Die LEG beklaut – und dafür gezahlt

von Andreas Milk
Er ist 30 Jahre alt, eben zum zweiten Mal Vater geworden, von Beruf Anlagenmechaniker – und er hat Mist gebaut. Von Dezember 2018 bis Mai 2019 war Theo M. (Name geändert) im Auftrag der LEG mit Instandsetzungen in Bergkamen, Kamen und anderen Orten beschäftigt, musste häufig Material und Werkzeug einkaufen. 19 Mal zweigte er dabei etwas für den Eigenbedarf ab: eine Straftat. Im Prozess vor dem Kamener Amtsgericht gab er das auch zu: „Stimmt alles“, „war ein Fehler“, so der junge Mann zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.

Als das Ganze im Frühjahr 2019 aufflog, war – natürlich – M.s Rauswurf beim Serviceunternehmen der LEG die Folge. Es kam zu einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Es endete mit einem Vergleich. M. willigte ein, die unterschlagenen Gegenstände im Wert von rund zweieinhalbtausend Euro zu ersetzen. Zu dieser Zeit lief aber außerdem längst ein Strafverfahren, denn die LEG hatte Anzeige erstattet. Dieses Strafverfahren ergab einen Strafbefehl. 3.000 Euro sollte M. an den Staat zahlen. Und: Im Strafbefehl war von der Einziehung des Gegenwertes der verschwundenen Gegenstände die Rede. Bloß hatte M. ja längst vor dem Arbeitsgericht erklärt, den Schaden wieder gut zu machen. Doppelt für die Sachen zahlen wollte er verständlicherweise nicht. Er legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein, sodass es jetzt den Gerichtstermin gab.

Der endete für M. zufriedenstellend: Bei der Geldstrafe von 3.000 Euro bleibt es – aber die Einziehung des Geldes für die Gegenstände fällt weg. M. hat längst dafür gezahlt. Für das, was er getan habe, stehe er selbstverständlich gerade, sagte der Handwerker.

 




Hund beißt zu – Halterin muss zahlen

von Andreas Milk
Der Schäferhund der Bergkamenerin Julia K. (40, Namen geändert) hat schon mehrmals zugeschnappt, wo er nicht hätte zuschnappen sollen. Seine Halterin glaubt, er habe wohl einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Der mittlerweile dritte bekannt gewordene Zwischenfall mit dem Tier brachte Julia K. jetzt vor den Kamener Amtsrichter: Fahrlässige Körperverletzung, so lautete der Vorwurf der Anklage.

Angefangen hatte es am 3. März mit einem sehr lauten, wohl auch gewaltvollen Streit zwischen K. und ihrem Ex-Mann in Julia K.s Wohnung. Nachbarin Viola M. (26) bekam das mit. Nachdem K.s „Ex“ aus dem Haus gestürzt war, wollte Viola M. nachsehen, ob mit Julia K. alles in Ordnung war. Sie ging also über den Flur zu deren Wohnung. Dort erwischte der Hund sie am Unterschenkel.

„Leicht an der Wade gezwackt“ – so hatte es Julia K.s Anwalt erst beschrieben. Laut Arztbericht allerdings war es ein tiefer Biss, der eine vierwöchige Krankschreibung, etliche Verbandswechsel und die Einnahme von Antibiotika zur Folge hatte.

Der Schäferhund hatte vor Viola M. schon einen Nachbarn im Haus sowie einen vorbeilaufenden Jugendlichen auf der Straße gebissen. „Ihr Hund ,zwackt‘ mir deutlich zu häufig“, erklärte der Richter der Angeklagten Julia K.  und: Es sei nicht Aufgabe von Fußgängern, auf Hunde zu achten – sondern Aufgabe der Hundebesitzer. Julia K. entschuldigte sich bei Viola M.; der Hund trage inzwischen stets einen Maulkorb.

Das Urteil für die – nicht vorbestrafte – Julia K.: eine Geldstrafe auf Bewährung. 1.250 Euro muss sie ans Land überweisen, falls sie die Bewährungsauflage nicht erfüllt. Und diese Auflage lautet: 1.000 Euro Schmerzensgeld für Viola M. – die hat bis jetzt aus Julia K.s Hundehaftpflichtversicherung noch keinen Cent gesehen.




Handyklau vor laufender Kamera: Geldstrafe

von Andreas Milk
„Ich glaub‘ Ihnen einfach nicht“: Die Geschichte, die der pensionierte Bergmann Manfred F. (Name geändert) erzählt hatte, kam dem Kamener Amtsrichter schon sehr merkwürdig vor. Es ging um ein Handy, liegen geblieben im Automatenbereich der Bergkamener Sparkassenhauptstelle.

Manfred F. sagt, er habe es beim Geldabheben gefunden, zwei oder drei Minuten vergeblich auf das Auftauchen des Eigentümers gewartet und seinen Fund schließlich bei der Polizei melden wollen. Auf dem Weg zur Wache allerdings, vermutlich irgendwo bei Kaufland, habe er das Handy verloren.

Das hielt der Richter für unglaubhaft. Dazu kam noch: Der rechtmäßige Handybesitzer hatte berichtet, er habe seinerzeit den Verlust schnell bemerkt und sei gleich zurück gelaufen zur Sparkasse. Manfred F. sei aber nicht da gewesen, geschweige denn das Handy. Nach dem Anwählen der Nummer wurde es abgeschaltet. Ermittelt wurde F. mit Hilfe von Aufzeichnungen der Sparkasse.
Der Richter war überzeugt: F. hat sich des Diebstahls schuldig gemacht. Vorstrafen hat der Rentner nicht. Fürs Mitnehmen des Handys wurde er jetzt zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt. Sein Verteidiger hatte Freispruch beantragt. Sein Hauptargument: Kaum einer wäre so dumm, in einem Raum, der von Kameras überwacht wird, ein fremdes Handy einzustecken.




Hund ausgebüxt – Cannabis-Anbau aufgeflogen

von Andreas Milk
Kurz nach Weihnachten stand die Polizei in der Wohnung des Bergkameners Lars P. (Name geändert) und begutachtete seine Cannabis-Plantage. Von dem illegalen Pflanzenanbau hatten die Beamten ursprünglich gar keine Ahnung. Sie waren angerückt, weil Nachbarn angerufen hatten: P.s Hund war ausgebüxt und lief in der Gegend rum. Auch P. selbst war zu dem Zeitpunkt gerade vor der Tür.

Der Cannabis-Fund der Polizei am späten Abend des 27. Dezember 2019 löste einen Strafbefehl aus: 1.800 Euro sollte P. zahlen. Er legte Einspruch ein. Folge war jetzt eine Verhandlung im Kamener Amtsgericht. Dass er für den Eigenbedarf Cannabispflanzen besaß, bestritt Lars P. gar nicht. Ihn ärgerte aber, dass die Polizei in seine Wohnung eingebrochen sei: Sie hätten die Tür geknackt. „Ich war richtig perplex.“ Im Polizeibericht stand, dass die Haustür offen gestanden habe.

Sollte er Zweifel an der Richtigkeit des polizeilichen Handelns haben, könne er sich selbstverständlich juristisch dagegen wehren, klärte der Staatsanwalt Lars P. auf. Bloß ändere das erst mal nichts an der Existenz der Cannabispflanzen. P., 38 Jahre alt und nach eigenen Angaben seit dem 16. Lebensjahr Cannabis-Konsument, war ratlos: „Kann mir einer von euch ’nen Tipp geben?“, wandte er sich an die Handvoll Zuschauer im Saal. Letztlich überzeugte ihn eine Andeutung des Richters: Der ließ durchblicken, bei einem derart uneinsichtigen Angeklagten könnte sein Urteil eher noch höher ausfallen als der Strafbefehl. Konsequenz: P. nahm den Einspruch zurück. Es bleibt bei den 1.800 Euro.




Prozess um begrapschte Azubis: Arzt geht in Berufung

von Andreas Milk
Mitte August war ein Bergkamener Arzt wegen sexueller Belästigung seiner „Azubinen“ zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Inzwischen ist im Kamener Amtsgericht die Berufung des Mediziners eingegangen. Das sagte uns der zuständige Richter. Der schickt die Akten jetzt ans Landgericht Dortmund. Der Fall wird dort neu verhandelt.

Eine Überraschung ist die Berufung nicht. Der Arzt und sein Verteidiger hatten bei der Verhandlung in Kamen versucht, die Zeuginnen – und mutmaßlichen Opfer des Arztes – unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Da, wo es Berührungen gegeben habe, seien sie von den jungen Frauen provoziert worden, etwa durch knappe Kleidung. Staatsanwalt und Richter machten klar, dass sie den Frauen glaubten: Laut ihren Aussagen nutzte der Arzt über Jahre unzählige Gelegenheiten, sie zu belästigen.

Wie lange es dauert, bis das Landgericht die Sache verhandelt, ist schwer einzuschätzen. Meist vergeht rund ein Vierteljahr, bis ein angefochtenes Amtsgerichtsurteil eine Dortmunder Strafkammer beschäftigt. Unter anderem dürfte eine Rolle spielen, welche Zeugen und sonstige „Beweismittel“ das Landgericht für nötig hält, die Sache aufzuklären.

Unser erster Bericht vom 19. August:

https://bergkamen-infoblog.de/bergkamener-arzt-belaestigt-azubis-acht-monate-auf-bewaehrung/

 




Über die A 2 ohne Führerschein: Berliner droht Haft

von Andreas Milk
Die allzu flotte Fahrt über die A 2 bei Bergkamen droht einen Berliner ins Gefängnis zu bringen. Im vergangenen September war er mit 86 statt der erlaubten 60 Kilometer pro Stunde durch eine Baustelle gefahren. Dabei hätte er nicht mal mit 60 unterwegs sein dürfen. Er hat keinen Führerschein.

Ausflüchte wären sinnlos gewesen beim Termin im Kamener Amtsgericht: Das Blitzerfoto zeigte eindeutig den 35-Jährigen. Er habe am Steuer gesessen, weil der Halter des Wagens eine Pause gebraucht habe, sagte er.

„Sie kommen in Teufels Küche“, warnte der Richter. Der Berliner hat schon etliche Vorstrafen. Erst war er mit Diebstählen aufgefallen, später verlegte er sich eher aufs „Schwarzfahren“. Gerade einmal zwei Monate vor der Fahrt durch Bergkamen hatte er vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine Bewährungsstrafe bekommen.

Ein Grund für den Kamener Richter, ihm keine weitere Chance mehr zu geben: Sechs Monate Haft – ohne Bewährung, so lautete das Urteil. Der Mann aus Berlin, sichtlich zerknirscht, will dagegen Berufung vor dem Landgericht Dortmund einlegen. Und das könnte tatsächlich eine Chance für ihn bedeuten: Derzeit ist er auf Arbeitssuche. Hat er damit bis zur Berufungsverhandlung Erfolg, könnten die Dortmunder Richter zu dem Schluss kommen, ihn doch nochmal „mit Bewährung“ davonkommen zu lassen.




Bergkamener Arzt belästigt Azubis: Acht Monate auf Bewährung

von Andreas Milk
Ein Bergkamener Arzt ist wegen sexueller Belästigung von zwei früheren Auszubildenden zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Den beiden Frauen soll er je 3.000 Euro zahlen, außerdem 2.000 Euro an die Gerichtskasse. Dass diese Entscheidung des Kamener Strafrichters schnell rechtskräftig wird, ist unwahrscheinlich. Der Verteidiger des Mediziners hatte Freispruch beantragt.

Der Arzt – ein bis jetzt strafrechtlich unbescholtener Mann kurz vorm Rentenalter – hatte zu Beginn der gut dreieinhalbstündigen Verhandlung ein Teilgeständnis abgelegt. Es ging in dem Verfahren um aufgezwungene Berührungen in der Zeit von November 2016 bis Februar 2019: Griffe ans Gesäß, an die Brust, dazu Küsse. Das alles hätte nicht sein dürfen, sagte der Arzt, und es tue ihm „aufrichtig leid“. Passiert sei das allerdings nur mit einer der beiden jungen Frauen – und der gab er eine Mitschuld. Sie habe in der Praxis eine sexualisierte Atmosphäre erzeugt; es habe freizügige Kleidung gegeben und lockere Sprüche, auch übers eigene Liebesleben. Drum sei er von einem Einverständnis mit seinen Berührungen ausgegangen. Und was die zweite Frau betrifft: Die habe er in Ruhe gelassen.

Beide Frauen hörte das Gericht als Zeuginnen. Was sie sagten, ist nach Überzeugung des Richters völlig glaubhaft. Danach nutzte der Arzt immer wieder Gelegenheiten, sich den Frauen aufzudrängen. Schon bei Abschluss des Ausbildungsvertrages habe es einen Kuss auf die Wange gegeben, schilderte eine – „da habe ich mir noch nichts bei gedacht“. Belästigungen seien später Teil ihres Praxisalltags gewesen. „Manchmal habe ich mich dann vorne hingesetzt und geweint.“ Hätte sie gekündigt und nicht zügig etwas Neues gefunden, wäre die absolvierte Ausbildungszeit umsonst gewesen. Noch heute träume sie nachts von dem Mann. Inzwischen arbeitet sie in einer Kita. Auch ihre Kollegin gab den ursprünglichen Berufswunsch auf, macht eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Die Beziehung zu ihrem Freund habe gelitten. Sie leide auch körperlich wegen der Geschehnisse bei dem Bergkamener Arzt, dessen Patientin sie als Kind war. Eine chronische Darmentzündung sei nach Ausscheiden aus dem Ausbildungsverhältnis diagnostiziert worden.

Zwei Frauen sagten im Prozess aus, die den Arzt entlasteten. Beide sind noch bei ihm beschäftigt. Eine wird wohl bald selbst Angeklagte sein: Ihr droht ein Verfahren wegen Falschaussage. Ein Handy-Video bewies, dass sie selbst von dem Doktor betatscht wurde. Dass er ihr zu nahe gekommen sei, hatte sie vorher aber ausdrücklich verneint. Ihre Erklärung nach Vorführen des Videos: „Ich hab‘ das nicht so empfunden.“ Die zweite Entlastungszeugin gab an, von Übergriffen nichts mitbekommen zu haben – wohl aber, dass eine der Azubis den Arzt provoziert habe.

Wenn der Mediziner Berufung einlegt, kommt der Fall vors Landgericht Dortmund. Sein Verteidiger hat angedeutet, dann weitere Beweismittel nutzen zu wollen. Da wäre zum Beispiel der Brief einer Frau – Mutter eines kleinen Patienten -, die sich in dem Schreiben beklagt habe, ihr Mann sei in der Praxis von einer Azubine angeflirtet worden. Den Namen der Briefschreiberin wollte der Verteidiger des Arztes dem Richter auf Nachfrage nicht nennen.

 




Tatwaffe Besen: Sechs Monate Haft

von Andreas Milk
Es gibt eine Straße in Oberaden, da herrscht alles andere als gute Nachbarschaft. Der Prozess um einen Vorfall am 21. Mai 2019 in einem der Häuser war nicht der erste, den das Kamener Amtsgericht jetzt führte. Tatwerkzeug: ein Besen. Den soll der 37-jährige Sven T. (Namen geändert) „wie einen Speer“ (Zitat Anklageschrift) auf seinen Nachbarn Dietmar M. geworfen haben. Der Besen verfehlte das Ziel. Sven T. bekam ein Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Er bestritt die Tat. Er habe seinerzeit in dem Vier-Parteien-Mietshaus die Treppe gereinigt. Plötzlich habe Dietmar M. vor ihm gestanden, da habe er einen Schreck bekommen – mehr sei nicht gewesen. Mit M. gebe es immer wieder Probleme – der beobachte alles und schwärze Leute an.

Dietmar M. erzählte eine andere Geschichte. Hintergrund sei ein Streit mit einer – inzwischen aus dem Haus ausgezogenen – Nachbarin. Sie wohne noch in der Nähe. Diese Frau habe Sven T. – und nicht nur den – gegen ihn aufgehetzt. Mehrfach sei eine Polizistin da gewesen und habe „Gefährderansprachen“ gehalten, um Dietmar M. zu schützen. Aber es habe nichts bewirkt. Der Besen sei tatsächlich geflogen. M. spielte dem Richter von jenem Tag auch eine Tonaufnahme vom Handy vor. Unter anderem ist zu hören, wie Sven T. ihn als „Schwuchtel“ beschimpft.

Sven T. hat schon mehrmals vor Gericht gestanden. Es gibt ein Gutachten über den lernbehinderten, schwerhörigen Mann. Es beschreibt ihn als eigentlich recht verträglichen Menschen, der aber reizbar sei, wenn er etwas nicht richtig verstehe. T. gilt als vermindert schuldfähig. Als die Sache mit dem Besen passierte, stand er noch wegen einer früheren Körperverletzung unter Bewährung.

Das Urteil nun: sechs Monate Haft – diesmal ohne Bewährung. Legt T. Berufung ein, wird sich das Landgericht Dortmund nochmal mit der Sache befassen.

 




Tankstellen-Rüpel bleibt unauffindbar

von Andreas Milk
Oft passiert es nicht – manchmal aber eben doch: dass die Justiz einfach den Falschen erwischt. Ein 63-Jähriger aus Gelsenkirchen soll in der Nacht zum 15. August 2019 an einer Tankstelle auf der Werner Straße einen anderen Autofahrer als „Hurensohn“ beschimpft haben. Das jedenfalls war die Anklage der Staatsanwaltschaft. Der Strafrichter in Kamen sprach den Mann frei.

Eingebrockt hatte ihm den Prozess sein Arbeitgeber. Der Gelsenkirchener war regelmäßig mit einem Kleintransporter der Firma auf Tour. Als die Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt wurde, begannen Ermittlungen. Die Firma teilte mit, zur fraglichen Zeit – um Mitternacht – habe der 63-Jährige am Steuer gesessen. Also richtete sich die Aufmerksamkeit von diesem Moment an auf ihn.

„Hurensohn“ genannt wurde damals ein Mitarbeiter von Amazon auf dem Heimweg von Werne nach Fröndenberg. Als Zeuge erzählte er vor Gericht, der Fahrer eines Kastenwagens hinter ihm habe mehrfach die Lichthupe betätigt. Nachdem beide Fahrzeuge die Tankstelle angesteuert hatten, sei schließlich das Schimpfwort gefallen. Der angeklagte Gelsenkirchener sei aber definitiv nicht derjenige gewesen, der da so ausfallend geworden sei. Ein Kollege und Mitfahrer des Amazon-Mannes bestätigte das.
Wer sich denn da nun so unfein geäußert hat, bleibt unklar. Als „Kandidat“ war zunächst noch ein weiterer geladener Zeuge im Rennen. Allerdings zeigte die Begegnung mit den beiden Amazon-Leuten im Gerichtssaal: Nee – der war es auch nicht.

 




Pfusch, aber keine Straftat: Freispruch für miesen Dachdecker

von Andreas Milk
Wer schlechte Arbeit leistet, mag ein Dilettant sein – aber nicht unbedingt auch ein Straftäter: Der Kamener Strafrichter hat einen Mann aus Dortmund freigesprochen. Er sollte das Dach einer Garage in Bergkamen-Rünthe reparieren. Aber da regnete es nach seinem Einsatz genauso durch wie davor. Folge war ein Verfahren wegen Betrugs.

Das Ganze liegt eine Weile zurück: Im Frühjahr 2017 bekam der Dortmunder von der Besitzerin der Garage den Reparaturauftrag, nachdem er mit dem Firmenwagen durch ihre Straße gefahren und die beiden miteinander ins Gespräch gekommen waren. „Ein sympathischer, netter Mann“, fand (und findet) die Rüntherin. Sie sei sicher gewesen, er werde schon alles korrekt erledigen, sagte sie als Zeugin im Gericht. Zusammen mit einem Kollegen sei er an zwei Tagen auf dem Dach zugange gewesen. Die Männer hätten auch reichlich Material mitgebracht. Am Ende zahlte die Frau für die Arbeit rund 1.200 Euro.

Die nächsten Regengüsse zeigten: Da waren keine Profis am Werk gewesen. Aber: Es ist eben nicht so, dass der Dortmunder kassiert hätte, um dann zu verschwinden. Die Frau telefonierte ihm noch eine Weile hinterher; irgendwann reichte es ihr, und sie ging zur Polizei.

Inzwischen hat sie das Garagendach komplett erneuert. Zivilrechtlich könnte sie versuchen, Geld von dem – strafrechtlich – Freigesprochenen zu bekommen. Sie erklärte aber, sie wolle es gut sein lassen.




Statt Polizei: Nach Unfall erst mal zur Mutter

von Andreas Milk
Der 31-jährige Florian H. (Name geändert) aus Oberaden hatte gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt, um – neben einer Geldstrafe – vor allem ein dreimonatiges Fahrverbot zu verhindern. Als darüber jetzt vor dem Kamener Amtsgericht verhandelt wurde, ließ der Richter erkennen, dass er sich verschaukelt fühlte – und dass H. seinen Führerschein auch auf Dauer verlieren könnte. Das machte Eindruck: H. nahm den Einspruch zurück.

Am 10. November hatte H. mit seinem Wagen einen Findling gerammt. Das Auto blieb auf dem Stein hängen. Die Stadt Bergkamen stellte später einen Schaden von rund 1.500 Euro fest. Das Interessante an der Geschichte: H. informierte nicht etwa die Polizei, sondern ging erst mal weg. Und zwar nicht zu seiner eigenen Wohnung – die lag nur ein paar Schritte entfernt -, sondern zu seiner Mutter, ein paar Kilometer entfernt. Mit der Polizei sprach er erst später. Die Beamten ermittelten, dass H. vor dem Findling-Unfall mehrere Stunden auf einer Party war, zusammen mit seiner Lebensgefährtin, die aber vor ihm den Heimweg angetreten hatte.

Zum Gerichtstermin war die Frau als Zeugin geladen worden – aber nicht gekommen: Stattdessen brachte Florian H. ein Attest vom Arzt über Verhandlungsunfähigkeit mit, ohne Diagnose, und berichtete, seine Freundin habe eine Magen-Darm-Grippe bekommen.

Das schien verdächtig. Besonders heikel: Wegen Trunkenheit am Steuer hatte Florian H. schon einmal ein Fahrverbot. Es endete zehn Tage vor der Sache mit dem Findling. Ob er bei diesem Unfall denn schon wieder Alkohol intus hatte, fragte der Richter. Florian H. verneinte. Warum er denn zur Mutter gegangen und stundenlang nicht zu sprechen gewesen sei, statt in seine eigene, viel näher gelegene Wohnung zu gehen? – Keine Antwort.

Seine Freundin wird wissen, ob er alkoholisiert war – aber die war ja nicht im Gericht. Nachdem das neue, dreimonatige Fahrverbot nun rechtskräftig wird, droht H. der Verlust seines Jobs im Straßenbau. Immerhin bekommt er aber den Führerschein wieder zurück.