Shirts geklaut – Messer dabei gehabt: Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Drei Shirts für gut 20 Euro hatte der 28-jährige Michael M. (Name geändert) am 18. Dezember 2020 beim Centershop in Rünthe „An der Bummannsburg“ mitgehen lassen. Dafür wurde er jetzt vor dem Amtsgericht Kamen zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Nicht nur, dass er allerhand Vorstrafen hat – er trug am Tattag auch ein Messer in einer Umhängetasche mit sich herum. Das benutzte er zwar nicht. Aber er hatte eben Zugriff auf diese Waffe – und das heißt: Die Strafe fällt deutlich härter aus als bei einem Diebstahl „ohne“.

M. ist kein abgebrühter Krimineller – eher ein Mensch mit einem Haufen Probleme. Kein Beruf, kein Schulabschluss, drogensüchtig: Amphetamine, Ecstasy. Die letzten zwei Monate vor dem Gerichtstermin saß er in Haft, weil er eine Vorladung ignoriert hatte. M. hat zwei Kinder, die bei seiner Ex-Freundin leben.

Der Diebstahl im Centershop missglückte ihm seinerzeit völlig. Ein Mitarbeiter des Ladens erwischte ihn, wollte ihn festhalten. M. riss sich los und warf beim Wegrennen panikartig Sachen weg, die er bei sich hatte – darunter das Messer. Auch seinen Roller ließ er stehen. Entsprechend leicht kam die Polizei an seine Personalien.

Seinem Mandanten sei klar, dass er sein Leben „dramatisch ändern muss“, sagte M.s Anwalt. Die zwei Monate in der JVA hätten ihm ganz gut getan – allein schon, weil er da nicht an Drogen herangekommen sei. Als Bewährungsauflage muss Michael M. nun Kontakt zur Drogenberatung halten. Unterkunft hat er bei seinem Vater. Der Richter entließ ihn mit dem Appell, das Vertrauen, das in ihn gesetzt werde, nicht zu missbrauchen. Eine mitangeklagte Drogensache – M. soll bei einer Kontrolle auf der Straße eine geringe Menge Amphetamin bei sich gehabt haben – wurde eingestellt.




Familientreffen auf der Anklagebank: Freispruch nach Knatsch mit Versicherungsmann

von Andreas Milk
Vater, Mutter und Sohn gemeinsam auf der Anklagebank, dazu die Schwiegertochter/Ehefrau als Zeugin im Gerichtssaal, und am Ende gab es was zu feiern: einen Freispruch. So war es im Fall der Bergkamener Jochen, Herta und Tom K. (Namen geändert) vor dem Amtsgericht in Kamen. Es ging um versuchten Betrug und uneidliche Falschaussage in einem Zivilprozess.

Der Auslöser des Ganzen liegt schon eine Weile zurück – vier Jahre und einen Monat, um genau zu sein. Im Oktober 2017 hatte die Familie – damals noch im Münsterland ansässig – Besuch von einem Versicherungsvertreter. Ihm drückte Vater Jochen K. die Kündigung einer Betriebshaftpflichtversicherung in die Hand – sagt jedenfalls Jochen K., und seine Frau und sein Sohn bestätigten es im Zivilprozess. Der Versicherungsmann aber bestritt es: Er habe keine Kündigung ausgehändigt bekommen. Notfalls könne er sein Fahrtenbuch vorlegen. Daraus gehe hervor, dass er am fraglichen Tag gar nicht bei den K.s aufgetaucht sei.

Im Zivilrechtsstreit um den Bestand der Haftpflichtversicherung – Höhe der zu zahlenden Police: 454 Euro – hatte ein Richter Anfang 2020 dem Versicherungsmann geglaubt. Schlussfolgerung: Familie K. muss Unsinn erzählt haben – ein Fall fürs Strafgericht. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Der Strafrichter fand nun aber die Aussagen der drei K.s authentisch. Auch die Schwiegertochter/Ehefrau erinnerte sich an den Tag, an dem der Mann von der Versicherung da war. Verwundert war der Richter, dass das Fahrtenbuch des Versicherungsvertreters in dem Zivilprozess wohl keinerlei Rolle gespielt hatte. Im Protokoll von 2020 taucht jedenfalls kein Hinweis darauf auf. Vater K. warf dem Vertreter hinterlistiges Verhalten vor. Der Versicherungsmann wiederum beteuerte, „im Leben nicht“ würde er für einen Hunderter Provision einen Betrug begehen und lügen.

Sofern die Staatsanwaltschaft den Freispruch für die drei K.s akzeptiert, hat die Familie ihre Ruhe. Und der Versicherungsmann ebenfalls: Mittlerweile ist er Rentner.




Faustschläge ins Gesicht einer 17-Jährigen: Acht Monate auf Bewährung

von Andreas Milk
Der 22-jährige Bergkamener Marcel M. (Namen geändert) ist vom Strafrichter in Kamen zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Richter war überzeugt: M. hatte der 17 Jahre alten Louisa zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt. Der Grund: Sie sollte eine Strafanzeige gegen seinen Bruder zurücknehmen.

Begegnet waren sich Marcel M. und Louisa am späten Abend des 14. April in der Nähe der Bergkamener Pfalzschule. Beide waren mit Freunden unterwegs. M. habe sie angesprochen wegen der Anzeige, erzählte Louisa. Selbst wenn sie gewollt hätte: Zurücknehmen ließ sich diese Anzeige gegen M.s Bruder nicht; das Verfahren lief längst „von Amts wegen“. Louisas Mutter schilderte dem Richter, dass die Tochter sich nach dem Nachhausekommen an jenem Abend vor ihr versteckt habe. Am nächsten Tag erst habe sie nach langem Rumdrucksen berichtet, was an der Pfalzschule vorgefallen sei. Ein Arzt bestätigte die Verletzungen im Gesicht. Bis heute sieht die Jugendliche Dinge manchmal ein bisschen verschwommen.

Glaubt man Marcel M., ist damals nichts passiert: Er sei am 14. April in der Gegend rumgegondelt, habe hier und da rumgehangen – fertig. Faustschläge gegen Louisa? Nein. – Eine Aussage, die den Richter nicht überzeugte.

Marcel M. – unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung vorbestraft – muss neben der Bewährungsstrafe 900 Euro ans Gericht zahlen. Zivilrechtlich droht ein Schmerzensgeldanspruch des geschlagenen Mädchens – der Prozess läuft. Und was noch einmal die strafrechtliche Seite angeht: Der Richter ermunterte Louisa und ihre Mutter, Bescheid zu geben, falls M. wieder einen Einschüchterungsversuch starten sollte, etwa vor einem möglichen Berufungstermin. Denn sowas „geht gar nicht“ – und die Justiz lasse sich das nicht bieten. Sprich: M. könnte in U-Haft gehen.

 




Porno-Darstellerin wider Willen? – Prozess um Video

von Andreas Milk
Entweder, der 35-jährige Bergkamener Erol S. (Namen geändert) war besonders raffiniert – oder seine Ex-Freundin Samira K. lügt besonders abgebrüht. Klären ließ sich das vor dem Kamener Amtsrichter erst mal nicht: Die junge Frau konnte nicht als Zeugin kommen, sie ist in Corona-Quarantäne.

Laut Anklage – das heißt, laut Angaben von Samira K. – hatte Erol S. sie im vergangenen Jahr beim Sex gefilmt und das Video auf eine Pornoseite im Internet gestellt. Das geschah mit einem Handy. S., so die Anklage weiter, habe der Frau erzählt, nur die Taschenlampen-Funktion des Smartphones zu nutzen, um ihren Körper besser betrachten zu können. Dass so ganz nebenbei auch die Kamera eingeschaltet war, habe er ihr verschwiegen.

„Ich habe das nicht gemacht“, beteuerte Erol S. vor Gericht. „Beim Leben meiner Tochter“ schwöre er, dass die Vorwürfe falsch seien. Er wisse nicht mal, wie man so ein Video überhaupt ins Netz hochlade. Seine Vermutung: Die Frau sei schlicht sauer gewesen, weil er sich nicht mehr bei ihr gemeldet habe. Er habe nämlich mitgekriegt, dass sie mit allen möglichen Männern ins Bett ging – und das habe ihm nicht gefallen.

Gerade diese angebliche Wahllosigkeit der Frau ließ den Richter allerdings bezweifeln, dass es sich bei der Strafanzeige wegen des Videos um einen Fall von Rache aus enttäuschter Liebe handelte.
Vor dem Verhandlungstermin hatte Erol S. einen Strafbefehl bekommen: 60 Tagessätze à 10 Euro. Erst sein Einspruch gegen diese Geldstrafe führte zu der Hauptverhandlung im Gerichtssaal. Sollte er bei seinem Einspruch bleiben und verurteilt werden, droht eine höhere Strafe. Denn die von der Staatsanwaltschaft veranschlagte Tagessatzhöhe von 10 Euro liegt – wie sich inzwischen anhand von S.‘ Einkommen gezeigt hat – viel zu niedrig.

Sein Standpunkt: Er habe nichts getan – also müsse er keinen Cent zahlen. Beim nächsten Termin soll Samira K. aussagen. Das wird wohl erst im kommenden Jahr sein.




Fehler beim Callcenter? – Ex-Arbeitsloser von Betrugsvorwurf freigesprochen

von Andreas Milk
Der 59-jährige Bergkamener Benno G. (Name geändert) hat ein leeres Vorstrafenregister. Dass er nun ausgerechnet die Kamener Agentur für Arbeit betrogen haben soll, daran hatten Staatsanwältin und Richter am dortigen Amtsgericht Zweifel. Folge: Es gab einen Freispruch für den bisher unbescholtenen Mann.

In der Anklageschrift hatte es geheißen, im Mai 2020 habe G. zu Unrecht 927 Euro Arbeitslosenunterstützung bezogen, weil er es unterlassen habe, der Agentur seinen neuen Vollzeitjob bei einer Baufirma zu melden. Doch G. sagt, genau diese Meldung habe er gemacht. Mit einer jungen Frau habe er telefoniert, die ihn zu der Stelle sogar noch freundlich beglückwünscht habe.

Diese junge Frau saß in einem Callcenter. Mit persönlichem Kontakt ist das bei der Arbeitsbehörde ohnehin schon so eine Sache – und in Coronazeiten erst recht. Ein Agenturmitarbeiter, als Zeuge vor Gericht geladen, war mit dem „Fall“ Benno G. denn auch nicht näher vertraut. Er berichtete, in den Akten finde sich kein Vermerk über ein Telefonat. Das Callcenter mache solche Vermerke „eigentlich sehr zuverlässig“, aber, klar, Fehler könnten überall passieren.

Benno G. hatte im Frühjahr letzten Jahres noch ganz andere Probleme zu bewältigen als Jobsuche und -antritt: Seine Frau war schwer krank; inzwischen ist G. Witwer. Längst hat er begonnen, die 927 Euro zurück zu zahlen: 25 bis 30 Euro pro Monat überweist er der Agentur. Und er hat eine Theorie, wie es zum Fehlen der Aktennotiz gekommen sein könnte: Bei derselben Firma, die ihn damals in Vollzeit übernahm, hatte er vorher schon einen Minijob gehabt. Vielleicht, so G.s Vermutung, sei da in den Akten was durcheinander geraten.




Problem war das Einparken: Frau ohne Führerschein zweites Mal aufgeflogen

von Andreas Milk
Ohne ihre Probleme beim Einparken wäre Danuta H. (60, Name geändert) womöglich bis heute noch gar nicht näher mit Polizei und Justiz in Kontakt gekommen. Im Juni dieses Jahres baute sie beim Rangieren ihres Autos auf der Hubert-Biernat-Straße einen Unfall. Bei der Gelegenheit fiel auf, dass sie gar keinen Führerschein hatte. Der Fall kam jetzt vors Kamener Amtsgericht. Danuta H. selbst kam allerdings nicht: Sie hatte die Ladung wohl ignoriert.

Schon einmal war sie den Behörden aufgefallen – und zwar mit dem gleichen Delikt. Einige Wochen vor dem Crash in Bergkamen hatte sie – ebenfalls beim Einparken – schon anderswo die Kontrolle übers Auto verloren und einen Schaden verursacht.

Danuta H. behauptete seinerzeit bei der Polizei, in Polen eine Fahrerlaubnis erworben zu haben. Eine Nachfrage im Nachbarland ergab aber: Das stimmte gar nicht. In Abwesenheit verurteilte der Richter in Kamen sie nun zu einer weiteren Geldstrafe: 2.700 Euro sind diesmal fällig. Daneben wurde eine Sperre von einem Jahr für den Erwerb eines tatsächlichen Führerscheins verhängt.




Ebay-Konsolen-Verkaufstag vor Gericht: Haft und Geldstrafe für zwei Bergkamener

von Andreas Milk
Tag der Spielekonsole im Kamener Amtsgericht: Gleich zwei junge Männer aus Bergkamen wurden verurteilt, weil sie über Ebay jeweils eine Nintendo Switch verkauft hatten, die sie ihren Kunden dann aber nicht zuschickten. Einer der beiden muss wegen seines Betrugs sogar in Haft: sechs Monate Gefängnis, entschied der Richter.

Das lag vor allem am langen Vorstrafenregister des 32-Jährigen: Es umfasst 13 Eintragungen; los ging es 2005. Im Dezember vorigen Jahres hatte er die Konsole für 160 Euro verkauft, um seine Drogensucht zu finanzieren. Inzwischen habe er die Lage einigermaßen im Griff, erklärte der Bergkamener. „Bierchen“ und „Tütchen“ gönne er sich noch. Härterer Stoff sei dagegen nicht mehr angesagt.

Der zweite Angeklagte an diesem Tag hatte bei einem ersten Verhandlungstermin Mitte Oktober behauptet, nicht er habe den betrügerischen Verkauf bei Ebay abgewickelt, sondern ein damaliger Mitbewohner. Er nannte einen Namen und eine Adresse. Die Post musste bei der Zustellung einer Vorladung an diese Adresse allerdings kapitulieren. Auch eine Nachfrage des Kamener Gerichts beim Bergkamener Meldeamt blieb erfolglos. Nicht nur an der Existenz des einstigen Wohnungsgenossen bleiben Zweifel. Auch eine Ex-Freundin des Angeklagten, die laut einer früheren Version seiner Geschichte am Konsolendeal beteiligt war und die zufällig (!) denselben Nachnamen trägt wie ihr Ex, lebt wohl eher im Reich der Phantasie. Das Urteil für den 22-Jährigen: eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 12 Euro. Vorbestraft ist auch er: Derzeit verbüßt er noch eine 15-monatige Jugendstrafe.




Marihuana-Kunde war ein V-Mann: Geldstrafe

von Andreas Milk
Am Nachmittag des 20. April 2020 verkaufte Erdal M. (Name geändert) einem Mann in der Bergkamener Ebertstraße rund zehn Gramm Marihuana für einen Hunderter. Dieser Mann war eine „polizeiliche Vertrauensperson“ – ein V-Mann. Der Drogenhandel war also von der Kripo provoziert worden. Erdal M. stand jetzt in Kamen vor dem Amtsrichter.
Viel sagen wollte er zu der Angelegenheit nicht. Nur so viel: Es stimmt. Zu Hintergründen – das heißt vor allem: zu seiner Bezugsquelle – schwieg Erdal M.: „Ich hab‘ Scheiße gebaut“ – fertig.

Das Vorstrafenregister des 25-Jährigen ist leer. Und wäre es nicht um einen Verkauf gegangen, sondern um einen Kauf für den Eigenbedarf, dann wäre vielleicht sogar eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit gegen Zahlung einer Buße in Frage gekommen. Da M. aber mit dem Stoff gehandelt habe, scheide diese Möglichkeit aus, so der Richter.

Er verurteilte M. zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 20 Euro. M. schien erleichtert, dass es nicht schlimmer kam: Er erklärte sofort, die Entscheidung zu akzeptieren.




Nüchtern ganz nett – betrunken eine Plage: Vier Monate Haft für Körperverletzung

von Andreas Milk
Der 46-jährige Bergkamener Omar T. (Name geändert) scheint hin und wieder nicht gerade das zu sein, was man sich unter einem angenehmen Nachbarn vorstellt. Er beschalle gern die halbe Bambergstraße mit Musik oder per Fernsehlautsprecher und quittiere Beschwerden über den Lärm mit „Nazi!“-Rufen – vorausgesetzt, er habe Alkohol und/oder Drogen konsumiert. Nüchtern dagegen sei er eigentlich ein ganz netter Typ.

So ungefähr schilderte es im Kamener Amtsgericht ein Mann von nebenan. Omar T., derzeit in Haft, musste sich wegen eines Vorfalls am Abend des 6. April verantworten. Da habe er im Streit seinem Nachbarn vor dem Haus drei Mal ins Gesicht geschlagen. Laut Alkoholtest hatte T. zu dem Zeitpunkt 2,3 Promille im Blut.

Derart unter Strom, muss er wohl am Fenster gestanden und den Nachbarn provoziert haben. Der wiederum rief T. zu, er solle doch runterkommen. Blöderweise tat T. genau das. Die Lage eskalierte. Und nachdem T. drei Mal im Suff zugelangt hatte, wehrte sich der Nachbar mit einem einzigen, weit wirkungsvolleren Schlag. T. war danach kampfunfähig. Er hatte Nasenbluten und ein „Veilchen“.

T.s Frau sagte dem Richter, Hintergrund des ausgeuferten Streits seien Ekel erregende Behauptungen gewesen, die über ihren Mann kursierten: Mit seinem Fernglas soll er ein Teenager-Mädchen beobachtet haben. Das sei natürlich Unsinn; ihr Mann habe sowas gar nicht nötig. Nach eigenem Bekunden interessiert er sich für Flugzeuge.

Omar T. hat sich nach der Prügelei bei dem Nachbarn entschuldigt. Vor Gericht wiederholte er, es tue ihm leid, und überhaupt trat er freundlich und zuvorkommend auf. Das Urteil: vier Monate Haft wegen vorsätzlicher Körperverletzung. T. hat allerhand Vorstrafen. Die Haft, die er derzeit schon verbüßt, endet regulär im Juni 2022. Vom Richter bekam er den dringenden Rat, endlich an seinem Suchtproblem zu arbeiten.




Auf Corona-Soforthilfe folgt Betrugsanklage

von Andreas Milk
Luis H. (Name geändert) ist von Beruf Kraftfahrer, verdient aber in der Region auch Geld als selbstständiger DJ. Mit Jobs als DJ war es im März 2020 aber erst mal vorbei: Corona. H. stellte einen Antrag auf 9.000 Euro Soforthilfe bei der Bezirksregierung. Das Geld kam. Jetzt saß H. als Angeklagter im Kamener Amtsgericht – und zwar wegen Subventionsbetrugs. Das Urteil: eine Geldstrafe von 2.700 Euro.

Die Geschichte wird in nächster Instanz das Landgericht beschäftigen – daran ließ H.s Verteidiger keinen Zweifel: Er will in Berufung gehen. Und der Kamener Amtsrichter ließ erkennen, das sei ihm ganz recht. Es sei gut, für die Zukunft Klarheit zu haben. Das Ganze ist kompliziert. Corona habe „uns alle überfallen“, so der Verteidiger. Und der Richter gestand Luis H. und seinem Anwalt zu, die Regeln zur Gewährung von Hilfe seien durch die Bundes- und die Landesregierung wohl nicht gerade optimal kommuniziert worden.

Der Knackpunkt: Eine Bedingung für die Corona-Soforthilfe war, dass Antragsteller nicht schon „vor Corona“ Zahlungsschwierigkeiten hatten. Genau solche Schwierigkeiten hatte Luis H. aber sehr wohl, und zwar schon Ende 2019. Allerdings argumentierte nun sein Anwalt: Die Geldprobleme – 40.000 Euro „Miese“ – habe H. quasi als Privatmann gehabt; dagegen sei sein DJ-Job bis zum Corona-Lockdown lukrativ gewesen. Das ließ der Richter nicht gelten. H. habe im Antrag an die Bezirksregierung eine falsche Angabe gemacht – ihm müsse klar gewesen sein, dass er sich als Kaufmann nicht in (schuldenfreien) DJ und (verschuldete) Privatperson spalten könne.

Die 9.000 Euro übrigens sind noch weitestgehend vorhanden. H.s Konto unterliegt der Pfändung. Die Sparkasse zahlte ihm monatlich nur einen vergleichsweise geringen Betrag aus.




Aus Scham Hartz IV verschwiegen: Diesmal „passt“ die Geldstrafe

von Andreas Milk
„Dass wir uns so schnell wiedersehen!“ Für den Richter war der 54-jährige Hans B. (Name geändert) aus Bergkamen ein alter Bekannter – erst Ende April hatte B. seine letzte Verhandlung im Kamener Amtsgericht hinter sich gebracht. Nun also ein neuer Termin, knapp fünf Monate später: Diesmal ging es um zwei Flaschen Schnaps, geklaut bei Lidl, Wert: 11 Euro, 18 Cent.

Eine „ganz dumme Sache“ sei das gewesen, gab B. zu. „Ich bin natürlich schuldig.“ Es war am Mittag des 28. Mai. B. sagt, er sollte den Schnaps für einen Mitbewohner mitbringen. Bei Lidl habe er dann gemerkt, dass er kein Geld mitgenommen hatte. Und weil er zu faul gewesen sei, zurück zu laufen und es zu holen, habe er die Flaschen eben unter die Jacke gesteckt und durch die Kasse geschmuggelt.

Hans B. hat eine Menge Vorstrafen, auch Hafterfahrung. Sein Bewährungshelfer erklärte, Alkoholsucht ziehe sich wie ein roter Faden durch das Leben des ehemaligen Bergmanns, der heute von Hartz IV lebt. Bei dem Prozess im April hatte er dem Richter vorgelogen, Rentner zu sein und monatlich rund zweieinhalbtausend Euro zu haben. Das sei aus Scham passiert, gab er beim neuen Termin zu. Folge der Lüge im April war eine viel zu hohe Geldstrafe, die auch rechtskräftig wurde. Grundsätzlich haben sich Geldstrafen nach den Einkommensverhältnissen der Angeklagten zu richten – weshalb Bundesligaprofis fürs Fahren ohne Führerschein schon mal sechsstellige Beträge loswerden können.

Den Diebstahl der Schnapsflaschen ahndete der Richter mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 Euro. Das heißt: Wenn B. die 900 Euro nicht zahlen kann – und davon ist wohl auszugehen -, muss er eine 90-tägige Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen.