1250 Euro Geldstrafe: Hasch vom besten Freund und Nachbarn

von Andreas Milk
Seit Jahrzehnten sind Martin B. und Thomas M. (Namen geändert) beste Freunde. In Weddinghofen wohnen die Männer Tür an Tür. Was sich zwischen August 2019 und April 2020 in Thomas M.s Wohnung abspielte, brachte Martin B. jetzt im Kamener Amtsgericht auf die Anklagebank: B. kaufte bei M. dutzendfach kleine Mengen Marihuana, meist für einen Zehner. Den Stoff konsumierte er ausschließlich selbst.

Verkäufer Thomas M. ist inzwischen vom Unnaer Schöffengericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Dass er nun im Prozess gegen seinen Freund Martin B. nicht auszusagen brauchte, lag an der klaren Haltung B.s: Der wollte reinen Tisch machen. „So, da gehen wir jetzt durch“: Diese Richtung habe sein Mandant ihm vorgegeben, berichtete B.s Anwalt. B., Anfang 40, sei keiner, der sich gehen lasse: Er hat einen festen Job als Lagerarbeiter, sorgt für seine Familie. Vorstrafen: null. Die Anklage sei richtig. Wie viele Marihuanakäufe es exakt gegeben habe, lasse sich aber nicht mehr sagen. Weil beide Männer dauernd miteinander zu tun hätten, gerate die Erinnerunng an Zeiträume und Mengen schon mal etwas durcheinander.

Der Staatsanwalt forderte eine Geldstrafe – B.s Verteidiger regte an, von einer Strafe abzusehen: Stichworte Eigenbedarf, geringe Mengen, keine Vorratshaltung. Im übrigen: „Ich halte Alkohol für gefährlicher.“ Am Ende gab es doch die Geldstrafe: 50 Tagessätze à 25 Euro. Der Richter zum Abschied: „Ich würde mich freuen, wenn wir uns hier nicht wiedersehen.“




Der Schaffner – ein „Schweinehund“: 1.500 Euro Strafe

von Andreas Milk
Was er getan hat, weiß er nicht mehr genau – dass er etwas getan hat, bestreitet er nicht. „Ich bin Alkoholiker“, sagte der 40-jährige Adam W. (Name geändert) dem Kamener Amtsrichter, als er sich wegen Schwarzfahrens mit der Bahn und Beleidigung verantworten musste. Ein Zugbegleiter im RE6 hatte seinetwegen am 3. August 2020 die Polizei gerufen.

W., der inzwischen in Iserlohn lebt, war an dem Tag von Düsseldorf in Richtung Dortmund unterwegs: ohne Ticket und ohne eine Maske zu tragen. Er wollte wohl zu seiner Wohnung in Bergkamen. Als der Schaffner ihn aufforderte, eine Maske aufzusetzen, soll W. ausfallend geworden sein und den Mann von National Express mehrfach „Schweinehund“ genannt haben.

Der Schaffner war als Zeuge zum Gerichtstermin geladen worden, allerdings nicht gekommen: macht 200 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise vier Tage Haft. Dafür war aber ein Polizist erschienen, der sich gut an den Tag vor einem Jahr erinnerte. Aggressiv sei Adam W. gewesen. Auch den „Schweinehund“ bestätigte der Beamte.

Ein Alkoholtest ergab bei Adam W. seinerzeit 2,2 Promille. Er wolle sich für sein Verhalten entschuldigen, erklärte er dem Richter: Nicht nur, dass er alkoholkrank sei – er habe damals auch die frische Trennung von seiner Freundin verkraften müssen.

17 Eintragungen stehen in seinem Vorstrafenregister. In den letzten paar Jahren allerdings war weitgehend Ruhe. Für sein Benehmen im Regionalexpress verurteilte der Richter ihn nun zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro. W. nahm die Entscheidung an.




Undank für Bürgernähe: Polizist als „Bulle“ beleidigt

von Andreas Milk
Der Polizeibeamte Markus B. (Namen geändert) war mit dem Dienstrad bewusst langsam unterwegs am 27. Januar 2020 in einer Bergkamener Siedlung: Es ging ihm um Bürgernähe, er wollte ansprechbar sein, mit Bewohnern ins Gespräch kommen. Der 23-jährige Justin K. machte von dieser Gelegenheit auf unschöne Weise Gebrauch: „Oh, ein Bulle auf’m Fahrrad!“ rief er dem Polizisten hinterher. Der empfand das als „sehr beleidigend“ und erstattete Anzeige.
Folge war jetzt ein Prozess vor dem Kamener Strafrichter. Justin K. war aus der JVA Bielefeld zu dem Termin gebracht worden. Er verbüßt eine Haftstrafe. Sein Vorstrafenregister hat sieben Eintragungen, unter anderem wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Einbruchs. Vor allem aber hat er ein Drogenproblem.

Als es zu dem Zusammentreffen mit dem Polizisten kam, war Justin K. kurz vorher aus dem Gefängnis frei gelassen worden: Er sollte eine Therapie antreten. Der „Bulle“ tue ihm leid, erklärte er nun dem Richter. Das Wort sei ihm im Rausch rausgerutscht. Cannabis und Kokain habe er seinerzeit konsumiert. Dass das mit der Therapie schief gegangen sei, liege unter anderem daran, dass er „oft verschlafen habe und solche Dinge“.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro. Fürs erste ging es nach der Verkündung zurück ins Gefängnis. Nach derzeitigem Stand muss Justin K. bis April nächsten Jahres dort bleiben.

 




Anklagevorwurf: Vermieter-Terror per Paketflut

von Andreas Milk
Immer wieder hat die Bergkamenerin Heidrun M. (58, Namen geändert) Pakete bekommen. Das Problem: Sie hatte diese Pakete nicht bestellt. Bis zu sieben an einem Tag seien es gewesen und insgesamt im Laufe der Zeit wohl weit über 100, erzählte sie jetzt im Kamener Amtsgericht. Dort saß ihr Vermieter Jochen T. (52) auf der Anklagebank: Ihn verdächtigt sie, hinter der Paketflut zu stecken. Denn er wolle sie aus dem Haus haben.

Der Knatsch ging anscheinend schon vor einigen Jahren los, als Jochen T. die Immobilie gekauft hatte. Sie sollte einen neuen – teureren – Mietvertrag unterschreiben, sagt Heidrun M. Aber sie habe sich geweigert.

Jochen T. nennt das Verhältnis „angespannt“. Und er sagt: Mit den Paketen habe er nichts zu tun. Laut Ermittlungen der Polizei ist es allerdings so: Es wurden Bestellungen über ein Kundenkonto aufgegeben, das mit einer bestimmten E-Mail-Adresse verknüpft ist. Und diese Adresse wiederum lässt sich dem Anschluss von Jochen T. zuordnen.

T. glaubt, die Adresse könnte von einem Dritten gekapert worden sein, um Heidrun M. zu tyrannisieren. Die bekam nicht nur Dildos und Reizwäsche geliefert – „es war grauenhaft“ -, sie bekam auch Stress mit DHL. Der Paketdienst der Post hatte schlicht keine Lust mehr, haufenweise Pakete anzuliefern, nur um sie nach verweigerter Annahme wieder mitzunehmen. Konsequenz: Heidrun M. wurde nicht mehr beliefert – also auch nicht mit Sachen, die sie tatsächlich bestellt hatte.

Auch zivilrechtlich hat das Kamener Gericht mit dem verkorksten Mietverhältnis schon allerhand zu tun gehabt. Strafrechtlich geht es jetzt in ein paar Monaten weiter. Bis dahin sollen Polizei und Staatsanwaltschaft rausfinden, ob es tatsächlich sein könnte, dass Jochen T.s Mailadresse für massenhafte Paketbestellungen missbraucht wurde.

 




Pflegeversicherung betrogen: Geldstrafe

von Andreas Milk
In Zusammenhang mit Leistungen der Pflegeversicherung hat es schon reichlich Gerichtsprozesse gegeben – unter anderem gegen eine Frau, die im großen Stil falsche Beurteilungen abgegeben haben soll mit dem Ziel, für ihre „Kunden“ einen höheren Pflegegrad anerkannt zu bekommen und damit Anspruch auf mehr Geld. Sozusagen als Nebenprodukt dieses Verfahrens gab es jetzt einen Prozess gegen ein Bergkamener Ehepaar vor dem Kamener Amtsgericht.

Erstens, so die Anklage, habe das Paar für den Mann Depressionen, Antriebslosigkeit und Wahnvorstellungen behauptet – Krankheitsbilder, die es tatsächlich gar nicht gegeben habe. Folge war eine Einstufung in Pflegegrad 4 (vorher: 2). Zweitens hätten sich die Eheleute 2.400 Euro für eine so genannte Verhinderungspflege überweisen lassen – und dieses Geld dann für sich behalten, statt es dem Pfleger zu geben, der zur Entlastung der Ehefrau eingesprungen war.

Das alles ist drei bis vier Jahre her. Das Ehepaar lebt von winzigen Renten und Grundsicherung. Die beiden stammen aus der Türkei – genau wie der Mann, der bei der Pflege geholfen hatte und kein Geld dafür kriegte. Er habe es eben nicht annehmen wollen, sagte der angeklagte Ehemann. Man habe sich schon früher gegenseitig geholfen, ohne auf die Idee zu kommen, dafür könne ein Entgelt nötig sein.
Es half nichts: Einfach selbst behalten dürfen hätten die Eheleute die 2.400 Euro nicht, machte der Richter klar. Wegen Betrugs wurden beide zu Geldstrafen von jeweils 500 Euro verurteilt. Was die Sache mit der falschen Einstufung angeht: Da wurde das Verfahren eingestellt.




Sexuelle Belästigung in Arztpraxis: Urteil wegen falscher Aussage

von Andreas Milk
Vor knapp einem Jahr hatte das Kamener Amtsgericht festgestellt: Ein Arzt in Bergkamen hat weibliche Auszubildende in seiner Praxis sexuell belästigt. Es gab eine Haftstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Jetzt ist eine junge Frau von einem anderen Richter für eine falsche Zeugenaussage in dem Prozess verurteilt worden. Sie war zu dem Zeitpunkt noch bei dem Arzt angestellt; vor Gericht machte sie eine Aussage, die ihren Chef entlastete. Dass diese Aussage nicht der Wahrheit entsprach, wurde damals rasch mit Hilfe eines Handyvideos nachgewiesen.

Reumütig äußerte sich die 24-jährige Nora H. (Name geändert) nun in ihrem eigenen Prozess. Sie bestätigte, auch ihr sei der Arzt „unters T-Shirt gegangen“. Sie habe sich unwohl gefühlt – aber auch nicht widersprochen. Da hakte der Richter ein: „Nicht Sie haben Fehler gemacht. Sie sind das Opfer.“ Und anscheinend hat der Mediziner das Abhängigkeitsverhältnis mehr als ein Mal ausgenutzt. Als sein Gerichtstermin nahte, habe er sie immer wieder gefragt, „was ich denn da sagen will“, erzählte Nora H. Ihr Anwalt kommentierte das so: Es gebe „subtile Formen, wie man jemandem mitteilt, was man von ihm hören möchte“.

Üblich sind für bewusst falsche Aussagen vor Gericht Freiheitsstrafen. Denn ohne verlässliche Aussagen „können wir den Laden dicht machen“, so der Richter im Verfahren gegen Nora H. Er sprach gegen sie allerdings nur eine Verwarnung unter Vorbehalt einer Geldstrafe aus – also eine „Geldstrafe auf Bewährung“. Dass die Ex-Arzthelferin nur eine solch milde Strafe bekam, habe mit den Umständen zu tun – und der Tatsache, dass Nora H. sich besonnen habe. „Sie haben das gerade gerückt – das hat Format.“

Das Ganze ist noch nicht ausgestanden. Vor dem Landgericht Dortmund hat der Bergkamener Arzt Berufung gegen die Haft auf Bewährung eingelegt. Vor dem Kamener Amtsgericht sagte er seinerzeit, seine Azubis hätten ihn mit Freizügigkeit provoziert. Der Richter glaubte ihm nicht; zwei Ex-Azubis des Arztes sprach er je 3.000 Euro als Wiedergutmachung zu. Das Landgericht wird zum Berufungsprozess wohl auch Nora H. wieder als Zeugin laden – gemeinsam mit den früheren Kolleginnen.

 




Stromdieb kam mit Knast-Gepäck: Vier Monate Haft

von Andreas Milk
In doppelter Hinsicht ungewöhnlich war dieser Termin vor dem Kamener Strafrichter: Dem Angeklagten wurde ein eher seltenes Delikt vorgeworfen – und aus der Wohnung eines Freundes in Bergkamen, bei dem er derzeit lebt, hatte er gleich seine Grundausstattung fürs Gefängnis mitgebracht. Und tatsächlich verurteilte der Richter ihn zu vier Monaten hinter Gittern wegen „Entziehung elektrischer Energie“ – sprich: Stromklau – in Tateinheit mit Hausfriedensbruch.

Wladimir M. (Name geändert) hatte um den Jahreswechsel herum mehrere Monate in der Wohnung seiner Mutter in Kamen-Methler verbracht. Das Problem: Wegen unbezahlter Rechnungen klemmten die GSW den Strom ab. M. half sich selbst – auf illegale Weise. Er zapfte im Keller erst die Leitung eines Nachbarn an, später machte er sich am Gemeinschaftsstrom zu schaffen. Der Nachbar erstattete Anzeige; die Wohnungsgesellschaft LEG verhängte gegen Wladimir M. ein Hausverbot, das er aber ignorierte.

Der Schaden durch den Stromdiebstahl dürfte nicht allzu groß gewesen sein. Das provisorische, durch eine Decke in die Wohnung von M.s Mutter geführte Kabel reichte für Kühlschrank und Fernseher, das war’s. Ärgerlich für den Nachbarn war, dass M. ein Schloss zerlegt hatte, um sich am Stromanschluss des Mannes bedienen zu können.

M.s größtes Problem vor Gericht waren seine Vorstrafen. Als der Stromklau passierte, stand er unter Bewährung. Er hat auch schon mal „gesessen“ – es ging um Diebstahl und um Betrug. Die vier Monate ohne Bewährung, die nun dazu kamen, muss er nicht auf der Stelle antreten. Das Knast-Gepäck ging also fürs erste wieder zurück nach Bergkamen. M. kann Berufung gegen das Urteil einlegen. Lässt er das, wird es rechtskräftig – und erst dann kommt nach einer Weile von der Staatsanwaltschaft die Aufforderung, die Strafe anzutreten. Entschieden werden muss auch noch, ob und wie sich die neue Strafe auf die frühere Bewährungsstrafe auswirkt.




Einsatz am Wasserpark – Anklagevorwurf: Polizisten „Rassisten“ genannt

von Andreas Milk
Es war die Nacht zum 29. August 2020, die Inzidenz lag niedrig, viele Leute waren unterwegs – und die Polizei hatte mal wieder einiges zu tun, erinnerte sich ein Beamter jetzt in einem Prozess vor dem Kamener Amtsgericht. Es ging um einen Vorfall in Bergkamen am Wasserpark: Jamal A. und Aljoscha F. (Namen geändert), beide Ende 20, sind angeklagt wegen Beleidigung. Als „Nazis“, „Rassisten“, „Schwanzlutscher“ und „Schmalzlocken“ soll A. Beamte bezeichnet haben – F. werden in der Anklageschrift die Ausdrücke „Spastis“ und „Hurensöhne“ angelastet.

Zu einem Urteil kam es noch nicht. Drei Polizisten hatten als Zeugen ausgesagt. Doch was sie vortrugen, war dem Richter zu wenig konkret, als dass es für eine Verurteilung der beiden jungen Männer gereicht hätte. Übereinstimmend erzählten die Beamten von Pöbelei und aggressivem Verhalten. Aber sie konnten aus dem Gedächtnis nichts mehr zum Wortlaut sagen. Das liege wohl auch daran, erklärte einer, dass derlei Dinge im Polizeialltag nicht außergewöhnlich seien.

Fest steht: Am Bergkamener Wasserpark war es Anwohnern zu laut in jener Nacht. Die Polizei kam und sprach Platzverweise aus. Jamal A. fand das nicht in Ordnung. „So laut war das eigentlich gar nicht“, sagte er vor Gericht. Ja, zugegeben, er selbst habe die Polizei zwar angeschrien – aber niemanden beleidigt. Trotzdem sei er gepackt und zu Boden geworfen worden – und das nur, so vermutet er, weil er keinen Ausweis dabei hatte. Sein Gesicht sei in den Asphalt gedrückt worden. Er habe sich an den Fall George Floyd in den USA erinnert gefühlt. Sein Begleiter Aljoscha F. wies die Einsatzkräfte darauf hin, dass A. frisch am Bein operiert sei – das wurde vor Gericht auch so von einem Beamten bestätigt. Aljoscha F. gab zu, einen Polizisten „sehr provokant“ gefragt zu haben: „Deine Mutter ist keine Hure, oder?“

Die Nacht endete damals für Jamal A. und Aljoscha F. im Gewahrsam – nicht zuletzt zum Ausnüchtern. Blutuntersuchungen ergaben 1,4 (A.) und 1,9 (F.) Promille.

Voraussichtlich im Herbst wird es einen neuen, aufwendigeren Prozesstermin geben. Dann will der Richter noch sechs weitere beteiligte Polizisten – insgesamt dann also neun – befragen. Und: Jamal A. hat angedeutet, er werde zwei Zeugen zu seiner Entlastung benennen.




600 Euro überwiesen – wertlosen Stempel gekriegt

von Andreas Milk
Betrug auf Ebay beschäftigt das Kamener Amtsgericht regelmäßig: Irgendwer bietet etwas an, kassiert dafür, verschickt aber nichts – und die Kunden gehen zur Polizei. Im Fall des Bergkameners André T. (Name geändert) war es ein bisschen anders. Er hatte im April vorigen Jahres ein Handy für 600 Euro angeboten. Eine Frau meldete sich, überwies das Geld – und bekam auch etwas dafür: einen völlig wertlosen Stempel. André T. saß jetzt auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug vor.

Das Reden übernahm seine Verteidigerin. Sie erklärte für ihren Mandanten, er habe seinerzeit zwei Pakete verschickt – und dummerweise den Inhalt vertauscht. Das Handy sei an einen Freund von André T. in der Schweiz gegangen. Dieser Freund habe es auch zurückgeschickt, als der Irrtum auffiel. Bloß sei es auf dem Rückweg nach Deutschland wohl verloren gegangen. Jedenfalls habe André T. nie die Absicht gehabt zu betrügen. Dass er die 600 Euro nicht zügig erstattete, habe daran gelegen, dass er – als Selbstständiger – wegen säumiger Kunden in Zahlungsschwierigkeiten steckte. Inzwischen sei aber alles beglichen; die Frau habe ihr Geld zurück erhalten. Obendrein habe die Kundin von T. bei der Kaufabwicklung eine Kopie seines Ausweises bekommen. Das wäre kaum so gewesen, wenn T. hätte betrügen wollen, so die Anwältin.

Dem Richter war das nicht genug. Ihm erschien merkwürdig, dass T. in einem WhatsApp-Chat mit der Kundin eine Lieferverzögerung zunächst mal mit einem gebrochenen Arm entschuldigt hatte. Außerdem wollte er ihr Geld nicht per Paypal – was der Frau eine Rückforderung ermöglicht hätte -, sondern per Überweisung.

Fazit: Es wird einen neuen Termin vor Gericht geben. Sowohl die Kundin als auch der Freund in der Schweiz sollen geladen werden. Das bedeutet aufwändige Anreisen. T. müsste im Fall einer Verurteilung vermutlich dafür aufkommen. Es geht für ihn um eine Menge. Wegen Vorstrafen droht für die Handy-Geschichte Haft.




Rat vom Richter: „Weniger saufen“

von Andreas Milk
„Nächstes Mal weniger saufen“: Diesen Rat hatte der Amtsrichter in Kamen am Ende der Verhandlung noch für den Bergkamener Piotr H. (41, Name geändert). Der hat anscheinend ein Alkoholproblem – und das hatte ihn wohl letztlich auch auf die Anklagebank gebracht. Es ging um zwei (mögliche) Straftaten: eine in Kamen, eine in Bergkamen.

In Kamen „Auf dem Spiek“ soll H. an einem Tag im März 2020 eine Frau bedroht haben: Eine Flasche mit Benzin habe er ihr vors Gesicht gehalten und gedroht, sie zu übergießen und anzuzünden. Hintergrund war, dass er der Frau zuvor hunderte Euro gegeben haben soll für die Vermittlung eines Kurses, der H. helfen sollte, durch die MPU zu kommen: die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, besser bekannt als Idiotentest. Aber es ging anscheinend nicht voran mit dem MPU-Kurs. H. gab zu, die Frau deshalb aufgesucht zu haben – allerdings bloß mit einer Bierflasche in der Hand. „Ich fühle mich unschuldig.“ Die Frau machte ihre Aussage als Zeugin, sichtlich verängstigt und zeitweise unter Tränen. Aber es half nichts: Am Ende blieb die ganze Geschichte dubios. Im Zweifel hätte H. freigesprochen werden müssen.

Tatvorwurf Nummer zwei war etwas handfester: In Bergkamen in der Hüchtstraße habe H. in der Nacht zum 20. Dezember 2020 einem Trinkkumpan einen Schlag auf die Nase verpasst. Dass es Streit gegeben hatte, gab H. zu. Allerdings sei es kein gezielter Schlag gewesen: Vielmehr sei er auf sein Opfer, das auf einem Stuhl saß, zu gestürzt – und beide seien dann umgekippt.

Dieses Opfer wurde dann vom Gericht gar nicht mehr angehört – denn Richter und Staatsanwältin waren sich einig: Für diese Nummer braucht es kein Urteil. H., der ohne Vorstrafen ist, soll jetzt eine Buße von 600 Euro an die Deutsche Herzstiftung zahlen. Sobald er das getan hat, wird das Verfahren eingestellt.




Backpfeife am Valentinstag: 1.200 Euro Buße

von Andreas Milk
Die Familien von Adnan K. und Metin M. (Namen geändert) sind seit Generationen befreundet. Eigentlich. Allerdings gab es vor einer Weile Streit um den Kauf eines Grundstücks. Adnan K. wollte es haben – aber es ging letztlich an einen Angehörigen von Metin M. Am Vormittag des 14. Februar sahen die beiden sich auf dem Parkplatz des Gartencenters Röttger. Die jungen Männer wollten zum Valentinstag Blumen kaufen für ihre Frauen. Aber der Knatsch ums Grundstück wog in dem Moment stärker als romantische Gefühle. Adnan K. verpasste Metin M. eine Backpfeife und schlug mit der Faust die Seitenscheibe seines Autos ein. Folge war eine Anklage; gegen K. erging ein Strafbefehl nach Aktenlage.

Weil er gegen diese Strafe Einspruch eingelegt hatte, wurde jetzt im Kamener Amtsgericht über die Sache verhandelt. Dabei gab Adnan K. ohne Umschweife alles zu. Der Termin vor Gericht sei ihm aber wichtig gewesen, um Metin M. nochmal zu sehen.

Und auch M. machte deutlich, mit dem Vorfall abgeschlossen zu haben. Die enge Freundschaft der Familien sei wohl nicht zu reparieren. Nun solle einfach Ruhe einkehren.

Der Richter fand, angesichts dieser Umstände müsse eine Strafe nicht sein. Er machte aus der Geldstrafe deshalb eine Geldbuße: 1.200 Euro zahlt Adnan K. nun nicht an den Staat, sondern an eine gemeinnützige Einrichtung, die Stiftung Evangelische Jugendhilfe. Sobald er das getan hat, wird das Verfahren eingestellt – ohne Eintrag im Vorstrafenregister.