750 Euro Strafe für Hartz-IV-Betrug

von Andreas Milk
Die Bergkamenerin Ebru B. (53, Name geändert) und ihr Mann bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Als der Mann im August vorigen Jahres einen Job bekam, war Ebru B. (mit-) verantwortlich, das dem Jobcenter zu melden. Dass sie es unterließ, brachte ihr eine Anklage wegen Betrugs vor dem Kamener Amtsgericht. Es ging um 464 Euro, die das Paar in einer Zeit von zwei Monaten zu Unrecht bekommen hatte. Kein großer Betrag – allerdings hat Ebru B. schon zwei Vorstrafen wegen desselben Delikts.

Sie habe ihrem Mann gesagt, dass er sich beim Jobcenter melden müsse, sagte sie vor Gericht. Ihr Mann wiederum habe ihr erklärt, sein neuer Arbeitgeber kümmere sich darum. Ein Datenabgleich zwischen Jobcenter und Sozialversicherung ließ das Ganze auffliegen.

Der Schaden wird seitdem nach und nach wieder beglichen. Denn das Ehepaar B. zählt weiter zur Kundschaft des Jobcenters; von den laufenden Zahlungen an die B.s wird monatlich eine Rate einbehalten.

Zusätzliche Belastung ist jetzt die Strafe für den Hartz-IV-Betrug: 75 Tagessätze à 10 Euro verhängte der Richter. Auch gegen den Mann von Ebru B. läuft noch ein Verfahren.

 




BMW-Fahrer vs. Rentner: Doch nur falsch geparkt

von Andreas Milk
Der Rentner Franz Sch. (77, Namen geändert) aus Bergkamen hat es satt: Immer wieder blockieren falsch geparkte Autos den Gehweg, sodass seine Frau mit ihrem Rollator auf die Fahrbahn ausweichen muss. So war es zum Beispiel am Abend des 26. August 2022 auf der Schulstraße. Sedat K. aus Kamen, der bloß kurz etwas aus einem Kiosk besorgen wollte, hatte seinen BMW ordnungswidrig abgestellt. Franz Sch. machte Fotos, um Anzeige beim Ordnungsamt zu erstatten. Sedat K. kam zurück aus dem Kiosk, setzte sich in den Wagen und fuhr weg – auf eine Weise, die den Rentner dazu brachte, Strafanzeige zu erstatten.

Denn K. – so gab Franz Sch. seinerzeit an – habe mit dem Wagen auf ihn zu gehalten. Mit einem Sprung zur Seite habe er sich in Sicherheit gebracht. Das klingt nach einem Fall von Nötigung.

Sedat K. erklärte im Kamener Gerichtssaal, er habe seinen BMW „ganz normal zurückgesetzt“, Franz Sch. habe nicht ausweichen müssen. Im übrigen, so K. weiter, habe er schon sieben Punkte in Flensburg und fahre sehr, sehr vorsichtig, um seinen Führerschein zu behalten.

Tatsächlich zeigte sich in der Verhandlung: Es war wohl alles halb so wild. Oder sogar: kein bisschen wild. Franz Sch. räumte auf dem Zeugenstuhl ein, Sedat K. habe das Auto nicht gezielt in seine Richtung gelenkt. Ob er, Sch., ohne seinen Sprung wirklich von dem Wagen erwischt worden wäre, sei schwer zu sagen. Die Fotos, die Sch. anfertigte, zeigen obendrein, dass Sedat K. das Lenkrad weit eingeschlagen hatte – offenbar, um zu rangieren, nicht, um auf Franz Sch. zu zielen.

Ende der Geschichte: Doch keine Verurteilung wegen Nötigung. Stattdessen: 50 Euro Geldbuße fürs Falschparken.

 




Betrunken auf dem Moped – zwei Mal in einer Nacht

von Andreas Milk
Ein Autohändler ohne Führerschein? Schwer vorzustellen. Ein Mopedfahrer, der sich in ein und derselben Nacht zwei Mal betrunken von der Polizei erwischen lässt? Auch nicht gerade alltäglich.
Der Bergkamener Boris T. (Name geändert) war vor dem Kamener Amtsrichter angeklagt. Am frühen Morgen des 24. Juli 2022 war der selbstständige Kfz-Händler einer Polizeistreife aufgefallen. Das erste Mal war es in Bergkamen auf der Hochstraße – ein Alkoholtest ergab 1,69 Promille -, das zweite Mal auf der Lessingstraße – 1,44 Promille. Die Beamten hatten nach der ersten Begegnung überlegt, wie ihr „Kunde“ wohl nun nach Hause kommen wolle, ohne das Moped zu benutzen, und ihn im Auge behalten. Er stieg wieder auf und wurde eben nochmal geschnappt.

Den Führerschein war T. schon ein paar Monate vorher los geworden. Dass er im Juli wieder Mist baute, erklärte er vor Gericht mit purem Stress. Kunden hätten Probleme gemacht. „Man hat irgendwann die Schnauze voll.“ Allerdings sei ihm nicht klar gewesen, dass die Alkoholkonzentration im Blut so hoch war. Vielleicht habe ihm in jener Nacht jemand was ins Bier gekippt.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen à 10 Euro für den rundum geständigen und reuigen Angeklagten. Dazu kommt ein weiteres Jahr Führerscheinsperre.

 




Erste Strafe: Arschtritt vom Busfahrer

von Andreas Milk
Die erste Strafe für sein ungebührliches Verhalten an der Bushaltestelle „Kamen Markt“ hatte Hamza M. (Name geändert) gleich an Ort und Stelle bekommen: einen Arschtritt vom Busfahrer, einem robusten Bergkamener. Das Kamener Amtsgericht erledigte jetzt die juristisch korrekte Ahndung: eine Geldstrafe wegen Beleidigung in Höhe von 40 Tagessätzen à 10 Euro. Hauptsächlich ging es bei der ganzen Sache ums Spucken.

Rückblende: Am Nachmittag des 28. September 2022 steht Hamza M. an der Haltestelle und will in den Bus der Linie R81 nach Unna steigen. Eben ist der Bus aus Bergkamen eingetroffen; der Fahrer nutzt den planmäßigen Aufenthalt für ein Zigarettenpäuschen. Hamza M. steigt ein – ohne Mund-Nasen-Schutz. Der Fahrer spricht ihn deshalb an. M. fragt, ob der Fahrer eine Maske für ihn habe. Der Fahrer verneint. Alles ganz harmlos eigentlich.
Aber M. – so zeigte es der Gerichtstermin – rastete aus. Er spuckte auf die Dienstkleidung des Busfahrers. Der reagierte mit dem, was der Richter später in der Urteilsbegründung als „westfälischen Gruß“ bezeichnen sollte: besagtem Tritt in M.s Hinterteil. Es folgten zwei weitere Spuckattacken sowie „Hurensohn“ und andere Beschimpfungen an die Adresse des Fahrers.

Der gab vor Gericht zu Protokoll, an Schimpfwörter gewöhnt zu sein – ans Bespucktwerden allerdings nicht. Hamza M. hat sich inzwischen brieflich bei dem Mann entschuldigt. Auch vor Gericht drückte er sein Bedauern aus. Er sei an dem Tag völlig betrunken gewesen: Eine Flasche Wodka habe er leer gemacht, dazu Bier getrunken. Vielen Passanten am Kamener Markt blieb der Fall im Gedächtnis. Der Busfahrer sprach von einem „Massenauflauf“. Ein paar Tage danach habe es nochmal Knatsch mit Hamza M. gegeben.
„Es kommt nicht wieder vor“, versprach der Angeklagte. Falls doch, so der Richter, müsse er wohl mit einer Freiheitsstrafe rechnen.

 




Nicht gefahren – doch gefahren: Trunkenheitsfahrt nach Ouzo-Abend

von Andreas Milk
Zwischen „Ich bin nicht gefahren“ und „Ich räume das ein“ lagen knapp anderthalb Stunden Verhandlung. Der 52-jährige Bergkamener Martin T. (Name geändert) war vor dem Amtsgericht Kamen wegen einer Trunkenheitsfahrt angeklagt. Was tatsächlich los war in Weddinghofen am frühen Morgen des 24. Juni 2022, bleibt nach dem Prozess die Frage. Fest steht: Sollte das Urteil gegen T. – eine Geldstrafe plus dreimonatige Führerscheinsperre – rechtskräftig werden, kann er im Frühjahr wieder eine Fahrerlaubnis bekommen. Und: Einem Bekannten, der für ihn hatte aussagen sollen, blieb der Auftritt als Zeuge erspart – und damit womöglich ein Verfahren wegen Falschaussage.

In jener Juninacht führte die Kombination aus hohen Temperaturen und einigen Ouzos zu gleich zwei Einsätzen von Sanitätern an einem Weddinghofener Lokal. Beide Male ging es dem jeweiligen Patienten nicht allzu gut; beide Male lehnte er aber eine weitergehende Behandlung oder eine Mitnahme ins Krankenhaus ab. Bei Patient Nummer zwei handelte es sich um Martin T. Laut Anklage setzte er sich, als die „Sanis“ weg waren, hinters Steuer seines SUV und fuhr wenige hundert Meter zu seiner Wohnung. Eine Nachbarin des Lokals bekam – nach Geräuschen von Würgen und Erbrechen – die Abfahrt mit. Sie rief die Polizei. Eine Blutprobe bei T. ergab 1,11 Promille, das heißt: absolute Fahruntüchtigkeit. Die Grenze ist bei 1,1 Promille. Da zwischen Fahrt und Blutentnahme gut zwei Stunden lagen, dürfte T.s Wert während der Fahrt höher gewesen sein.

T. bestritt vor Gericht, gefahren zu sein. Nach seiner Darstellung war es sein (nüchterner) Bekannter, der freundlicherweise den Transfer des SUV von dem Lokal zu T.s Wohnung übernahm. Dem widersprach die Aussage der Nachbarin: Die Frau war „hundertprozentig sicher“, Martin T. gesehen zu haben. Dazu kommt: Zwischen dem Abrücken der Sanitäter und dem Anruf der Frau bei der Polizei lagen laut Protokollen vier Minuten. Diese Zeit hätte für T. nicht gereicht, seinen Bekannten zu informieren und die Überführung des Fahrzeugs zu arrangieren.

Schlussendlich also: Einräumen des Tatvorwurfs, auch wenn es im Gerichtssaal schien, als bekäme Martin T. die damaligen Ereignisse selbst nicht mehr so recht auf die Reihe. Bisher waren sowohl sein Vorstrafenregister als auch das Verkehrssünden-Verzeichnis leer. 30 Tagessätze à 30 Euro soll er nun wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr als Geldstrafe an die Justizkasse zahlen.




Richter ohne Roben: Stadt Bergkamen sucht Schöffen

Die Stadt Bergkamen sucht Bürgerinnen und Bürger, die ab dem 01.01.2024 für einen Zeitraum von fünf Jahren an einer Tätigkeit als Schöffin oder Schöffe bei den Schöffengerichten und den Strafkammern des Landgerichts interessiert sind. Darunter versteht sich ein richterliches Ehrenamt in Strafsachen am Amtsgericht Unna oder Landgericht Dortmund.

Ebenfalls werden Jugendschöffinnen und Jugendschöffen gesucht, die neben den allgemeinen Voraussetzungen zusätzlich erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein sollen.

Schöffinnen und Schöffen haben als Laienrichterinnen und Laienrichter, ohne juristische Vorbildung, allerdings ausgestattet mit dem gleichen Stimmrecht wie die Berufsrichterinnen und Berufsrichter die Aufgabe, gemeinsam mit diesen die Tat einer Angeklagten oder eines Angeklagten zu beurteilen und ein Strafmaß festzulegen.

Da sie als Schöffin bzw. Schöffe gleichberechtigt an der Hauptverhandlung in Strafsachen mitwirken, sollten sich Bewerberinnen und Bewerber ihrer Rolle und Verantwortung in gleicher Weise gegenüber Angeklagten, Öffentlichkeit und Geschädigten bewusst sein.

Schöffin bzw. Schöffe kann nur werden, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, der Besitz einer weiteren Staatsangehörigkeit neben der deutschen steht einer Bewerbung jedoch nicht entgegen.

Der Wohnsitz muss in Bergkamen sein und die sich bewerbende Person muss bei Amtsantritt am 01.01.2024 mindestens 25 Jahre alt und darf nicht älter als 69 Jahre sein.

Das verantwortungsvolle Ehrenamt verlangt von den Schöffinnen und Schöffen, die auch gesundheitlich nicht eingeschränkt sein sollten, ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Unvoreingenommenheit.

Über die Aufnahme von Personen in die Schöffenvorschlagsliste entscheidet im Bereich des Schöffenamtes der Rat der Stadt Bergkamen, für die Jugendschöffinnen und Jugendschöffen der Jugendhilfeausschuss.

Diese Liste wird sodann öffentlich zu jedermanns Einsicht ausgelegt und jede Person hat das Recht, Einspruch zu erheben, falls Personen in die Vorschlagsliste aufgenommen wurden, die nicht für das Schöffenamt geeignet scheinen. Mit den eventuell im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Einsprüchen wird die Liste anschließend an das Amtsgericht Kamen übersandt.

Dort tritt ein Schöffenwahlausschuss zusammen und wählt aus der Vorschlagsliste die erforderliche Zahl der Schöffinnen und Schöffen, die anschließend durch das Amtsgericht entsprechend benachrichtigt werden.




„F***t euch“ und Tritte: Fette Geldstrafe für Ausraster im Polizeiauto

von Andreas Milk
Selten sitzt einer im Kamener Amtsgericht auf der Anklagebank und wirkt dabei so zerknirscht wie der Bergkamener David H. (Name geändert): „Ich bin selber enttäuscht von mir“ – der Grund: sein Verhalten gegenüber der Polizei am 11. September vorigen Jahres. H. hatte Alkohol getrunken, obwohl er laut eigener Aussage keinen verträgt. Die Folgen: „F***t euch“ und andere Beschimpfungen an die Adresse der Beamten, dazu Tritte, noch während er auf der Rückbank des Einsatzfahrzeugs lag. Ein Polizist bekam H.s Schuh ins Gesicht.

H. selbst wurde wegen seines Zustands an jenem Tag ins Krankenhaus gebracht. Erinnern kann er sich heute an nichts mehr: klassischer Filmriss. Bei den betroffenen Polizeibeamten hat er sich später während eines Besuchs auf der Wache entschuldigt. Vor Gericht sprach er mehrfach davon, wie sehr er sich schäme.

Das honorierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Sie forderte „nur“ eine Geldstrafe – obwohl an und für sich wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eine Freiheitsstrafe angezeigt gewesen wäre. Aber: Wegen H.s Alkoholkonsum nahm sie einen minderschweren Fall an; Geständnis und Entschuldigung seien positiv zu werten. Die Richterin sah das ähnlich. Das Urteil: eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Euro.

Die kann der Vater von drei Kindern in monatlichen Raten abstottern, sollte das Urteil rechtskräftig werden. Übler hätte das Verfahren für ihn ausgehen können, wenn die ganze Geschichte sich ein paar Jahre früher zugetragen hätte. H.s Vorstrafenregister hat fünf Einträge, darunter eine viereinhalbjährige Jugendstrafe wegen eines Raubdeliktes. Der vorerst letzte Eintrag liegt aber schon lange zurück – so lange, dass die Sache mit den Polizisten in Bergkamen mit etwas gutem Willen als einmaliger Aussetzer gewertet werden kann.




Kopfstoß gegen Kioskbetreiber: Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Florian K. (31, Name geändert) hatte Frust – und der Betreiber des Kiosks am Stadtmarkt musste es ausbaden: So lässt sich zusammenfassen, was sich am Abend des 11. August 2022 abgespielt und worüber ein Strafrichter in Kamen jetzt zu verhandeln hatte. K. war wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Mutmaßlicher Auslöser des Ganzen: ein bissiger Hund. Der gehörte einem Mann aus Kamen, der inzwischen in Bergkamen wohnt und zu den Stammkunden des Amtsgerichts zählt, unter anderem, weil er es beharrlich vermied, das Tier unter Kontrolle zu halten. Mittlerweile lebt der Hund nicht mehr.

An besagtem Augustabend war er noch sehr lebendig und hatte es vor dem Bergkamener Kiosk auf das Bein von Florian K. abgesehen. Er schnappte zu; das Bein begann zu bluten. K. wiederum war eh wegen privater Probleme in mieser Stimmung, angetrunken – Resultat eines Alkoholtests: 1,5 Promille – und womöglich auch noch unter Einfluss von Drogen. Nach dem Hundebiss wurde er verständlicherweise pampig und laut. Der Kioskbetreiber bat ihn, leise zu sein, es drohe sonst Ärger mit den Ordnungsbehörden. Laut Ergebnis der Beweisaufnahme beantwortete Florian K. die Bitte mit einem Kopfstoß gegen die Nase des Mannes, gefolgt von etlichen Schlägen und Tritten. Das Opfer flüchtete in den Kiosk; ein hilfreicher Spaziergänger schob drinnen eine Kühltruhe vor die Tür, damit Florian K. draußen bliebe, und verständigte Polizei und Rettungsdienst. Im Kamener Krankenhaus wurden eine Nasenbeinprellung, eine Beckenprellung und Abschürfungen attestiert.

Florian K. sagte dem Richter, er könne sich nicht an den Ablauf damals erinnern. Was ihm vorgeworfen werde, sei nicht seine Art – sein Vorstrafenregister ist leer -, abstreiten wolle er die brutale Attacke aber auch nicht. Bei dem Kioskbetreiber entschuldigte er sich.

Und das Urteil nahm er am Ende an. Es lautet: Zehn Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, sowie eine Zahlung von 2.000 Euro an die Justizkasse als Buße. Vor allem der Kopfstoß sei „brandgefährlich“ gewesen, hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärt. „Für so ’ne Sache muss man eigentlich einfahren.“




Brieftasche vom Rollator gefischt: Haft auf Bewährung für Diebin

von Andreas Milk
Die drei Opfer waren Frauen um die 80 Jahre. Plötzlich waren ihre Portemonnaies weg – und in zwei der drei Fälle fehlte etwas später auch Geld vom Girokonto. Denn in den Brieftaschen hatten sich die EC-Karten samt PIN befunden. Mariana T. (29, Name geändert) wurde jetzt vor dem Kamener Amtsgericht wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Eine Komplizin wird ebenfalls strafrechtlich verfolgt.

So schäbig die Taten auch gewesen sein mögen: Dass Mariana T. dazu gestanden habe, sei bemerkenswert, erklärte der Richter. Ohne drum herum zu reden, hatte T. die Vorwürfe aus der Anklageschrift bestätigt. Zwei Jahre ist das alles her. Seitdem war nichts mehr; es gibt auch keine Vorstrafen. Glaubhaft versicherte Mariana T., die Sache tue ihr leid, sie habe sich in etwas hineinziehen lassen. Auch zweieinhalb Wochen Untersuchungshaft samt anschließender strenger Meldeauflage – drei Mal pro Woche zur Polizei – hatten wohl Wirkung auf sie.

In Coesfeld, in Olfen sowie in Bergkamen bei Lidl an der Jahnstraße hatten die Diebinnen im Dezember 2020 und Januar 2021 zugegriffen. Bei Lidl hatte eine Seniorin das Portemonnaie auf ihren Rollator gelegt. Kurz darauf lag es in einem Regal des Getränkemarktes nebenan. Ein Video der dortigen Überwachungskamera zeigt das Täterinnen-Duo. Zu sehen ist, wie das – geplünderte – Portemonnaie im Vorbeigehen im Regal entsorgt wird.

Unterm Strich richteten die Diebinnen einen Schaden von knapp 3.300 Euro an. Dieser Betrag „unterliegt der Einziehung“ – heißt: Die Staatsanwaltschaft wird den Versuch machen, das Geld bei den verurteilten Frauen einzutreiben. Mariana T. will bald in ihre Heimat Bulgarien zurückkehren. Der Schaden dürfte bis dahin eher nicht mehr ausgeglichen werden.

Ihre Verteidigerin ist sicher, die Zeit in der U-Haft sei ihrer Mandantin eine Lehre gewesen. Die Juristin sagt: Alte Leute werden weniger wegen ihrer – tatsächlichen oder vermeintlichen – Hilflosigkeit Opfer solcher Taten. Vielmehr vermuteten Täterinnen und Täter zu Recht, dass Senioren weit öfter als Jüngere die PIN zusammen mit der EC-Karte aufbewahren. Trauriger Klassiker: eine PIN, die mit dem Edding auf der Karte notiert worden sei.




Knapp 80 Mal ohne Führerschein: Diesmal Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Wer ohne Führerschein hinterm Steuer sitzt und erwischt wird, zahlt am Ende meist eine Geldstrafe. Normalerweise. Bei Adil K. (25, Name geändert) lag der Fall etwas anders. Nachdem er im Juli dieses Jahres in einem Mazda über die  Ebertstraße gefahren war, verurteilte ihn die Strafrichterin in Kamen jetzt zu drei Monaten Haft – ausgesetzt allerdings zur Bewährung.

In K.s Vorstrafenregister stehen ein Betrug, eine Unfallflucht – und eben auch schon Fahren ohne Fahrerlaubnis. Es gab bereits eine rekordverdächtige Geldstrafe von 200 Tagessätzen; Auslöser war führerscheinloses Fahren in fast 80 Fällen. Adil K. hatte seinerzeit Pakete ausgeliefert. Die Gesamtzahl der „Schwarzfahrten“ stellte der Richter in dem früheren Prozess anhand von K.s Einsatzplan fest.
Drei Jahre beträgt nun Adil K.s Bewährungsfrist. Wird er in dieser Zeit nochmal straffällig, drohen drei Monate Gefängnis. Es wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der dann auch auf das Erfüllen einer Auflage vom Gericht achten wird: Adil K. muss 50 Stunden soziale Arbeit leisten.

Legal einen Führerschein zu erwerben, kommt für die nächsten zwölf Monate nicht in Frage: So lange dauert die neue Sperrfrist. Die alte – aus der früheren Verurteilung – war erst am 1. Dezember abgelaufen. Positiv immerhin: K. hat nach eigenen Angaben einen Job bei einer Baufirma sicher. Fahren müsse er da nicht. Noch lebt er von Zahlungen des Jobcenters.

 




„Dick Pic“ an die Exfreundin: Geldstrafe

von Andreas Milk
Für den Versand eines „Dick Pics“ ist der 39-jährige Tobias M. (Name geändert) vor dem Amtsgericht in Kamen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Und er gab sich überzeugt, dass er gar nicht erst hätte angeklagt werden dürfen. „Ich habe mich schon gefragt, ob hier eine versteckte Kamera ist“, zog er das Geschehen im Verhandlungssaal ins Lächerliche. Immerhin: Den Versand des Bildes via Facebook am 18. September hatte er zugegeben. Es zeigte seinen erigierten Penis. Adressatin war seine Ex-Freundin. Sie soll ihn früher tatsächlich animiert haben, solche Fotos zu senden – als die Beziehung noch intakt war. Das galt im September aber eben nicht mehr.

Tobias M. erklärte sich vor Gericht zum Opfer. Hintergrund: ein Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind (4). Seine Ex-Freundin habe Bank- und Mailaccount-Daten von ihm missbraucht, aus Rachsucht. Er selbst habe keine Anzeige gegen sie erstattet aus Rücksicht auf das Kind. Der Dick-Pic-Versand sei „der verzweifelte Versuch“ gewesen, wieder mit ihr in Kontakt zu treten. Das fand die Richterin wenig glaubhaft. Denn M. hatte einen Termin am Familiengericht ignoriert; dieser Termin wäre doch wohl weit geeigneter für einen Kontakt gewesen als der unerwünschte Fotoversand. Tobias M. erwiderte: Er sei überfordert gewesen, habe psychische Probleme. Mehrmals wöchentlich konsumiere er Cannabis.

30 Tagessätze à 20 Euro soll M. – nicht vorbestraft – nun für das Verschicken der pornografischen Aufnahme zahlen. Mit diesem Urteil folgte die Richterin dem Antrag der Staatsanwältin.
„Das geht gegen meine Würde“, kommentierte Tobias M. das Strafmaß – oder besser: die Bestrafung an sich. Sollte er Berufung einlegen, wird der Fall ans Landgericht Dortmund weiter gereicht.