Plötzlich reich – und angeklagt wegen Geldwäsche

von Andreas Milk
Im Juli 2023 hatte die Bergkamenerin Maria H. (28, Name geändert) plötzlich 10.744 Euro auf dem Konto. Feine Sache, sollte man meinen. Aber der Geldsegen hatte mutmaßlich einen kriminellen Hintergrund. Und Maria H. saß jetzt als Angeklagte im Kamener Amtsgericht. Denn sie hätte die „deliktische Herkunft“ des Geldes erkennen und entsprechend handeln müssen, fand die Staatsanwaltschaft Dortmund.

Leichtfertige Geldwäsche – so lautete der Tatvorwurf. Dahinter steht letztlich der Verdacht, Maria H. könnte aus Gedankenlosigkeit ihre Kontonummer zur Verfügung gestellt haben, um aus schmutzigem Geld sauberes zu machen.

Sie habe damals den Geldeingang bemerkt, nichts damit anfangen können und erst einmal abgewartet, sagte sie. Es einfach zurückzuschicken, sei nicht möglich gewesen: Die Kontonummer des Absenders sei in ihrem Online-Banking nicht angezeigt worden. Auch ihr Mann sei erstaunt gewesen – habe aber gleichwohl ein paar Tausender abgehoben. Auf die Idee, die Bank telefonisch zu kontaktieren, kam das Paar anscheinend nicht.

Mittlerweile wurde das Konto von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Maria H. hat drei Vorstrafen, und zwar wegen Leistungserschleichung, Prostitution und eben auch Geldwäsche. Allein aufgrund dieser Vorgeschichte hätte sie höchste Vorsicht walten lassen müssen, fand der Richter. Er verurteilte sie zu drei Monaten Haft, ausgesetzt auf Bewährung, plus 100 Stunden gemeinnützige Arbeit. Obendrein wird die Staatsanwaltschaft versuchen, die 10.744 Euro bei ihr einzutreiben.




Faustschläge gegen Mutters Freund: Bewährung

von Andreas Milk
Ganz vorsichtig ausgedrückt: Der Bergkamener Lukas T. (38, Namen geändert) ist nicht gerade ein Fan von Josef M., dem Lebensgefährten seiner Mutter. In deren Kamener Wohnung verpasste er ihm am Abend des 8. Juni ein paar Faustschläge ins Gesicht. Josef M. erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Ins Krankenhaus musste er nicht.

Im Kamener Amtsgericht saß T. nun wegen Körperverletzung auf der Anklagebank. Seine Mutter und Josef M. waren als Zeugen geladen worden – und auch erschienen. Blöd nur: Lukas T. kam zum Prozess rund 20 Minuten zu spät, und der Richter hatte die beiden Zeugen eben wieder weggeschickt in der Überzeugung, der Termin werde platzen.

Zum Glück ging es aber dann auch ohne sie. Lukas T. legte ein Geständnis ab. Zwar seien die Prügel an dem Abend gegenseitig gewesen, doch er habe angefangen, Josef M. sich nur gewehrt.

Er habe ein Alkoholproblem, bekannte T. außerdem – er wolle sich deshalb Hilfe suchen. Dass er nicht lesen und schreiben kann, macht seine Lage zusätzlich problematisch. Auch Vorstrafen wegen Körperverletzung gibt es schon – die jüngste allerdings liegt lange zurück, sie ist von 2016.

Neun Monate Haft auf Bewährung gab es schließlich für die Attacke gegen Josef M., verbunden mit 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit gemäß Anweisung des (künftigen) Bewährungshelfers. Nach der Sitzung begleitete ihn der Richter zur Betreuungsabteilung des Amtsgerichts. Dort wollte Lukas T. darum bitten, dass ihm jemand zur Seite gestellt wird, der ihm hilft, seine Angelegenheiten zu regeln.




„Schäme mich sehr“: Bewährungsstrafe für Besitz von Kinderpornos

von Andreas Milk
Seine Scham war ihm anzumerken. Es gab Reue und ein Geständnis. Der Bergkamener Martin G. (51, Name geändert) war wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Bildern angeklagt. Im Mai 2023 hatte die Polizei auf Grundlage eines Gerichtsbeschlusses seine Wohnung durchsucht. Ein Notebook und zwei Festplatten wurden sicher gestellt. Darauf hinterlegt: Hunderte Fotos, zum Teil mit Jungen im Alter zwischen 10 und 12. Sie sind nackt. Einige nehmen auf den Bildern sexuelle Handlungen aneinander vor.

Die Details beschreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage, über die jetzt in Kamen der Strafrichter zu entscheiden hatte. Was nicht Gegenstand der Anklage, wohl aber der Verhandlung war: Die Persönlichkeit und Vorgeschichte des Angeklagten Martin G.
Der Tod eines nahen Angehörigen, sagt er, habe ihm damals den Boden unter den Füßen weg gezogen. Freunde – für die er stets da gewesen sei – hätten ihn allein gelassen. Es kam zu einer unheilvollen Kombination aus tiefem Frust, Alkohol und zu viel Zeit im Internet. „Abgeglitten“ sei er, sagt G. „Ich schäme mich sehr“ – zumal ihm klar sei, dass hinter den Pornobildern eine ganze Industrie stecke, die er mit dem Download gefördert habe.

Die Suche nach einem Therapieplatz blieb für G. erfolglos. Es gibt viel zu viele, die eine solche Therapie brauchen, oder viel zu wenige, die eine solche Therapie anbieten – wie man’s nimmt. Inzwischen halte er sich für stabil, sagt Martin G.  Die „beschissene Phase“ sei vorüber. Sexuelle Neigungen zu Kindern habe er ohnehin nie gespürt vor seinem Abdriften.

G. hat keine Vorstrafen; er hat einen festen, gut bezahlten Job. Zukunftsaussichten: rundum positiv – jedenfalls, was das Äußere und Materielle angeht. Das Urteil: Sechs Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung. Der Richter stellte fest, dass es nur wenig kriminelle Energie brauche für das, was G. tat: Das Internet mache es „unglaublich leicht“. Als Bewährungsauflage muss G. 2.000 Euro an den Verein „Die Brücke Dortmund“ zahlen. Der hilft unter anderem straffällig Gewordenen, nicht mehr straffällig zu werden.




Söhne geschlagen: Vater verurteilt

von Andreas Milk
Auf der Anklagebank im Amtsgericht Kamen saß der Vater – auf dem Zeugenstuhl der Sohn. Im damaligen Oberadener Wohnhaus der Familie soll Thomas T. (54, Namen geändert) im April 2023 den heute 14 Jahre alten Lars geschlagen haben. Weiterer Anklagevorwurf: T. habe auch seinem dreijährigen Sohn Markus einen Schlag versetzt – nur dass der kleine Junge natürlich nicht für einen Prozessauftritt in Frage kam. Der Richter war am Ende überzeugt, dass Lars und seine ebenfalls als Zeugin geladene Mutter die Wahrheit gesagt hatten. Er verurteilte Thomas T. wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 30 Euro. T.s Verteidiger hatte einen Freispruch verlangt und das mit Zweifeln begründet.

Thomas T. selbst hatte zu Beginn der Verhandlung versichert, seine Kinder nicht angerührt zu haben. Seine Frau allerdings – inzwischen ist das Paar getrennt – fahre ein „richtiges Programm“ gegen ihn, sei „schon sehr eiskalt“ in ihrem Vorgehen, nutze die Söhne als Druckmittel; die Rede war vom Leerräumen des Kontos und von unbegründetem Einschalten der Polizei wegen angeblicher Übergriffe. Doch die folgenden Aussagen brachten ein anderes Bild. Lars T. erzählte, wie ihm sein Vater am 16. April 2023 einen Schlag mit einer Rolle Frischhaltefolie auf den Rücken verpasst habe, nur weil Lars gerade keine Lust hatte, die Spülmaschine auszuräumen. Und der dreijährige Markus erhielt wohl einen Schlag mit voller Wucht aufs Gesäß, weil er vor dem Haus Kieselsteinchen gegen das Familienauto geworfen hatte. Dies, so die Mutter, sei Thomas T.s erster Angriff auf den Jüngsten gewesen: Der habe zuvor eine Art Welpenschutz genossen. Der ältere Bruder Lars dagegen sei für den Vater schon lange Sündenbock für jede Gelegenheit gewesen und habe es ihm nie recht machen können.

Thomas T.s Anwalt begründete seinen Antrag auf Freispruch unter anderem damit, dass Lars T. nach der Attacke mit der Folienrolle zwar bei der Polizei gewesen sei, die Beamten aber keinerlei Verletzungen oder Rötungen der betroffenen Hautpartie dokumentiert hätten – mutmaßlich, weil es nichts zu dokumentieren gab. Und was die Sache mit dem kleinen Markus betrifft: Da seien die Schilderungen der Mutter und des älteren Bruders voneinander abgewichen.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärte in seinem Plädoyer, nach seiner „vollsten Überzeugung“ habe T. beide Male zugeschlagen. Gut möglich, dass es eine Berufung vor dem Dortmunder Landgericht gibt.

 




Heraus zum 1. Mai: Fahrgast auf der Motorhaube

von Andreas Milk
Betrunken sei er ein anderer Mensch, bekannte Tim P. (24, Name geändert) in seinem Prozess am Amtsgericht. Da wirkte der Kamener sehr vernünftig. Am 1. Mai vorigen Jahres hatte er etwas getan, das sein Verteidiger als „große Eselei“ bezeichnete: P., arg alkoholisiert, ließ sich von seiner Schwester im Auto nach Hause kutschieren und kletterte  aus Jux auf die Motorhaube des Wagens. Folge war ein größerer Polizeieinsatz im Bereich Jahnstraße/Lünener Straße in Bergkamen.

Lustigerweise ging es vor Gericht nun aber gar nicht um die waghalsige Mitfahrt auf der Motorhaube – das ist mutmaßlich nur eine Ordnungswidrigkeit -, sondern um P.s Verhalten gegenüber der Polizei. Widerstand und Beleidigung wurden P. vorgeworfen. An jenem Maifeiertag war er beim Anblick der Beamten durchs Beifahrerfenster wieder in den Wagen zurück geklettert. Dort verschanzte er sich. Die Schwester zeigte den Polizisten brav die Papiere. Aber der Bruder/Beifahrer sah partout nicht ein, dass er ebenfalls seine Personalien angeben sollte. Ein Polizist schlug schließlich die Scheibe ein. P. wurde aus dem Wagen gezogen. Er wehrte sich, nannte die Beamten „Hurensöhne“, „Bastarde“ und interessanterweise auch „Minderbezahlte“. Letzteres wollte ein – inzwischen pensionierter – Beteiligter gar nicht mal als Beleidigung auffassen, sondern als Tatsachenfeststellung: „Er hat ja recht.“

Kurz: Es war recht turbulent – und hinter all dem steckte wohl P.s Furcht, in Gewahrsam genommen zu werden, denn damit hatte er schon früher schlechte Erfahrungen gemacht. Es half aber nichts. Das Verfahren ging seinen Gang.

In puncto Alkoholkonsum habe er aus der Sache Konsequenzen gezogen, versicherte Tim P. dem Richter. Der kreidete ihm vor allem an, dass er seine Schwester in eine hochnotpeinliche Situation gebracht habe. P., gut verdienender Handwerker, muss nun eine Geldstrafe zahlen: 80 Tagessätze à 70 Euro. Bei den Polizisten hatte er sich noch vor der Verhandlung entschuldigt. Neben der Geldstrafe hat er einen weiteren wirtschaftlichen Schaden: Das Auto, ein altes amerikanisches Modell, gehörte ihm und einem Freund. Das „Entglasen“ des Beifahrerfensters, wie es ein Polizist ausdrückte, hat den Wert erheblich gemindert.




Die „Ex“ beleidigt, die Freunde beklaut: Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Mitten in der Nacht stand Lukas M. (26, Name geändert) vor der Wohnung seiner Ex-Freundin auf der Kamener Weststraße, beleidigte sie und ihren „Neuen“ und legte sich später mit der Polizei an, die einen Platzverweis ausgesprochen hatte. Einige Tage danach, Anfang März 2023, beklaute er in Bergkamen an der Landwehrstraße ein Pärchen, das ihm nach gemeinsamem Feiern eine Übernachtungsmöglickeit geboten hatte: M. nahm sich aus ihren Brieftaschen 50 und 80 Euro, dann verschwand er. Jetzt sahen sich die Beteiligten in M.s Strafprozess vor dem Amtsgericht in Kamen wieder.

Da legte der Dortmunder ein Geständnis ab: Den Ausraster auf der Weststraße gab er zu – samt Entschuldigung an einen Polizisten, auf den er losgegangen war -, den doppelten Diebstahl in der Wohnung seiner damaligen Freunde stritt er ausdrücklich nicht ab: Ja, das könne so gewesen sein. Für alle Tatvorwürfe galt: Es war Alkohol im Spiel, reichlich.

Lukas M. hat eine umfassende Vorgeschichte. Sie besteht aus Verurteilungen wegen Diebstählen, Raubes, Drogendelikten und Einbruchs. M. saß auch schon im Knast. Aber immerhin: Die letzten Jahre war es ruhig geblieben.

Drum räumte ihm der Richter nun für die Taten Anfang 2023 eine Bewährungschance ein: Acht Monate Haft lautet das Urteil – aber diese acht Monate muss M. eben nur verbüßen, wenn er sich in den kommenden drei Jahren wieder etwas zuschulden kommen lässt. Das werde nicht passieren, versicherte er. Eine Bewährungsauflage gibt es noch: M. muss 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Er akzeptierte den Richterspruch. Ist auch die Staatsanwaltschaft einverstanden, wird das Urteil rechtskräftig.




Prügel nach Altstadtparty zweifelhaft: Freispruch für Bergkamener

von Andreas Milk
Im Zweifel für den Angeklagten – deshalb verließ der Bergkamener Bojan T. (Namen geändert) das Amtsgericht Kamen mit einem Freispruch. Er soll nach der Kamener Altstadtparty 2023 Daniel F. verprügelt haben. Tatort: Sesekepark, Nähe Hochstraßenbrücke. F. hatte den mutmaßlichen Schläger bei der Polizei anhand von Fotos identifiziert. Er wiederholte das im Juli bei einem ersten Termin am Amtsgericht. Bojan T. beteuerte, er habe nichts getan; Daniel F. wiederum benannte einen Zeugen, der T.s Täterschaft bestätigen werde. Tat er aber nicht. Bei Termin Nummer zwei diese Woche erklärte er bloß, mitbekommen zu haben, dass es Zoff gab. Er habe sich aber nicht weiter drum gekümmert und könne also auch nichts Näheres zu Bojan T. sagen.

In jener Nacht auf den 12. August hatte sich eine Gruppe von Altstadtpartygängern nach Ende des Programms bei einem Regenguss unter die Brücke geflüchtet. Bojan T. und Daniel F. hatten auch früher schon mal Stress gehabt. Diesmal nun sollte T. dem älteren, eher schmächtigen F. erst eine Backpfeife verpasst, ihn dann die Böschung runter geschubst haben. Als F. sich wieder aufgerappelt hatte, sei T. ihm mit unbekannten Mittätern gefolgt und habe zum Schluss auf ihn eingetreten. So hatte Daniel F. es in Erinnerung – und so schrieb es die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.

Zwei Zeugen bestätigten beim Prozessauftakt im Juli die Version des Angeklagten: Der habe Daniel F. nichts getan. Fest steht: Für F. endete die Party mit einem Aufenthalt im Krankenhaus. Dort wurden Prellungen und kleine Schnittwunden festgestellt sowie Stacheln aus seiner Kopfhaut gezogen. Er muss sie sich wohl in einem Gebüsch am Seseke-Ufer eingefangen haben.

 




Ärger beim Gassigehen: Hundehalterin bedroht?

von Andreas Milk
Den Hund kaputt treten – ja. Aber ihn und seine Besitzerin abstechen? Nein, davon war nicht die Rede, da war sich der Bergkamener Amir D. (48, Name geändert) sicher. Wegen Bedrohung saß er in Kamen vor dem Strafrichter im Amtsgericht. Es ging um eine unschöne Begegnung am späten Abend des 14. März auf der  Landwehrstraße.

Laut Anklage hatte D. eben vom „Abstechen“ eines Hundes und seiner Halterin gesprochen. Damit wäre der Tatbestand der Bedrohung erfüllt gewesen. D. selbst stellte die Sache etwas anders dar. Er habe Angst vor Hunden und sich deshalb unwohl gefühlt, als der „mittelgroße“ Hund gebellt und die Frau das Tier durch Reißen an der Leine wohl noch angestachelt habe. Auch habe sie gedroht, den Hund loszulassen. Darauf nun habe er – D. – mit dem Spruch vom „Kaputt treten“ reagiert.

Amir D. ist dem Gericht seit Jahren bekannt: Wegen Körperverletzung und wegen Bedrohung saß er schon jeweils ein paar Monate in Haft; davor hatte er wegen anderer Delikte Geldstrafen bekommen. Und: Er hat ein Alkoholproblem. Auf die Frage des Richters, ob er auch jetzt gerade, also in der Verhandlung, unter Alkoholeinfluss stehe, antwortete D.: „Mehr oder weniger, von gestern.“

Die betroffene Hundehalterin hatte im März zwar unmittelbar nach der abendlichen Begegnung die Polizei gerufen. Aber weder füllte sie in der Folgezeit einen Vernehmungsbogen aus, noch folgte sie jetzt der Vorladung als Zeugin vor Gericht. Und das war Glück für Amir D.. Denn wenn der Frau das Ganze derart egal sei, soll es mit einer Einstellung des Verfahrens getan sein, fanden der Richter und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Dazu kommt noch: D. soll zwar vom „Abstechen“ geredet, aber nicht mal ein Messer bei sich gehabt haben.




Nach Kamener Altstadtparty: Prügel unter der Brücke

von Andreas Milk
War er’s – oder war er’s nicht? Der Bergkamener Bojan T. (23, Namen geändert) soll nach der Kamener Altstadtparty 2023 den 35-jährigen Daniel F. verprügelt haben. Tatort: Sesekepark, Nähe Hochstraßenbrücke. F. hatte den mutmaßlichen Schläger bei der Polizei anhand von Fotos eindeutig identifiziert. Er wiederholte das jetzt im Amtsgericht. Der angeklagte Bojan T. beteuerte, er habe nichts getan.

In jener Nacht auf den 12. August hatte sich eine Gruppe von Altstadtpartygängern nach Ende des Programms bei einem Regenguss unter die Brücke geflüchtet. Bojan T. und Daniel F. hatten auch früher schon mal Stress gehabt. Diesmal nun soll T. dem älteren, eher schmächtigen F. erst eine Backpfeife verpasst, ihn dann die Böschung runter geschubst haben. Als F. sich wieder aufgerappelt hatte, sei T. ihm mit unbekannten Mittätern gefolgt und habe zum Schluss auf ihn eingetreten. So hat Daniel F. es in Erinnerung – und so schreibt es die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.

Zwei Zeugen bestätigten dagegen die Version des Angeklagten: Der habe Daniel F. nichts getan. Aber F. blieb dabei: T. habe ihn erst beschuldigt, seinen Cousin blöd angemacht zu haben, und ihn kurz darauf angegriffen. Für F. endete die Party mit einem Aufenthalt im Krankenhaus: Dort wurden Prellungen und kleine Schnittwunden festgestellt sowie Stacheln aus seiner Kopfhaut gezogen. Er muss sie sich wohl in einem Gebüsch am Seseke-Ufer eingefangen haben.

Die Verhandlung endete ohne Ergebnis. Es wird einen neuen Termin geben – dann mit einem Zeugen, den Daniel F. nachträglich benannt hat. Dieser Zeuge soll die Attacke von Bojan T. gegen F. mitgekriegt haben und bestätigen können.




„Hochgradig doof“ – findet der eigene Verteidiger

von Andreas Milk
Bei dem einen war’s das Fehlen einer Alternative zum Auto, bei dem anderen war es – laut seinem Verteidiger! – „hochgradige Doofheit und Schusseligkeit“: Ein Bergkamener und ein Dortmunder saßen vor der Strafrichterin im Amtsgericht Kamen, weil sie ohne Fahrerlaubnis hinterm Steuer gesessen hatten.

Der Mann aus Dortmund musste am 25. Januar zur Arbeit und fuhr deshalb mit einem VW in Kamen über die A1. Sonst könne er Fahrgemeinschaften nutzen, erklärte er – aber an diesem Tag ging das leider nicht. Auch Busfahren wäre keine Alternative gewesen. Denn da hätte die Fahrt zweieinhalb Stunden gedauert, und nach Feierabend wäre überhaupt kein Bus mehr gefahren. Der Dortmunder hat mehrere Vorstrafen wegen Fahrens ohne Führerschein. Diesmal lautete das Urteil: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 60 Euro, plus drei Monate Fahrverbot für alles, was motorisiert ist. Er sei knapp an einer Haftstrafe auf Bewährung vorbeigeschrammt, gab die Richterin dem Mann noch mit.

Und was den Fall mit der „Doofheit“ angeht: Am frühen Abend des 19. November 2023 war der Bergkamener mit einem Audi auf der Ebertstraße unterwegs – zu schnell, so dass die Polizei ihn anhielt. In der Verhandlung stellte sich heraus: Der Mann war mit einem Bekannten unterwegs, und dieser Bekannte hatte – legal – noch wenige Minuten vorher den Audi gelenkt, eben, weil der Bergkamener das nicht durfte. Der Audi gehört der Frau des führerscheinlosen Bergkameners. Ihr Mann wiederum trug den elektronischen Schlüssel dafür in der Tasche. Nach einer kurzen Fahrtunterbrechung – Geldabheben bei der Sparkasse – setzte sich „im Tran“ (Zitat Verteidiger) aus früherer Gewohnheit der Bergkamener ans Lenkrad. Über den Fehler, den er da gerade gemacht hatte, wurde er sich einige Sekunden später klar. Und da war halt auch schon die Polizei da. Auch dieser Angeklagte hat allerhand Vorstrafen; eine Bewährungsfrist aus einer früheren Verurteilung läuft. Im Kamener Amtsgericht gab es jetzt vier Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Buße, zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung.




Verlobt mit mutmaßlichem Prügelopfer: Freispruch

von Andreas Milk
Am Abend des 18. Februar soll er sie noch geschlagen und getreten haben. Jetzt sind sie verlobt – jedenfalls erzählten sie das dem Amtsrichter: Der Bergkamener Erol U. und die Kamenerin Tanja F. (Namen geändert). Gemeinsam haben sie ein Kind, knapp zwei Jahre alt.
An jenem Winterabend waren sie noch getrennt. Er war bei ihr zu Besuch. Sie stritten sich über eine mögliche neue Beziehung von Tanja F.. Am Ende dieses Streits brachte ein Rettungswagen die junge Frau zur Behandlung ins Krankenhaus.

Zu der Verlobung kurze Zeit später hatte der Richter nun ein paar Fragen. Der entscheidende Punkt ist: Familienangehörige und eben auch Verlobte eines Angeklagten können als Zeugen nicht zu einer Aussage gezwungen werden. Da kann eine flotte Versöhnung samt Eheversprechen einen Juristen im Strafprozess schon mal stutzig machen. So ganz übereinstimmend waren die Angaben von Erol U. und der erst später in den Verhandlungssaal gebetenen Tanja F. nicht: Ort der Verlobung? Zeitpunkt? Verlobungsringe? Beim Zeitpunkt schwankten die Angaben des Paars zwischen einem und zwei Monaten. Was Ringe angeht, soll es nur einen einzigen geben – und zwar für Tanja F., die ihn aber im Gericht nicht trug, weil er hinderlich sei beim Kümmern ums Kind.

Gegen Erol U. ist schon einmal eine Geldstrafe wegen Körperverletzung verhängt worden. Wegen Betrugs kam eine Haftstrafe auf Bewährung dazu. Einen Termin beim Bewährungshelfer ignorierte er. Weil zu der Attacke am 18. Februar weder er selbst noch seine Verlobte etwas sagten, war die Folge ein Freispruch. Und ein Appell des Richters, sich in den Griff zu kriegen: „Irgendwann haben die Damen den Kaffee auf.“ In einer Art Halb-Geständnis hatte U. erklärt, „so was“ werde „nicht wieder vorkommen“. Er liebe Frau und Kind.