Hanftee aus dem Internet: Knapp an Haft vorbei

von Andreas Milk
Dass ein Angeklagter einen Anwalt mitbringt, ist im Kamener Amtsgericht nicht ungewöhnlich. Dass eine Zeugin auch einen dabei hat, ist die Ausnahme. Und die gab es heute im Prozess gegen den 31-jährigen Oberadener Tobias H. (Name geändert). Es ging um unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln. Bei einem Online-Versand im Münsterland hatte H. Hanftee gekauft. Gegen die Betreiberin des Versandes ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Münster – Grund genug für die Frau, sich ebenfalls juristischen Beistand zu holen.

Am 9. Januar, nachmittags gegen 16 Uhr, war die Polizei an einer Bergkamener Bushaltestelle auf Tobias H. aufmerksam geworden. In der Anklage stand nun: H. habe 14,4 Gramm Marihuana bei sich gehabt. „Ich dachte, ich bin auf der sicheren Seite“, sagte H. vor Gericht. Auf der Homepage des Versandes ist zu lesen, das Warenangebot sei „100 % legal“, das verwendete Saatgut sei EU-zertifiziert, der strafrechtlich bedeutsame THC-Gehalt liege unter der relevanten Grenze von 0,2 Prozent.

Der Fall des Oberadeners hat inzwischen auch das Landeskriminalamt beschäftigt. Dessen Labor stellte allerdings einen THC-Gehalt von fast 0,3 Prozent fest. Das, was Tobias H. seinerzeit mit sich herum trug, sei für bis zu drei Rauschzustände gut gewesen, befanden die Fachleute.
Tobias H. hat seit seiner Jugend rund ein Dutzend Vorstrafen gesammelt. Es laufen aus früheren Verurteilungen noch drei Bewährungen. Er war auch schon im Gefängnis. Mittlerweile hat er eine kleine Familie. Unter Tränen versicherte er, nicht gewusst zu haben, dass ihn der Hanftee in Schwierigkeiten bringen könnte. Schließlich habe er den Tee nicht heimlich aus dem Ausland eingeschmuggelt, sondern bei einem deutschen Versand ordentlich gegen Rechnung erworben.

Dieses Bemühen um Legalität rettete ihn vor einer neuen Haft. Der Richter verurteilte Tobias H. zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 20 Euro. Objektiv, so der Richter, sei der gekaufte Stoff „rauschmittelfähig“ gewesen – ganz egal, was die Anbieterin auf ihrer Internetseite schrieb. Tobias H. habe zwar Ärger vermeiden wollen, aber nicht näher hingesehen, ob der Hanfkauf wirklich in Ordnung sei – trotz seines Vorlebens und der schwebenden Bewährung.

H.s Verteidiger hatte Freispruch beantragt – der Staatsanwalt zwei Monate Haft. Eine Woche ist für beide Seiten Zeit, Berufung einzulegen.




Pistole im Handschuhfach: Geldstrafe für Waffenfreund

von Andreas Milk
Die SEK-Beamten wurden fündig bei ihrem Einsatz am 12. Dezember vorigen Jahres in Bergkamen-Oberaden: Drei Pistolen stellten sie sicher, dazu reichlich Munition – fast 1.500 Patronen. Fundorte waren Wohnung, Firmenräume und das Auto von Murat M. (Name geändert). Wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz stand der 33-Jährige jetzt in Kamen vor dem Amtsrichter.

Polizei, Steuerfahndung und Zoll hatten sich im vergangenen Jahr für den Geschäftsmann interessiert. M. verhielt sich in dem gesamten Verfahren vorbildlich. Schon bei der Razzia sei er „sehr kooperativ“ gewesen, bestätigte ein Kripomann. Später sagte M. bereitwillig aus, machte Angaben zu dem Mann, von dem er die Waffen bekommen hatte, und zeigte sich „selbstverständlich einverstanden“ mit der Einziehung und Vernichtung des Materials.

Murat M. ist ein Waffennarr; er gehörte einem Großkaliber-Schützenverein an. Es war seine Absicht, einen Waffenschein zu erwerben. Und: Er war laut seinem Verteidiger vor einiger Zeit Bedrohungen ausgesetzt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Pistolen zu kriminellen Zwecken hätten dienen sollen. Aber: „Sie durften die Waffen nicht haben“, so der Richter. Und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft fand es „schon heftig“, dass Murat M. eine der Pistolen im Handschuhfach seines Wagens liegen hatte. Die beiden übrigen hatte er zwar weniger riskant verwahrt, aber auch sie waren nicht fachgerecht gesichert.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 65 Euro. Die Höhe der Tagessätze entspricht dem bisherigen Einkommen Murat M.s. Auch nach der Verkündung des Strafmaßes blieb er kooperativ: Er akzeptierte den Richterspruch.




Zwei Mal „schwarz“ mit der VKU – macht 450 Euro

von Andreas Milk
Einmal war es die Linie R 13, einmal war es die R 82: In Kamen und in Bergkamen war der Azubi Timo F. (Name geändert) in VKU-Bussen beim Schwarzfahren erwischt worden. Jetzt saß er als Angeklagter in Kamen vor dem Amtsrichter – und wunderte sich: Das geforderte Geld habe er doch überwiesen – wozu also noch ein Prozess? Der Richter erklärte ihm, das Erschleichen von Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln sei nun mal eine Straftat. Daran ändere die Zahlung eines „erhöhten Beförderungsentgelts“ nichts.

Im Fall von Timo F. ging es sogar um versuchten Betrug. Er soll einem Busfahrer beim Einsteigen ein Ticket gezeigt und so den Eindruck erweckt haben, alles sei in Ordnung. Bloß: Ein Kontrolleur im Bus stellte später fest, das Ticket war gar nicht entwertet. Der Busfahrer war also gezielt getäuscht worden.

Timo F. hatte schon als Heranwachsender – das heißt, vor dem 21. Geburtstag – drei Vorstrafen gesammelt, allesamt wegen kleinerer Delikte. Fürs doppelte Schwarzfahren bekam er jetzt eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 15 Euro. Dazu gab es den Rat des Richters, keinen Mist mehr zu bauen. Jetzt, als „richtiger“ Erwachsener, müsse er damit rechnen, dass Strafen gegen ihn rasch härter ausfallen können.




Streit in Flüchtlingsunterkunft: Verfahren eingestellt

von Andreas Milk
Es hatte Streit gegeben in der Unterkunft für Flüchtlinge an der Erich-Ollenhauer-Straße. Am Nachmittag des 10. Juli 2018 fuhr deshalb eine Polizeistreife los. Louis P. (alle Namen geändert) hatte eine stark blutende Verletzung am Oberschenkel. Adam H. soll sie ihm mit einem Messer zugefügt haben. Deshalb saß H. jetzt als Angeklagter im Kamener Amtsgericht.

Beide Männer sind Mitte 20, stammen aus Kenia, leben seit 2017 in Deutschland. Der angeklagte Adam H. machte keine Angaben – das ist sein Recht. Louis P. – als Zeuge geladen – hätte ebenfalls schweigen können: Auch er soll seinem Widersacher bei dem Streit eine Verletzung zugefügt haben, und es braucht sich kein Zeuge selbst vor Gericht zu belasten. P. war trotzdem zu einer Aussage bereit. Bloß: Er könne sich nicht erinnern, sagte er. Das habe mit einer Verletzung zu tun, die ihm vor sechs Jahren in seiner Heimat zugefügt worden sei. „Ich wurde gezwungen, meine Religion zu ändern“, sagte P. – und: „Sie haben mich auf den Boden geworfen.“

Die Männer haben sich anscheinend vertragen. Vor Verhandlungsstart saßen sie im Gericht friedlich zusammen auf dem Flur. Es ist nicht sicher, dass Adam H. ein Messer benutzt hatte: Das ärztliche Attest spricht von einem „spitzen Gegenstand“. Die Sache bleibt letztlich ungeklärt: Das Verfahren wurde eingestellt.




Konto von Pflegebedürftigem geräumt: Schwestern verurteilt

von Andreas Milk
Zwei Schwestern räumen das Konto eines alten, pflegebedürftigen Bergkameners, der ihnen vertraut hat: Dass es so war, davon waren am Ende Staatsanwalt und Amtsrichter in Kamen überzeugt. Das Urteil: jeweils eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 Euro wegen gemeinschaftlicher Unterschlagung. Sara und Nadine M. (Namen geändert) sollen außerdem das ergaunerte Geld an Heinrich K. zurückzahlen: 1130 Euro. Das entspricht dem wöchentlichen Heim-Taschengeld K.s für zehn Monate, rechnete der Richter vor. Das Sozialamt hatte schon Probleme gemacht, weil Heinrich K. das Geld vermeintlich verschludert hatte.

Abgehoben hatte es Nadine M. am 30. November 2018 an einem Geldautomaten in Bergkamener. Belegt ist das durch ein Foto. Ihre ältere Schwester Sara habe sie geschickt, erklärte sie später bei der Polizei. Sara M. wiederum kannte Heinrich K. schon acht Jahre. Sie kümmerte sich um Haushalt, Einkäufe, Geldgeschäfte – und hatte deshalb Zugriff auf Kontokarte und PIN. Sie erklärte seinerzeit bei der Polizei: „Er war wie ein Opa zu mir.“ An jenem 30. November allerdings war Heinrich K. schon nicht mehr in seiner Wohnung, sondern im „Haus am Nordberg“ untergebracht; ein bestellter Betreuer der Diakonie war für sein Konto verantwortlich. Sara M. hielt keinen Kontakt mehr zu Heinrich K.. Sie hatte bloß noch seine Kontokarte.

Im Prozess schwiegen die beiden Schwestern. Auch ein als Zeuge geladener Schwager hielt den Mund. Dem Gericht genügte, was ein Kripobeamter und ein Mitarbeiter der Diakonie sagten.

Der Staatsanwalt war am Ende gar „überzeugt, dass noch mehr passiert ist“ – also vor dem 30. November. Bloß: Nachweisen lässt sich da nichts. Der Verteidiger von einer der Schwestern dagegen forderte Freispruch: Es sei nicht auszuschließen, dass Heinrich K. selbst die Geldabhebung beauftragt habe.
Heinrich K. ist dement. Eine brauchbare Aussage kann er nicht mehr machen. Der Richter ist sicher: Sara und Nadine M. haben eine Quelle auszunutzen versucht, die zu versiegen drohte.




„Tatort“ Ikea-Kasse: Freundinnen auf Diebestour

von Andreas Milk
Seit Ikea im Kamen Karree die SB-Kassen in Betrieb genommen hat, kriegt es das Kamener Amtsgericht immer mal wieder mit Leuten zu tun, die Ware an der Kasse vorbei mogeln wollten. Diesmal nahm eine junge Frau aus Münster auf der Anklagebank Platz: Saskia W. (Name geändert) war am 6. November vorigen Jahres mit einer Freundin zum Shoppen gefahren. Die beiden hatten laut Anklage ein ganz besonderes Schnäppchen im Sinn: Von 16 Billig-Artikeln – der Großteil davon waren Gläser zu 99 Cent – lösten sie die Preisetiketten und klebten sie auf 16 Nicht-ganz-so-billig-Artikel. Diese 16 Artikel und einen weiteren zogen sie über den SB-Scanner. Zwei weitere Artikel „vergaßen“ sie zu scannen. Unterm Strich: Ware, die regulär 250 Euro kosten sollte, hätte das Duo für knapp 63 Euro bekommen – wenn die Sache nicht aufgeflogen wäre.

Saskia W. saß nun allein vor dem Richter. Ihre Komplizin, bisher nicht vorbestraft, war mit einer Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Buße davon gekommen. Saskia W. dagegen hatte vor ein paar Jahren schon wegen drei Diebstählen vor dem Jugendrichter gestanden. Inzwischen hat sie das 21. Lebensjahr vollendet. Das bedeutet zwingend: Erwachsenenstrafrecht.

Ihre Freundin und sie seien nicht mit der Absicht zu klauen nach Kamen gefahren, erzählte sie. Das Ganze habe sich vielmehr aus der Situation ergeben: Bummeln, schöne Sachen sehen, sich seines knappen Budgets bewusst werden… – und letztlich auf eine doofe Idee kommen. Seit sie geschnappt worden sei, habe sie viel nachgedacht – und sei sich sicher: „Das war das letzte Mal.“

Der Richter gewann „einen ganz positiven Eindruck“ von ihr – zumal sie alles zugegeben und nicht den Versuch gemacht habe, alles auf die (abwesende) Freundin zu schieben. Das Urteil: 1.200 Euro Geldstrafe – was einem satten Netto-Monatseinkommen der Münsteranerin entspricht. Sie und ihre Mittäterin hatten außerdem je 100 Euro „Fangprämie“ an Ikea gezahlt.




Frisiert ist frisiert – und ein Roller keine Stereoanlage

von Andreas Milk
Seine Verteidigungsrede klang zwar ganz einleuchtend. Aber vor dem Kamener Amtsgericht hatte der 62-jährige Günter K. (Name geändert) aus Bergkamen damit keinen Erfolg. Angeklagt war er, weil er im Juni mit einem frisisierten Motorroller durch die Stadt gekurvt war, ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein. Er sei niemals schneller als 25 km/h gefahren, vesicherte er. Er verglich den Roller mit seiner Stereoanlage: Die drehe er auch nicht bis zum Anschlag auf.

Der Richter belehrte ihn: So ein motorisiertes Gefährt, das in der Lage sei, schnell zu fahren, sei entsprechend führerscheinpflichtig – völlig egal, ob derjenige, der gerade drauf oder drin sitzt, das Höchsttempo ausreizt oder nicht. Günter K., der 2017 schon wegen Trunkenheit im Verkehr aufgefallen war, muss für die Rollerfahrt eine Geldstrafe von 1.200 Euro zahlen. Eine Führerscheinsperre verhängte der Richter nicht. Er vertraue darauf, dass das Straßenverkehrsamt im Fall des Falles schon angemessen entscheiden werde. K. hatte erklärt, am Erwerb einer Fahrerlaubnis sowieso kein Interesse zu haben.




Verwaltungsgericht Gelsenkirchen soll jetzt die Räumungsverfügung für die beiden Hochhäuser an der Töddinghauser Straße überprüfen

Mithilfe einer Klage vor dem Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen wollen jetzt Eigentümer und Mieter der beiden Hochhäuser Töddinghauser Straße 135/137 erreichen, dass sie wieder ihre Wohnungen nutzen dürfen. Bekanntlich hatte die Stadt Bergkamen am 15. Mai die Räumung des Gebäudes wegen erheblicher Brandschutzmängel verfügt.

Dabei wollen der Krisenstab der Bewohner und Eigentümer, aber auch der WEG-Verwalter, der Gutachter und die Anwälte die Räumungsverfügung auf einen „schwerwiegenden Fehler“ durch die Verwaltungsrichter überprüfen lassen. Außerdem sind sie überzeugt, dass durch die Räumungsverfügung der Stadt gegen die Paragrafen 13 und 14 des Grundgesetzes verstoßen wurde.

Der Paragraf 13 sichert den Bürgerinnen und Bürger die Unverletzlichkeit ihrer Wohnung zu. Allerdings lässt der Absatz 7 dieses Paragrafen Eingriffe und Beschränkungen zu, wenn eine Lebensgefahr für einzelne Personen besteht. Zu diesem Schluss sind unter anderem die Feuerwehr und der Brandschutzbeauftragte des Kreises Unna nach dem Brand in den benachbarten Turmarkaden am 10. Mai gekommen, Messungen haben eine hohe Konzentration des lebensgefährlichen Kohlenmonoxid in den beiden benachbarten Hochhäusern ergeben.

Der Paragraf 14 des Grundgesetzes sichert das Recht auf Eigentum zu. Im Absatz 2 heißt es aber auch: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Damit sich jeder selbst ein Bild von den beiden Paragrafen des Grundgesetzes machen kann, geben wir sie hier in ihrer aktuellen Version wider:

Art 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Art 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.




Zoff unter Schwestern – Fall für Polizei und Justiz

von Andreas Milk

Es „rappelte“ gewaltig zwischen Selma U. (24, Name geändert) und ihrer Schwester am Nachmittag des 27. Juni. Es gab wohl sogar die Drohung, mit einem Messer zuzustechen. An diesem Sonntag musste jedenfalls die Polizei ausrücken zur gemeinsamen Wohnung der jungen Bergkamenerinnen. Und Selma U. saß nun wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im Kamener Amtsgericht.

Die Polizisten hatten seinerzeit einen Verweis Selma U.s aus der Wohnung für angezeigt gehalten. Für zehn Tage sollte sie verschwinden. Allerdings weigerte sie sich, den Schlüssel rauszurücken. Die Folge: „Körperliches Engagement unsererseits“, wie es ein als Zeuge geladener Beamter im Prozess ausdrückte. Es habe in der Wohnung der Schwestern eine „sehr aggressive Grundstimmung uns gegenüber“ geherrscht. Den Schlüssel hielt Selma U. fest umklammert – „das war ein Fehler, dass ich den nicht hergegeben habe“, gab sie jetzt zu. Letztlich musste eine Polizistin ihr den Schlüssel mühevoll entwinden.

Während Selma U. sagte, sie sei „behandelt worden wie ein Schwerverbrecher“, erklärte der Richter schlicht: Das Handeln der Polizei sei völlig rechtmäßig gewesen. Er verurteilte Selma U. zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 40 Euro. Selma U. – bislang nicht vorbestraft – akzeptierte.




Am Busbahnhof onaniert: Haft auf Bewährung

von Andreas Milk

„Ekel.“ Das war im Amtsgericht Kamen die Antwort einer 20-Jährigen auf die Frage des Richters, was sie denn empfunden habe, als der Angeklagte am Bergkamener Busbahnhof tat, was er eben tat. Nicolai S. (54, Name geändert) musste sich wegen Exhibitionismus verantworten.

Es war am späten Abend des 8. September 2018. Die junge Frau wartete auf den Bus. Nicolai S., angetrunken, nahm ihr gegenüber Platz. Dann zog er die Hose bis zu den Knien runter und begann zu onanieren – bis zum Erguss. Er habe sie dabei angesehen und gegrinst, berichtete die Frau. Zeugen riefen die Polizei, hielten Nicolai S. fest, als er weglaufen wollte.

Vor Gericht sagte er, dass er sich wegen seines Alkoholkonsums an jenem Abend an nichts erinnern könne. Im Polizeibericht allerdings steht nichts von einem übermäßigen Rausch. Der Richter war am Ende überzeugt: S. war durchaus zu zielgerichtetem Handeln in der Lage – und er war nicht so betrunken, wie er im Prozess vorgab.

Das Urteil: Sechs Monate Haft – ausgesetzt zur Bewährung. Dazu kommt eine Geldauflage von 1200 Euro, zu zahlen an die Gerichtskasse. Nicolai S. ist schon zwei Mal wegen Exhibitionismus bestraft worden, allerdings nur mit Geldstrafen. Es ging dabei um insgesamt drei Fälle in Bergkamen: 2016 und 2017 in einem Waldstück an der Erich-Ollenhauer-Straße und an der Rotherbachstraße. Jetzt werde es ernst, erklärte der Richter: Werde er wieder rückfällig, müsse er mit Gefängnis rechnen.




Lack zerkratzt? – Mieses Mietverhältnis mündet in Prozess

von Andreas Milk
Hat der Bergkamener Michael N. (41, Name geändert) den Lack am Auto seines Vermieters zerkratzt? Das bleibt die Frage. Er beteuerte im Prozess vor dem Kamener Amtsgericht, er sei es nicht gewesen. Trotzdem stimmte er einer Geldbuße zu, um das Verfahren los zu sein.

Verhandelt wurde über einen Vorfall in der Nacht zum 17. November 2018 an der Bergkamener Präsidentenstraße. N. soll an dem Wagen des Vermieters einen Schaden in vierstelliger Höhe angerichtet haben. Eine junge Frau sagt, sie habe Michael N. von ihrem Fenster und später von der Haustür aus gesehen. Mit einem Gegenstand in der Hand habe er das Auto bearbeitet. Als er sie bemerkt habe, sei er weggegangen. Sie selbst hatte dann am nächsten Morgen den Eigentümer informiert.

Michael N. versicherte wieder und wieder, er habe nichts getan. Und mehr noch: Er selbst habe von seinem damaligen Vermieter reichlich Schikane erdulden müssen. Der Mann habe im Keller zweimal seine Waschmaschine demoliert, mehrfach Post gestohlen und im Winter die Heizung nicht angestellt. Auslöser soll ein Streit um Nebenkosten gewesen sein: Über diese Kosten hat N. nach eigenen Angaben keine detaillierte Abrechnung bekommen – folglich zahlte er sie nicht. Die Grundmiete will er aber immer pünktlich überwiesen haben.

N.s Verteidiger versuchte, die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin zu erschüttern. Es soll Informationen geben, dass die Frau für den Vermieter gearbeitet hat. Sicher ist das nicht. Zu N.s Entlastung hätte womöglich seine Ehefrau beitragen können – die aber befangen sein dürfte, ganz abgesehen von ihrem Recht, als Angehörige des Angeklagten einfach den Mund zu halten.

Das Verfahren wird nach Zahlung der Buße eingestellt. Das heißt: N. bleibt ohne Vorstrafe. Das Geld – 300 Euro – geht an den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in Dortmund.