praktische Unterweisung in Sachen Strafrecht beim Amtsgericht Kamen. Die Exkursion wurde von Rechtsanwalt Meinefeld, im Rahmen seines Rechtskundeunterrichts von 10 Doppelstunden, organisiert. Die Schüler/innen erhielten Einblicke in vier Verhandlungen und waren als Zuschauer hautnah bei der Zeugenvernehmung und Urteilsfindung mit von der Partie.

In den öffentlichen Verhandlungen des Strafgerichtes ging es um recht unterschiedliche Strafanzeigen, angefangen vom Diebstahl, dem Fahren ohne Fahrerlaubnis bis hin zum Betrug. Die Schüler/innen hatten dabei Gelegenheit, sowohl das Verfahren einer Gerichtsverhandlung und die daran beteiligten Personen (Richter, Staatsanwältin, Angeklagte/r), als auch die relevanten juristischen Fragestellungen genau unter die Lupe zu nehmen.

Interessant waren dabei vor allem die spätere Analyse des Urteils des Richters und deren Begründung des jeweils verhängten Strafmaßes. Dabei wurde den Schüler/innen schnell klar, wie schwierig es mitunter sein kann, die Glaubwürdigkeit der Angeklagten und der Zeugenaussagen möglichst objektiv zu bewerten und eine angemessene Strafe zu finden. Es war ein informativer, spannender und lehrreicher Vormittag.




Nachbarn vor Gericht: „Schlampe“ bringt Haftstrafe

von Andreas Milk

Ob sie nur „Schlampe“ oder sogar „dreckige Schlampe“ zu ihrer Nachbarin gesagt hatte, blieb beim Gerichtstermin offen. Die Bergkamenerin Heike P. (Name geändert) wurde trotzdem zu einer Haftstrafe wegen Beleidigung verurteilt: Drei Monate soll sie verbüßen, entschied der Kamener Amtsrichter.

Seit neun Jahren gebe es in dem Mietshaus Stress mit Heike P., hatte die Nachbarin erzählt. „Sie hat was gegen uns“ – das gehe so weit, dass sie schon mal morgens aus Bosheit die Haustür abschließe, wenn das Nachbarskind den Schulweg antreten wolle. „Ich versuche, ihr aus dem Weg zu gehen.“ Und am Nachmittag des 18. Juli habe es ihr gereicht. Heike P. habe sie vom Balkon aus wüst beschimpft. Ihr Sohn habe neben ihr auf dem Balkon gestanden.
Und gerade dieser Punkt machte die Aussage der Zeugin für den Richter so glaubwürdig: Wollte sie Heike P. grundlos reinreißen, hätte sie schlicht einen Vorfall ohne Mithörer erfinden können.

Heike P. ist vor Gericht Stammkundin. Zum Beispiel war sie 2017 wegen Beleidigung und Bedrohung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sie hatte eine Frau „Türkenschlampe“ genannt und ihr angekündigt, dass sie „bald brennen“ werde. Auch wegen Körperverletzung ist sie schon schuldig gesprochen worden.




Illegales Autorennen: 5400 Euro Strafe

von Andreas Milk

Zwei Männer haben sich am 2. Mai 2018 auf der Bergkamener Nordfeldstraße ein illegales Autorennen geliefert: Zu dieser Überzeugung kam Strafrichter Martin Klopsch am Amtsgericht in Kamen. Einen der beiden – einen 23-Jährigen aus Werne – verurteilte er zu einer Geldstrafe von 5400 Euro. Wer der andere war, ist unbekannt. Sicher ist: Nur mit viel Glück blieb es an jenem Abend bei einem Blechschaden.

Als Zeuge trat in dem Prozess ein Autofahrer auf, der seinerzeit ebenfalls auf der Nordfeldstraße unterwegs war, und zwar in der Gegenrichtung. Bei sich im Wagen hatte er seine Frau und zwei Kinder, Tochter (1) und Sohn (4). Erlaubt ist Tempo 30. „Ein bisschen erschrocken“ habe er sich, als er zwei Autos auf sich zu rasen sah, berichtete der Familienvater. Der erste habe es noch geschafft, auszuweichen und weiterzufahren. Der zweite nicht – der 23-jährige Werner. Sein Ausweichmanöver endete, indem er in einen geparkten Kleintransporter krachte. Darin saß glücklicherweise niemand.

Der Werner selbst erlitt eine Gehirnerschütterung. Er rief die Polizei an – was für ihn spricht. Aber dann – daran konnte sich der Zeuge noch gut erinnern – habe der junge Mann ihm von einem Kumpel erzählt, der ihn mit seinem angeblich schnelleren Auto „gepiesackt“ habe. Gemeint gewesen sei offenbar der vorausgefahrene und inzwischen verschwundene zweite Autofahrer. Im Gerichtssaal wies der Werner das zurück: Es sei kein Rennen gewesen; mit dem zweiten Fahrer habe er nichts zu tun. Eine Behauptung, die der Richter wegen der Zeugenaussage als widerlegt ansah.
Nach Berechnung eines Gutachters muss der Werner mindestens 60, unter Umständen auch rund 70 „Sachen“ auf dem Tacho gehabt haben – also wenigstens doppelt so viel, wie auf der Straße erlaubt ist. Kurz nach Erwerb seines Führerscheins war er schon einmal mit einem Geschwindigkeitsverstoß aufgefallen und musste ein Aufbauseminar absolvieren.

Die Staatsanwältin hatte eine Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung gefordert. Den Paragrafen über illegale Autorennen gibt es erst seit Sommer 2017. Neben der Geldstrafe legte der Richter fest, dass der Werner sich noch mindestens ein Jahr gedulden muss, ehe ihm ein neuer Führerschein ausgestellt werden kann.




Klassiker „Hund und Postbote“: Schmerzensgeld für Briefträger

von Andreas Milk

Hund und Briefträger – traditionell ein schwieriges „Paar“. Die Bergkamener Hundebesitzerin Gisela F. (Name geändert) saß heute als Angeklagte im Amtsgericht Kamen, weil ihr Vierbeiner Henry (Name ebenfalls geändert) Ende Oktober auf den Postboten losgegangen war. Der Zusteller erlitt laut Attest des Kamener Krankenhauses eine oberflächliche Schürfwunde. Blut war nicht geflossen. Und auch die Hose des Mannes sei heil geblieben, sagte Gisela F. in der Verhandlung.

Sie lebt von Rente und Grundsicherung. Wegen des Vorfalls im Oktober hatte sie erst einen Strafbefehl über einen dreistelligen Betrag bekommen. Zu viel, fand nun Richter Christoph Hommel.

Was den eigentlichen „Täter“ Henry betrifft: Der hat eine Rückenhöhe von rund einem halben Meter, ist nach Angaben von Gisela F. freundlich – hat allerdings eine Abneigung gegen die Fahrräder der Post. Und so „zwickte“ er halt zu, als damals der Briefträger plötzlich in der Einfahrt auftauchte, während Gisela F. mit Gartenarbeit beschäftigt war. Der Hund passe auf sie auf, erzählte sie. Vor ein paar Jahren habe er sie nach einem Schlaganfall gefunden und Alarm geschlagen. Seitdem lasse er sie nicht aus den Augen.

Der Strafbefehl ist nach dem Gerichtstermin vom Tisch. Gisela F. muss dem Postboten ein Schmerzensgeld von 50 Euro zahlen – dann ist die Sache ohne Vorstrafe erledigt. Das Geld soll sich der Postbote in den kommenden Tagen bei ihr abholen. Henry wird’s wohl dulden.




Ehefrau im Schlaf gewürgt: Geldstrafe

von Andreas Milk

In einer Nacht im Frühjahr 2018 wurde eine Frau in Bergkamen wach, weil ihr Mann sie würgte. Beide Hände habe er der Mutter um den Hals gelegt, erzählte die 13 Jahre alte Tochter des Paars im Kamener Amtsgericht. Sie selbst hatte neben der Mutter geschlafen. Sie stieß den betrunkenen Vater von der Mutter herunter. Die Mutter versteckte sich danach im Schrank. Der Vater ging in die Küche. Am nächsten Tag verließ ihn seine Frau: Sie ging zu einer Freundin. Seitdem sind die Eheleute getrennt.

Die Tochter war nach der nächtlichen Attacke zuerst beim Vater geblieben. Warum die Mutter sie nicht gleich mitnahm, blieb in der Verhandlung offen. Immerhin: Der Mann hatte dem Mädchen nichts getan. Aber er drohte ihr Tage später, sie zu töten, weil sie zur Mutter halte. Mittlerweile hat auch die Tochter mit dem Vater nichts mehr zu tun.

Während die Mutter vor Gericht nicht mehr gegen den Mann aussagen wollte, lieferte die 13-Jährige detallierte Schilderungen. „Er trinkt viel Alkohol“, erzählte sie über den Vater. Hätte auch sie geschwiegen – ihr Vater wäre wohl freigesprochen worden. Denn frühere Aussagen bei der Polizei zählen im Gerichtssaal nicht.

Der Angeklagte selbst gab an, weder habe er seine Frau gewürgt, noch habe er ihr oder der Tochter mit Mord gedroht. Er sei nur verärgert gewesen, weil seine Frau ohne sein Wissen teure Tickets für Flüge in die vietnamesische Heimat der Eheleute gekauft habe.

Die Frau hatte durch das Würgen keine Verletzung erlitten, auch Sprechen und Schlucken klappten noch. Fazit des Gerichts: Der Angriff war nicht lebensbedrohlich. Wegen Körperverletzung und Bedrohung verurteilte es den beschäftigungslosen Bergkamener zu einer Geldstrafe von 700 Euro. Wovon er die denn bezahlen solle, fragte er.