Tod auf der A 2: Haft auf Bewährung für LKW-Fahrer

von Andreas Milk
Elf Monate nach einem tödlichen Unfall auf der A 2 am Kamener Kreuz ist ein Lastwagenfahrer aus Litauen heute verurteilt worden: Ein Jahr Haft wegen fahrlässiger Tötung, ausgesetzt zur Bewährung. Das geschah in Abwesenheit des Angeklagten: Eine Anreise zum Termin vor dem Amtsgericht wäre kaum zu bewerkstelligen gewesen.

Passiert war der Unfall am 25. Juni 2019. Das Opfer: eine 70-Jährige aus den Niederlanden. Der LKW-Fahrer (47) war am Vormittag in Richtung Oberhausen unterwegs. Aufnahmen seiner Dashcam zeigen, dass er auf ein Stauende zu fuhr. Mit mehr als 60 Kilometern pro Stunde raste sein Sattelzug in den Wagen eines niederländischen Paars. Die Frau starb am Unfallort. Ihr Mann wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht, ebenso der LKW-Fahrer.

Zum Gerichtstermin hätte unter anderem der Witwer als Nebenkläger kommen sollen. Aber Corona kam dazwischen: Der 73-Jährige erklärte, als Angehöriger einer Risikogruppe wolle er lieber zuhause bleiben. Auch für den angeklagten LKW-Fahrer schien es schwierig zu werden: Als der Termin vor rund einem Monat festgelegt wurde, galten strengere Quarantänevorschriften als heute. Sie hätten den Mann wohl sowohl bei der Einreise nach Deutschland als auch bei der Rückreise nach Litauen getroffen. Über seinen Pflichtverteidiger in Kamen sandte er einen Brief, in dem er direkt den Mann der getöteten Frau anspricht. Er drückt sein Bedauern aus, spricht von Alpträumen, die ihn seit dem Geschehen auf der A 2 quälten.

Die einjährige Haft auf Bewährung ist die härteste Strafe, die per Strafbefehl – ohne den Angeklagten vor sich zu haben – verhängt werden konnte. Auf eine Geldauflage verzichtete der Richter: Zu holen gebe es nichts – der Litauer ist längst von seinem Arbeitgeber gekündigt worden. Zwei Jahre beträgt die Bewährungsfrist. Dazu kommen nochmal drei Monate Fahrverbot.

 




Joint hinterm Bett: Geldstrafen für Cannabis-Besitz

von Andreas Milk
Am frühen Morgen des 21. November 2019 stand unangemeldet Besuch vor der Tür der Bergkamenerin Jessica H. (Namen geändert): Es war die Polizei. Die Beamten durchsuchten die Wohnung der jungen Frau. Das Resultat brachte ihr und ihrem Freund Markus K. eine Anklage ein: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln. Verhandelt wurde darüber jetzt vor dem Kamener Strafrichter.

In Jessica H.s Wohnung standen drei Blumentöpfe mit Cannabispflanzen, außerdem nahmen die Polizisten Beutel mit Amphetaminen mit. Hinterm Bett fand sich ein angerauchter Joint. Ein Teil der Sachen gehörte Markus K. Und nun saßen die beiden im Gericht, freundlich und geständig. Die als Zeugen geladenen Kripoleute brauchten gar nicht auszusagen: Jessica H. und Markus K. gaben alles zu, versuchten auch nicht, sich gegenseitig Schuld zuzuschieben. Allerdings versicherte Jessica H., die Cannabispflanzen seien nicht zum Abpflücken bestimmt gewesen. Vielmehr habe sie den Geruch gemocht.

Sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter erklärten den beiden eindringlich: Marihuanapflanzen sind verboten – und das habe gute Gründe. Der Konsum könne zum Beispiel Psychosen auslösen. Legal sei Cannabis nur da, wo die Suchtgefahr keine Rolle (mehr) spiele – im medizinischen Einsatz, etwa zur Linderung der Schmerzen von Krebs- oder MS-Patienten.

Das Paar aus Bergkamen wurde zu Geldstrafen verurteilt, festgemacht an den Einkommensverhältnissen: 1.500 Euro für sie, 2.000 Euro für ihn. Beide nahmen den Urteilsspruch sofort an: Die Strafen sind rechtskräftig.




Regelrecht verzockt: Geldstrafe für „Selbstbedienung“ am EC-Automat

von Andreas Milk
Drei Mal hat Barir M. (34, Namen geändert) am 4. und 5. Dezember 2019 an einem Automaten der Volksbank in Bergkamen Geld vom Konto seines Bekannten Georg P. abgehoben: insgesamt 3.500 Euro. Gedurft hat er das nach Überzeugung des Kamener Strafrichters nicht: Wegen Computerbetrugs verurteilte er M. zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Euro.

Viel war im Prozess von der Vorgeschichte die Rede. Barir M. und der deutlich ältere Georg P. hatten sich in Hamm während einer Reha kennengelernt. Beide sind schwer krank. Barir M. bekommt Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Offenbar wollte Georg P. dem jungen Mann helfen. Nach und nach floss ein fünfstelliger Betrag an Barir M.

Der behauptete nun: Es habe sich um geschenktes Geld gehandelt, und auch die drei Abhebungen Anfang Dezember seien mit Georg P. abgesprochen gewesen. Georg P.s Frau dagegen erklärte als Zeugin: „Nie und nimmer“ hätte ihr Mann das Geld einfach so her gegeben. Und tatsächlich: Es existiert ein Darlehensvertrag über eine Summe von rund 12.000 Euro, unterschrieben von Barir M. – bloß will der gar nicht gewusst haben, was da genau auf dem Papier stand.

Dass er die PIN von Georg P.s Girokarte kannte, lässt sich damit erklären, dass P. ihm vertraute und ihn wohl früher einmal um einen Gang zum Automaten gebeten hatte. Dass Barir M. am 4. Dezember die Girokarte hatte, lag daran, dass P. kurz zuvor bei einem Besuch seine Brieftasche bei Barir M. verloren hatte.

Inzwischen geht es Georg P. nach Angaben seiner Frau zu schlecht, um vor Gericht aussagen zu können. Er habe eine Gehirnentzündung gehabt, sechs Wochen im Koma gelegen.

So oder so war Barir M. nach Ansicht des Richters „reif“ für ein Urteil: Entweder, er hat die Karte ohne Wissen Georg P.s benutzt – oder, er hat P. über den Zweck der Abhebung belogen. Der Hintergrund: Barir M. hatte ausgesagt, Georg P. habe ihm die 3.500 Euro überlassen wollen, um Schulden oder andere dringende Sachen zu bezahlen. Tatsächlich aber habe er, M., das Geld schlicht verzockt: Er sei spielsüchtig.

 




Hundebesitzer lässt Tierschützer aufs Geld warten: Strafbefehl

von Andreas Milk
Beim Tierschutzverein hatte sich der Bergkamener Ralf K. (Name geändert) einen Hund geholt. 280 Euro sollte er dafür zahlen – Kosten, die dem Verein für die Versorgung des Tiers entstanden waren. Aber das Geld kam nicht. Der Verein erstattete Anzeige, und die Staatsanwaltschaft erwirkte einen Strafbefehl: 900 Euro sollte K. zahlen, wegen Betrugs.

Ralf K. legte Einspruch ein. Folge war ein Termin vor dem Kamener Amtsgericht. Es fehlte allerdings Ralf K.; gemeldet hatte er sich nicht.
Als Zeuge war ein Mann vom Tierschutzverein gekommen. Er berichtete, K. habe die 280 Euro mittlerweile gezahlt, und – wichtiger noch – dem Hund gehe es gut. Denn darauf legt der Verein Wert: dass Tiere in gute Hände kommen. Deshalb werden die neuen Besitzer auch erst einmal „nur“ Besitzer, nicht aber Eigentümer der Hunde.

Weil von Ralf K. nichts zu sehen war, wurde sein Einspruch gegen den Strafbefehl verworfen. Erst als längst alles vorbei war – mit genau zwei Stunden Verspätung -, tauchte er doch noch im Gerichtssaal auf: 12 Uhr, 10 Uhr… – er habe da wohl was verwechselt.




Verfahren vor dem Amtsgericht wegen Fahrens ohne Führerschein: Es ist kompliziert…

von Andreas Milk
„Viereckige Augen“ habe er bekommen, als er die Vorladung zum Gericht erhielt, sagt der 47-Jährige aus Bergkamen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sechs Mal ohne Führerschein Auto gefahren zu sein. Er selbst sagt: Er habe einen Führerschein. Oder besser: Er sollte eigentlich einen haben. Verfahrensstatus: Es ist kompliziert.

In der Anklage geht es um Fahrten in den Jahren 2017 bis 2019. Der Bergkamener wurde entweder „nur“ geblitzt oder von der Polizei angehalten. Er ist in Telgte im Kreis Warendorf geboren und aufgewachsen – aber türkischer Staatsbürger. Vor einigen Jahren verlor er seine Papiere, sagt er. Das habe er auch gemeldet. Aber wegen eines Problems in Zusammenhang mit der Befreiung vom türkischen Wehrdienst habe er bis heute keine neuen Papiere bekommen – und damit auch keinen neuen Führerschein. Seine Fahrprüfung habe er vor langer Zeit – kurz nach dem 18. Geburtstag – in seinem Heimatkreis abgelegt.

Genau das wird nun per Anfrage an den Kreis Warendorf überprüft. Gibt es eine Bestätigung, steht einem Freispruch nichts entgegen.
Allerdings zieht der Mann schon in ein paar Wochen nach Bayern. Um sich den Freispruch „abzuholen“, müsste er ein zweites Mal zum Kamener Amtsgericht fahren. Der Richter bot ihm eine bequeme Alternative an: Das Verfahren könnte nach einer positiven Auskunft aus Warendorf auch einfach eingestellt werden – ohne neuen Termin, ohne Kosten, ohne Eintrag im Vorstrafenregister, nur eben auch ohne die Erstklassigkeit eines „richtigen“ Freispruchs. Ein Angebot, das der Angeklagte gern annahm.




Lebensmittel vorm Toilettenraum: Kontrolle brachte Ärger

von Andreas Milk
In seinem Imbiss an der Werner Straße in Bergkamen bekam Murat M. (51, Name geändert) am 2. Juli 2019 Besuch von zwei Mitarbeiterinnen des Kreises Unna: Lebensmittelkontrolle. Was dabei passierte, brachte M. eine Anklage wegen Widerstandes und Körperverletzung ein. Die Verhandlung im Kamener Amtsgericht zeigte jetzt: Es war nicht ganz so wild.

Die Frauen vom Kreis hatten M. schon vor jenem Tag darauf hingewiesen, die Lagerung von Lebensmittelkonserven im Vorraum der Personaltoilette sei nicht in Ordnung – er möge das bitte ändern. Am 2. Juli wollten sie nachsehen, ob sich schon was getan hatte. Hatte es aber nicht. Es gab Streit; M. wurde wütend. Er griff an ein Regal – das Regal kippte um. Er nahm einen Ventilator und warf ihn zu Boden – der Ventilator streifte den Fußknöchel einer der beiden Frauen. Sie erlitt eine Schwellung, die nach ein paar Tagen wieder weg war. Ihre Kollegin blieb unverletzt, hatte sich aber wohl wegen des krachenden Regals erschrocken und in die Enge gedrängt gefühlt.

Dass Murat M. die Frauen verletzen wollte, glaubten Richter und Staatsanwältin am Ende nicht. Eher sei es wohl ein unkontrolliertes Dampfablassen gewesen. Das Urteil: eine Geldstrafe von 400 Euro wegen fahrlässiger Körperverletzung. Murat M. ist inzwischen wegen Corona arbeitslos geworden. Der Missstand in seinem früheren Imbisslokal ist inzwischen beseitigt: Der Kreis war nach dem 2. Juli, aber vor Corona nochmal da – diesmal übrigens begleitet von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes.




Attacke mit dem Gartenschlauch: 2.000 Euro Strafe

von Andreas Milk
Immerhin: In einem Punkt stimmten die Angaben beider Seiten überein – und zwar, dass es seit rund 20 Jahren Zoff zwischen ihnen gebe. Eine schier endlose Bergkamener Nachbarschaftsfehde beschäftigte heute den Strafrichter am Amtsgericht Kamen. Angeklagt: Der 36-jährige Markus A. (Namen geändert), der laut Staatsanwaltschaft mehrfach eine Frau von nebenan, die 58 Jahre alte Stefanie P., beleidigt und bedroht hat – etwa, indem er sie „asoziale Nutte“ nannte und sich mit dem Zeigefinger die Kehle entlang fuhr. Das sei Unsinn, sagte Markus A. – einen anderen Anklagepunkt gab er dagegen zu: Am 4. Juli 2019 habe er Stefanie P. eine Dusche mit dem Gartenschlauch verpasst, um sie sich vom Leib zu halten. Sie habe damals nämlich eine Abstandsvereinbarung missachtet.

Die Sache mit dem Schlauch war der einzige Vorwurf, für den es so etwas wie einen objektiven Nachweis gab: Ein damals zum Tatort gerufener Polizist erinnerte sich auf Nachfrage des Richters, die Frau sei nass gewesen.

Was sich sonst so alles zwischen den Familien A. und P. abgespielt hat und abspielt – das wissen am Ende nur sie selbst. Nimmt man die Schilderungen von Markus A., seiner Mutter sowie eben von Stefanie P. zusammen, dann haben sich da die Richtigen gefunden – oder vielmehr: leider die völlig Falschen. „Ich will eigentlich nur meine Ruhe“, sagt Stefanie P. – während die Anwältin ihres Widersachers Markus A. überzeugt ist: „Sie will ihn unbedingt im Knast sehen.“

Da muss er – trotz ein paar Vorstrafen vor einigen Jahren – aber nicht hin. Der Richter verurteilte ihn wegen der Nummer mit dem Schlauch zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 40 Euro. A. habe sich der Beleidigung und Bedrohung schuldig gemacht. Der Urteilsverkündung folgte ein Appell, sich zu besinnen, einander aus dem Weg zu gehen und es vielleicht mal mit der Hilfe eines erfahrenen Schiedsmannes zu versuchen.

Besonders optimistisch wirkte der Richter nicht.

 




Revolver, Pistolen, Flinten: Ex-Waffenbesitzer zahlt für Orang-Utans

von Andreas Milk
Er ist 81 Jahre alt, hat sich im Leben nie strafbar gemacht – und saß jetzt wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz als Angeklagter vor dem Richter in Kamen: Der Bergkamener Walter P. (Name geändert) hatte bis Januar zwei Dutzend Revolver, Pistolen, Flinten unerlaubt in seinem Besitz. Ein Waffennarr? Von wegen.

Ursprünglich gehörten die Waffen P.s Vater. Der hatte sie schon während der Weltkriege gesammelt. 1980 starb er; bereits fünf Jahre vorher war die Sammlung der alten „Schätzchen“ beim Kreis registriert worden. Gut vier Jahrzehnte sollte es dauern, bis der Kreis sich bei Sohn Walter nach dem Verbleib der väterlichen Waffen erkundigte. P. gab zu, er habe sie noch. Weil das nicht in Ordnung war, versuchte er sie zu verkaufen. Aber keiner wollte die „asbach-uralten“ (Walter P.) Dinger haben, auch nicht der Büchsenmacher im Schießsportzentrum Overberge. Und Walter P. selbst wollte sie am allerwenigsten: Er möge keine Waffen, sei statt beim „Bund“ beim THW gewesen, und einem Schützenverein habe er auch nie angehört.

P.s Fehler: Er kümmerte sich nicht weiter um die Angelegenheit, ließ Fristen, die der Kreis ihm setzte, verstreichen. Dann reichte es dem Kreis. Am 22. Januar dieses Jahres schickte er die Polizei zu Walter P. – die Beamten nahmen das Waffenarsenal mit. Ein Strafverfahren folgte.

Letztlich profitieren nun Tiere davon. Genauer: Orang-Utans. Denn der Richter entschied mit Zustimmung Walter P.s und des Staatsanwaltes: Das Verfahren wird eingestellt gegen Zahlung einer Buße von 750 Euro an den Verein „Borneo Orangutan Survival Deutschland“. Dieser Verein kümmert sich darum, kranke und verletzte Tiere auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten und auszuwildern.




Nach Unfall getürmt – Sachen geklaut: Einmal Mist gebaut – und dafür gerade gestanden

von Andreas Milk
Was die Bergkamenerin und der Bergkamener getan haben, war strafbar – ihr Verhalten vor dem Kamener Strafrichter dagegen mustergültig: Kein Drumrumreden, kein Beschönigen, stattdessen Geständnisse. Worum ging’s? Um eine Unfallflucht und einen Diebstahl bei Kaufland.

Renate L. (58, Name geändert) war am Morgen des 15. September rückwärts aus einer Einfahrt an der Bambergstraße gefahren. Dabei demolierte sie den geparkten Wagen eines Kameners. Statt sich drum zu kümmern, fuhr sie weg: Sie musste ihre Enkelin, die mit im Auto saß, zur Mutter zurückbringen. Leider wusste außer Renate L. niemand, dass sie gleich danach – vielleicht 20 Minuten später – an den Unfallort zurückkommen würde. Da war längst die Polizei da. Es gab ein Strafverfahren.

„Ich hab‘ eine falsche Entscheidung getroffen“, sagte Renate L. nun vor Gericht. Bei dem Zusammenstoß habe sie sehr wohl den Knall gehört – aber eben auch gedacht: Ich bin ja sowieso gleich zurück. Das Urteil für die Verkäuferin: eine Geldstrafe von 1.000 Euro, dazu vier weitere Monate ohne Führerschein. Renate L., bisher ohne Vorstrafe, akzeptierte, der Staatsanwalt ebenso.

Martin M. (49, Name geändert) hatte am Abend des 16. Oktober bei Kaufland zugelangt: In seinem Rucksack schmuggelte er Wodka, Tabak und ein Grünkohlgericht im Gesamtwert von 25,08 Euro an der Kasse vorbei und geriet an einen Detektiv. Er habe kein Geld gehabt, sagte der Hartz-IV-Bezieher dem Richter. Und: „Strafe muss sein.“ Auch er hat keine Vorstrafe, auch er akzeptierte das Urteil: 200 Euro Geldstrafe. „Keine große Sache“, meinte der Richter zu dem Fall – „aber eben eine Straftat.“




Prozess vor dem Landgericht gegen Serieneinbrecher beginnt: Einen Hausbewohner sogar mit einem Elektroschocker bedroht

Vor dem Dortmunder Landgericht startet am kommenden Montag der Prozess gegen Ndrc L. Dem 26-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft vor, von November 2016 bis Ende Januar 2017 einen schweren Raub und in acht Fällen gewerbsmäßigen Wohnungseinbruchdiebstahl mit wechselnden Mittätern begangenen zu haben. Haupttatort ist Bergkamen. Zur Verhandlung wird der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Dortmund vorgeführt.

So soll der Beschuldigte am 2. Dezember 2016 und 13. Januar 2017 versucht haben in ein Wohnhaus in Bergkamen eingebrochen zu haben. Ein paar Tage später erbeutete er bei zwei Einbrüchen 12 Stangen Zigaretten, elektronische Geräte und Schmuck im Gesamtwert von 2800 Euro sowie bei einem weiteren Einbruch in Bergkamen Schmuck gestohlen. Diese Serie in Bergkamen endete am 25. Januar, als er versuchte, in ein Einfamilienhaus zu gelangen. Ihm gelang es allerdings nicht, die Schließanlage der Haustür zu überwinden.

Breiten Raum in der Verhandlung, die am 13. Und 25. Mai fortgesetzt wird, werden vermutlich zwei Einbrüche in Werne Mitte Dezember 2016 einnehmen. Beim ersten Einbruch entdeckten er und seine Mittäter im Keller des Wohnhauses einen Tresor. Wenige Stunden später kehrte er dann zurück, um den Tresor zu stehlen. Allerdings stieß er dann auf den Hausbewohner und bedrohte ihn mit einem Elektroschocker. Trotzdem gelang es dem Hausbewohner, den Einbrecher in die Flucht zu schlagen.
Schließlich sollen er und seine Mittäter bei einem Einbruch in Hamm Bargeld und elektronische Geräte gestohlen haben.




Corona „infiziert“ auch Justitia

von Andreas Milk
Die Corona-Pandemie hat Folgen für die Rechtsprechung. Mehrere Verhandlungstermine im Kamener Amtsgericht – zuständig auch für Bergkamen – sind schon aufgehoben worden. Und solche, die noch nicht aufgehoben sind, stehen in Frage. Strafrichter Martin Klopsch hätte eigentlich am Mittwoch allerhand Fälle zu entscheiden gehabt. Aber: Es hätten schon einige Prozessbeteiligte abgewunken, sagte Klopsch – also dürften Termine platzen. Zeugen, die nicht zu einem Termin kommen, müssen in gewöhnlichen Zeiten mit Ordnungsgeldern in dreistelliger Höhe rechnen. In Coronazeiten müssten sie das nicht, sagte Klopsch.

Was selbstverständlich klingt, ist so völlig selbstverständlich nicht. Denn: In manchen Fällen des Strafrichters geht es um Menschen, die in Haft sind und über deren mutmaßliche Vergehen zügig entschieden werden muss. Aktuell gilt das in Kamen aber nur für einen Fall: Morgen ist ein Mann angeklagt, der in U-Haft ist, weil er einen früheren Termin ignoriert hatte. Er wird also zum Gericht gebracht werden – und die Sache wird verhandelt oder zumindest „anverhandelt“, der Haftbefehl vermutlich aufgehoben.

Heikel ist Corona für die Juristerei gerade auch, weil sie viel mit Fristen zu tun hat. Die Justizministerien der Länder denken über Lösungen nach. Und speziell fürs Kamener Amtsgericht gilt: Offene Sprechzeiten sind fürs erste gestrichen – alles, was ein persönliches Vorsprechen erfordert, muss vorher telefonisch oder schriftlich verabredet werden.