Ohne Geld ins Taxi: „Bin Arsch gewesen“

von Andreas Milk
Es läuft viel schief bei dem Bergkamener Timo P. (48, Name geändert). Seine Drogensucht hat ihn schon oft vor Gericht gebracht: ellenlang das Vorstrafenregister, vor allem Diebstahlsdelikte, also Beschaffungskriminalität. Weil er seinen letzten Termin vor dem Strafrichter geschwänzt hatte, wurde er diesmal aus der Untersuchungshaft vorgeführt.

Wieder ging es um Diebstahl – zwei Kopfhörer bei Kaufland in Rünthe -, außerdem um einen Betrug. Die Vorgeschichte: P. hatte sich vergeblich um Aufnahme ins Dortmunder LWL-Krankenhaus bemüht für eine Entgiftung mit Methadon. Weil kein Platz für ihn war, musste er irgendwie zurück nach Bergkamen. Er stieg in ein Taxi – ohne Geld. Knapp 60 Euro sollte die Fahrt kosten. Als P. nicht zahlen konnte, ließ der Fahrer sich seinen Ausweis geben und zeigte ihn an.

Er sei dem Taxifahrer gegenüber „ein Arsch gewesen“, gab P. zerknirscht zu. Er selbst wiederum war nach eigenen Angaben zu der Zeit schlicht „am Boden“, „total auf Entzug“.

Der Richter ahndete die beiden Straftaten mit einer Geldstrafe: 140 Tagessätze à 15 Euro. Ein Zehntel davon ist durch das Absitzen von 14 Tagen U-Haft abgegolten. P. ist wieder in Freiheit.




Katze auf der Schulter – Alkohol im Blut

von Andreas Milk
Einigermaßen merkwürdig muss ausgesehen haben, was eine Zeugin aus Oberaden in einem Strafprozess vor dem Kamener Amtsgericht beschrieb. Martina D. (Name geändert), ihre Nachbarin, sei auf dem Parkplatz vorm Haus in ihr Auto gestiegen, mit einer Katze auf der Schulter. Plötzlich sei sie „losgebrettert“ – und zwar direkt hinein in den Wagen der Zeugin, die von ihrer Wohnung aus zusah. „Mir ist alles aus der Hand und aus dem Gesicht gefallen.“

Martina D. war angeklagt wegen Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung. Als die Geschichte auf dem Parkplatz passierte, hatte sie 1,38 Promille Alkohol im Blut. Und sie soll ihre Nachbarin, als die aus dem Haus gerannt kam, beschimpft haben. Wobei bis zuletzt offen blieb, ob sie die Frau nun „Schlampe“ nannte (wie von der Beschimpften zur Anzeige gebracht) oder „Schlammkuh“ (wie von Martina D. behauptet).

Nicht im Detail zu klären war auch die Rolle der Katze – präziser gesagt: des Katers. Martina D. hatte Futter für das Tier im Auto liegen lassen und war nur deshalb überhaupt nochmal eingestiegen; vorher hatte sie sich im Haus ein paar Gläser genehmigt. Und weil ein Reifen des Autos ungünstig auf einem Ast stand, beschloss sie spontan, den Wagen umzusetzen.

Keine gute Idee: Der Schaden am Auto der Nachbarin war vierstellig. Das gilt nun auch für die Geldstrafe, die Martina D. zahlen muss: 80 Tagessätze à 15 Euro – macht 1200 Euro.




Hartnäckig und uneinsichtig ohne „Lappen“: Nach Haft-Premiere wieder Bewährung

von Andreas Milk
„Hartnäckig und unverbesserlich“ habe der Angeklagte gehandelt, sagte der Richter – verurteilte den 37-jährigen Darius P. (Name geändert) aber trotzdem zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten. Denn P. sitzt sowieso seit sieben Monaten erstmals in Haft. Und diese Premiere könnte sein Verhalten wohl ändern, hofft der Richter. Die Staatsanwältin hatte acht Monate beantragt – ohne Bewährung.

Es ging um Fahren ohne Führerschein. P.ist seine Fahrerlaubnis seit zehn Jahren los. In der Nacht zum 22. Februar 2019 war er auf der A 2 bei Bergkamen hinterm Steuer eines Opel erwischt worden. Sechs Vorstrafen wegen solcher Schwarzfahrten hat er schon. Ertappt wurde er auch am 21. (!) Februar in Norddeutschland. Dieses Verfahren stellten die Ermittler aber ein, als das Verfahren zum 22. Februar in Gang kam.

Vor Gericht schilderte P. die Vorgeschichte jener Nacht. Ein Freund habe ihn gebeten, ihm den Opel – zugelassen auf P.s Frau – zu leihen. Das habe er erst nicht gewollt, dann aber zugestimmt unter der Bedingung, mitkommen zu können. Am Ziel in Bönen habe der Freund überraschend erklärt, nicht wieder zurück zu fahren. Konsequenz: Er selbst – P. – habe fahren müssen.

Nach Meinung des Richters ließ P. es an Einsicht fehlen. Stattdessen rechtfertige er sein strafbares Tun. „Sie hätten schon viel früher ins Gefängnis gemusst.“ Zum 1. März soll P. aus seiner laufenden Strafhaft entlassen werden. Unter Tränen versicherte er, dass er aus dem JVA-Aufenthalt gelernt habe. Auch seine Familie habe gelitten. Als Bewährungsauflage muss er 1.000 Euro an die Gerichtskasse zahlen. Daneben wurde eine Führerscheinsperre über zwei Jahre verhängt.




Jungen an Hochstraße geboxt: 1.800 Euro Strafe

von Andreas Milk
Um zu einer hohen Geldstrafe verurteilt zu werden, braucht ein Angeklagter nicht unbedingt selbst vor dem Richter zu erscheinen. Der 30-jährige Bergkamener Tobias M. (Name geändert) hatte im vergangenen Mai einem Jungen auf der Hochstraße mehrfach mit der Faust gegen die Brust geschlagen. Dafür erließ ein Richter in Kamen heute einen Strafbefehl über 120 Tagessätze à 15 Euro – macht 1.800 Euro.

Tobias M. hatte schon oft mit dem Gericht zu tun, unter anderem wegen Gewaltdelikten. Mehrere Bewährungsstrafen sind noch offen, „gesessen“ hat er aber auch schon. Die Sache an der Hochstraße war noch vergleichsweise harmlos. M. soll am 15. Mai 2019 mitbekommen haben, dass ein paar Jungs – alle um die elf, zwölf Jahre – herumgealbert und sich gegenseitig auf die Fahrbahn geschubst haben, sodass eine Radfahrerin stoppen musste. M., selbst mit dem Rad auf der Gegenseite unterwegs, hielt an und glaubte wohl, für „Ordnung“ sorgen zu müssen.

Der Junge, den er sich vornahm, hat einen türkischen Migrationshintergrund. Zusammen mit seinem Vater saß er nun als Zeuge im Gerichtssaal. Zu einer förmlichen Vernehmung kam es nicht – es gab ja keinen „richtigen“ Prozess, weil Tobias M. nicht da war. Der Junge erzählte kurz von den Faustschlägen. Sie seien schmerzhaft, aber nicht so schlimm gewesen, dass er Verletzungen erlitten oder zum Arzt gemusst hätte.

Der Vater des Jungen sprach von der Notwendigkeit, geltendes Recht zu respektieren. Er fand befremdlich, dass Tobias M. trotz etlicher Vorstrafen mit einer Geldstrafe davon kommen soll. Der Richter erklärte den Hintergrund: In Abwesenheit hätte M. allenfalls zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt werden können – was ihm vermutlich egal gewesen wäre. Für eine Haftstrafe ohne Bewährung bräuchte es einen neuen, aufwendigen Termin.

Die Geldstrafe in Abwesenheit dagegen kann dazu führen, dass M. letztlich doch ins Gefängnis geht – und zwar, wenn er die Strafe nicht bezahlen kann oder will. Aus 120 Tagessätzen würden vier Monate Knast. Weitere Möglichkeit: M. legt gegen die Geldstrafe Einspruch ein. Dann macht das Gericht einen neuen Termin. Kommt M. wieder nicht, wird die Geldstrafe rechtskräftig.




Prügel für Ex-Mann der Verlobten: 15 Monate Haft

von Andreas Milk
Der Bergkamener Michael K. (42, Name geändert) hat Mitte September am Hauptfriedhof den Ex-Mann seiner Verlobten verprügelt – dafür muss er ins Gefängnis. Das hat der Kamener Amtsrichter entschieden. Er verurteilte den vielfach vorbestraften K. zu 15 Monaten Haft. Neben der Körperverletzung ist darin die Strafe für das Fahren eines Mofas enthalten, das deutlich schneller war als 25 km/h. Darum ging es aber nur am Rande.

Sehr viel schwieriger war die Wahrheitsfindung in Sachen Prügelei. Es gab zwei widersprüchliche Versionen. Michael K. sagt: Er habe dem Ex seiner zukünftigen Frau bloß das Handy aus der Hand geschlagen. Denn mit diesem Handy habe er dauernd Nachrichten an seine geschiedene Frau geschickt. Dagegen sagt der Ex: Er habe an jenem Nachmittag mit seiner Exfrau telefoniert, nach einigen Minuten sei Michael K. auf seinem Mofa angefahren gekommen und habe ihm Faustschläge und Tritte zugefügt. Mutmaßliches Motiv: K. habe nicht verkraftet, dass seine Verlobte zum Ex immer noch Kontakt gehabt habe – auch sexuellen.

Sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger Michael K.s zweifelten die Prügel-Version des Ex an. Der mutmaßliche Schläger Michael K. sei kleiner und weniger kräftig als das angebliche Opfer. Der Richter allerdings erklärte seine „persönliche Überzeugung“, dass K. sehr wohl zugeschlagen und zugetreten habe.
K.s Vorgeschichte als Straftäter begann 1995 mit einem Jugendarrest wegen gefährlicher Körperverletzung. Es folgte eine Vielzahl von Delikten samt Gefängnisaufenthalten. Der letzte war gerade acht Tage her, als die illegale Mofafahrt aufflog. Nach der Verurteilung in Kamen kann K. nun noch per Berufung vor dem Landgericht Dortmund versuchen, einen weiteren JVA-Aufenthalt abzuwenden.




Eher harmlos – trotzdem: Gefängnis

von Andreas Milk
Auch vergleichsweise harmlose Straftaten können Gefängnis bedeuten – je nach dem, wie die Vorgeschichte der oder des Angeklagten aussieht: Eine Erfahrung, die ein Mann und eine Frau aus Bergkamen diese Woche vor dem Kamener Amtsgericht machen mussten.

Die Frau (47) war in Kamen auf einem Roller erwischt worden. Der fuhr schneller als die führerscheinfreien 25 Kilometer pro Stunde – und das war das Problem: Einen Führerschein besaß sie nicht. Ein Polizist stoppte sie bei einer Kontrollaktion. Im Prozess sagte er als Zeuge aus. Er halte so ziemlich jeden Roller an – und die „Trefferquote“ gebe ihm recht. Allein 2019 habe er rund 90 Anzeigen geschrieben, weil mit Fahrer und/oder Gefährt etwas nicht stimmte. Zurück zu der erwischten Frau: Die Liste ihrer Vorstrafen ist lang – unter anderem wegen Eigentumsdelikten. Aus Berlin sei sie hergezogen, sich ein neues Leben aufzubauen, erklärte sie dem Richter. Dass sie den Roller nicht fahren durfte, habe sie nicht gewusst; inzwischen habe sie ihn verkauft. Das Urteil: drei Monate Haft, ohne Bewährung.

Von einem neuen Leben sprach auch der angeklagte Mann (39). Sein Vergehen: Online-Verkauf von Pokémon-Karten, die er gar nicht hatte – für die er aber im April 2019 eine dreistellige Summe kassierte. Der geprellte Käufer erstattete Anzeige. Wieder gab es eine Vielzahl von Vorstrafen. Heute kriege er sein Leben anständig auf die Reihe, beteuerte der Bergkamener: Er habe seine Drogensucht besiegt, einen neuen Job, werde bald heiraten und Vater sein. Und trotzdem: wieder drei Monate Haft, wieder ohne Bewährung. Der Angeklagte rede zwar davon, dass alles anders werde, so der Richter. Etwas Handfestes unternommen habe er aber noch nicht – zum Beispiel, den Schaden wieder gut zu machen.

Letzte Chance für beide Angeklagte: Berufung einlegen vor dem Landgericht Dortmund. Bis dann dort verhandelt wird, vergehen in der Regel wenigstens zwei bis drei Monate: Zeit, sich um Argumente für eine mildere Strafe zu kümmern.




25-Jährige vor Gericht: Lebensunterhalt? – „Ich klaue alles!“

von Andreas Milk
Offen, freundlich, dem Anschein nach guter Dinge saß die Bergkamenerin vor dem Kamener Strafrichter. „Ich klaue alles“, antwortete Sarah H. (25, Name geändert) auf die Frage, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Und genau darum ging es in der Verhandlung auch: um Diebstahl.

Im September stahl Sarah H. bei Rossmann Waren für knapp 90 Euro, unter anderem Rasierer, die sie später weiterverkaufen wollte. Einige Tage später griff sie nochmal im Erotikmarkt Novum zu, diesmal Waren für rund 150 Euro: „Das war für mich selbst.“

Sarah H. ist ohne festen Wohnsitz, sie lebt bei einer Freundin. Sie ist drogenabhängig, „auch wenn man es mir nicht ansieht“ – seit einem Vierteljahr rauche sie „Shore“, Heroin. Einen Job hatte sie zuletzt im August. Danach bezog sie erst Arbeitslosengeld I, später ging sie zum Jobcenter. Seit Dezember sei sie nicht mehr „im System“, sagt sie: Die Drogensucht mache sie für den Arbeitsmarkt ja unbrauchbar.

Neben den Klauaktionen bei Rossmann und Novum war noch mehr: Es laufen weitere Ermittlungen, bloß haben die noch nicht zu Anklagen geführt. Das Urteil diesmal: eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 10 Euro. Eine solche Geldstrafe lässt sich in gemeinnützige Arbeit umwandeln. Weit härtere Alternative wäre das Absitzen: 40 Tage Gefängnis also. Der Richter riet der jungen Frau, sich ans Sozialamt zu wenden. Von Diebstahl zu leben – das könne es nicht sein.




Baby im Auto, Alkohol im Blut: 3.000 Euro Strafe

von Andreas Milk
Mit ihm im Auto waren seine Freundin und das gemeinsame Kind, wenige Monate alt; am Steuer saß – betrunken – der 34-jährige Bergkamener Marek S. (Name geändert). Führerschein: nicht vorhanden. Und dann passierte auf der A2 auch noch ein Unfall mit anschließender Verfolgungsjagd durch Kamen. Der Amtsrichter verurteilte S. heute zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 25 Euro.

Es ging um den frühen Abend des 22. August 2019. Marek S. hatte am Nachmittag in Beckum getrunken. Nun war er zusammen mit seiner kleinen Familie auf dem Heimweg. Eine spätere Blutprobe ergab 1,59 Promille. Das heißt: Als es auf der A2 krachte, muss S. wohl rund 1,8 Promille Alkohol im Blut gehabt haben. S. stieß auf der Autobahn mit dem Wagen eines Mannes aus Hamm zusammen. Der erzählte jetzt dem Richter: „Ich hab‘ mich dahintergeklemmt und die Polizei angerufen.“ S. habe abrupt Spuren gewechselt, nach dem Verlassen der A2 vor einer grünen Ampel an der Lünener Straße gebremst, vor einer roten dagegen Gas gegeben. Aber der Hammer – von Beruf Rettungssanitäter – ließ sich nicht abhängen, hielt per Freisprecheinrichtung die Polizei auf dem aktuellen Stand. In Kamen-Mitte zogen die Beamten Marek S. aus dem Verkehr.

Seinen Führerschein hatten ihm die Behörden schon in seiner Heimat Polen entzogen. Warum er überhaupt ein Auto besaß, konnte er nicht erklären. Dass er gefahren war an diesem Augusttag, gab er zu. Die Geldstrafe samt zweijähriger Führerscheinsperre akzeptierte er. „Es war ganz knapp vor einer Freiheitsstrafe“, erklärte ihm der Richter.




Zwei Vergewaltigungen: Prozess vor dem Landgericht Dortmund startet am Dienstag

von Andreas Milk
Er soll eine Jugendliche und eine junge Frau vergewaltigt haben: die Jugendliche in Kamen am Koppelteich, die junge Frau zwei Tage später in Bergkamen an der Werner Straße. Am Dienstag kommender Woche beginnt der Prozess gegen den 25-Jährigen vor dem Landgericht Dortmund.

Das Opfer in Kamen war zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt. In der Nacht zum 9. August 2019 war sie mit Freunden im Postpark. Auch der Angeklagte war wohl dabei. Das Mädchen sah ihn später auf dem Heimweg wieder. Die beiden aßen in einem Imbiss zusammen. Schließlich soll der Mann sie gebeten haben, ihn zum Koppelteich zu begleiten. Dort begann er laut Anklage, sie unsittlich zu berühren. Das Mädchen habe sich gewehrt. Was dann passiert sein soll, schildert ein Sprecher des Landgerichts so: Der Mann schulterte sie kopfüber, trug sie zu einem Gebüsch, hielt ihr den Mund zu, als ein Passant vorbei kam, und drohte dem Mädchen, ihr die Kehle aufzuschlitzen, falls sie nicht mitmache.

Das zweite Opfer – am frühen Morgen des 11. August in Bergkamen – soll der Angeklagte schon seit Jahren gekannt haben. Die Frau (21) habe ihn gebeten, sie nach Hause zu bringen. Unterwegs hielten beide laut Angaben der Frau für einen Joint – als sie dann weitergehen wollte, habe er sie geschubst, auf den Rücken gedreht und gedroht, etwas Schlimmes werde passieren, wenn sie nicht tue, was er wolle.
Nach den beiden Vergewaltigungen war der Tatverdächtige tagelang auf der Flucht. Gefasst wurde er am 15. August am Busbahnhof in Senden. Er war schon wegen Vergewaltigung in Jugendhaft und hatte an einem Anti-Rückfall-Programm des Landes teilgenommen. Seit der Festnahme im August ist er in Untersuchungshaft.




Bergkamenerin verspricht vor dem Amtsgericht: „I’ll make the deutsche Führerschein“

von Andreas Milk
Angeklagte vor Gericht dürfen, bevor das Urteil gesprochen wird, im „Letzten Wort“ nochmal alles sagen, was sie sagen wollen. Eine 35-jährige Bergkamenerin tat das heute auf Englisch – jedenfalls teilweise: „I promise you I’ll make the deutsche Führerschein.“ Dass sie den noch nicht besitzt, hatte sie auf die Anklagebank im Kamener Amtsgericht gebracht.

Die Frau stammt aus Jordanien, ist außerdem US-Staatsbürgerin. Im September und Dezember vergangenen Jahres saß sie in Bergkamen und in Werne hinterm Steuer ihres Mercedes. Sie hatte einen jordanischen Führerschein bei sich. Bloß war der in Deutschland nicht mehr gültig. Die Frau hatte sich vorher länger als sechs Monate in Deutschland aufgehalten – um weiter hier Auto fahren zu dürfen, hätte sie sich um eine deutsche Fahrerlaubnis kümmern müssen.

Ob ihr das tatsächlich klar war, ist die Frage. Bei einer Verkehrskontrolle mit dem jordanischen Dokument habe ihr ein Polizist lediglich ein Verwarngeld von 15 Euro abgenommen, berichtete sie. Wichtig war ihr auch festzuhalten, dass sie nicht zum Vergnügen gefahren sei, sondern ihrer Kinder wegen. Das „Tatwerkzeug“ – den Mercedes – hat sie inzwischen verkauft.

Der Richter verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 10 Euro wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. „Sie wussten, dass Sie keinen Führerschein hatten“, war er überzeugt: Es gab bereits 2018 ein ähnliches Verfahren gegen die Bergkamenerin. Eine Sperre für den Erwerb einer deutschen Fahrerlaubnis bekam die Frau vor Gericht beim heutigen Termin zwar nicht. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Hürden gäbe: Das Straßenverkehrsamt des Kreises wird sich näher mit ihr beschäftigen, sobald sie einen Führerschein beantragt.




Familiensache „Schwarzfahrt“: Vater und Sohn vor Gericht

von Andreas Milk
Vater (47) und Sohn (24) gemeinsam auf der Anklagebank: Die beiden Bergkamener mussten sich verantworten wegen Fahrens ohne Führerschein (der Sohn) und wegen des Zulassens des Fahrens ohne Führerschein (der Vater). Geldstrafen gab es am Ende für beide.
Auf der Ebertstraße war der Sohn am 3. September in einem Opel Astra, der seinem Vater gehörte, mit zu hohem Tempo erwischt worden. Er besaß keine Fahrerlaubnis und gab das auch sofort zu.

Bei ihm den Überblick zu behalten, ist nicht ganz leicht: Im November – also zwei Monate nach der Fahrt über die Ebertstraße – wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt für eine weitere „Schwarzfahrt“, die er schon im März vorigen Jahres begangen hatte, ebenfalls mit Vaters Auto. Der Richter im neuen Prozess war sich nun sicher: Von dieser ersten Fahrt im März und ihren Folgen muss der Vater etwas mitbekommen haben – und hätte deshalb seinem Sohn im September den Astra gar nicht mehr überlassen dürfen.
Fest steht, dass die Männer eher locker mit Post von Polizei und Justiz umgegangen sind. Der Vater etwa ignorierte mehrere Briefe – und reagierte erst, als er mit einer handfesten Haftandrohung konfrontiert war.

Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Euro muss nun der Sohn zahlen – 40 Tagessätze à 50 Euro der Vater. Die Zahl der Tagessätze hängt von der individuellen Schuld ab – die Höhe der Tagessätze vom Einkommen. Und: Den Opel Astra sehen Vater und Sohn nicht wieder. Der Wagen wurde eingezogen. Er wird vielleicht versteigert, vielleicht aber auch verschrottet.