Autos geschrottet, Polizistin beleidigt: Geldstrafe

von Andreas Milk
Der Knall war laut und der Schaden groß in der Nacht auf den 20. Dezember 2020 in der Bergkamener Schulstraße. Der 31-jährige Murat B. (Name geändert) war mit seinem Wagen von der Fahrbahn abgekommen – und zwar so, dass er zwei geparkte Autos ineinander schob: Es erwischte einen Mercedes und einen Skoda. Schadenshöhe: rund 22.000 Euro. Ein Glück, dass nicht gerade ein Fußgänger in der Nähe stand: Die Autos rutschten mehrere Meter.

Murat B. hatte vor dem Unfall Alkohol getrunken. Eine Blutprobe ergab 1,09 Promille. Absolut fahruntüchtig ist nach dem Gesetz, wer mindestens 1,1 Promille intus hat. Der Crash in der Schulstraße war nach Angaben B.s aber eher auf einen Streit mit seiner Freundin zurückzuführen: Die saß zwar nicht neben ihm, schrieb aber SMS – und er schrieb zurück. „Da war ich voll drauf fixiert.“

Und nicht nur mit seiner Freundin legte er sich an, sondern auch mit einer Polizistin von der Wache in Kamen. „Zicke“ nannte er die Beamtin. Später schrieb er ihr auch noch auf Facebook. Er hatte bei der Unfallaufnahme ihren Namen erfahren, und der ist selten und macht die junge Frau in dem Netzwerk leicht auffindbar.

Im Saal des Kamener Amtsgerichts entschuldigte sich B. bei ihr – sie nahm diese Entschuldigung an und machte zugleich klar, dass er sich solche Ausfälle künftig besser sparen solle. Auch, dass er betrunken gefahren sei, bereue er, sagte B. dem Richter. Weiterer Pluspunkt: Die Versicherung hat den Schaden an den kaputten Autos längst beglichen.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 2.400 Euro wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Außerdem darf B. frühestens in acht Monaten wieder einen Führerschein bekommen.

 




Nepp bei Ebay: 300 Euro kassiert – keine Nintendo verschickt

von Andreas Milk
Betrügerische Verkäufe auf Ebay oder anderen Internetplattformen machen den Gerichten reichlich Arbeit. Beispiel: Der Fall des Bergkameners Marcel T. (22, Name geändert). Am 20. Juni vorigen Jahres verkaufte er eine Nintendo-Spielekonsole für 300 Euro. Eine Frau überwies ihm das Geld. Die Konsole bekam sie aber nicht. T. wurde wegen Betrugs angeklagt.

Wegen einer anderen Straftat sitzt der junge Mann mittlerweile in Haft. Die Beweisaufnahme in Sachen Nintendo vor dem Kamener Amtsrichter ging ausgesprochen kompliziert vonstatten. Erst mal erklärte T., er habe die Konsole per Hermes-Paket an die Frau abgeschickt; für den Versand habe er 17,75 Euro bezahlt. „Das hört sich nicht gut an“, sagte der Richter, nach eigenem Bekunden „langjähriger Hermes-Kunde“. Denn einen solchen Gebührensatz gebe es bei der Firma gar nicht.

Ob er eine Quittung habe? Woher denn, antwortete der Angeklagte – die sei in seiner Wohnung geblieben und er selbst später ja ins Gefängnis gekommen. Erst nach langem Hin und Her und taktischen Erwägungen zum Thema „vorzeitige Haftentlassung“ gab Marcel T. zu: „Ich hab‘ das Paket nicht abgeschickt“ – aber so leicht kam er aus der Sache nicht mehr raus. Es wird einen weiteren Termin im Herbst geben. Der Richter forderte T. auf, sich bis dahin nochmal Gedanken zu machen zu der Frage, ob die „Nintendo Switch“ überhaupt je in seinem Besitz gewesen sei, wie es mit einer Rückzahlung des Geldes aussehe und was es eigentlich mit einer gewissen „Tanja“ auf sich habe, unter deren Namen Marcel T. die Konsole bei Ebay angeboten haben soll und deren Existenz auch nicht so ganz sicher ist.

Etwas später an diesem Verhandlungstag ging es dann übrigens um einen betrügerischen iPhone-Verkauf. Und eine gute Stunde später um einen weiteren.




Zu zweit 4,9 Promille: Geldstrafe für Stoß und Tritt

von Andreas Milk
Es gab eine heftige Auseinandersetzung am Nachmittag des 12. August 2020 in der Wohnung des Bergkameners Thomas W. (41, Namen geändert) – und vor allem: eine sehr alkoholische. W. selbst hatte etwa 1,7 Promille im Blut, Bettina K. 3,2 Promille. Folge des Streits zwischen den beiden war jetzt ein Prozess im Kamener Amtsgericht.

Laut Anklage hatte Thomas W. seine Widersacherin zu Boden gestoßen und ihr einen kräftigen Tritt gegen die Beine versetzt. Das geschah auf der Straße vor seiner Wohnung, beobachtet von einer Frau, die gerade mit ihrem Hund spazieren ging: „Ich hab‘ gerufen: Ey, dat geht nich!“ Thomas W. selbst erklärte dem Richter, sich nur sehr schemenhaft erinnern zu können. Er habe Bettina K. aus seiner Wohnung und aus seinem Leben haben wollen; sie habe aber keine Ruhe gegeben. Kennengelernt hatten sich beide bei einer Entgiftung.

Den Termin vor Gericht ignorierte Bettina K. – Folge war ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, ersatzweise vier Tage Haft. Allzu schwer verletzt gewesen sein kann sie am 12. August nicht: Die Frau mit dem Hund jedenfalls sah, wie sie gleich nach dem Tritt aufstand und ging.

Thomas W., vor Gericht höflich und zuvorkommend, erklärte dem Richter, es tue ihm alles „megaleid“. Dass er zugetreten habe, könne er sich eigentlich nicht recht vorstellen, er wolle es aber auch nicht abstreiten. Sechs Vorstrafen hat W. – das letzte Urteil ist allerdings schon sechs Jahre alt. Für den Ausraster am 12. August verurteilte der Richter den Hartz-IV-Bezieher nun zu einer Geldstrafe von 750 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Thomas W. akzeptierte.

 




Backpfeife für 12-Jährigen – Geldstrafe für 39-Jährigen

von Andreas Milk
Dass der Bergkamener Mario K. (39, Namen geändert) sauer war auf den damals zwölf Jahre alten Kevin M. – keine Frage. Aber eine Backpfeife will er dem Jungen deshalb nicht verpasst haben. „Ich habe ihn nicht geschlagen“, versicherte er dem Richter in Kamen. Der glaubte allerdings dem Jungen und verurteilte Mario K. zu einer Geldstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung.

Es ging um einen Vorfall am Abend des 9. Juli 2020 auf dem Parkplatz vor einer Wohnanlage. Die Vorgeschichte: Kevin M. soll die Tochter von Mario K. gestalkt haben. Eine Weile sei dann Ruhe gewesen, erzählte Mario K. Doch als die Kinder sich nach einer Weile an dem Parkplatz wiedersahen, sei Kevin ausgerastet, habe geschimpft, gespuckt, mit Steinen geworfen. Seine Tochter habe ihn alarmiert; er sei also los, um Kevin zur Rede zu stellen. Der Junge sei „panisch“ geworden, von seinem Fahrrad – das Mario K. festhielt – herunter gesprungen und weggerannt. Ende.

Kevin, inzwischen 13 Jahre alt, erzählte vor Gericht etwas anderes. Mario K. habe ihn vom Rad gezogen, zu Boden geschubst, mit flacher Hand auf die Wange geschlagen. „Er sagte, ich hätte seine Tochter angebaggert.“ Kevins Version wurde wenigstens in Teilen bestätigt von einer Frau, die in der Nähe wohnt. Sie habe einen Hilferuf gehört und gesehen, wie K. mit erhobener Hand über dem Jungen hockte. Die Frau nahm Kevin M. mit in ihre Wohnung, rief die Polizei. Die Beamten fotografierten die auffällig gerötete linke Gesichtshälfte. Am nächsten Tag ergab eine ärztliche Untersuchung leichte Prellungen am Rücken – eine Verletzung, die den Jungen anscheinend so wenig beeindruckte, dass er sie jetzt beim Gerichtstermin gar nicht erwähnte.

Und das ist nicht unwichtig. Denn es zeigte dem Richter: Eine „überschießende Belastungstendenz“ habe Kevin nicht. Sprich: Er zeigte kein Interesse daran, Mario K. „reinzureiten“.

Das Urteil: 40 Tagessätze à 30 Euro. K. kann Berufung einlegen – und klang so, als werde er das auch tun. „Ich würde niemals ein Kind schlagen.“ Er deutete an, für einen Berufungstermin Entlastungszeugen zu nennen: andere Kinder, die den Vorfall mitbekommen haben sollen.




Geplanter Neubau für Netto am Häupenweg: Stadtverwaltung muss umdenken

Um dieses Grundstück am Häupenweg geht es,

Die Bergkamener Stadtverwaltung will jetzt alle Beteiligten des Rechtsstreits um den neuen Netto-Markt und eines neuen Getränkemarkts am Häupenweg an einen Tisch bringen. Ziel sei es, so Beigeordneter Marc Alexander Ulrich eine für jede Seite tragbare Lösung zu kommen. „Aus Sicht der Stadtentwicklung für den bevölkerungsreichen Stadtteil Weddinghofen wäre ein schneller und rechtssicherer Baubeginn zur Stärkung der Nahversorgung wünschenswert. Kurze Wege zum Einkaufen sind für viele Menschen wichtig und schonen auch zugleich die Klimabilanz“, erklärte Ulrich am Donnerstag.

Anlass für diese Initiative ist ein Hinweis des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen an die Stadtverwaltung. Dort hatte Lina Ostendorff, die den benachbarten Bioland-Bauernhof betreibt, Klage gegen den positiven Bauvorbescheid der Stadt für diese Projekt erhoben. Offensichtlich hält das Gericht diesen Bauvorbescheid nicht für in Ordnung.

Grundlage für den positiven Bescheid war die Auffassung der Stadt, dass das Grundstück zwischen Wellenbad-Parkplatz im Osten und der Arztpraxis im ehemaligen Aldi im Westen zur Innenstadt gehört und deshalb dort eine Lückenbebauung erlaube. Das Grundstück mit einer Größe von ca. 3 Hektar gehe über eine klassische Baulücke deutlich hinaus, teilte das Gericht der Stadt mit.

„Die Einstufung des Grundstücks als Außenbereich bedeutet aber wohl nicht, dass das Vorhaben generell unzulässig ist“, erklärte Ulrich weiter. Es wäre laut Gericht nur unzulässig, wenn öffentliche Belange entgegenstünden. Im Nachbarstreit seien nur diejenigen öffentlichen Belange zu prüfen, die drittschützend sind. Dies wäre im vorliegenden Fall die Geruchsimmission. Das Gericht schlägt vor, diesen Prüfungspunkt im Rahmen der Baugenehmigung zu bearbeiten.

Ulrich: „Der Verwaltung sind bislang jedoch keine Beschwerden oder Hinweise aus der Nachbarschaft zur Geruchsbelästigung durch den Biolandhof bekannt, weshalb dieser Prüfungspunkt als nicht kritisch eingestuft worden ist.“

Es besteht nun die Möglichkeit, die Frage, ob das Vorhaben unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, aus der Bauvoranfrage auszuklammern. Damit wäre es tatsächlich auf das spätere Bauantragsverfahren verschoben. Dieser Vorschlag wurde durch das Gericht unterbreitet und ist nicht unüblich. Nun müssen Kläger, potenzieller Bauherr und Stadt jeweils für sich entscheiden, ob eine zeitnahe Entscheidung durch das Gericht gewünscht ist und damit der Weg in das Baugenehmigungsverfahren eröffnet wird oder ob zunächst das Urteil des Gerichts über die Bauvoranfrage abgewartet werden soll.

 

 




Unfallflucht im Doppelpack: 16.000 Euro Schaden – Hohe Geldstrafe

von Andreas Milk
Der 64 Jahre alte Handwerker im Ruhestand redete nicht drum rum. Im Juli und August 2020 hatte er in Kamen und in Bergkamen Unfallflucht begangen – und das gab Werner K. (Name geändert) beim Termin vor dem Kamener Strafrichter zu. Die Geldstrafe fiel hoch aus. Das lag vor allem an K.s Vorstrafen: 17 haben sich angesammelt seit den 1980er Jahren – neben Betrugstaten auch immer wieder Verkehrsdelikte.

Am späten Nachmittag des 5. Juli nun war K. mit seinem Audi in zwei geparkte Wagen an der Danziger Straße in Kamen gekracht. Schaden: rund 15.000 Euro. Statt sich darum zu kümmern, verschwand er. Am frühen Abend des 19. August traf es dann die Firma Fluhme an der Fritz-Husemann-Straße in Bergkamen. Mit einem geliehenen Transporter – K. wollte Sachen in seine Wohnung bringen – rauschte er in den Zaun. Schaden: rund 1.000 Euro.

Ihr Mandant könne sich sein Verhalten im nachhinein nicht erklären, sagte K.s Anwältin. Sie sprach von „Augenblicksversagen“. Es gibt den Verdacht, K. könnte getrunken haben: Zeugen hatten bei der Polizei von auffälligem Fahrverhalten erzählt; der Fluhme-Zaun steht einige Meter von der Fahrbahn entfernt, also nicht so, dass man ohne weiteres hinein geraten könnte. Nachweisen ließ sich eine Trunkenheit aber eben nicht. Die Anwältin erklärte, Werner K. werde sich dazu nicht äußern.

Dass er die Unfallflucht eingestand, ersparte dem Gericht die Ladung von Zeugen – (nicht nur) in Corona-Zeiten eine gute Sache. Der Schaden ist längst von der Versicherung beglichen. Das Urteil: 150 Tagessätze à 25 Euro – macht 3.750 Euro. Dazu kommt eine Geldbuße von zwei Mal 59 Euro für die beiden Unfälle als solche – denn die gelten als Ordnungswidrigkeit durch Unachtsamkeit. Dazu wurde eine Führerscheinsperre von einem Jahr verhängt.




Platzwunde am Hinterkopf: Aus Angst vor dem Mann eigene Mutter beschuldigt

von Andreas Milk
Die 43-jährige Bergkamenerin Angelika T. (Name geändert) hat schon allerhand Übles erlebt – so viel scheint sicher nach der Verhandlung vor dem Kamener Strafrichter. Sie war angeklagt worden wegen falscher Verdächtigung, und zwar zu Lasten ihrer eigenen Mutter. Angelika T. hatte anscheinend ihren damaligen Lebensgefährten vor einer Verfolgung durch die Justiz schützen wollen. Mutmaßlicher Grund: Sie hatte Angst vor ihm.

So richtig klar geworden ist all das beim Gerichtstermin nicht. Unter Tränen gab Angelika T. zu, dass an dem Vorwurf gegen ihre Mutter nichts dran war. Weiter wollte sie nichts sagen.

Am späten Abend des 1. August 2020 war Angelika T. in ihrem Auto auf der Pfalzstraße in Bergkamen von der Polizei gestoppt worden. Sie hatte eine Platzwunde am Hinterkopf. Sie gab an, das sei ihre Mutter gewesen: Die habe sie mit einem Spiegel verletzt. Mit im Auto saß damals der Lebensgefährte.

Angelika T. hatte früher noch nie mit dem Gericht zu tun. Sie lebt von Hartz IV. Der Richter verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 500 Euro. Er erkannte an, dass T. vermutlich „in einer gewissen Not“ gewesen sei, als sie der Polizei die Lüge von der Attacke der Mutter erzählte. Die Mutter war als Zeugin geladen worden. Auszusagen brauchte sie nach dem Geständnis der Tochter nicht mehr. Als Familienangehörige hätte sie das sowieso nicht gemusst. Nach Prozessende traten beide Frauen gemeinsam den Heimweg an.

 




Zoff beim Umtrunk: Prügel-Opfer war eher selbst ein Täter

von Andreas Milk
Manche Gerichtsverhandlung endet damit, dass das vermeintliche Opfer schlechter da steht als der angebliche Täter. So war es jetzt im Fall eines 37-Jährigen aus Bergkamen. Er hatte zwei Männer – Justin H. und Murat T. (Namen geändert) – angezeigt. Sie sollten ihn mit Faustschlägen und Tritten misshandelt haben.

Justin H. sagte im Prozess vor dem Kamener Strafrichter erst mal gar nichts. Sein Mitangeklagter Murat T. dagegen schilderte, der 37-Jährige habe sich bei einem Umtrunk unter Nachbarn rassistisch gegen ihn, T., geäußert und sei mit erhobenen Fäusten angerannt gekommen. Justin H. habe schlichten wollen. Dass der 37-Jährige bei dem Zwischenfall eine Schürfwunde am Bein erlitt, sei leicht zu erklären: Er sei gestürzt, und das in kurzer Hose. Es war ein warmer Sommerabend: der 17. August 2020.

Die Situation zwischen den Männern hat sich seitdem wohl entspannt: Justin H., der im selben Haus wohnt wie der 37-Jährige, berichtete, dass sie sich inzwischen längst wieder grüßen. Besagter 37-Jähriger selbst lehnte im Zeugenstand eine Aussage ab: Das war sein Recht, wenn er sich durch wahrheitsgemäße Angaben selbst belastet, sprich „reingeritten“ hätte.
Justin H. und Murat T. wurden freigesprochen.




Frau geschlagen, Tür demoliert: Geldstrafe nach Kneipen-Ausraster

von Andreas Milk
„Stellen Sie mir Fragen – ich gebe Ihnen Antworten“: Der 53-jährige Bergkamener Heinrich F. (Namen geändert) zeigte als Angeklagter vor dem Amtsgericht Kamen einen Hang zu großen Worten. „Menschlich gnadenlos enttäuscht“ sei er nach allerhand gescheiterten Beziehungen mit Frauen. Und das sollte wohl sein Handeln im Herbst vergangenen Jahres erklären: Im Prozess ging es um Hausfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung. „Gebt mir 20 Jahre Gefängnis, ist mir scheißegal“, erklärte der Bergbaurentner. So schlimm kam es dann aber nicht.

Es hatte alles damit angefangen, dass Heinrich F. trotz Hausverbots in die „Marktschänke“ an der Kamener Weststraße gegangen war. Dort vermutete er – zu Recht, wie sich zeigte – seine Lebensgefährtin Vera K. In ihrer Wohnung in Bergkamen-Rünthe hatte er sie nicht angetroffen, und „da war mir klar, sie ist in der Kneipe und säuft“. Es gab Streit, F. schlug Vera K. ins Gesicht, sie erlitt eine Platzwunde an der Lippe. Wochen später trat er ihre Wohnungstür ein, weil sie nicht mit ihm reden wollte.

Heinrich F. hat eine auskömmliche Rente, wohl auch ein kleines Vermögen, 17 Vorstrafen, Alkoholprobleme, Hafterfahrung. Und er habe sich wieder und wieder von Frauen ausnehmen lassen, erklärte er vor Gericht – worauf der Richter erwiderte, da gehörten ja nun immer zwei dazu. Er verurteilte F. zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 80 Euro – also 9.600 Euro. F. akzeptierte sofort. Er sei „froh, dass ich das hinter mir habe“.




Kurios: Mann gesteht Unfallflucht – Gericht will’s nicht glauben

von Andreas Milk
Amtsrichter Martin Klopsch führt in Kamen seit rund 30 Jahren Strafprozesse – aber so etwas wie mit dem Bergkamener Uwe H. (Name geändert) hat er selten erlebt: Ein „Ausnahmefall“ sei das. Und zwar im positiven Sinne. H. hatte im vergangenen August auf der Geschwister-Scholl-Straße in Bergkamen nach dem Rammen eines geparkten Autos Unfallflucht begangen. So weit, so (leider) alltäglich. Als ihn dann aber die Polizei ausfindig machte, suchte er keinerlei Ausflüchte. Er erklärte einfach: Ja, ich war’s.

Danach wurde es etwas kurios. Das Amtsgericht Hamm – zuständig fürs Entziehen von Führerscheinen und mit H.s Fall befasst – vermutete hinter dem freimütigen Geständnis eine Täuschungsabsicht. Polizisten wurden losgeschickt für Umfeldrecherchen; es ging um die Frage, ob womöglich gar nicht H. hinterm Steuer gesessen hatte, er nur vielmehr jemanden decken wollte? Vielleicht einen führerscheinlosen Verwandten oder Freund? Fehlanzeige. Es ergaben sich keinerlei Hinweise, die so etwas belegt hätten.

Die Folge: Uwe H. – Autofahrer seit 47 Jahren, keine Eintragungen in Flensburg – musste den „Lappen“ erst mal abgeben. Beim Gerichtstermin bekam er ihn nun zurück. „Ich weiß nicht, was mich geritten hat“, kommentierte er sein Verhalten nach dem Zusammenstoß auf der Geschwister-Scholl-Straße. Er sei ausgestiegen, habe sich den Schaden am anderen Fahrzeug angeschaut, sei wieder eingestiegen und weggefahren. Seine Anwältin mutmaßte, es könne eine Art Schock oder ein „Aussetzer“ eine Rolle gespielt haben.

Einig waren sich Richter, Anwältin und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, dass es reiche, H. eine Geldbuße von 600 bis 800 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung aufzuerlegen – dann könne man die Sache einstellen, ohne dass H. vorbestraft wäre. Kleiner Haken: Die Frau von der Staatsanwaltschaft war Referendarin. Ihr Ausbilder hatte vor dem Termin erklärt, eine Verfahrenseinstellung komme nicht in Frage. Wäre die junge Kollegin davon im Gerichtssaal abgewichen, hätte das ihrem Fortkommen wohl nicht gerade gedient.

Jetzt bekommt die Staatsanwaltschaft Post von Richter Klopsch. Der wird ausführlich darlegen, warum Uwe H. ohne Verurteilung aus der Sache rauskommen sollte. Bleibt die Staatsanwaltschaft stur, würde ein weiterer Sitzungstermin nötig.

 




Rechtshilfe in Krisenzeiten für Bauleute und Reinigungskräfte im Kreis Unna

Fragen rund um das Thema Kurzarbeit sorgten für volle Terminkalender bei den Rechtsschutzexperten der IG BAU. Foto: IG BAU

Juristischer Beistand in Krisenzeiten: Die Rechtsschutzexperten der IG BAU Westfalen Mitte-Süd waren im vergangenen Jahr stark gefragt. Insgesamt 893 Mal kamen die Beraterinnen und Berater der Gewerkschaft in der Region zum Einsatz. „Vom Verdienstausfall durch Kurzarbeit über fehlende Atemschutzmasken im Job bis hin zu Problemen bei der Kinderbetreuung – Corona hatte zahlreiche Rechtsstreitigkeiten auch im Kreis Unna zur Folge“, so der Bezirksvorsitzende Friedhelm Kreft.

Wegen der Pandemie habe ein Großteil der Beratungen per Telefon stattgefunden – hier verzeichnete die IG BAU Westfalen Mitte-Süd einen Anstieg um 50 Prozent. „Viele Streitfälle gab es in der Gebäudereinigung. Beschäftigte klagten über finanzielle Nöte wegen des niedrigen Kurzarbeitergeldes, Defizite beim Arbeitsschutz oder nicht gezahlte Löhne in der Quarantäne“, berichtet Kreft. In der Baubranche sei es unter anderem um vorenthaltene Corona-Prämien und unbezahlte Überstunden gegangen. Ein weiterer Schwerpunkt sei das Thema Kinderbetreuung gewesen. „Bauarbeiter, Forstbeschäftigte und Reinigungskräfte können kein Homeoffice machen. Wenn Kitas und Schulen geschlossen sind, wird das für sie besonders zum Problem“, so Kreft.

Der Gewerkschafter appelliert an Beschäftigte aus den Branchen der IG BAU, sich auch in Pandemie-Zeiten um ihre Belange zu kümmern und die Hilfe der Gewerkschaft zu suchen. „Arbeitgeber dürfen die Krise nicht als Vorwand nutzen, um das Personal um seine Rechte zu bringen.“

Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz haben alle Gewerkschaftsmitglieder. Weitere Infos und Termine gibt es in den IG BAU-Büros Hamm (Telefon: 0 23 81 – 1 20 25), Hagen (Telefon: 0 23 31 – 2 50 21) und Siegen (Telefon: 02 71 – 5 32 55).