Kopfstoß gegen Kioskbetreiber: Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Florian K. (31, Name geändert) hatte Frust – und der Betreiber des Kiosks am Stadtmarkt musste es ausbaden: So lässt sich zusammenfassen, was sich am Abend des 11. August 2022 abgespielt und worüber ein Strafrichter in Kamen jetzt zu verhandeln hatte. K. war wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Mutmaßlicher Auslöser des Ganzen: ein bissiger Hund. Der gehörte einem Mann aus Kamen, der inzwischen in Bergkamen wohnt und zu den Stammkunden des Amtsgerichts zählt, unter anderem, weil er es beharrlich vermied, das Tier unter Kontrolle zu halten. Mittlerweile lebt der Hund nicht mehr.

An besagtem Augustabend war er noch sehr lebendig und hatte es vor dem Bergkamener Kiosk auf das Bein von Florian K. abgesehen. Er schnappte zu; das Bein begann zu bluten. K. wiederum war eh wegen privater Probleme in mieser Stimmung, angetrunken – Resultat eines Alkoholtests: 1,5 Promille – und womöglich auch noch unter Einfluss von Drogen. Nach dem Hundebiss wurde er verständlicherweise pampig und laut. Der Kioskbetreiber bat ihn, leise zu sein, es drohe sonst Ärger mit den Ordnungsbehörden. Laut Ergebnis der Beweisaufnahme beantwortete Florian K. die Bitte mit einem Kopfstoß gegen die Nase des Mannes, gefolgt von etlichen Schlägen und Tritten. Das Opfer flüchtete in den Kiosk; ein hilfreicher Spaziergänger schob drinnen eine Kühltruhe vor die Tür, damit Florian K. draußen bliebe, und verständigte Polizei und Rettungsdienst. Im Kamener Krankenhaus wurden eine Nasenbeinprellung, eine Beckenprellung und Abschürfungen attestiert.

Florian K. sagte dem Richter, er könne sich nicht an den Ablauf damals erinnern. Was ihm vorgeworfen werde, sei nicht seine Art – sein Vorstrafenregister ist leer -, abstreiten wolle er die brutale Attacke aber auch nicht. Bei dem Kioskbetreiber entschuldigte er sich.

Und das Urteil nahm er am Ende an. Es lautet: Zehn Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, sowie eine Zahlung von 2.000 Euro an die Justizkasse als Buße. Vor allem der Kopfstoß sei „brandgefährlich“ gewesen, hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärt. „Für so ’ne Sache muss man eigentlich einfahren.“




Brieftasche vom Rollator gefischt: Haft auf Bewährung für Diebin

von Andreas Milk
Die drei Opfer waren Frauen um die 80 Jahre. Plötzlich waren ihre Portemonnaies weg – und in zwei der drei Fälle fehlte etwas später auch Geld vom Girokonto. Denn in den Brieftaschen hatten sich die EC-Karten samt PIN befunden. Mariana T. (29, Name geändert) wurde jetzt vor dem Kamener Amtsgericht wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Eine Komplizin wird ebenfalls strafrechtlich verfolgt.

So schäbig die Taten auch gewesen sein mögen: Dass Mariana T. dazu gestanden habe, sei bemerkenswert, erklärte der Richter. Ohne drum herum zu reden, hatte T. die Vorwürfe aus der Anklageschrift bestätigt. Zwei Jahre ist das alles her. Seitdem war nichts mehr; es gibt auch keine Vorstrafen. Glaubhaft versicherte Mariana T., die Sache tue ihr leid, sie habe sich in etwas hineinziehen lassen. Auch zweieinhalb Wochen Untersuchungshaft samt anschließender strenger Meldeauflage – drei Mal pro Woche zur Polizei – hatten wohl Wirkung auf sie.

In Coesfeld, in Olfen sowie in Bergkamen bei Lidl an der Jahnstraße hatten die Diebinnen im Dezember 2020 und Januar 2021 zugegriffen. Bei Lidl hatte eine Seniorin das Portemonnaie auf ihren Rollator gelegt. Kurz darauf lag es in einem Regal des Getränkemarktes nebenan. Ein Video der dortigen Überwachungskamera zeigt das Täterinnen-Duo. Zu sehen ist, wie das – geplünderte – Portemonnaie im Vorbeigehen im Regal entsorgt wird.

Unterm Strich richteten die Diebinnen einen Schaden von knapp 3.300 Euro an. Dieser Betrag „unterliegt der Einziehung“ – heißt: Die Staatsanwaltschaft wird den Versuch machen, das Geld bei den verurteilten Frauen einzutreiben. Mariana T. will bald in ihre Heimat Bulgarien zurückkehren. Der Schaden dürfte bis dahin eher nicht mehr ausgeglichen werden.

Ihre Verteidigerin ist sicher, die Zeit in der U-Haft sei ihrer Mandantin eine Lehre gewesen. Die Juristin sagt: Alte Leute werden weniger wegen ihrer – tatsächlichen oder vermeintlichen – Hilflosigkeit Opfer solcher Taten. Vielmehr vermuteten Täterinnen und Täter zu Recht, dass Senioren weit öfter als Jüngere die PIN zusammen mit der EC-Karte aufbewahren. Trauriger Klassiker: eine PIN, die mit dem Edding auf der Karte notiert worden sei.




Knapp 80 Mal ohne Führerschein: Diesmal Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Wer ohne Führerschein hinterm Steuer sitzt und erwischt wird, zahlt am Ende meist eine Geldstrafe. Normalerweise. Bei Adil K. (25, Name geändert) lag der Fall etwas anders. Nachdem er im Juli dieses Jahres in einem Mazda über die  Ebertstraße gefahren war, verurteilte ihn die Strafrichterin in Kamen jetzt zu drei Monaten Haft – ausgesetzt allerdings zur Bewährung.

In K.s Vorstrafenregister stehen ein Betrug, eine Unfallflucht – und eben auch schon Fahren ohne Fahrerlaubnis. Es gab bereits eine rekordverdächtige Geldstrafe von 200 Tagessätzen; Auslöser war führerscheinloses Fahren in fast 80 Fällen. Adil K. hatte seinerzeit Pakete ausgeliefert. Die Gesamtzahl der „Schwarzfahrten“ stellte der Richter in dem früheren Prozess anhand von K.s Einsatzplan fest.
Drei Jahre beträgt nun Adil K.s Bewährungsfrist. Wird er in dieser Zeit nochmal straffällig, drohen drei Monate Gefängnis. Es wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der dann auch auf das Erfüllen einer Auflage vom Gericht achten wird: Adil K. muss 50 Stunden soziale Arbeit leisten.

Legal einen Führerschein zu erwerben, kommt für die nächsten zwölf Monate nicht in Frage: So lange dauert die neue Sperrfrist. Die alte – aus der früheren Verurteilung – war erst am 1. Dezember abgelaufen. Positiv immerhin: K. hat nach eigenen Angaben einen Job bei einer Baufirma sicher. Fahren müsse er da nicht. Noch lebt er von Zahlungen des Jobcenters.

 




„Dick Pic“ an die Exfreundin: Geldstrafe

von Andreas Milk
Für den Versand eines „Dick Pics“ ist der 39-jährige Tobias M. (Name geändert) vor dem Amtsgericht in Kamen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Und er gab sich überzeugt, dass er gar nicht erst hätte angeklagt werden dürfen. „Ich habe mich schon gefragt, ob hier eine versteckte Kamera ist“, zog er das Geschehen im Verhandlungssaal ins Lächerliche. Immerhin: Den Versand des Bildes via Facebook am 18. September hatte er zugegeben. Es zeigte seinen erigierten Penis. Adressatin war seine Ex-Freundin. Sie soll ihn früher tatsächlich animiert haben, solche Fotos zu senden – als die Beziehung noch intakt war. Das galt im September aber eben nicht mehr.

Tobias M. erklärte sich vor Gericht zum Opfer. Hintergrund: ein Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind (4). Seine Ex-Freundin habe Bank- und Mailaccount-Daten von ihm missbraucht, aus Rachsucht. Er selbst habe keine Anzeige gegen sie erstattet aus Rücksicht auf das Kind. Der Dick-Pic-Versand sei „der verzweifelte Versuch“ gewesen, wieder mit ihr in Kontakt zu treten. Das fand die Richterin wenig glaubhaft. Denn M. hatte einen Termin am Familiengericht ignoriert; dieser Termin wäre doch wohl weit geeigneter für einen Kontakt gewesen als der unerwünschte Fotoversand. Tobias M. erwiderte: Er sei überfordert gewesen, habe psychische Probleme. Mehrmals wöchentlich konsumiere er Cannabis.

30 Tagessätze à 20 Euro soll M. – nicht vorbestraft – nun für das Verschicken der pornografischen Aufnahme zahlen. Mit diesem Urteil folgte die Richterin dem Antrag der Staatsanwältin.
„Das geht gegen meine Würde“, kommentierte Tobias M. das Strafmaß – oder besser: die Bestrafung an sich. Sollte er Berufung einlegen, wird der Fall ans Landgericht Dortmund weiter gereicht.

 




Kurz vorm Fest: Freizeitarbeit für Jackenklau und Nackenschlag

von Andreas Milk
Wenige Tage vor Weihnachten gab es vor dem Kamener Amtsgericht milde Urteile für zwei junge Leute aus Bergkamen. Die eine hatte in Lünen Mist gebaut – der andere in Werne.

Die noch nicht ganz 20 Jahre alte Aya B. (Namen geändert) hatte im Februar und April 2022 in einem Lüner Bekleidungsgeschäft und in einem Drogeriemarkt zugegriffen: Sie klaute eine Jacke und ein edles Parfüm. Vor Gericht zeigte sie sich reumütig – und das durchaus glaubhaft. „Nicht nachgedacht“ habe sie, und wäre sie seinerzeit allein unterwegs gewesen, wäre ihr so ein Quatsch nicht eingefallen: Eine „Freundin“ hatte sie wohl angestiftet, und zu der habe sie inzwischen keinen Kontakt mehr. Über den Gerichtstermin sei sie froh: Jetzt sei die Gelegenheit, mit der Sache abzuschließen. Das Urteil: 40 Stunden Freizeitarbeit – dann ist das Ganze wirklich abgehakt, und Aya B. kann sich weiter der Lehrstellensuche widmen. „Ich bin offen für alles“ – Friseurin wäre prima.

Beim gleichaltrigen Malte T. war die Aufklärung des Tatvorwurfs nicht so unkompliziert. Die Anklage warf ihm vor, in der Werner Innenstadt im Mai 2021 einen heute 15 Jahre alten Jungen geschlagen zu haben, und zwar in den Magen. Er sei es nicht gewesen, sagte er. Doch, sagten der geschlagene Junge selbst und zwei Zeugen – allerdings sei es kein Schlag in die Magengegend gewesen, sondern einer in den Nacken. Der Vater des Opfers rief die Polizei, nachdem er von dem Vorfall erfahren hatte. Dann machte er sich selbst auf den Weg zum „Tatort“, musste sich dort Beleidigungen anhören – für die Malte T. aber später um Entschuldigung bat. Auch T. wurde vom Richter zu Freizeitarbeit verurteilt: 30 Stunden muss er nun wegen der Körperverletzung vor anderthalb Jahren ableisten.

Tut er das nicht, droht Jugendarrest – das gilt natürlich auch für Ladendiebin Aya B. Beide nahmen ihr Urteil an.




Kein Helm, kein Kennzeichen, kein Führerschein: Geldstrafe

von Andreas Milk
Das war Pech. Im Sommer dieses Jahres hatte der Bergkamener Orhan H. (Name geändert) einen Elektroroller bekommen – schon die Testfahrt auf der Schulstraße brachte Ärger mit der Polizei und eine Strafanzeige wegen Fahrens ohne Führerschein. Verhandelt wurde der Fall jetzt vor dem Amtsgericht in Kamen.

H. darf wegen Verkehrsverstößen schon länger kein Kraftfahrzeug mehr führen. Er sagte, das wisse er auch. Der Roller sollte ihm wohl helfen, die Zeit ohne Führerschein zu überstehen und flott von A nach B zu kommen. Er braucht nicht angemeldet zu werden, es genügt ein Versicherungskennzeichen, und das lag auch schon bereit, ebenso ein Helm. Als H. die Probefahrt startete, waren allerdings weder der Helm noch das Kennzeichen dabei. Dass die Polizei sich für ihn interessierte, war also keine Überraschung. Prompt stellten die Beamten fest: Das Vehikel – laut H.s Verteidiger dem äußeren Anschein nach „fast ein Kinderspielzeug“ – schafft 45 Kilometer pro Stunde. Die Grenze für Führerscheinfreiheit beträgt 25. Also: Nix für einen Mann ohne „Lappen“.

Orhan H. hätte Bescheid wissen müssen, fand der Vertreter der Staatsanwaltschaft und sah einen vorsätzlichen Gesetzesverstoß als gegeben. H.s Verteidiger wollte dem nicht so ganz folgen – der Roller sei quasi „frisch zusammengebaut“ gewesen, die Umstände sprächen eher für Fahrlässigkeit.

Die Richterin war eher beim Anklagevertreter: Sie verurteilte H. zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro (60 Tagessätze à 40 Euro). Beide Seiten erklärten sich damit einverstanden: Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.




Ohne „Lappen“ im BMW: Richter verhängt Geldstrafe

von Andreas Milk
Widersprüchlicher geht’s wohl nicht: Zwei Frauen sagen, sie hätten einen Mann auf der Präsidentenstraße hinterm Steuer eines BMW gesehen. Dieser Mann sagt: Unsinn – nicht er sei gefahren, sondern seine Frau. Die Frau bestätigt das. Das eigentlich Problematische an der Sache: Der Mann hat keinen Führerschein.

Deshalb war er jetzt vor dem Kamener Amtsgericht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis angeklagt. Abgespielt hatte sich alles am Abend des 25. Februar, kurz vor 21 Uhr. Die beiden Frauen – zwei Freundinnen, die sich an einem Kiosk Tabak holen wollten – berichteten, Nachbarssohn Amir T. (Name geändert) habe mächtig Gas gegeben und sei aus einer Einfahrt geschossen. Später sei er ausgestiegen, habe mit ihnen geschimpft und einen Schlag angedeutet – mutmaßlich aus Angst, weil er fürchten musste, dass die Frauen seine „Schwarzfahrt“ der Polizei melden. Denn eine von ihnen soll gerufen haben: „Achtung, der fährt wieder ohne Führerschein!“ Und tatsächlich kam es zur Anzeige bei der Polizei.

Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hat sich der Tatvorwurf in der Verhandlung bestätigt: Sie glaube den beiden Freundinnen. Als Konsequenz beantragte sie eine Geldstrafe. Amir T.s Verteidigerin wollte einen Freispruch: Die Aussagen der Beteiligten ließen sich nicht in Einklang bringen. Eine der Frauen habe starke Belastungstendenzen gegenüber ihrem Mandanten gezeigt – Juristendeutsch für: Sie wollte ihn reinreiten.

Der Richter folgte der Anklagevertreterin: „Sie sind gefahren“ – 30 Tagessätze à 30 Euro Geldstrafe sollen die Folge sein. Was die Freundinnen erzählt hätten, sei stimmig gewesen – Aussagen zugunsten Amir T.s dagegen seien eher vage und nicht recht glaubhaft ausgefallen. So hatte seine Frau beim Prozesstermin von einem anderen Auto gesprochen als damals bei der Polizei. Und dann war da noch ein Mann, der an jenem Abend den Onkel von Amir T. besucht hatte, für eine Zigarette draußen vorm Haus stand und trotzdem kaum Details nennen konnte.
T. hat die Möglichkeit, vor dem Landgericht Berufung gegen das Kamener Urteil einzulegen.

 




Aus dem Ruhrpott-Amtsgericht: „Was haben Sie gemacht?“ – „Kohle“

von Andreas Milk
Es war ein Vormittag der Muster-Angeklagten: zwei freundliche Zeitgenossen, die am Ende die Entscheidungen des Richters bereitwillig annahmen. Und zwischendurch ein als Zeuge geladener Bergkamener Rentner, der auf die Frage des Vorsitzenden, was er denn früher gemacht habe, mit einem einzigen Wort antwortete: „Kohle.“ Wie’s halt so zugeht in einem Amtsgericht am Rande des Ruhrgebiets: In Kamen ging es um Unfallflucht und Fahren ohne Führerschein.

Die Unfallflucht soll sich am Nachmittag des 1. Juni auf der Oberadener Sugambrerstraße zugetragen haben. Der Angeklagte – so die Akte – habe beim Zurücksetzen aus einer Parkbucht an der Sparkasse einen anderen Wagen gerammt. Er sagt, er habe keine Gelegenheit gehabt, einen möglichen Schaden zu regulieren, weil der andere Fahrer plötzlich weg gewesen sei; dieser andere Fahrer sagt, er habe nach dem Unfall einige Meter entfernt seinen Wagen abgestellt, sei ausgestiegen und habe gewunken – aber der Unfallverursacher sei nach Geraderücken seines verrutschten Fahrradträgers weitergefahren. Der Bergbau-Rentner gab dann noch eine Schilderung, die mit keiner der beiden Versionen hundertprozentig zusammenpasste. Ende vom Ganzen: Der Ausparker zahlt 1.200 Euro Buße an ein Kinderheim – dann wird die Akte zugeklappt. Der Mann fand das gut und versprach, flott zu zahlen.

Die führerscheinlose Autofahrt wiederum geschah am 15. Mai in Kamen auf der Unnaer Straße. Für den Angeklagten – einen 50-Jährigen aus Unna – war es nicht das erste Mal. Dabei ist er von Beruf Kraftfahrer. Wenn der „Lappen“ aber erst mal weg ist und der Betroffene aufs neue hinterm Steuer erwischt wird, werden die Hürden vor dem Wieder-fahren-Dürfen höher. Der Unnaer lässt sich derzeit „verkehrstherapeutisch behandeln“, wie sein Anwalt erklärte, und auf die Medizinisch-Psychologische Untersuchung vorbereiten. „Ich stehe zu meinen Fehlern.“ Das Urteil: eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 50 Euro. Er akzeptierte.




Fahrrad-Tag im Amtsgericht: Geldstrafe und „Sozialstunden“ bei Mama und Papa

von Andreas Milk
So ganz scheint die Verkehrswende auch an den Strafgerichten nicht vorbei zu gehen. Jedenfalls wurde diesen Mittwoch am Kamener Amtsgericht über zwei Fälle verhandelt, die mit Fahrrädern zu tun haben – unter anderem mit zwei geklauten aus Bergkamen.
Die beiden E-Bikes waren in der Nacht zum 8. Mai von einer Terrasse verschwunden. Angeklagt war nun der 20-jährige Kevin H. (Namen geändert) wegen Diebstahls. Allerdings zeigte sich in der Verhandlung, dass er die Räder wohl gar nicht gestohlen hatte. Vielmehr wurden sie ihm im Laufe jener Nacht von einem Bekannten angeboten. H. griff zu: Ein Rad kaufte er für 460 Euro. Der Neuwert: rund das Sechsfache. Aber dann gefiel es ihm angeblich nicht mehr; per Ebay-Kleinanzeigen suchte er seinerseits einen Abnehmer. Er fand einen: Udo P. aus Bottrop zahlte an Kevin H. 550 Euro. Weil Udo P. eim vorsichtiger Mensch ist, ließ er sich einen Kaufvertrag ausstellen. Aber er war das Rad trotzdem bald wieder los. Die Polizei nahm es mit – denn an gestohlenen Sachen lässt sich kein rechtmäßiges Eigentum erwerben. Das Urteil für Kevin H.: eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 10 Euro wegen Hehlerei. Auch die bei Udo P. kassierten 550 Euro muss er an die Justiz zahlen, die das Geld dann an P. weiterreichen wird.

Fahrrad-Fall Nummer zwei hatte mit viel Alkohol zu tun. In Kamen auf der Dortmunder Allee war am sehr frühen Morgen des 16. Juni Alexander M. unterwegs. Der 19-Jährige fiel einer Polizeistreife auf: Er fuhr „sehr ausgeprägte Schlangenlinien“, ist in der Akte vermerkt. Kein Wunder: Eine Blutprobe ergab 1,71 Promille – selbst für nicht-motorisiertes Radeln ein bisschen zu viel. Er trinke selten Alkohol, sagte Alexander M. dem Richter. „An dem Abend habe ich mich überschätzt.“ Nach Jugendrecht hätte M. zu Sozialstunden verdonnert werden können. Aber weil er doch recht reif wirkte, entschied sich der Richter, Erwachsenenstrafrecht anzuwenden: 200 Euro Buße an die Kreisverkehrswacht Unna, danach Verfahrenseinstellung. M. wohnt noch bei seinen Eltern. Die saßen guter Dinge als Zuschauer im Gerichtssaal und ließen erkennen, die Geldbuße für den Sohn schon ganz okay zu finden. Vermutlich leihen sie Alexander das Geld. „Dann werden die Sozialstunden zu Hause abgearbeitet“, mutmaßte der Richter. Kommentar von Vater M.: „Find‘ ich gut!“




Auf Kirmes 14-Jährige belästigt: Geldstrafe

von Andreas Milk
Am Nachmittag des 3. April war Sergej T. (59, Namen geändert) auf der Bergkamener Kirmes unterwegs. Angetrunken – oder auch betrunken, das lässt sich nicht genau sagen – spendierte er zwei 14-jährigen Mädchen eine Karussellfahrt. Danach mag er geglaubt haben, sie seien ihm etwas schuldig. Sein Verhalten führte zu einer Anklage wegen sexueller Belästigung. Der Richter in Kamen verhängte eine Geldstrafe: 90 Tagessätze à 20 Euro soll der arbeitslose Schweißer zahlen.

Eines der Mädchen, Nadine, inzwischen 15 geworden, schilderte im Gerichtssaal, was sich ihrer Erinnerung nach abgespielt hatte. Sergej T. habe sie umarmt und auf die Wange geküsst, sie an Po und Brüsten berührt. Direkt an den Angeklagten gewandt, erklärte das Mädchen: „Sie haben mich angefasst, als wäre ich Ihre Freundin.“ Nadines Freundin Pia war mit dabei; sie soll T. weitgehend in Ruhe gelassen haben. Auch sie sollte als Zeugin aussagen. Inzwischen wohnt sie aber außerhalb des Kreises Unna; die Ladung nach Kamen hatte sie wohl nicht erreicht.
Der Staatsanwalt hatte an der Aussage von Nadine keine Zweifel. Sie habe das Geschehen auf der Kirmes „sehr differenziert“ dargestellt – etwa, indem sie T.s aufgekratztes Verhalten damals beschrieb und es in Bezug zu seinem eher zurückhaltenden Auftreten vor Gericht setzte. In der Verhandlung erklärte der schmächtige Mann, er sehe Nadine gerade zum ersten Mal. Im übrigen sei er selbst Vater und Großvater und liebe Kinder.

Trotzdem: An der Täterschaft bestand kein Zweifel – zumal die Kirmes-Security T. am 3. April bis nach Hause gefolgt war und die Polizei ihn schließlich festnahm. „Vielleicht war das Umarmen und Küssen für Sie ja nichts Schlimmes“, mutmaßte der Richter – zumal eben Alkohol eine Rolle spielte. Und es sei auch nicht gesagt, dass er, T., ein „gefährlicher Mann“ sei. Dennoch: Er habe die Intimsphäre der Schülerin verletzt. Das sei zu bestrafen.

Sergej T. hat noch keine Vorstrafen. Falls er das Urteil des Kamener Amtsrichters nicht akzeptiert, würde der Fall am Landgericht Dortmund noch einmal verhandelt.

 




Hund beißt immer wieder zu: Haft auf Bewährung für Besitzer

von Andreas Milk
Der Halter eines beißfreudigen Hundes ist vom Kamener Amtsgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden – in Abwesenheit, per Strafbefehl. Er kann dagegen Einspruch einlegen. Es ging um Vorfälle auf dem Kamener Markt, am Bergkamener Stadtmarkt und in einem Linienbus der VKU. Schon zu einem Gerichtstermin Mitte September war der Angeklagte nicht gekommen. An diesem Dienstag nun ließ er den Richter 45 Minuten vorm angesetzten Termin wissen, er liege schon seit vorheriger Woche im Krankenhaus.

Der Mann und sein Hund gehörten in Kamen lange zum Stadtbild. Inzwischen ist das Gespann nach Bergkamen gezogen. Die Sache im Bus geschah auf dem Weg von der einen Stadt in die andere. Es gibt ein Video aus der Überwachungskamera des R81. Die Aufnahme zeigt ein großes Maß an Rücksichtslosigkeit. Der Mann lässt seinen Hund mitten im Gang liegen; es kümmert ihn nicht, dass drei Jungs über die Leine klettern müssen, um zu freien Sitzen zu gelangen. Beim dritten Jungen schnappt der Hund zu. Und erst danach legt der Besitzer seinem Tier einen Maulkorb an. Denn es muss ihm wohl klar geworden sein: Jetzt gibt es Ärger. Die Sache am Markt in Kamen betraf eine Frau, die ein Stück Pizza in der Hand hielt. Am Stadtmarkt in Bergkamen traf es einen Mann.

Nach Kenntnisstand der Polizei ist der Hund inzwischen tot: Der Besitzer selbst oder ein Bekannter von ihm soll das berichtet haben; genau klären ließ sich das beim Gerichtstermin nicht. Vorsichtshalber ordnete der Kamener Strafrichter die Einziehung des Hundes an – eine ausgesprochen seltene Maßnahme. Die Chipnummer des Tiers steht in den Akten. Die Stadt Bergkamen hat dem Mann außerdem inzwischen das Halten größerer Hunde grundsätzlich untersagt. Auf eine solche Verfügung des Kamener Ordnungsamtes hatte der Richter vergeblich gehofft, als der Mann noch in dieser Stadt gemeldet war.