Anklage: Vom Mann misshandelt – Schweigen vor Gericht

von Andreas Milk
Mindestens zwei Mal soll der Bergkamener Adil B. (44, Name geändert) im vergangenen Jahr seine Frau misshandelt haben. Die Folgen: Schwellungen, Rötungen, ausgerissene Haare. Tagelang konnte sie vor Schmerz nichts essen: Adil B. soll sie am Kopf gepackt und ihr seine Finger in den Kiefer gerammt haben. Sie erstattete Anzeige bei der Polizei. Es erging ein Strafbefehl. B. legte Einspruch ein. Darum gab es jetzt einen Termin vorm Strafrichter in Kamen.

Dort wurde der Strafbefehl nun nochmal verlesen – formuliert als Anklage. Die körperlichen Attacken sowie eine Beleidigung sind darin detailliert beschrieben – und auch, dass die Taten im Beisein der beiden kleinen Kinder des Paars geschehen seien. Adil B. und seine Frau leben derzeit zwar getrennt. Es gebe aber wieder eine Annäherung, hatte B.s Anwalt zum Prozessauftakt erklärt.

Und damit zeichnete sich schon der Ausgang des Prozesses ab. Adil B. schwieg – sein Recht als Angeklagter. Seine Frau verweigerte ebenfalls die Aussage als Zeugin – ihr Recht als Ehefrau. Damit hatte das Gericht keinerlei verwertbare Beweismittel. B. wurde freigesprochen. Es blieb bei Appellen von Richter und Staatsanwalt an den Angeklagten, er möge sich künftig vorsehen. Die Kinder waren mitgekommen zum Gerichtstermin – zum Glück noch viel zu klein, um zu begreifen, was da vor sich ging. Eins von ihnen saß auf Papas Schoß: Vater und Sohn, gemeinsam auf der Anklagebank.




Drohung im Rathaus: „Lege Bürgermeister um!“

von Andreas Milk
Kamen. Am Nachmittag des 2. April 2024 ging Markus H. (54, Name geändert) ins Bergkamener Rathaus, erklärte einem Security-Mann, er wolle „mein Geld haben“, und kündigte an, den Bürgermeister umzulegen, wenn er es nicht bekäme. Drei Monate später tauchte H. in Unna bei der Übergangshilfe auf, einem Verein, der sich um Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen kümmert. Auch bei diesem Besuch ging es wohl um Geld. Er endete damit, dass H. am Auto der Geschäftsführerin Luft aus den Reifen ließ und mit einem Stein die Heckscheibe eines Dienstwagens demolierte. Schaden: 500 Euro.

Vor acht Wochen kam Markus H. in Untersuchungshaft, um die Hauptverhandlung vor Gericht sicher zu stellen. Und diese Verhandlung war nun an diesem Freitag. Die Tatvorwürfe waren schnell aufgeklärt: Der Security-Mann und die Frau von der Übergangshilfe machten ihre Aussagen. Erstaunlicherweise beschrieb der Security-Mann das Auftreten H.s im Bergkamener Rathaus als „höflich und ruhig“ – aber auch als „sehr ernst“. Sprich: Die Todesdrohung war scheinbar von der Art, die sich nicht einfach als durchgeknallt abtun lässt. Bürgermeister Bernd Schäfer wurde informiert, er solle seine Tür geschlossen halten. Die Polizei kam dazu. Dass von H. keine reale Bedrohung ausging, war rasch klar. Und die Mitarbeiter der Übergangshilfe in Unna wussten am 1. Juli ohnehin schon, mit wem sie es da zu tun hatten: mit einem Mann, „der sich häufig nicht in der Realität aufhält“. So jedenfalls beschrieb es ein Gutachter, den das Gericht jetzt zum Termin bestellt hatte.

Markus H. hat seit seiner Jugend psychische und Suchtprobleme. Es wurde eine Schizophrenie diagnostiziert; von seiner Familie lebt er isoliert, sprach in der Vergangenheit gelegentlich von Schäden, die er durch „biochemische Waffen“ erlitten habe. Es gibt etliche Vorstrafen. Die Bewährungsfrist aus der jüngsten Verurteilung endet im Dezember 2026.

Das neue Urteil für die Vorfälle im Bergkamener Rathaus und in Unna: acht Wochen Haft – die mit der U-Haft abgegolten sind. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte das so beantragt. Der Richter stimmte zu: eine „pfiffige Lösung“ sei das. H. ist also wieder ein freier Mann. Dabei habe ihm gerade die Haft wohl gut getan, sagte der Gutachter: Sie habe ihm Struktur geboten und Entscheidungen erspart. Künftig werden sich wieder ein Betreuer und ein Bewährungshelfer um Markus H. kümmern. Der wiederum muss übrigens noch den Schaden für die kaputte Autoscheibe begleichen.

 




„Schäme mich für früher“: Bewährung nach Serie schwerer Diebstähle

von Andreas Milk
Er schäme sich „für das, was ich früher war“, sagte der 41-jährige Adam T. (Name geändert) dem Strafrichter. Vor dem saß er für eine Reihe schwerer Diebstahlsdelikte, begangen unter anderem in Kellerräumen an der Hochstraße, in einem abgestellten Auto an der Werner Straße sowie einem Keller an der Straße Im Stollen. T. klaute Elektronikartikel, Sekt, Arbeitsschuhe, eine Brieftasche – was eben so herumlag. Die Erklärung: ein Rückfall in den Drogenkonsum und ein Berg Schulden.

Beim Gerichtstermin waren T.s Verteidiger und der Richter gleichermaßen erstaunt: T. erschien in sichtlich guter Verfassung, stand zu dem, was er da im Herbst 2023 angestellt hatte, und lobte die Therapie, die ihm inzwischen ermöglicht worden ist: „Sie hat mich clean gemacht, und das will ich bleiben.“ Das Schreiben einer Suchtklinik bescheinigt ihm seinen Erfolg und seine Hartnäckigkeit im Kampf gegen die Abhängigkeit. Seit Oktober wird er dort stationär betreut: Therapie statt Strafe. Vorher war er in der Schwerter JVA. Sein Vorstrafenregister reicht zurück bis ins Jahr 1999. Schwerpunkt: Eigentumsdelikte. Zuletzt hatte ein Gericht drei Jahre und zwei Monate Knast verhängt. Vom „Ausfluss eines schwierigen Lebens“ sprach der Verteidiger.

Jetzt hat Adam T. einen Job in Aussicht bei einem Bergkamener Unternehmen. Klappt das wider Erwarten nicht, bleibt als Alternative eine Firma für Leiharbeit. Das Gerichtsurteil soll ihn daran nicht hindern: 20 Monate Haft – ausgesetzt zur Bewährung. Für die geklauten Sachen muss er Ersatz leisten: rund 350 Euro. Als Auflage wurde ihm gegeben, an die stationäre Therapie eine ambulante Nachsorge zu hängen. T. nahm das Urteil an.

 




Zwei Meter „Trunkenheitsfahrt“ plus Beleidigung: Geldstrafe und Fahrverbot

von Andreas Milk
Es ist vielleicht die kürzeste „Trunkenheitsfahrt“, für die je jemand Ärger mit der Justiz bekommen hat. In der Nacht zum 15. September legte der Kamener Martin D. (52, Name geändert) auf einem Parkplatz an der Bergkamener Büscherstraße etwa zwei Meter in seinem Suzuki zurück – mit rund 1,8 Promille im Blut. Bekannte, die ihm den Autoschlüssel abnehmen wollten, nannte er „Arschloch“ und Schlimmeres. Folge war damals ein Strafbefehl, gegen den D. Einspruch einlegte. Er wollte die im Strafbefehl ausgesprochene Führerscheinsperre von neun Monaten loswerden.

So gab es jetzt einen Verhandlungstermin vor dem Kamener Strafrichter. Und Martin D. zeigte sich als Muster-Angeklagter. Er hat eine Zeit schmerzvoller Auseinandersetzung mit seinem Alkoholkonsum hinter sich. Acht Sitzungen zur Therapie hat er seit Ende 2024 absolviert: „Das hat mir richtig geholfen.“ In der Coronazeit habe sich der Suff in sein Leben eingeschlichen, sagt er. Und an dem besagten Abend im September schob er wohl mächtig Frust. Auf der Party, zu der er eingeladen worden war, fühlte er sich fehl am Platz. Dazu kam Streit mit seiner Frau. Und dann habe irgendeiner gerufen: „Komm, jetzt trinken wir Shots!“ Die seien für ihn „der Killer“ gewesen, erinnert sich D.. Später habe er sich eigentlich bloß in sein Auto setzen wollen, um auf ein Taxi zu warten. Er sei wahrlich fahr-untüchtig gewesen: Ein Versuch, aus einer Parklücke zu kommen, scheiterte kläglich. Wohlmeinende Menschen hinderten ihn, größeren Blödsinn anzustellen.

„Warum schütte ich dieses Zeug eigentlich in mich rein?“ – das habe er sich in der Therapiezeit gefragt. Mittlerweile meide er Alkohol konsequent. Seine Frau ziehe mit. Er wolle ein Vorbild sein für seine kleine Tochter, erklärt er.

Vorstrafenregister und Flensburger Punktekonto sind leer. Der Richter entschied: Zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 70 Euro für den gut verdienenden Softwarefachmann kommt ein Fahrverbot von sechs Monaten. Die Zeit seit dem 15. September – D. gab den Führerschein sofort ab – wird angerechnet. Mitte März bekommt D. also seine Fahrerlaubnis zurück. Allerdings: Die Straßenverkehrsbehörde in Unna könnte ihm noch zu schaffen machen. Es droht die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, umgangssprachlich „Idiotentest“.




„Schwarz“ im VKU-Bus: Freizeitarbeit für Betrugsversuch

von Andreas Milk
Es blieb sozusagen in der Familie. Aber es war trotzdem eine Straftat. Der 19-jährige Kamener Tobias T. (Name geändert) saß am späten Mittag des 10. Juni vorigen Jahres in einem Bus der VKU-Linie R81 und gondelte durch Bergkamen, als plötzlich ein Kontrolleur seinen Fahrschein sehen wollte. Tobias T. legte ihm auch ein Ticket vor. Das gehörte allerdings seiner Schwester – und natürlich wusste er das. Folge war jetzt eine Betrugsanklage vor dem Jugendrichter am Amtsgericht in Kamen.

Er habe schlicht kein Geld bei sich gehabt, als er die Fahrt antreten wollte, erklärte der junge Mann im Sitzungssaal. Er war bisher nicht weiter unangenehm aufgefallen – es gab bloß mal eine eher geringfügige Verfehlung 2021, also noch in seiner Zeit als Jugendlicher. Phasenweise lebte er in einer Wohngruppe; heute wohnt er bei seinen Eltern. Und mittlerweile gilt Tobias T. den Juristen als „Heranwachsender“, weil zwischen 18 und 21 Jahre alt. Eine erfreuliche Perspektive: T. geht aufs Berufskolleg, um seinen Realschulabschluss zu machen. Später möchte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beginnen.

Für die betrügerische Busfahrt bleibt es bei einem erhobenen Zeigefinger des Gerichts, verbunden mit der Auflage, 20 Stunden Freizeitarbeit abzuleisten. Sobald Tobias T. das erledigt hat – und sofern er sich dafür nicht zu viel Zeit lässt -, wird das Verfahren gegen ihn endgültig eingestellt.

 




Entrümpelung übertrieben: „Klüngelskerl“ ein Klaubock

von Andreas Milk
Lucian H. (Name geändert) hatte sich in eine unglückliche Lage gebracht. Sollte er nun vor dem Kamener Strafrichter lieber einen Diebstahl einräumen – oder ein neues Verfahren wegen Schwarzarbeit riskieren? Es ging um einen Auftrag, den H. am 24. September 2024 in einem Kleingarten an der Bergkamener Königslandwehr erfüllte. Oder wohl eher über-erfüllte.

H.s Job sollte sein, mit seinem Kleintransporter Schrott abzutransportieren. Das tat er auch – aber er nahm laut Anklage noch sehr viel mehr mit. So verschwanden Werkzeuge, Rollschuhe, das Gestänge eines Pavillons, eine Puppe, eine Mistgabel sowie Weihnachtsdekoration. Gesamtwert: um die 400 bis 500 Euro.

Lucian H. beteuerte im Gerichtssaal, nur das weggebracht zu haben, was mit seinem Auftraggeber vereinbart worden sei. Dieser Auftraggeber kann dazu nichts mehr sagen – aber seine Witwe. Die hatte bei der Polizei erklärt, bestohlen worden zu sein. Das führte zu einem Strafbefehl gegen H. in Höhe von 50 Tagessätzen à 30 Euro. H. legte Einspruch ein. Folge war jetzt eben der Gerichtstermin.
Und der ging in gewisser Weise für H. – vorbestraft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung – erfreulicher aus als für die beklaute Frau. Denn entsprechend seinem Einkommen als Bürgergeldbezieher und Minijobber wurde die Tagessatzhöhe halbiert auf 15 Euro. Statt 1.500 Euro muss Lucian H. also „nur“ 750 Euro Strafe zahlen. Darüber, dass H. die Entrümpelung mutmaßlich „schwarz“ erledigte, wird die Staatsanwaltschaft gnädig hinweg sehen. Die Frau bleibt auf ihrem Schaden sitzen. Sie könnte versuchen, H. zivilrechtlich zu belangen. Aber das ist die Geschichte mit dem nackten Mann, dem man nicht in die Tasche greifen kann: Auch mit einem gerichtlich bestätigten Anspruch gäbe es bei Lucian H. nichts zu holen.




Parfümklau: ja – Beklauen eines Taxifahrers: nein

von Andreas Milk
Einen Taxifahrer auf der Kamener Koppelstraße soll er beklaut haben sowie die Drogeriemärkte von Rossmann im Kamen Quadrat am 20. Juni 2024 und an der Bergkamener Parkstraße am 21. Juni: Eddin L. (Name geändert) saß wegen Diebstahls vor dem Strafrichter im Amtsgericht. Der Taxifahrer verlor seinerzeit seine Brieftasche mit einigen Scheinen. Die Rossmann-Märkte verloren Parfümartikel im Wert von knapp 1.500 Euro.

Die Aktionen in den Rossmann-Märkten gab Eddin L. zu. Den Taxifahrer allerdings – einen Rentner aus Bergkamen, der sich was dazu verdient – habe er nicht bestohlen. Dieser Mann war als Zeuge geladen. Er erinnerte sich, auf dem Kamener Markt vier Fahrgäste aufgenommen zu haben. Es war in der Nacht zum 27. Juli 2023. Auf der Koppelstraße habe er sie abgesetzt – und als er Wechselgeld rausgeben wollte, habe ihm der Fahrgast auf dem Beifahrersitz das Portemonnaie entrissen und sei abgehauen. „Ich meine, dass er das war“, sagte er mit Blick auf Eddin L. – aber: Vollkommen sicher sei er sich da nicht. Bei der Polizei bekam der Taxifahrer damals sechs Fotos vorgelegt. Darunter war eins von Eddin L.. Doch gerade ihn erkannte der Fahrer nicht wieder – sondern zeigte auf das Foto von jemand anderem, genauer gesagt: auf ein Foto, das per Computerprogramm erzeugt worden war.

Was das Bestehlen des Taxifahrers angeht, wurde Eddin L. freigesprochen. Denn es gab ja keine belastbaren Beweise. Fürs Parfümklauen dagegen bekam der wegen Diebstahls vorbestrafte Mann zehn Monate Haft auf Bewährung. Er muss außerdem 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten – und natürlich den Schaden von Rossmann wieder gut machen. Um alles auf die Reihe zu bekommen, wird ihm ein Bewährungshelfer gestellt. Eddin L. hat noch ein ganz anderes Problem. Nachdem ihm ein Ausbildungsverhältnis vorzeitig gekündigt worden ist, droht dem jungen Algerier die Abschiebung.

 




Kriminelles Hobby: Phantom-Küchen verkaufen bringt eine Geldstrafe

von Andreas Milk
Im Sommer 2023 bot der Bergkamener Salih K. (Name geändert) übers Internet eine gebrauchte Küche für 150 Euro zum Verkauf an. Eine Frau aus einem anderen Teil Deutschlands schlug zu und zahlte. Die Küche blieb, wo sie war: in der Phantasie von Salih K.. Der saß nun wegen Betrugs in Kamen vor dem Strafrichter.

Das Ungewöhnliche an diesem Fall: Erst im Dezember 2022 hatte das Schöffengericht in Unna den Bergkamener wegen gewerbsmäßigen Betrugs in neun Fällen zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Jedes Mal hatte er nicht existierende Küchen verhökert, jedes Mal für vergleichsweise niedrige Beträge zwischen 150 und 300 Euro.

Solch eine Hartnäckigkeit sollte nun eine Haftstrafe ohne Bewährungschance zur Folge haben, fand der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Er beantragte sechs Monate. Aber Salih K. hatte nochmal Glück. Er konnte einen festen Job vorweisen: Er verdient sein Geld auf dem Bau. Früher habe er psychische Probleme gehabt und unter Spielsucht gelitten, bekannte er – mittlerweile habe er sich ein neues Leben aufgebaut. Und das soll ihm nicht eine Haftstrafe vermasseln: Der Richter verhängte eine Geldstrafe. Die allerdings fiel happig aus: 180 Tagessätze à 20 Euro. Zugunsten des Mannes wertete der Richter auch, dass er ein Geständnis abgelegt hatte. Ohne Geständnis wäre nichts nachzuweisen gewesen, es sei denn, die Küchenkäuferin wäre eigens als Zeugin 500 Kilometer weit angereist.

Salih K.s Verteidiger kassierte bei seinem Mandanten noch im Gerichtssaal 150 Euro ein – nicht als Honorar, sondern zur Weiterleitung an die betrogene Frau.




Polizisten beleidigt: Psychisch Kranker muss zahlen

von Andreas Milk
Sein Mandant sei wegen seiner psychischen Erkrankung „nicht in der Lage, mit Situationen adäquat umzugehen“, sagte der Verteidiger des Bergkamener Familienvaters Marvin K. (Name geändert) vor dem Strafrichter in Kamen. Die Situation am späten Abend des 22. Juli 2024 auf der Lothar-Erdmann-Straße war eine Verkehrskontrolle der Polizei. Sie galt Marvin K.s Bruder. Der hatte damit auch gar kein Problem. Marvin K. war derjenige, der ausrastete: Als „hinterfotzige Drecksbullen“ bezeichnete er die Beamten. Dass er sie außerdem duzte, fiel da fast schon nicht mehr weiter ins Gewicht. Folge war – natürlich – ein Verfahren wegen Beleidigung.

Still und zurückhaltend gab sich K. in der Verhandlung, ließ seinen Anwalt erklären: Jawohl, der Vorwurf treffe zu. Seit langer Zeit ist der 31-Jährige in psychiatrischer Behandlung. Er hat auch schon mal einen Monat stationär in der Dortmunder LWL-Klinik verbracht.
Und es gibt ein paar Vorstrafen in seiner Vergangenheit, darunter eine gravierende – Haft auf Bewährung – wegen Diebstahls, obendrein ein paar kleinere Sachen aus Jugendzeiten. Für den Totalausfall bei der Polizeikontrolle auf der Erdmann-Straße verhängte der Richter eine Geldstrafe: K., der derzeit Bürgergeld bezieht, soll 30 Tagessätze à 15 Euro zahlen. Reicht das Geld nicht und/oder fühlt er sich halbwegs fit, kann er ersatzweise gemeinnützige Arbeit leisten. Noch im Gerichtssaal nahm er das Urteil an.

 




Kinderporno auf dem Handy: Bergkamener muss zahlen

von Andreas Milk
Zu den wohl widerlichsten und auch belastendsten Aufgaben der Polizei dürften Ermittlungen in Zusammenhang mit Kinderpornografie gehören. Eine Wohnungsdurchsuchung bei dem Bergkamener Amir K. (Name geändert) am 5. Oktober 2022 führte zu einer Anklageerhebung und nun auch zu einem Prozess vor dem Kamener Strafrichter. Ergebnis: eine hohe Geldstrafe.

Auf dem Handy des Mannes fanden sich seinerzeit zehn Bilder von Kindern im Kita- und Grundschulalter sowie zwei Bilder von Jugendlichen. Von diesen zwölf Aufnahmen, da waren sich Richter und Staatsanwalt mit K.s Verteidiger einig, seien wohl zehn als pornografisch einzustufen. Amir K. räumte ein, das beschlagnahmte Handy und damit die anstößigen Aufnahmen hätten ihm gehört. Sein Anwalt betonte, der Mandant habe an sich keine pädophile Neigung. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass K. in großen Mengen Bilder aus dem Netz bezog und den wenigen pornografischen – die eher Beifang waren – keine allzu große Beachtung schenkte. Die Polizei zählte auf dem Handy im Ganzen nahezu 100.000 Bilddateien.

K.s übrige elektronische Geräte waren „sauber“. Für sein Vorstrafenregister gilt das ebenfalls. Aus Afghanistan nach Deutschland geflohen, lebt er seit gut acht Jahren hier – spricht flüssig Deutsch, hat ein festes Einkommen und legte dem Richter Zeugnisse vor, welche die Zufriedenheit mit seinen Leistungen belegen. Er habe heute regelrecht Angst vor seinem Handy – Angst, wieder auf etwas zu stoßen, das ihm schaden könnte. Sein Anwalt sagte, die Durchsuchung und die sich daraus ergebenden Ermittlungen hätten K. den „Schock seines Lebens“ beschert.

Sechs Monate Haft auf Bewährung beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft – der Richter entschied anders: Amir K. muss zahlen, 90 Tagessätze à 55 Euro, 4.950 Euro also. Die Höhe eines Tagessatzes spiegelt sein Einkommen wider. Die Zahl 90 bedeutet: Die Strafe landet nicht im Führungszeugnis – das wäre erst ab 91 Tagessätzen der Fall gewesen.

 




Laser-Attacke gegen Polizei-Heli auf Vermisstensuche: Bergkamener verurteilt

von Andreas Milk
Es war keine gezielte Störaktion – es war Blödheit, Gedankenlosigkeit. Um seinen eben erworbenen Laserpointer zu testen, suchte sich der Bergkamener Kevin H. (34, Name geändert) ausgerechnet einen Polizeihubschrauber aus. Dessen Besatzung war in der Nacht zum 10. Mai 2024 auf der Suche nach einer vermissten Siebenjährigen aus Werne. Wohl rund zehn Mal nervte H. vom Balkon seiner Wohnung aus die Piloten mit dem Laserpointer, der einen grünen Strahl aussandte.

Diese Penetranz war es, die dazu beitrug, H. zu fassen – der nun in Kamen vor dem Strafrichter stand. Laut Anklageschrift hatte er mit seiner Aktion versucht, die Sicherheit des Luftverkehrs zu gefährden. Es sei „eine der weniger guten Ideen“ seines Mandanten gewesen, fand selbst H.s Verteidiger. H. erklärte, nicht nachgedacht zu haben – er habe bloß mal checken wollen, wie weit der Laserpointer reicht.
Im Prozess sagte der Pilot des Polizeihubschraubers als Zeuge aus. Der 42-Jährige gehört einem in Dortmund stationierten Teil der Fliegerstaffel NRW an. H.s Laser habe in jener Nacht die Suche nach dem vermissten Mädchen erschwert – das aber glücklicherweise doch gefunden wurde -, und wenn auch keine konkrete Absturzgefahr bestanden habe, so sei das Unglückspotenzial bei solch einem Vorfall eben doch erheblich. Eine Spezialbrille macht zwar bei zu hoher Strahlungsintensität „dicht“ – aber da ist erstens immer die Sorge ums Augenlicht und zweitens die Einschränkung der Sicht auf Umfeld und Instrumente. Von dem Einsatz am 10. Mai gibt es eine Videosequenz, gefertigt von einer Kamerafrau als drittem Besatzungsmitglied neben Pilot und Copilot. Drei Laser-Attacken sind darauf zu sehen – und auch verblüffend detaillierte Bilder von Kevin H. auf seinem Balkon. Ja, die Technik an Bord gebe schon allerhand her, erklärte der Pilot. Weil H. so ausdauernd war, schafften es Polizisten am Boden, ihn quasi auf frischer Tat zu schnappen. Der Laserpointer lag noch auf dem Balkon.

Drei, vier Mal im Jahr passiere sowas wie in Bergkamen, berichtete der Pilot. Nicht immer gelingt es, die Verantwortlichen zu ermitteln. Kevin H. muss zahlen: Der Richter verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 50 Euro – 4.500 Euro also, das sind rund drei Monatsgehälter des jungen Mannes. Die Zahl der Tagessätze bedeutet: Die Tat des bislang unbescholtenen Bergkameners kommt nicht ins Führungszeugnis. Das wäre erst ab dem 91. Tagessatz der Fall gewesen. Bei dem Piloten entschuldigte er sich. Der Pilot sagte, das werde er an den Kollegen und die Kollegin weitergeben.