(Noch) kein „Firlefanz“: Geldstrafe für Besitz von Marihuana

von Andreas Milk
Für den Verteidiger fiel das Ganze in die Rubrik „Firlefanz“. Und selbst der Richter merkte bei der Urteilsverkündung an, „im politischen Berlin“ gebe es Bestrebungen, die dazu führen könnten, dass Verfahren wie dieses überflüssig werden. Der Bergkamener Marvin T. (Name geändert) war wegen Besitzes von Marihuana angeklagt worden. Knapp 13 Gramm fand die Kripo bei einer Durchsuchung Ende April. Irgendwer hatte den Fahndern einen Tipp gegeben. Der größte Teil des verbotenen Stoffs lag in Tütchen verpackt auf Marvin T.s Couchtisch. Daneben nahmen die Beamten 200 Euro und T.s Handy mit.

Geld und Handy dürfte er zurückbekommen – beides hat nichts mit dem Drogendelikt zu tun. Das Marihuana dagegen dürfte von Staats wegen vernichtet werden.

Marvin T., Anfang 20 und so gerade eben kein Kunde mehr für einen Jugendrichter, hat ein paar Einträge im Bundeszentralregister. Es ging unter anderem um Betäubungsmittel und um Körperverletzung. 2015 ging es los; unter anderem waren Jugendarreste die Folge. Zuletzt gab es eine Geldstrafe wegen Betrugs.

Zur Zeit besucht T. die Abendschule mit dem Ziel Hauptschulabschluss. Tagsüber jobbt er bei einer Lieferfirma. Das Marihuana in seiner Wohnung kostet ihn nun 250 Euro: So hoch ist die Geldstrafe (25 Tagessätze à 10 Euro), die der Strafrichter am Amtsgericht Kamen gegen den jungen Mann verhängte.




Im Krankenhaus Benzodiazepin abgezweigt: Pfleger verurteilt – und bereit zum Entzug

von Andreas Milk
Selten, dass im Kamener Amtsgericht ein Angeklagter so taff auftritt. Bis März dieses Jahres war der ehemalige Bergkamener Thomas S. (Name geändert) als Pfleger in der Notaufnahme des Krankenhauses in Kamen tätig. Dass er seine Arbeit verlor, hing mit seiner Alkoholabhängigkeit und mit einer Straftat zusammen. Vor Gericht redete er nicht viel – und schon gar nicht viel drum rum.

„Klar Schiff“ wolle er machen. Deshalb gab er auch das zu, was ihm kaum – oder gar nicht – zu beweisen gewesen wäre: Zehn Mal habe er im Krankenhaus Ampullen mit Midazolam – der Gruppe der Benzodiazepine zugehörig – für sich selbst abgezweigt. Denn im Dienst zu trinken, sei nicht in Frage gekommen. Um trotzdem „fit“ zu sein für den Job, habe er das schmerzlindernde, beruhigende Medikament eingenommen. „Falsch angewandt, kann das auch jemanden abschießen.“ Die Staatsanwaltschaft warf ihm im Prozess Unterschlagung vor. Die Beweissituation wäre laut S.‘ Verteidiger ohne das Geständnis seines Mandanten „katastrophal“ gewesen. Das Midazolam fällt nicht unters Betäubungsmittelgesetz; entsprechend sind die Dokumentationspflichten in einer Klinik weniger streng.

Leicht zu beweisen dagegen – und eher Nebensache: Anfang September fuhr S. mit 2,1 Promille im Blut in seinem Auto über die Münsterstraße. Er wurde geschnappt.

Thomas S. hat schon einmal einen Alkoholentzug gemacht. Danach war er acht Jahre trocken. Als seine Ehe kaputt ging, ging auch das Trinken wieder los. Zwei Tage nach seiner Trunkenheitsfahrt meldete sich S. zur Entgiftung. Selten, so sein Anwalt, habe er jemanden kennengelernt, der so effektiv gegen eine Sucht angegangen sei.

Das Urteil: eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 10 Euro. Damit gilt S. nicht als vorbestraft. Das polizeiliche Führungszeugnis bleibt leer. Und so geht das Ganze weiter: Gleich an diesem Mittwoch – dem Tag nach dem Gerichtstermin – tritt Thomas S. aufs neue eine stationäre Therapie zum Alkoholentzug an. Er hat alles schon geregelt, während er übergangsweise wieder bei seiner Frau wohnte. Minimum der Therapie: 15 Wochen.




Betrug bei der Arbeitslosenunterstützung: Zwei Anklagen – keine Verurteilung

von Andreas Milk
Zwei Betrugsanklagen verhandelte das Kamener Amtsgericht an diesem Dienstag – in dem einen Fall war das Jobcenter in Bergkamen „Schauplatz“ der mutmaßlichen Straftat, in dem anderen die Arbeitsagentur in Kamen. Verurteilt wurde am Ende keiner der beiden Angeklagten. Einen sprach der Richter frei; den anderen verpflichtete er zur Zahlung eines hohen Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung, danach wird das Verfahren eingestellt.

In dem Fall aus Kamen ging es um rund 900 Euro. Dieses Geld soll der Angeklagte – heute Außendienstmitarbeiter einer Brauerei – von der Arbeitsagentur im Spätsommer vorigen Jahres bezogen haben. Und das, obwohl er in der Zeit erst geringfügig, dann sogar sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Er selbst sagt: Er sei davon ausgegangen, dass Daten automatisch ausgetauscht werden und er die Agentur gar nicht über die Arbeitsaufnahme zu informieren braucht. Der Richter hielt ihm vor, es habe laut Akten mehrere Kontakte zwischen ihm und Agentur-Mitarbeitern gegeben – ob er denn gar nicht auf die Idee gekommen sei, seine neuen Jobs einfach mal zu erwähnen? 1.200 Euro muss der Mann nun als Buße an die Deutsche Herzstiftung überweisen. Die zuviel bezogenen 900 Euro zahlt er obendrein in monatlichen Raten an die Arbeitsagentur zurück.

Anders lag die Sache bei dem Bergkamener Fall. Knapp 2.500 Euro waren zu Unrecht geflossen an die so genannte Bedarfsgemeinschaft eines Mannes, der längst wieder Arbeit bei einer Logistikfirma gefunden hatte. Das war in der Zeit von Juli bis September 2021. Seiner Aussage nach hatte er seinen neuen Arbeitsvertrag damals in den Briefkasten des Jobcenters geworfen. Direkten Kontakt „auf dem Amt“ gab es nicht. In den Akten landete der Arbeitsvertrag allerdings nicht. Dass das Schreiben verklüngelt worden sein konnte, hielt eine als Zeugin geladene Jobcenter-Mitarbeiterin für äußerst unwahrscheinlich: Arbeitsaufnahmen seien schließlich „der größte Schatz, den wir haben“, erklärte die Frau. Der Richter wandte ein, wo Menschen arbeiteten, passierten auch Fehler. Für den Angeklagten sprach, dass er nach Auffliegen des Falls bei einem Datenabgleich prompt reagierte, Unterlagen nachreichte und mit der Rückzahlung der 2.500 Euro begann. Vor Gericht redete er sich auch nicht mit Unwissenheit heraus. Der Richter sprach ihn frei. Zwar sei es möglich – und nicht einmal unwahrscheinlich -, dass der Mann doch betrügen wollte. „Aber wir machen hier keine Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern Rechtsprechung“. Heißt: Im Zweifel für den Angeklagten.




Immer wieder ohne Führerschein: Mofa-Touren kosten 900 Euro

von Andreas Milk
Zwei Mal innerhalb von knapp drei Wochen fiel der Bergkamener Felix M. (34, Name geändert) der Polizei auf: Am 31. März in Bergkamen auf der Erich-Ollenhauer-Straße, am 17. April in Kamen auf der Westicker Straße. Das Problem: M.s Mofa fuhr schneller als 25 Kilometer pro Stunde, ohne dass M. dafür die nötige Erlaubnis gehabt hätte. Weiteres Problem: die elf Einträge in seinem Vorstrafenregister.

Seit 2005 hat Felix M. mit der Justiz zu tun. Es ging um gefährliche Körperverletzung – 27 Monate Jugendstrafe -, um Diebstahl und immer wieder um Verkehrsdelikte. Auch wegen Fahrens ohne Führerschein saß M. schon mal in der JVA. Zuletzt hatte er dann Geldstrafen bekommen. Die vergangenen zwei Jahre war Ruhe.

In der Verhandlung vor der Kamener Strafrichterin redete M. nicht drumrum: Die Anklagevorwürfe gab er zu. Der Tacho sei kaputt gewesen – „ich habe nicht gemerkt, dass ich so schnell bin“. Eigentlich sei die Geschwindigkeit seines Mofas gedrosselt gewesen.

Das Urteil: 90 Tagessätze à 10 Euro soll M. als Geldstrafe zahlen. Der ledige Vater und Hartz-IV-Bezieher kann das in monatlichen Raten zu 25 Euro tun, um nicht dem Risiko einer Ersatzfreiheitsstrafe ausgesetzt zu sein. Denn das hieße wieder: Knast.

Die Richterin verhängte außerdem eine zweijährige Führerscheinsperre. Daneben darf M. nach Rechtskraft des Urteils sechs Monate kein Kraftfahrzeug – auch kein führerscheinfreies – steuern.




Sanitäter angegriffen und beschimpft: Geldstrafe für Rentner

von Andreas Milk
Feuerwehr, Polizei, Notfallsanitäter: Ein üppiges Aufgebot versammelte sich am Morgen des 18. April gegen 6 Uhr in der Wohnung des Bergkameners Stefan K. (64, Name geändert). Nachbarn hatten angerufen, weil ihnen K.s Geschrei auf die Nerven ging. Jetzt saß der Rentner wegen Körperverletzung und Beleidigung auf der Anklagebank im Kamener Amtsgericht. Denn für einen Sanitäter endete der Einsatz seinerzeit mit einer Rippenprellung. Außerdem hatte er sich von K. – unter anderem – „dummes Arschloch“ und „Idiot“ nennen lassen müssen.

Als die Einsatzkräfte an jenem Tag in K.s Wohnung eingedrungen waren, fanden sie ihn scheinbar hilflos am Boden liegend vor: ohne Hose und schwer betrunken. Ein Alkoholtest ergab später fast drei Promille. Ihn aus der Wohnung zu bugsieren und für eine Untersuchung ins Kamener Krankenhaus zu schaffen, habe noch vergleichsweise gut geklappt, erinnerte sich ein beteiligter Polizist. In der Notaufnahme des Hellmig-Krankenhauses müsse K. dann aber nochmal „aufgedreht“ haben – jedenfalls mussten der Beamte und eine Kollegin dort kurz darauf ihren zweiten Einsatz in Sachen Stefan K. hinter sich bringen, diesmal eben wegen dessen Attacke auf den Sanitäter. Von der Krankenliege aus soll K. gezielt getreten haben. Der Sani hatte danach vier Tage einen Krankenschein. K. kam zum Ausnüchtern ins Polizeigewahrsam.

Eigentlich hätte der Fall längst erledigt sein können. Denn die Staatsanwaltschaft hatte gegen K. einen Strafbefehl erwirkt: 70 Tagessätze à 15 Euro. Statt zu zahlen, legte K. Einspruch ein, sodass nun öffentlich verhandelt wurde. Statt konkret etwas zu den Geschehnissen am 18. April zu sagen, ließ sich K. weitschweifig über eigene Verletzungen aus. Sie sollen mit einem Unfall auf einer Baustelle vor seiner Haustür zusammenhängen. Auch von epileptischen Anfällen sprach er. Der verletzte Notfallsanitäter sagte vor Gericht: Zumindest äußerlich sei K. bei dem frühmorgendlichen Einsatz intakt gewesen. K. hält dagegen: Für ihn „war es schrecklich“; er sei froh, lebend aus der Polizeizelle gekommen zu sein.

K. ist sechsfach vorbestraft – ausnahmslos wegen Delikten in Zusammenhang mit (zu viel) Alkohol. Für den Ausraster im Kamener Krankenhaus soll er laut Urteil des Richters jetzt 350 Euro mehr bezahlen als im Strafbefehl ausgewiesen: Der Richter hob die Tagessatzhöhe von 15 auf 20 Euro an, bei der Zahl von 70 Tagessätzen bleibt es. Das letzte Wort ist das womöglich noch nicht. Stefan K. will einen Anwalt konsultieren. Er hat eine Woche Zeit, Berufung einzulegen. Die Akte würde in diesem Fall ans Landgericht Dortmund weitergereicht.

 




„Bud Spencer“ bei Kaufland: Zwei Fäuste für eine Verfahrenseinstellung

von Andreas Milk
Verdammt lang her: Ende Dezember 2019 rasselten ein paar junge Männer verschiedener Nationalität bei Kaufland an der Töddinghauser Straße zusammen – jetzt beschäftigte der Vorfall den Jugendrichter in Kamen. Angeklagt: Karl M. und Dmitri T. (alle Namen geändert), heute 31 und 24 Jahre alt, sowie Nadine F., 23 Jahre.

Das Problem: Zwei andere junge Männer sollen auf der Rolltreppe die ihnen entgegen kommende Freundin von Karl M. aufdringlich angestarrt haben. M. habe deshalb zugeschlagen – und zwar, falls denn die Schilderung eines Geschädigten zutrifft, in bester Bud-Spencer-Manier: eine Faust links, eine Faust rechts, die Köpfe der beiden Anstarrer dazwischen. Dmitri T. und Nadine F. sollen bei der Klopperei mitgemischt haben.

Nadine F. sprach für sich selbst: Sie sei in dem Gerangel geschlagen worden und habe im übrigen nur helfen wollen. Die beiden angeklagten Männer ließen vor allem ihre Verteidiger reden. Der Tenor: Es habe eine Provokation durch die beiden mutmaßlichen Anstarrer gegeben, die Anklagen gegen M. und T. seien überzogen oder gar unverständlich.

Der Ausgang des Prozesstermins war denkbar entspannt: Die Verfahren gegen Karl M. und Nadine F. wurden auf Kosten der Landeskasse eingestellt – denn die beiden jungen Leute haben seit Dezember 2019 schon Urteile wegen anderer Straftaten „kassiert“, sodass es auf die Geschichte bei Kaufland nicht weiter ankommt. Dmitri T. bekam eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 Euro für ein mitangeklagtes Drogendelikt und einen Fall von Fahren ohne Führerschein, begangen ganze vier Wochen nach einer anderen Verurteilung. Eine bemerkenswerte Rückfallgeschwindigkeit, fand der Staatsanwalt. Und auch für Dmitri T. gilt: Der Vorfall an der Töddinghauser Straße tut nichts mehr zur Sache.

 




„Sie“ flieht – „er“ rastet aus: Anklage gegen 20-jährigen Bergkamener

von Andreas Milk
Der Bergkamener Marvin M. (Namen geändert) ist 20 Jahre alt, ledig, Vater von zwei Kindern. Auf die passt er tagsüber auf. Seine Lebensgefährtin Verena G. geht arbeiten. Er selbst ist arbeitsuchend. In der Nacht zum 10. April – es war etwa 2 Uhr – suchte er Verena G.: Es hatte Streit gegeben, deshalb war die junge Frau mit den beiden Kleinen zu einer Freundin gefahren. Was sonst noch in der Nacht geschah, war jetzt Gegenstand einer Anklage vor dem Kamener Jugendrichter.

Fest steht: Marvin M. tauchte vor dem Haus in Weddinghofen auf, in dem Verena G.s Freundin mit ihrem Mann wohnt. Vor Gericht sagte er: Es sei ihm wichtig gewesen, seine Kinder bei sich zu haben; Verena G. sollte endlich mit ihnen nach Hause zurückkehren.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft verletzte Marvin M. in einem Gerangel den Mann der Freundin mit einem Dachdeckerwerkzeug am Kopf. Die beiden Frauen habe er beleidigt („Schlampe“) und geschlagen. M. bestreitet das: Vielmehr sei er selbst von dem Mann mit einem Schlagstock angegangen worden und habe sozusagen vorbeugend zugelangt, „weil ich sonst selbst verletzt worden wäre“. Die beiden „Damen“ – den Begriff benutzte er mehrmals – habe er nicht angerührt.

Die Freundin von Verena G. erzählte, wegen Marvin M. habe es in der Vergangenheit schon häufig Stress gegeben. Sie selbst sei am 10. April angespuckt worden und habe eine Ohrfeige bekommen. Ihr Mann sei kurz nach der Attacke von M. sogar bewusstlos zusammengebrochen.

Fertig wurde der Richter diesmal mit der Angelegenheit nicht. Der Grund: Marvin M. war ohne Verteidiger. Aber er braucht laut Strafprozessordnung einen angesichts der Strafe, die ihm laut bisherigem Ergebnis der Beweisaufnahme droht. Es wird also einen neuen Termin in der Sache geben – entweder nochmal in Kamen oder am Jugendschöffengericht in Unna. M. wird dann mit einem Pflichtverteidiger erscheinen.




Näherungsverbot missachtet: Geldstrafe für Stalker

von Andreas Milk
„Ich habe ihr gesagt, dass sie heilig für mich wäre.“ Der etwas befremdliche Satz fiel in einem Strafprozess vor dem Amtsgericht Kamen. Gesagt hat ihn der 40-jährige Sedat K. (Name geändert) aus Bergkamen. Und die Frau, von der K. sprach, war als Zeugin da: eine 36-Jährige. Sie hatte ihn angezeigt. Es ging um Beleidigung, Körperverletzung – vor allem aber um penetrantes Nachstellen, Stalking also. Die Frau hatte schon im Mai 2021 eine gerichtliche Anordnung erwirkt: K. hatte Abstand zu ihr zu halten, 50 Meter Minimum. Er ignorierte das.

In der Anklage der Staatsanwaltschaft findet sich eine ganze Reihe von Begegnungen, die – soweit es die Frau betraf – unfreiwillig waren. K. soll sie am  Busbahnhof angesprochen haben, in der Sparkasse, er habe sie im Zug und beim Busfahren behelligt, schließlich sogar an ihrem Arbeitsplatz. Und er habe ihr einmal im Streit mit der Faust vor den Kopf geschlagen, sie als Hure und Schlampe beschimpft. „Es ist überhaupt nicht wahr“, so der Angeklagte. „Hässliche Unterstellungen“ seien das.

Die Vorgeschichte: Sedat K. und die Frau hatten einmal eine Beziehung. Zwei Wochen habe die gedauert, erinnert sich die 36-Jährige: „Da habe ich gewusst, dass wir nicht zueinander passen.“ Aber Sedat K. wollte es wohl nicht wahr haben. „Ich will nur Gutes für sie“, betonte er vor Gericht. Mehrmals hätten er und die Frau sich gestritten – aber wieder zueinander gefunden.

Ob er denn glaube, das Näherungsverbot gemäß Gewaltschutzgesetz sei seinerzeit vom Gericht „aus Spaß verschickt“ worden, fragte ihn die Richterin. Antwort: Er respektiere ja die Anordnung. Aber die Begegnungen mit der „Ex“ seien eben so passiert.

„Mein Bruder musste Bodyguard spielen“, erinnert sich die Frau. Es sei ihr auch peinlich gewesen, wieder und wieder wegen der „Begegnungen“ mit Sedat K. – „mal lieb, mal auf 180“ – die Polizei zu rufen. Immerhin: Seit einer Weile sei Ruhe.

Sedat K. ist ledig, lebt bei seinen pflegebedürftigen Eltern, bezieht Hartz IV. Er hat eine Vorstrafe wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Fürs Belästigen, Beschimpfen und Schlagen seiner Kurzzeitfreundin muss er eine Geldstrafe von 1.200 Euro (120 Tagessätze à 10 Euro) zahlen. Er ließ durchblicken, gegen diese Entscheidung der Richterin Berufung einlegen zu wollen. Dann kommt der Fall vors Landgericht in Dortmund.




Betrunken hinterm Steuer: Rückfall am letzten Bewährungstag

von Andreas Milk
Am späten Abend des 18. Oktober 2021 machte der Lüner Bauleiter Murat K. (Name geändert) ein Schläfchen in einem Baustellenfahrzeug seiner Firma. Der Wagen war an der Landwehrstraße in Bergkamen abgestellt, das Licht eingeschaltet, der Zündschlüssel steckte. K. lag auf der Rückbank, hatte die Schuhe ausgezogen. Alles nichts, womit man sich strafbar machen könnte. Das Problem: K. hatte den Mazda ohne Führerschein gesteuert – und mit rund 1,3 Promille Alkohol im Blut.

Dafür musste er sich jetzt vor dem Kamener Amtsgericht verantworten. K. sagt, er habe an den Abend keine Erinnerung – er gibt aber zu, den Wagen vor dem Nickerchen gefahren zu sein. Und genau darauf kam es an. K. war seinerzeit zuerst noch mit einem Kollegen unterwegs gewesen, und theoretisch hätte ja auch der den Wagen lenken können.

Bemerkenswert an dem Vorfall ist das Timing. Am selben Abend – genauer: um Mitternacht – lief eine Bewährungsfrist aus einem früheren Strafurteil gegen Murat K. ab. Eigentlich wäre er also nun ein Kandidat für eine Haftstrafe ohne Bewährung gewesen. In seinem Vorstrafenregister gibt es fünf Einträge; alle haben mit Delikten im Straßenverkehr und mit K.s Alkoholismus zu tun. An dem Abend vor knapp einem Jahr hatte er also nicht das erste Mal betrunken ein Auto gesteuert.

Dass es bis zur Verhandlung über die Sache an der Landwehrstraße so lange dauerte, lag nicht an K., sondern an Zeugen, die zu früheren Terminen einfach nicht gekommen waren. Ohne sie war K. keine Trunkenheitsfahrt nachzuweisen, und er selbst sagte nichts zu dem Vorwurf, was sein gutes Recht ist als Angeklagter. Verurteilt werden konnte er beim jüngsten Termin, weil er die Fahrt eben doch noch einräumte.

Das Urteil lautete: Acht Monate Haft auf Bewährung plus neun Monate Sperrfrist bei Ausstellung eines Führerscheins. Hätte sich das Verfahren nicht ohne K.s Verschulden derart in die Länge gezogen, hätte es wohl keine Bewährungschance mehr gegeben, sagte der Richter. Die Bewährung ist also eine Art Bonus für die Verfahrensdauer. Und: Es gibt eine gute Sozialprognose, denn K. hat derzeit einen festen Vollzeitjob. „Stehen Sie nicht sich selbst und ihrer Zukunft im Weg“, mahnte der Richter – sprich: sauber bleiben. Und möglichst den Führerschein machen.

Teuer wird es für drei Zeugen, die wieder nicht erschienen waren. Zwei von ihnen müssen je einen Tausender als Ordnungsgeld zahlen, Nummer drei ist mit der Hälfte dabei.

 




Mutter gestresst, Polizist beleidigt: Geldstrafe

von Andreas Milk
Serap M. (31, Name geändert) war sowieso schon im Stress am Morgen des 15. Februar. Und vor einer Bergkamener Grundschule geriet sie obendrein in eine Situation, die zu einer Anklage wegen Beleidigung eines Polizisten führte: „Der ist doch bescheuert“, soll sie über den Beamten gesagt haben.
Verhandelt wurde über den Fall vor dem Kamener Amtsgericht. Gegen einen Strafbefehl über 1.000 Euro hatte Serap M. Einspruch eingelegt. Als Aushilfe bei einer Textilkette verdient die alleinerziehende Mutter pro Monat knapp die Hälfte dieser Summe.

Freundlich und zurückhaltend schilderte sie nun dem Richter, was los war an jenem verkorksten Morgen. Die Lehrerin ihres Sohnes hatte angerufen wegen eines fehlenden Coronatests, der bitteschön zügig nachzureichen sei, sonst könne der Junge nicht bleiben. Also fuhr Serap M. los, um sich vor der Schule mit dem Kleinen zu treffen und den Test nachzuholen. Dabei parkte sie ihr Auto so, dass der Polizist Anstoß nahm. Er habe sie angeschrien, sagte Serap M.: „Ich habe mich erniedrigt gefühlt.“ Und da sei ihr eben das Wort „bescheuert“ rausgerutscht – allerdings in anderem Zusammenhang: Es sei ein „bescheuerter Tag“. Den Polizisten habe sie dabei nicht mal angesehen, sondern andere Leute angeschaut.

Das Vorstrafenregister der jungen Frau ist leer. Ihre Anwältin versicherte glaubhaft, Ausrasten sei „nicht ihre Art“. Das Urteil: eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 10 Euro – also nur noch ein Fünftel der ursprünglichen Summe. Der Richter erklärte: Mit einer frühen Entschuldigung an den betroffenen Polizisten wäre wohl sogar eine Einstellung des Verfahrens möglich gewesen. Diese Möglichkeit hatte Serap M. allerdings in den vergangenen sieben Monaten nicht genutzt.




Crash vor der Rünther Sparkasse: Strafe wegen Fahrerflucht

von Andreas Milk
„Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, erklärte die 59-jährige Bettina T. (Namen geändert) vor der Richterin in Kamen. Und deshalb hatte T. auch Einspruch eingelegt gegen den Strafbefehl, der wegen Unfallflucht gegen sie ergangen war. Es ging um einen Vorfall am Abend des 24. August 2021 vor der Sparkassenfiliale in Rünthe. Beim Ausparken stieß der Wagen von Bettina T. mit dem Auto des 22-jährigen Jonas F. zusammen. Bettina T. fuhr nach Hause.

T. – keine Vorstrafen, keine Punkte in Flensburg – versicherte im Gerichtssaal, von einem Zusammenstoß nichts bemerkt zu haben – sonst wäre sie ausgestiegen. Jonas F. konnte das Ganze seinerzeit aus ein paar Metern Entfernung beobachten. Er sagt: Sein Wagen habe gewackelt. Ein Knacken sei zu hören gewesen. Kratzer und eine Delle blieben zurück. Der Schaden lag bei ein paar hundert Euro.

Ein Gutachter sagte im Prozess, die Beschädigungen an den beiden Fahrzeugen passten zueinander. Es steht also außer Frage, dass der Schaden an Jonas F.s Auto nicht zufällig bei irgendeiner anderen Gelegenheit entstanden war. Der Gutachter sagte außerdem: Akustisch müsse Bettina T. nicht zwingend etwas mitbekommen haben. Wohl aber habe es zweifellos eine Erschütterung gegeben, die für sie spürbar gewesen sein muss.

„Ich glaube Ihnen das nicht, dass Sie das nicht bemerkt haben“, so die Richterin in der Begründung ihres Urteils: Eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 15 Euro (375 Euro) soll Frührentnerin Bettina T. zahlen. Die Höhe der Tagessätze setzte die Richterin etwas niedriger an als im ursprünglichen Strafbefehl; unterm Strich wird es billiger für Bettina T. Allerdings gehen die Verfahrenskosten zu ihren Lasten.
Sie kann noch Berufung einlegen und versuchen, das Landgericht von ihrer Unschuld zu überzeugen.