Plötzlich weggetreten – Anklage: K.O.-Tropfen für die Ehefrau

von Andreas Milk

Plötzlich weggetreten: Immer mal wieder überkam die Bergkamenerin Maria G. (Namen geändert) eine Müdigkeit aus dem Nichts – zum Beispiel beim Essen, mit der Gabel im Mund. Erst Stunden später wurde sie wieder wach, mitunter im Schlafanzug. Wegen gefährlicher Körperverletzung steht jetzt ihr Mann – inzwischen: Ex-Mann – Thomas E. (57) vor dem Kamener Strafrichter. Er soll seiner damaligen Frau im September 2021 K.O.-Tropfen untergejubelt haben. „Nebenbei“ wird ihm der Besitz von Schwarzpulver vorgeworfen.

Die Sache mit dem Schwarzpulver war schnell geklärt: Ja, er habe das Zeug gehabt, sieben Gramm – zum Experimentieren mit seinem Neffen. Die Sache mit den K.O.-Tropfen ist schwieriger. Thomas E. bestreitet den Anklagevorwurf. Seine Frau habe vielmehr gesundheitliche Probleme gehabt.

Das bestreitet Maria G. auch gar nicht. Sie leidet an Altersdiabetes – aber den habe sie gut und ohne Ausfallerscheinungen im Griff. Dass hinter den Schlafattacken ihr Mann stecken könnte, sei ihr durch Googeln klar geworden. Kurz vorher hatte sie ihn überrascht, als er über ihre Kaffeetasse gebeugt da stand. „Ich hatte Vertrauen zu ihm“ – noch. Sie sprach ihren Mann auf den Verdacht an. Er habe ihr daraufhin Paranoia unterstellt. Aber: Die plötzliche Müdigkeit mitten am Tag hatte ein Ende. Maria G. informierte die Polizei. Thomas E. zog aus. Monate danach durchsuchte die Polizei seine Wohnung. Ergebnis war – unter anderem – der Schwarzpulverfund. Aber es wurden noch mehr suspekte Chemikalien entdeckt.

Problem beim Prozess: Eine weitere Zeugin war am Anfang zwar da – eine gute Stunde später, als sie eine Aussage machen sollte, aber verschwunden: Leere auf dem Gerichtsflur. Für Ende kommender Woche ist nun ein weiterer Termin geplant. Lässt sich die Frau nicht blicken, droht polizeiliche Vorführung.




Den Blitzer-Mann vom Kreis beleidigt: Geldstrafe 

von Andreas Milk
Erst hat er den Blitzer-Mann vom Kreis Unna nur genervt. Dann hat er ihn auch noch beleidigt. Drum saß Marco H. (24, Namen geändert) jetzt als Angeklagter im Kamener Amtsgericht. Tatort: Bergkamen, Goekenheide. Tatzeit: 12. April, früher Nachmittag. Ratloses Fazit des Richters beim Verkünden des Urteils: „Keine Ahnung, was Sie geritten hat.“ H.s Verhalten sei schlicht verwunderlich.

An jenem Apriltag hatte Thomas E. (36), Verwaltungsfachangestellter des Kreises, in seinem Dienstfahrzeug schon eine gute Stunde ohne besondere Vorkommnisse die Tempomessung an der Goekenheide beaufsichtigt. Gegen 16 Uhr hielt Marco H. hinter ihm an. Er stieg aus, warf im Vorbeigehen durchs Fenster einen Blick auf Thomas E. und bezog Position vor der Messanlage. Und zwar so, dass die nicht mehr messen konnte. „Er stand da, rauchte und daddelte am Handy“, erinnert sich Thomas E.

E. rief die Polizei an, um einen Platzverweis gegen Marco H. zu erwirken. H. ging noch vor dem Eintreffen der Beamten zurück zu seinem Auto. Als Thomas E. ihm mit einer Anzeige drohte, soll H. erwidert haben, auf diese Anzeige könne E. „sich einen wichsen“. Auf E.s Frage, ob er da eben von H. als „Wichser“ beleidigt worden sei, bestätigte Marco H. seinen Ausspruch. Dann fuhr er weg.

So stand es in der Anzeige, so wiederholte es Kreismitarbeiter Thomas E. vor dem Richter – und der beschuldigte Marco H. schwieg, verfolgte das Geschehen im Gerichtssaal zeitweise mit breitem Lächeln. Zu einer Geldstrafe von 600 Euro (20 Tagessätze à 30 Euro) verurteilte der Richter ihn schließlich. Dazu kommt ein Fahrverbot von einem Monat.

Marco H. – bisher ohne Vorstrafe, ohne Eintrag in Flensburg und am 12. April nicht einmal selbst in die Radarkontrolle gerauscht – hat eine Woche Zeit, Berufung einzulegen. Sein Führerschein, so erklärte er zum Schluss, sei ihm kürzlich gestohlen worden.




Anklagevorwurf: Tierabwehrspray durchs gekippte Fenster

von Andreas Milk
Vorsichtig ausgedrückt: Die beiden Nachbarn in einem Weddinghofer Mehrfamilienhaus haben kein allzu gutes Verhältnis. Einer von ihnen saß jetzt als Angeklagter im Kamener Amtsgericht: Walter P. (61, Namen geändert) soll am späten Abend des 16. Mai seinem Widersacher Horst F. durch dessen gekipptes Fenster im Hochparterre eine Ladung Tierabwehrspray verpasst haben. Horst F.: „Plötzlich brannten meine Augen.“ Bei der folgenden Auseinandersetzung vor dem Haus habe der unter Alkoholeinfluss stehende Walter P. noch ein Klappmesser gezogen. Zudem habe er eine Bewohnerin bedroht.

Walter P. sagt: Er habe nicht gesprüht, kein Messer gezückt, die Frau nicht bedroht – denn die habe ihm nichts getan. P. hat eine kaputte Lunge, kaputte Bandscheiben – als Angreifer kann man ihn sich kaum vorstellen. Und was ist mit Horst F.? Gegen ihn wirkt P. fast schon wieder gesund: Seit einem Schädel-Hirn-Trauma leidet er an einer organischen Persönlichkeitsstörung. Es treten Aggressionsschübe und depressive Phasen auf, epileptische Anfälle, Borderline-Syndrom. Darüber gibt es eine ausführliche Bescheinigung eines renommierten Mediziners.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft glaubte trotz allem Horst F.s Schilderung der angeblichen Attacke von Walter P.: Wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung sei eine Geldstrafe fällig. Vorstrafen hat Walter P. nicht.

Geht es nach dem Kamener Richter, bleibt das auch so: Er sprach P. frei. Ja, es gebe eine Wahrscheinlichkeit, dass die Vorwürfe stimmen – aber längst keine Gewissheit. Der mutmaßlich angegriffene Horst F. sei ein „problematischer Zeuge“. Und er war selbst schon mal – anders als P. – Angeklagter in einem Strafprozess.

Die Staatsanwaltschaft hat eine Woche Zeit zu entscheiden, ob sie den Freispruch akzeptiert.




87-Jährigen beklaut? – Haushaltshilfe angeklagt

von Andreas Milk
Nachdem Haushaltshilfe Maria T. die Wohnung des 87-jährigen Bergkameners Karl M. (Namen geändert) verlassen hatte, fehlten 1.200 Euro. Maria T. habe es weggenommen, und zwar aus den beiden Brieftaschen des Rentners, glaubt die Staatsanwaltschaft. Sie klagte die junge Frau wegen Diebstahls an. Vor Gericht sah sie nun den früheren Arbeitgeber, seine Tochter und seine Enkelin wieder. Maria T. beteuerte: Sie habe das Geld von M. nicht angerührt.

Und dazu gab es auch keinen erkennbaren Grund. Das Verhältnis zum „Chef“ Karl M. war gut. Die beiden haben gern zusammengesessen und einen Schwatz gehalten. Die Chefin der Agentur, die Maria T. zu Karl M.  geschickt hatte, erklärte: Frau T. sei bei den Kunden sehr beliebt, zuverlässig, bringe ihnen auch mal selbstgebackenen Kuchen mit und arbeite überdies immer noch für die Firma, ohne Probleme. Karl M.s Familie kam ebenfalls gut mit Maria T. klar. Als der Diebstahlsvorwurf gegen sie bekannt wurde, reagierte Maria T. aufgewühlt und mit Tränen, erinnerte sich die Agenturchefin.

Warum sollte Maria T. ihren Kunden Karl M. bestohlen haben? Aber: Wo sind die 1.200 Euro abgeblieben, wenn sie’s nicht getan hat? M. ist trotz seines Alters alles andere als tüddelig – einerseits. Andererseits: Beim wiederholten Schildern des angeblichen Tattages – 19. Januar, es war ein Freitag – ergaben sich sehr wohl Abweichungen. M. musste obendrein zugeben, auch schon einmal den Geburtstag der Tochter verschwitzt zu haben.

Pech ist, dass die Polizei am 20. Januar beim Besuch in Karl M.s Wohnung nicht daran dachte, die leeren Portemonnaies auf Fingerabdrücke untersuchen zu lassen.

Während die Vertreterin der Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf als erwiesen ansah – niemand sonst sei an jenem Januar-Wochenende in M.s Wohnung gewesen außer ihm selbst, seinen Angehörigen und eben Maria T. -, vermisste T.s Verteidiger einen objektiven Beweis für die Täterschaft seiner Mandantin. Dem Richter ging es genauso. Er sprach Maria T. frei. Für eine Verurteilung hätte er 100-prozentig von ihrer Schuld überzeugt sein müssen, erläuterte er seine Entscheidung. Diese 100 Prozent habe die Beweisaufnahme nicht hergegeben.

 




Zugedröhnt übern Lidl-Parkplatz: Anklage „ganzer Roman“

von Andreas Milk
Gemessen an seiner Vorgeschichte, hätte es für den Bergkamener Paul G. (Name geändert) jetzt eigentlich nur noch eins geben dürfen: Knast. 2019 war er wegen Drogenhandels zu zwei Jahren und fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden; einen Teil saß er ab – die Bewährungsfrist für den Rest endet erst 2025. Und nun saß er schon wieder auf der Anklagebank. Statt einer gab es beim Termin vor dem Kamener Strafrichter gleich drei Anklagen gegen ihn. „Ein ganzer Roman“, sagte der Richter.

Im vorigen Jahr war G. demnach erstens ohne Führerschein über die A2 bei Bönen gerauscht – rein in eine Radarkontrolle. Zweitens gurkte er mit seinem Auto betrunken und unter Einfluss von Amphetamin über einen Parkplatz der Firma Lidl in Dortmund. Mit im Wagen: seine Tochter, wenige Monate alt – eine Zeugin sorgte sich um die Kleine und rief die Polizei an. Drittens „rasierte“ er eine Verkehrsinsel an der Jahnstraße in Oberaden – es entstand geringer Sachschaden an Schild und Bordstein – und beging Unfallflucht. Betrunken und ohne Fahrerlaubnis war er auch da.

Scheinbar also ein hoffnungsloser Fall. Doch es gibt ein paar „Abers“. Paul G. hat einen Vollzeitjob – hart, aber eher mäßig bezahlt. Er nahm eine Therapie auf sich, um sein Drogenproblem in den Griff zu kriegen sowie seine Ehe und Familie zu retten. Und: Was den Anklagevorwurf des Fahrens ohne Führerschein angeht, war Paul G. selbst ein Opfer. Er wähnte sich im Besitz einer Fahrerlaubnis, nachdem er in Belgien eine Fahrprüfung absolviert hatte – mutmaßlich bei einer betrügerischen Firma. G. nahm dafür gar einen Scheinwohnsitz im Nachbarland an. Und immerhin war das belgische Papier so gut, dass es nach der Nummer auf dem Lidl-Parkplatz durch die Hände von Polizisten ging, ohne dass sie Verdacht schöpften. Sieht man genauer hin, merkt man: Es fehlt jedes Sicherheitsmerkmal.

„Sie haben sich eine Menge erarbeitet“, gestand der Richter dem Angeklagten zu. Das Urteil: neun Monate Haft – ausgesetzt zur Bewährung. Dazu kommt eine Buße von 600 Euro an das Land. Und: Frühestens in einem Jahr darf Paul G. einen – echten – Führerschein erhalten.

 




Vorwurf der Beleidigung: „Kann aber gar kein Türkisch…“

von Andreas Milk
Die Anklage gegen den Bergkamener Heinz S. (Name geändert) basierte nicht zuletzt auf unterstellten Sprachkenntnissen. Auf Türkisch soll er am Mittag des 30. April an der Shell-Tankstelle Werner Straße eine Frau mit türkischen Wurzeln beleidigt haben. Die angeblichen Beschimpfungen waren übel.

Aber Heinz S. versichert durchaus glaubhaft: Der türkischen Sprache sei er gar nicht mächtig. Schon Englisch wäre heikel. An besagtem Apriltag hatte die Frau in ihrem Auto den Bergkamener – Heinz S. war zu Fuß unterwegs – wohl geschnitten. S. konnte nach eigenen Angaben eine Kollision vermeiden, indem er beherzt zur Seite sprang. Ein paar Meter weiter: Wiedersehen auf dem Tankstellengelände. Es kam zu einem Streit. Gegenseitige Beleidigungen sollen gefallen sein. Die Polizei wurde hinzugezogen; die Frau erstattete Anzeige gegen Heinz S. – und er selbst hatte womöglich das Gleiche vor, aber das ging irgendwie unter.

Einige Zeit später bekam S. einen Strafbefehl – eine Geldstrafe. Er legte Einspruch ein. Drum war das Ganze nun Gegenstand eines öffentlichen Termins im Kamener Amtsgericht.

S. war da, einen Verteidiger hatte er auch mitgebracht. Doch es fehlte die mutmaßlich beleidigte Frau. Ihr Interesse an einer Strafverfolgung sei nicht allzu ausgeprägt, folgerte der Richter. Er stellte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Heinz S. ohne irgendwelche Auflagen ein. Die Frau muss wegen ihres unentschuldigten Fehlens als Zeugin 300 Euro Ordnungsgeld zahlen – ersatzweise drei Tage in Ordnungshaft sitzen.

 




Nach Säurenangriff in Bochum: 43-jähriger Bergkamener in Untersuchungshaft gestorben

Der 43-jährige Bergkamener, der am 30. Juni in Bochum einem Gast eines Cafés mit Säure überschüttet haben soll, ist am Freitagmorgen in Untersuchungshaft gestorben. „Am frühen Morgen des 11. Oktober wurde festgestellt, dass der 43-Jährige sich in seiner Zelle eigenständig das Leben genommen hat. Hinweise auf Fremdverschulden liegen nicht vor“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Polizei und der Staatsanwaltschaft Bochum.

Das Opfer wurde durch dieses Säureattentat schwer verletzt. Eine Frau, die mit ihm am Tisch saß, sowie eine Kellnerin wurden ebenfalls verletzt.

Der Täter konnte zunächst fliehen, wurde aber kurz darauf im Nahbereich festgenommen. Im Rahmen des Einsatzes zogen sich vier Kräfte der Polizei sowie zwei Kräfte der Feuerwehr, die mit der Flüssigkeit in Berührung gekommen sind, ebenfalls Verletzungen zu.

Einen Monat nach der Tat wurde in Lünen einen 36-jährigen Mann festgenommen. Der 36-jährige Deutsche steht im Verdacht, den Haupttatverdächtigen Bergkamener am 30. Juni zum Tatort des Säureangriffs an der Oskar-Hoffmann-Straße in Bochum gefahren zu haben. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft war gegen ihn ein Haftbefehl wegen Beihilfe zu einem versuchten Tötungsdelikt erlassen worden.




Blick aufs Navi: In Schlangenlinien über die A1

von Andreas Milk
Von der absoluten Fahruntüchtigkeit – 1,1 Promille – war Alida N. (30, Name geändert) weit entfernt. Ärger bekam sie trotzdem. Als die Bremerin am 27. Oktober 2023 über die A1 bei Bergkamen und Kamen fuhr, hatte sie mindestens 0,53 Promille Alkohol im Blut. Und sie fuhr Schlangenlinien: Die Staatsanwaltschaft spricht in ihrer Anklage von mehreren Beinaheunfällen, die allein durch die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer verhindert worden seien.

Dieser Vorwurf basiert auf der Aussage eines Mannes, der jetzt auch als Zeuge im Kamener Amtsgericht auftrat. Demnach war Alida N. quer über sämtliche Fahrspuren gekurvt; ihr Tempo habe „extrem geschwankt“. Der Mann rief die Polizei. Nachdem die sich an die Verfolgung gemacht hatte, muss N. deutlich geruhsamer gefahren sein. Sie sei stets innerhalb ihrer eigenen Spur geblieben, erinnerte sich vor Gericht ein Beamter. Beim Arzt machte die Bremerin später ebenfalls einen recht aufgeräumten Eindruck. Ihren Führerschein wurde sie an jenem Abend zwar erst mal los. Aber nach zweieinhalb Monaten bekam sie ihn zurück. Das Amtsgericht Hamm sah keine Gründe für einen Entzug.

Im Kamener Amtsgericht erklärte sie nun, bei der Fahrt wohl durch ihr Navi abgelenkt gewesen zu sein. Das sei die Erklärung für die Rumkurverei. Ein gegen sie ergangener Strafbefehl über 1.500 Euro war ihr zu hoch vorgekommen: Sie legte Einspruch ein. Der Richter machte die Hälfte draus: 750 Euro muss Alida N. zahlen, nicht als Strafe an den Staat, sondern als Buße ans Deutsche Kinderhilfswerk. Hat sie das getan, wird das Verfahren gegen sie eingestellt, ohne Urteil, ohne Vorstrafe. Quasi im Gegenzug war sie einverstanden, auf eine Entschädigung für die zweieinhalb Monate ohne Führerschein zu verzichten.

 




Wiedersehen am Busbahnhof – und vor dem Richter

von Andreas Milk
Am 18. Mai, früher Nachmittag, sahen sich am Bergkamener Busbahnhof der Kamener Abdallah K. (37, Namen geändert) und seine Ex-Freundin Samira. Dieses Wiedersehen beschäftigte nun den Strafrichter in Kamen. Denn Samira W. erstattete Anzeige wegen Beleidigung. „Hure“ habe ihr Verflossener gerufen und „Komm her, ich fick dich!“.

Alles Blödsinn, sagte nun im Prozess der angeklagte Mann. Seine frühere Freundin – die Beziehung liegt schon einige Jahre zurück – bezeichnete er nur noch als „diese Person“. Und vor „dieser Person“ wolle er bloß seine Ruhe haben. Das lasse sie aber nicht zu. Auch andere Männer habe sie schon behelligt. „Das Mädchen ist nicht ohne.“

Samira W. wiederholte die Vorwürfe aus der Strafanzeige. Was außerdem gegen Abdallah K. sprach: sein Vorstrafenregister. Es umfasst unter anderem Körperverletzung, Drogendelikte, Bedrohung, Beleidigung. Derzeit steht er unter Bewährung. Mit den Terminen bei seiner Bewährungshelferin nimmt er es nicht allzu genau. Sie sieht bei ihm eine „Aggressionsproblematik“.

Und doch waren sich am Ende der Richter und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft einig: Es muss einen Freispruch für Abdallah K. geben. Es stand klassisch Aussage gegen Aussage. Die bestens präparierte Exfreundin – sie wusste sogar die Uhrzeit der angeblichen Beleidigung, 15.40 Uhr – schien eine Belastungstendenz aufzuweisen. Und: So recht mochte keiner glauben, dass K. wegen einer Frau, mit der er seit 2016 nicht mehr liiert ist, seine Bewährung riskiert haben sollte.




Plötzlich reich – und angeklagt wegen Geldwäsche

von Andreas Milk
Im Juli 2023 hatte die Bergkamenerin Maria H. (28, Name geändert) plötzlich 10.744 Euro auf dem Konto. Feine Sache, sollte man meinen. Aber der Geldsegen hatte mutmaßlich einen kriminellen Hintergrund. Und Maria H. saß jetzt als Angeklagte im Kamener Amtsgericht. Denn sie hätte die „deliktische Herkunft“ des Geldes erkennen und entsprechend handeln müssen, fand die Staatsanwaltschaft Dortmund.

Leichtfertige Geldwäsche – so lautete der Tatvorwurf. Dahinter steht letztlich der Verdacht, Maria H. könnte aus Gedankenlosigkeit ihre Kontonummer zur Verfügung gestellt haben, um aus schmutzigem Geld sauberes zu machen.

Sie habe damals den Geldeingang bemerkt, nichts damit anfangen können und erst einmal abgewartet, sagte sie. Es einfach zurückzuschicken, sei nicht möglich gewesen: Die Kontonummer des Absenders sei in ihrem Online-Banking nicht angezeigt worden. Auch ihr Mann sei erstaunt gewesen – habe aber gleichwohl ein paar Tausender abgehoben. Auf die Idee, die Bank telefonisch zu kontaktieren, kam das Paar anscheinend nicht.

Mittlerweile wurde das Konto von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Maria H. hat drei Vorstrafen, und zwar wegen Leistungserschleichung, Prostitution und eben auch Geldwäsche. Allein aufgrund dieser Vorgeschichte hätte sie höchste Vorsicht walten lassen müssen, fand der Richter. Er verurteilte sie zu drei Monaten Haft, ausgesetzt auf Bewährung, plus 100 Stunden gemeinnützige Arbeit. Obendrein wird die Staatsanwaltschaft versuchen, die 10.744 Euro bei ihr einzutreiben.




Faustschläge gegen Mutters Freund: Bewährung

von Andreas Milk
Ganz vorsichtig ausgedrückt: Der Bergkamener Lukas T. (38, Namen geändert) ist nicht gerade ein Fan von Josef M., dem Lebensgefährten seiner Mutter. In deren Kamener Wohnung verpasste er ihm am Abend des 8. Juni ein paar Faustschläge ins Gesicht. Josef M. erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Ins Krankenhaus musste er nicht.

Im Kamener Amtsgericht saß T. nun wegen Körperverletzung auf der Anklagebank. Seine Mutter und Josef M. waren als Zeugen geladen worden – und auch erschienen. Blöd nur: Lukas T. kam zum Prozess rund 20 Minuten zu spät, und der Richter hatte die beiden Zeugen eben wieder weggeschickt in der Überzeugung, der Termin werde platzen.

Zum Glück ging es aber dann auch ohne sie. Lukas T. legte ein Geständnis ab. Zwar seien die Prügel an dem Abend gegenseitig gewesen, doch er habe angefangen, Josef M. sich nur gewehrt.

Er habe ein Alkoholproblem, bekannte T. außerdem – er wolle sich deshalb Hilfe suchen. Dass er nicht lesen und schreiben kann, macht seine Lage zusätzlich problematisch. Auch Vorstrafen wegen Körperverletzung gibt es schon – die jüngste allerdings liegt lange zurück, sie ist von 2016.

Neun Monate Haft auf Bewährung gab es schließlich für die Attacke gegen Josef M., verbunden mit 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit gemäß Anweisung des (künftigen) Bewährungshelfers. Nach der Sitzung begleitete ihn der Richter zur Betreuungsabteilung des Amtsgerichts. Dort wollte Lukas T. darum bitten, dass ihm jemand zur Seite gestellt wird, der ihm hilft, seine Angelegenheiten zu regeln.