Stromdieb kam mit Knast-Gepäck: Vier Monate Haft

von Andreas Milk
In doppelter Hinsicht ungewöhnlich war dieser Termin vor dem Kamener Strafrichter: Dem Angeklagten wurde ein eher seltenes Delikt vorgeworfen – und aus der Wohnung eines Freundes in Bergkamen, bei dem er derzeit lebt, hatte er gleich seine Grundausstattung fürs Gefängnis mitgebracht. Und tatsächlich verurteilte der Richter ihn zu vier Monaten hinter Gittern wegen „Entziehung elektrischer Energie“ – sprich: Stromklau – in Tateinheit mit Hausfriedensbruch.

Wladimir M. (Name geändert) hatte um den Jahreswechsel herum mehrere Monate in der Wohnung seiner Mutter in Kamen-Methler verbracht. Das Problem: Wegen unbezahlter Rechnungen klemmten die GSW den Strom ab. M. half sich selbst – auf illegale Weise. Er zapfte im Keller erst die Leitung eines Nachbarn an, später machte er sich am Gemeinschaftsstrom zu schaffen. Der Nachbar erstattete Anzeige; die Wohnungsgesellschaft LEG verhängte gegen Wladimir M. ein Hausverbot, das er aber ignorierte.

Der Schaden durch den Stromdiebstahl dürfte nicht allzu groß gewesen sein. Das provisorische, durch eine Decke in die Wohnung von M.s Mutter geführte Kabel reichte für Kühlschrank und Fernseher, das war’s. Ärgerlich für den Nachbarn war, dass M. ein Schloss zerlegt hatte, um sich am Stromanschluss des Mannes bedienen zu können.

M.s größtes Problem vor Gericht waren seine Vorstrafen. Als der Stromklau passierte, stand er unter Bewährung. Er hat auch schon mal „gesessen“ – es ging um Diebstahl und um Betrug. Die vier Monate ohne Bewährung, die nun dazu kamen, muss er nicht auf der Stelle antreten. Das Knast-Gepäck ging also fürs erste wieder zurück nach Bergkamen. M. kann Berufung gegen das Urteil einlegen. Lässt er das, wird es rechtskräftig – und erst dann kommt nach einer Weile von der Staatsanwaltschaft die Aufforderung, die Strafe anzutreten. Entschieden werden muss auch noch, ob und wie sich die neue Strafe auf die frühere Bewährungsstrafe auswirkt.




Einsatz am Wasserpark – Anklagevorwurf: Polizisten „Rassisten“ genannt

von Andreas Milk
Es war die Nacht zum 29. August 2020, die Inzidenz lag niedrig, viele Leute waren unterwegs – und die Polizei hatte mal wieder einiges zu tun, erinnerte sich ein Beamter jetzt in einem Prozess vor dem Kamener Amtsgericht. Es ging um einen Vorfall in Bergkamen am Wasserpark: Jamal A. und Aljoscha F. (Namen geändert), beide Ende 20, sind angeklagt wegen Beleidigung. Als „Nazis“, „Rassisten“, „Schwanzlutscher“ und „Schmalzlocken“ soll A. Beamte bezeichnet haben – F. werden in der Anklageschrift die Ausdrücke „Spastis“ und „Hurensöhne“ angelastet.

Zu einem Urteil kam es noch nicht. Drei Polizisten hatten als Zeugen ausgesagt. Doch was sie vortrugen, war dem Richter zu wenig konkret, als dass es für eine Verurteilung der beiden jungen Männer gereicht hätte. Übereinstimmend erzählten die Beamten von Pöbelei und aggressivem Verhalten. Aber sie konnten aus dem Gedächtnis nichts mehr zum Wortlaut sagen. Das liege wohl auch daran, erklärte einer, dass derlei Dinge im Polizeialltag nicht außergewöhnlich seien.

Fest steht: Am Bergkamener Wasserpark war es Anwohnern zu laut in jener Nacht. Die Polizei kam und sprach Platzverweise aus. Jamal A. fand das nicht in Ordnung. „So laut war das eigentlich gar nicht“, sagte er vor Gericht. Ja, zugegeben, er selbst habe die Polizei zwar angeschrien – aber niemanden beleidigt. Trotzdem sei er gepackt und zu Boden geworfen worden – und das nur, so vermutet er, weil er keinen Ausweis dabei hatte. Sein Gesicht sei in den Asphalt gedrückt worden. Er habe sich an den Fall George Floyd in den USA erinnert gefühlt. Sein Begleiter Aljoscha F. wies die Einsatzkräfte darauf hin, dass A. frisch am Bein operiert sei – das wurde vor Gericht auch so von einem Beamten bestätigt. Aljoscha F. gab zu, einen Polizisten „sehr provokant“ gefragt zu haben: „Deine Mutter ist keine Hure, oder?“

Die Nacht endete damals für Jamal A. und Aljoscha F. im Gewahrsam – nicht zuletzt zum Ausnüchtern. Blutuntersuchungen ergaben 1,4 (A.) und 1,9 (F.) Promille.

Voraussichtlich im Herbst wird es einen neuen, aufwendigeren Prozesstermin geben. Dann will der Richter noch sechs weitere beteiligte Polizisten – insgesamt dann also neun – befragen. Und: Jamal A. hat angedeutet, er werde zwei Zeugen zu seiner Entlastung benennen.




600 Euro überwiesen – wertlosen Stempel gekriegt

von Andreas Milk
Betrug auf Ebay beschäftigt das Kamener Amtsgericht regelmäßig: Irgendwer bietet etwas an, kassiert dafür, verschickt aber nichts – und die Kunden gehen zur Polizei. Im Fall des Bergkameners André T. (Name geändert) war es ein bisschen anders. Er hatte im April vorigen Jahres ein Handy für 600 Euro angeboten. Eine Frau meldete sich, überwies das Geld – und bekam auch etwas dafür: einen völlig wertlosen Stempel. André T. saß jetzt auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug vor.

Das Reden übernahm seine Verteidigerin. Sie erklärte für ihren Mandanten, er habe seinerzeit zwei Pakete verschickt – und dummerweise den Inhalt vertauscht. Das Handy sei an einen Freund von André T. in der Schweiz gegangen. Dieser Freund habe es auch zurückgeschickt, als der Irrtum auffiel. Bloß sei es auf dem Rückweg nach Deutschland wohl verloren gegangen. Jedenfalls habe André T. nie die Absicht gehabt zu betrügen. Dass er die 600 Euro nicht zügig erstattete, habe daran gelegen, dass er – als Selbstständiger – wegen säumiger Kunden in Zahlungsschwierigkeiten steckte. Inzwischen sei aber alles beglichen; die Frau habe ihr Geld zurück erhalten. Obendrein habe die Kundin von T. bei der Kaufabwicklung eine Kopie seines Ausweises bekommen. Das wäre kaum so gewesen, wenn T. hätte betrügen wollen, so die Anwältin.

Dem Richter war das nicht genug. Ihm erschien merkwürdig, dass T. in einem WhatsApp-Chat mit der Kundin eine Lieferverzögerung zunächst mal mit einem gebrochenen Arm entschuldigt hatte. Außerdem wollte er ihr Geld nicht per Paypal – was der Frau eine Rückforderung ermöglicht hätte -, sondern per Überweisung.

Fazit: Es wird einen neuen Termin vor Gericht geben. Sowohl die Kundin als auch der Freund in der Schweiz sollen geladen werden. Das bedeutet aufwändige Anreisen. T. müsste im Fall einer Verurteilung vermutlich dafür aufkommen. Es geht für ihn um eine Menge. Wegen Vorstrafen droht für die Handy-Geschichte Haft.




Rat vom Richter: „Weniger saufen“

von Andreas Milk
„Nächstes Mal weniger saufen“: Diesen Rat hatte der Amtsrichter in Kamen am Ende der Verhandlung noch für den Bergkamener Piotr H. (41, Name geändert). Der hat anscheinend ein Alkoholproblem – und das hatte ihn wohl letztlich auch auf die Anklagebank gebracht. Es ging um zwei (mögliche) Straftaten: eine in Kamen, eine in Bergkamen.

In Kamen „Auf dem Spiek“ soll H. an einem Tag im März 2020 eine Frau bedroht haben: Eine Flasche mit Benzin habe er ihr vors Gesicht gehalten und gedroht, sie zu übergießen und anzuzünden. Hintergrund war, dass er der Frau zuvor hunderte Euro gegeben haben soll für die Vermittlung eines Kurses, der H. helfen sollte, durch die MPU zu kommen: die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, besser bekannt als Idiotentest. Aber es ging anscheinend nicht voran mit dem MPU-Kurs. H. gab zu, die Frau deshalb aufgesucht zu haben – allerdings bloß mit einer Bierflasche in der Hand. „Ich fühle mich unschuldig.“ Die Frau machte ihre Aussage als Zeugin, sichtlich verängstigt und zeitweise unter Tränen. Aber es half nichts: Am Ende blieb die ganze Geschichte dubios. Im Zweifel hätte H. freigesprochen werden müssen.

Tatvorwurf Nummer zwei war etwas handfester: In Bergkamen in der Hüchtstraße habe H. in der Nacht zum 20. Dezember 2020 einem Trinkkumpan einen Schlag auf die Nase verpasst. Dass es Streit gegeben hatte, gab H. zu. Allerdings sei es kein gezielter Schlag gewesen: Vielmehr sei er auf sein Opfer, das auf einem Stuhl saß, zu gestürzt – und beide seien dann umgekippt.

Dieses Opfer wurde dann vom Gericht gar nicht mehr angehört – denn Richter und Staatsanwältin waren sich einig: Für diese Nummer braucht es kein Urteil. H., der ohne Vorstrafen ist, soll jetzt eine Buße von 600 Euro an die Deutsche Herzstiftung zahlen. Sobald er das getan hat, wird das Verfahren eingestellt.




Backpfeife am Valentinstag: 1.200 Euro Buße

von Andreas Milk
Die Familien von Adnan K. und Metin M. (Namen geändert) sind seit Generationen befreundet. Eigentlich. Allerdings gab es vor einer Weile Streit um den Kauf eines Grundstücks. Adnan K. wollte es haben – aber es ging letztlich an einen Angehörigen von Metin M. Am Vormittag des 14. Februar sahen die beiden sich auf dem Parkplatz des Gartencenters Röttger. Die jungen Männer wollten zum Valentinstag Blumen kaufen für ihre Frauen. Aber der Knatsch ums Grundstück wog in dem Moment stärker als romantische Gefühle. Adnan K. verpasste Metin M. eine Backpfeife und schlug mit der Faust die Seitenscheibe seines Autos ein. Folge war eine Anklage; gegen K. erging ein Strafbefehl nach Aktenlage.

Weil er gegen diese Strafe Einspruch eingelegt hatte, wurde jetzt im Kamener Amtsgericht über die Sache verhandelt. Dabei gab Adnan K. ohne Umschweife alles zu. Der Termin vor Gericht sei ihm aber wichtig gewesen, um Metin M. nochmal zu sehen.

Und auch M. machte deutlich, mit dem Vorfall abgeschlossen zu haben. Die enge Freundschaft der Familien sei wohl nicht zu reparieren. Nun solle einfach Ruhe einkehren.

Der Richter fand, angesichts dieser Umstände müsse eine Strafe nicht sein. Er machte aus der Geldstrafe deshalb eine Geldbuße: 1.200 Euro zahlt Adnan K. nun nicht an den Staat, sondern an eine gemeinnützige Einrichtung, die Stiftung Evangelische Jugendhilfe. Sobald er das getan hat, wird das Verfahren eingestellt – ohne Eintrag im Vorstrafenregister.




Autos geschrottet, Polizistin beleidigt: Geldstrafe

von Andreas Milk
Der Knall war laut und der Schaden groß in der Nacht auf den 20. Dezember 2020 in der Bergkamener Schulstraße. Der 31-jährige Murat B. (Name geändert) war mit seinem Wagen von der Fahrbahn abgekommen – und zwar so, dass er zwei geparkte Autos ineinander schob: Es erwischte einen Mercedes und einen Skoda. Schadenshöhe: rund 22.000 Euro. Ein Glück, dass nicht gerade ein Fußgänger in der Nähe stand: Die Autos rutschten mehrere Meter.

Murat B. hatte vor dem Unfall Alkohol getrunken. Eine Blutprobe ergab 1,09 Promille. Absolut fahruntüchtig ist nach dem Gesetz, wer mindestens 1,1 Promille intus hat. Der Crash in der Schulstraße war nach Angaben B.s aber eher auf einen Streit mit seiner Freundin zurückzuführen: Die saß zwar nicht neben ihm, schrieb aber SMS – und er schrieb zurück. „Da war ich voll drauf fixiert.“

Und nicht nur mit seiner Freundin legte er sich an, sondern auch mit einer Polizistin von der Wache in Kamen. „Zicke“ nannte er die Beamtin. Später schrieb er ihr auch noch auf Facebook. Er hatte bei der Unfallaufnahme ihren Namen erfahren, und der ist selten und macht die junge Frau in dem Netzwerk leicht auffindbar.

Im Saal des Kamener Amtsgerichts entschuldigte sich B. bei ihr – sie nahm diese Entschuldigung an und machte zugleich klar, dass er sich solche Ausfälle künftig besser sparen solle. Auch, dass er betrunken gefahren sei, bereue er, sagte B. dem Richter. Weiterer Pluspunkt: Die Versicherung hat den Schaden an den kaputten Autos längst beglichen.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 2.400 Euro wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Außerdem darf B. frühestens in acht Monaten wieder einen Führerschein bekommen.

 




Nepp bei Ebay: 300 Euro kassiert – keine Nintendo verschickt

von Andreas Milk
Betrügerische Verkäufe auf Ebay oder anderen Internetplattformen machen den Gerichten reichlich Arbeit. Beispiel: Der Fall des Bergkameners Marcel T. (22, Name geändert). Am 20. Juni vorigen Jahres verkaufte er eine Nintendo-Spielekonsole für 300 Euro. Eine Frau überwies ihm das Geld. Die Konsole bekam sie aber nicht. T. wurde wegen Betrugs angeklagt.

Wegen einer anderen Straftat sitzt der junge Mann mittlerweile in Haft. Die Beweisaufnahme in Sachen Nintendo vor dem Kamener Amtsrichter ging ausgesprochen kompliziert vonstatten. Erst mal erklärte T., er habe die Konsole per Hermes-Paket an die Frau abgeschickt; für den Versand habe er 17,75 Euro bezahlt. „Das hört sich nicht gut an“, sagte der Richter, nach eigenem Bekunden „langjähriger Hermes-Kunde“. Denn einen solchen Gebührensatz gebe es bei der Firma gar nicht.

Ob er eine Quittung habe? Woher denn, antwortete der Angeklagte – die sei in seiner Wohnung geblieben und er selbst später ja ins Gefängnis gekommen. Erst nach langem Hin und Her und taktischen Erwägungen zum Thema „vorzeitige Haftentlassung“ gab Marcel T. zu: „Ich hab‘ das Paket nicht abgeschickt“ – aber so leicht kam er aus der Sache nicht mehr raus. Es wird einen weiteren Termin im Herbst geben. Der Richter forderte T. auf, sich bis dahin nochmal Gedanken zu machen zu der Frage, ob die „Nintendo Switch“ überhaupt je in seinem Besitz gewesen sei, wie es mit einer Rückzahlung des Geldes aussehe und was es eigentlich mit einer gewissen „Tanja“ auf sich habe, unter deren Namen Marcel T. die Konsole bei Ebay angeboten haben soll und deren Existenz auch nicht so ganz sicher ist.

Etwas später an diesem Verhandlungstag ging es dann übrigens um einen betrügerischen iPhone-Verkauf. Und eine gute Stunde später um einen weiteren.




Zu zweit 4,9 Promille: Geldstrafe für Stoß und Tritt

von Andreas Milk
Es gab eine heftige Auseinandersetzung am Nachmittag des 12. August 2020 in der Wohnung des Bergkameners Thomas W. (41, Namen geändert) – und vor allem: eine sehr alkoholische. W. selbst hatte etwa 1,7 Promille im Blut, Bettina K. 3,2 Promille. Folge des Streits zwischen den beiden war jetzt ein Prozess im Kamener Amtsgericht.

Laut Anklage hatte Thomas W. seine Widersacherin zu Boden gestoßen und ihr einen kräftigen Tritt gegen die Beine versetzt. Das geschah auf der Straße vor seiner Wohnung, beobachtet von einer Frau, die gerade mit ihrem Hund spazieren ging: „Ich hab‘ gerufen: Ey, dat geht nich!“ Thomas W. selbst erklärte dem Richter, sich nur sehr schemenhaft erinnern zu können. Er habe Bettina K. aus seiner Wohnung und aus seinem Leben haben wollen; sie habe aber keine Ruhe gegeben. Kennengelernt hatten sich beide bei einer Entgiftung.

Den Termin vor Gericht ignorierte Bettina K. – Folge war ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, ersatzweise vier Tage Haft. Allzu schwer verletzt gewesen sein kann sie am 12. August nicht: Die Frau mit dem Hund jedenfalls sah, wie sie gleich nach dem Tritt aufstand und ging.

Thomas W., vor Gericht höflich und zuvorkommend, erklärte dem Richter, es tue ihm alles „megaleid“. Dass er zugetreten habe, könne er sich eigentlich nicht recht vorstellen, er wolle es aber auch nicht abstreiten. Sechs Vorstrafen hat W. – das letzte Urteil ist allerdings schon sechs Jahre alt. Für den Ausraster am 12. August verurteilte der Richter den Hartz-IV-Bezieher nun zu einer Geldstrafe von 750 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Thomas W. akzeptierte.

 




Backpfeife für 12-Jährigen – Geldstrafe für 39-Jährigen

von Andreas Milk
Dass der Bergkamener Mario K. (39, Namen geändert) sauer war auf den damals zwölf Jahre alten Kevin M. – keine Frage. Aber eine Backpfeife will er dem Jungen deshalb nicht verpasst haben. „Ich habe ihn nicht geschlagen“, versicherte er dem Richter in Kamen. Der glaubte allerdings dem Jungen und verurteilte Mario K. zu einer Geldstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung.

Es ging um einen Vorfall am Abend des 9. Juli 2020 auf dem Parkplatz vor einer Wohnanlage. Die Vorgeschichte: Kevin M. soll die Tochter von Mario K. gestalkt haben. Eine Weile sei dann Ruhe gewesen, erzählte Mario K. Doch als die Kinder sich nach einer Weile an dem Parkplatz wiedersahen, sei Kevin ausgerastet, habe geschimpft, gespuckt, mit Steinen geworfen. Seine Tochter habe ihn alarmiert; er sei also los, um Kevin zur Rede zu stellen. Der Junge sei „panisch“ geworden, von seinem Fahrrad – das Mario K. festhielt – herunter gesprungen und weggerannt. Ende.

Kevin, inzwischen 13 Jahre alt, erzählte vor Gericht etwas anderes. Mario K. habe ihn vom Rad gezogen, zu Boden geschubst, mit flacher Hand auf die Wange geschlagen. „Er sagte, ich hätte seine Tochter angebaggert.“ Kevins Version wurde wenigstens in Teilen bestätigt von einer Frau, die in der Nähe wohnt. Sie habe einen Hilferuf gehört und gesehen, wie K. mit erhobener Hand über dem Jungen hockte. Die Frau nahm Kevin M. mit in ihre Wohnung, rief die Polizei. Die Beamten fotografierten die auffällig gerötete linke Gesichtshälfte. Am nächsten Tag ergab eine ärztliche Untersuchung leichte Prellungen am Rücken – eine Verletzung, die den Jungen anscheinend so wenig beeindruckte, dass er sie jetzt beim Gerichtstermin gar nicht erwähnte.

Und das ist nicht unwichtig. Denn es zeigte dem Richter: Eine „überschießende Belastungstendenz“ habe Kevin nicht. Sprich: Er zeigte kein Interesse daran, Mario K. „reinzureiten“.

Das Urteil: 40 Tagessätze à 30 Euro. K. kann Berufung einlegen – und klang so, als werde er das auch tun. „Ich würde niemals ein Kind schlagen.“ Er deutete an, für einen Berufungstermin Entlastungszeugen zu nennen: andere Kinder, die den Vorfall mitbekommen haben sollen.




Geplanter Neubau für Netto am Häupenweg: Stadtverwaltung muss umdenken

Um dieses Grundstück am Häupenweg geht es,

Die Bergkamener Stadtverwaltung will jetzt alle Beteiligten des Rechtsstreits um den neuen Netto-Markt und eines neuen Getränkemarkts am Häupenweg an einen Tisch bringen. Ziel sei es, so Beigeordneter Marc Alexander Ulrich eine für jede Seite tragbare Lösung zu kommen. „Aus Sicht der Stadtentwicklung für den bevölkerungsreichen Stadtteil Weddinghofen wäre ein schneller und rechtssicherer Baubeginn zur Stärkung der Nahversorgung wünschenswert. Kurze Wege zum Einkaufen sind für viele Menschen wichtig und schonen auch zugleich die Klimabilanz“, erklärte Ulrich am Donnerstag.

Anlass für diese Initiative ist ein Hinweis des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen an die Stadtverwaltung. Dort hatte Lina Ostendorff, die den benachbarten Bioland-Bauernhof betreibt, Klage gegen den positiven Bauvorbescheid der Stadt für diese Projekt erhoben. Offensichtlich hält das Gericht diesen Bauvorbescheid nicht für in Ordnung.

Grundlage für den positiven Bescheid war die Auffassung der Stadt, dass das Grundstück zwischen Wellenbad-Parkplatz im Osten und der Arztpraxis im ehemaligen Aldi im Westen zur Innenstadt gehört und deshalb dort eine Lückenbebauung erlaube. Das Grundstück mit einer Größe von ca. 3 Hektar gehe über eine klassische Baulücke deutlich hinaus, teilte das Gericht der Stadt mit.

„Die Einstufung des Grundstücks als Außenbereich bedeutet aber wohl nicht, dass das Vorhaben generell unzulässig ist“, erklärte Ulrich weiter. Es wäre laut Gericht nur unzulässig, wenn öffentliche Belange entgegenstünden. Im Nachbarstreit seien nur diejenigen öffentlichen Belange zu prüfen, die drittschützend sind. Dies wäre im vorliegenden Fall die Geruchsimmission. Das Gericht schlägt vor, diesen Prüfungspunkt im Rahmen der Baugenehmigung zu bearbeiten.

Ulrich: „Der Verwaltung sind bislang jedoch keine Beschwerden oder Hinweise aus der Nachbarschaft zur Geruchsbelästigung durch den Biolandhof bekannt, weshalb dieser Prüfungspunkt als nicht kritisch eingestuft worden ist.“

Es besteht nun die Möglichkeit, die Frage, ob das Vorhaben unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, aus der Bauvoranfrage auszuklammern. Damit wäre es tatsächlich auf das spätere Bauantragsverfahren verschoben. Dieser Vorschlag wurde durch das Gericht unterbreitet und ist nicht unüblich. Nun müssen Kläger, potenzieller Bauherr und Stadt jeweils für sich entscheiden, ob eine zeitnahe Entscheidung durch das Gericht gewünscht ist und damit der Weg in das Baugenehmigungsverfahren eröffnet wird oder ob zunächst das Urteil des Gerichts über die Bauvoranfrage abgewartet werden soll.

 

 




Unfallflucht im Doppelpack: 16.000 Euro Schaden – Hohe Geldstrafe

von Andreas Milk
Der 64 Jahre alte Handwerker im Ruhestand redete nicht drum rum. Im Juli und August 2020 hatte er in Kamen und in Bergkamen Unfallflucht begangen – und das gab Werner K. (Name geändert) beim Termin vor dem Kamener Strafrichter zu. Die Geldstrafe fiel hoch aus. Das lag vor allem an K.s Vorstrafen: 17 haben sich angesammelt seit den 1980er Jahren – neben Betrugstaten auch immer wieder Verkehrsdelikte.

Am späten Nachmittag des 5. Juli nun war K. mit seinem Audi in zwei geparkte Wagen an der Danziger Straße in Kamen gekracht. Schaden: rund 15.000 Euro. Statt sich darum zu kümmern, verschwand er. Am frühen Abend des 19. August traf es dann die Firma Fluhme an der Fritz-Husemann-Straße in Bergkamen. Mit einem geliehenen Transporter – K. wollte Sachen in seine Wohnung bringen – rauschte er in den Zaun. Schaden: rund 1.000 Euro.

Ihr Mandant könne sich sein Verhalten im nachhinein nicht erklären, sagte K.s Anwältin. Sie sprach von „Augenblicksversagen“. Es gibt den Verdacht, K. könnte getrunken haben: Zeugen hatten bei der Polizei von auffälligem Fahrverhalten erzählt; der Fluhme-Zaun steht einige Meter von der Fahrbahn entfernt, also nicht so, dass man ohne weiteres hinein geraten könnte. Nachweisen ließ sich eine Trunkenheit aber eben nicht. Die Anwältin erklärte, Werner K. werde sich dazu nicht äußern.

Dass er die Unfallflucht eingestand, ersparte dem Gericht die Ladung von Zeugen – (nicht nur) in Corona-Zeiten eine gute Sache. Der Schaden ist längst von der Versicherung beglichen. Das Urteil: 150 Tagessätze à 25 Euro – macht 3.750 Euro. Dazu kommt eine Geldbuße von zwei Mal 59 Euro für die beiden Unfälle als solche – denn die gelten als Ordnungswidrigkeit durch Unachtsamkeit. Dazu wurde eine Führerscheinsperre von einem Jahr verhängt.