Nepp im Netz: Zwei Mal verkauft – kein Mal verschickt

von Andreas Milk
Lukas T. (27, Name geändert) ist gelernter Verkäufer. Im März vorigen Jahres bot er über eine Internetplattform ein iPhone 14 Pro zum Kauf an – und zwar gleich zwei Mal, für jeweils 650 Euro. Zwei Männer überwiesen das Geld auf T.s Konto bei der Sparkasse Bergkamen-Bönen. Verschickt hat T. das Handy allerdings nicht ein Mal, nicht zwei Mal, sondern kein Mal – und womöglich hatte er ein solches Gerät auch nie besessen. Wegen Betrugs saß er jetzt vor dem Kamener Strafrichter.
Und da wirkte der junge Mann zurückhaltend, ja schüchtern und so gar nicht wie jemand, der skrupellos Leute abzockt. „Ich hab‘ immer alles in mich rein gefressen“, sagt er. Seine Spielsucht habe ihn zu dem iPhone-Nepp getrieben. Etwas planlos wirkt, dass er in einem der beiden Fälle immerhin einen leeren Karton verschickte und dem Kunden später 30 Euro zurück überwies. In dem anderen Fall geschah nichts dergleichen. Ob es sich bei den Geschädigten um wohlhabende Leute handelte oder um Menschen, denen 650 Euro richtig weh tun, ist offen.

Ein heikler Punkt im Prozess: T.s Vorgeschichte. Derzeit verbüßt er eine Haftstrafe von einem Jahr und sieben Monaten wegen früherer Delikte. Ursprünglich hatte es bloß eine Bewährungsstrafe dafür gegeben. Aber T. bekam die Erfüllung von Auflagen nicht auf die Reihe; unter anderem vergaß er, dem Gericht einen Wohnungswechsel mitzuteilen.

Seine Spielsucht will er mit einer Verhaltenstherapie angehen. Positiv auch: Seine Eltern – im Gerichtssaal mit dabei – geben ihm Rückhalt. Allerdings gab es nun trotzdem für den iPhone-Betrug nochmal eine Haftstrafe: sieben Monate.

T. hat Chancen auf offenen Vollzug. Das würde eine berufliche Tätigkeit ermöglichen. Seine bisherigen Knast-Erfahrungen haben ihn nicht unbeeindruckt gelassen – zum Beispiel in Werl, wo er, wie sein Verteidiger erzählte, Mördern begegnet sei. Er selbst bietet nach Auffassung des Kamener Richters nicht „das typische Bild eines Straftäters“. Unter Tränen hatte T. erklärt, seine Betrugstaten täten ihm leid.

 




Nach Crash bei Kaufland: Tschüss, Führerschein

von Andreas Milk
Der Bergkamener Rentner Paul G. (71, Name geändert) ist ein freundlicher, eloquenter, etwas zerzaust wirkender Zeitgenosse. Zu seinem Termin im Kamener Amtsgericht lief er mit einer Viertelstunde Verspätung auf. Mit seinem Auto war er in letzter Zeit öfter mal irgendwo gegen gefahren – zum Beispiel im April bei Kaufland in Rünthe. Laut Anklage war G. dort wohl zunächst in seinem Wagen kurz eingenickt, beim Wiederanfahren dann in einen Metallzaun gekracht. G. beschrieb das Ganze etwas anders. Aber das Ergebnis – Zaun kaputt – bleibt dasselbe: Er habe entspannt Radio gehört, „hellwach“, und sei von einem Fahrzeug aufgeschreckt worden, das sich von hinten näherte. Sein eigener Wagen sei „hochgesprungen“ – es schepperte.

Laut Polizeiprotokoll vom April hat G. nach Verlassen seines Autos geschwankt und desorientiert gewirkt. Alkohol? Negativ. Er fahre seit 30 Jahren unfallfrei, sagt G. – aber da ist wohl die Frage, wie man „Unfall“ definiert. Zumindest das Warndreieck hinter einem liegen gebliebenen Auto und einen Pfeiler hat er nach Aktenlage früher schon mal „mitgenommen“.

Nach der Nummer bei Kaufland war ihm der Führerschein vorläufig entzogen worden. Er fährt jetzt E-Roller. Auf Anregung des Richters rang er sich zu einem endgültigen Schritt durch: dem völligen Verzicht auf seine Fahrerlaubnis. Vorteil für ihn: Der Strafprozess bleibt ansonsten folgen-, also straflos – das Verfahren wird eingestellt. „Sehr anständig“, lobte der Richter G.s Entscheidung.

 




Horror-Nachbar verurteilt: Geldstrafe für Stalker

von Andreas Milk
Eine Frau (35) bricht im Zeugenstand unter Tränen zusammen und braucht erst mal eine Pause. Ihr Mann (39) spricht mit sich überschlagender Stimme und erklärt schließlich: „Dieser Mann macht uns kaputt.“ Dieser Mann – das ist der 41-jährige Bergkamener Rafael K. (Namen geändert), vor dem Kamener Strafrichter angeklagt wegen Nachstellung, Bedrohung und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz.

K. und das Ehepaar M. sind Nachbarn. K. wohnt in Bergkamen seit zehn Jahren zur Miete, die M.s haben nebenan vor drei Jahren ein Haus gekauft. Die Anklageschrift gegen K. umfasst Vorfälle zwischen Januar 2023 und Mai 2024. Demnach hat K. Videoaufnahmen gemacht von Frau M. und ihrer Tochter, einem Grundschulkind; er hat mit einer Veröffentlichung auf Pornoseiten gedroht; er hat gesagt: Wenn seine – K.s – Kollegen erst ihren Mann umgebracht hätten, dann gehöre sie ihm. Den Arbeitgeber von Herrn M. soll er angerufen und M. als vorbestraften Gewalttäter verleumdet haben. Ein Annäherungsverbot des Gerichts habe er ignoriert. Der Dauer-Psychostress mit dem Nachbarn löste bei der schwangeren Frau M. Frühwehen und Schlafprobleme aus.

„Alles erfunden“, sagt Rafael K. – er sprach von einer Racheaktion für eine Strafanzeige, die er gegen Frau M. erstattet hatte, nachdem die mit ihrem Auto auf ihn los gefahren sei. Dass er sie penetrant gefilmt hatte, ließ sich allerdings kaum leugnen: Die Aufnahmen wurden auf K.s Handy sicher gestellt. „Ich möchte mich dazu nicht äußern“, so sein knapper Kommentar vor Gericht.

Den M.s – vom Angeklagten selbst der Beleidigung und Bedrohung bezichtigt – fiel es sichtlich schwer, den Gerichtstermin durchzustehen. Kurz nach dem Einzug 2022 sei alles losgegangen, erinnerte sich Herr M.: Der neue Nachbar wirkte aufdringlich. Die M.s gingen auf Distanz. K. ließ sie nicht in Ruhe. M.s Frau ist überzeugt: K. will Macht über sie und ihren Mann ausüben. Darum habe er die Aufnahmen auch nicht heimlich gemacht, sondern ganz offen. „Innerlich bin ich kaputt.“ Sie rang sichtlich um Fassung, als der Richter ihr Bilder zeigte, die offenbar doch ohne ihr Wissen entstanden waren.

Auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft sah Machtausübung als ein zentrales Motiv des Angeklagten. Der habe auf „bösartige Art und Weise“ gehandelt. Acht Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, seien angemessen. K. saß schon einmal in Haft. Aber das liegt rund zehn Jahre zurück.

Der Richter urteilte anders: Er verhängte eine Geldstrafe. 90 Tagessätze à 15 Euro soll der Bürgergeld-Bezieher zahlen. K. kann in Berufung gehen. Das wird er wohl auch tun, nachdem er im Kamener Amtsgericht mit dem Anliegen abgeblitzt ist, noch Zeugen aus der Nachbarschaft zu laden: Sie könnten bestätigen, dass er sich korrekt verhalten habe.




Geldwäsche aus Leichtsinn: Strafe für 40-Jährige

von Andreas Milk
Ein bisschen verdächtig hätte der 40-jährigen Maria U. (Name geändert) aus Bergkamen das Ganze schon vorkommen müssen. Aber hinterher ist man eben immer schlauer. Wegen Geldwäsche stand sie in Kamen vor dem Strafrichter. Sie hatte die Daten ihres Kontos bei der Sparkasse einem Bekannten für die Abwicklung eines dubiosen Geschäfts überlassen. Knapp 3.900 Euro trudelten bei ihr ein. Sie gab das Geld – es kam aus Österreich – wunschgemäß weiter. Ein Teil wanderte auf ein Konto in Großbritannien. Sie selbst hatte offenbar keinerlei Gewinn oder Nutzen von dem ganzen Prozedere.

Das Blöde an der Sache: Während Maria U. glaubte, das Geld werde von einer Freundin ihres Bekannten für eine größere Anschaffung gebraucht, wartete der Absender der 3.900 Euro auf die Lieferung eines Quads, das er gekauft zu haben glaubte.

Den Bekannten, dem sie aus Hilfsbereitschaft ihr Konto „geliehen“ hatte, kannte Maria U. aus Nigeria. Sie stammt von dort; seit neun Jahren lebt die Mutter dreier Kinder in Deutschland. Zwischendurch hatte ihr der Landsmann in Italien ein Zimmer vermietet. Die beiden kannten sich also recht gut. Es existierte ein Vertrauensverhältnis. Das nutzte der Mann aus.

Neben den Konten in verschiedenen europäischen Ländern spielt in dem Fall noch ein Mann in Thüringen eine Rolle. Der soll das Quad im Netz angeboten haben. Ermittlungen der lokalen Polizeibehörde hierzu auf Bitte des Kamener Gerichts liefen ins Leere. Die Ermittler forschten nicht näher nach.

Maria U. hatte schon einmal wegen Betrugs einen Strafbefehl bekommen. Schon damals hing ihr Bekannter als Initiator mit in dem Fall drin. Es ging um einen Lego-Bausatz für 440 Euro und einen E-Roller für 900 Euro. Im neuen Urteil des Richters kommt nun alles zusammen: Maria U. muss eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 15 Euro zahlen. Überdies könnte der angerichtete Schaden – unterm Strich rund 5.000 Euro – bei ihr gepfändet werden. Theoretisch. Praktisch gibt es bei ihr nichts zu holen. Das schmale Einkommen reicht gerade für sie und die Kinder.

 




Frau misshandelt: Ehemann verurteilt

von Andreas Milk
Wenn ein Familienmitglied angeklagt ist, darf ein Zeuge oder eine Zeugin vor Gericht schweigen. Die Bergkamenerin Maria P. (Namen geändert) allerdings sagte im Prozess gegen ihren Mann Adrian vor dem Strafrichter in Kamen aus. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Bei einem Streit um die Zubereitung des Abendessens am 28. April habe Adrian P. sie an den Haaren gepackt und ihr den Flügel eines geöffneten Fensters gegen den Kopf geschlagen.

Draußen auf der Straße in der Nähe des Bergkamener Rathauses – es war kurz nach 22 Uhr – ging ein 17-Jähriger mit einem Freund vorbei. Er hörte Hilfeschreie aus dem dritten Stock, sah, was da oben vor sich ging, und rief die Polizei – ein Verhalten, das ihm der Richter hoch anrechnete: Viele wären einfach weiter gegangen.
Vor Gericht nun sagte der beschuldigte Ehemann: Er würde seiner Frau niemals weh tun. Sie habe ihn bei dem Streit aus der Tür drängen wollen, dabei habe die Tür sie am Kopf getroffen. Die Frau bestätigte den wesentlichen Punkt: Er habe sie nicht geschlagen, vielmehr die Wohnung verlassen wollen.

Allerdings passte die Erzählung vom Tür-Unfall nicht im geringsten zu den Fenster-Beobachtungen des jungen Zeugen. Und ihm glaubten sowohl die Vertreterin der Staatsanwaltschaft als auch der Richter. Das Resultat: Adrian P. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 20 Euro verurteilt. Damit hatte er Glück: Im Führungszeugnis tauchen erst Strafen ab 91 Tagessätzen auf. Die Tagessatzhöhe wiederum orientiert sich am Einkommen des Mannes.

Wegen ihrer mutmaßlichen Falschaussage als Zeugin muss jetzt Maria P. mit einem Verfahren rechnen. Hätte sie geschwiegen, bliebe ihr das erspart.




„Ich war’s nicht!“ – stimmt: Freispruch

von Andreas Milk
Am späten Nachmittag des 16. Januar geriet Autofahrerin Margit T. (Namen geändert) auf der Erich-Ollenhauer-Straße in Bedrängnis: Ein Fahrer hinter ihr betätigte Hupe und Lichthupe, schließlich überholte er sie rechts, bremste sie aus, stoppte und baute sich vor ihrem Wagen auf. Dann stieg er wieder ein und fuhr weiter.

Margit T. notierte das Kennzeichen und erstattete Anzeige. Die Ermittlungen der Polizei führten zu Mario B., und der saß nun im Kamener Amtsgericht und behauptete: Er sei es nicht gewesen. Vielmehr habe er sich zum fraglichen Zeitpunkt in der Nachbarstadt Kamen eine Pizza gegönnt. Das lasse sich mit einem Handyfoto belegen. Das Auto werde von einer ganzen Reihe von Familienangehörigen genutzt. Zugelassen sei es auf den Namen einer Tante.

Der Pizza-Beweis war gar nicht nötig. Denn gleich nach Betreten des Verhandlungssaals erklärte Zeugin Margit T.: Sie sehe Mario B. gerade zum ersten Mal. Der nervige Autofahrer sei ein Anderer gewesen.

Der Rest ist schnell erzählt: Freispruch. Der Richter entschuldigte sich beim Angeklagten für die irrtümliche Beschuldigung. Die Kosten – darunter die für Mario B.s Anwalt – trägt die Staatskasse.

 




Auslöser Familienfrust: Fast 40 Mal „schwarz“ mit der Bahn

von Andreas Milk

Es könnte ein trauriger Rekord sein, den eine 23-Jährige aus Bergkamen in Sachen Schwarzfahren aufgestellt hat. Etwas traurig und niedergeschlagen wirkte auch die junge Frau selbst auf der Anklagebank vor dem Kamener Strafrichter. Insgesamt fast 40 Fahrten mit Regional- und Fernzügen der Bahn ohne Ticket zwischen Osnabrück und Freiburg wurden ihr zur Last gelegt. Und der Grund für die Fahrten? „Ich wollte einfach weg.“ Das Familienleben der Angeklagten scheint alles andere zu sein als leicht.

Schon einmal – im Januar dieses Jahres – war sie wegen „Beförderungserschleichung“ verurteilt worden. Die jetzt zur Debatte stehenden Schwarzfahrten waren zum großen Teil schon vorher passiert. Und das ist insofern Glück für die Frau, als das Verfahren in diesen Altfällen nun eingestellt werden konnte. Aber immerhin 16 Delikte seit Januar blieben übrig.

Was sie getan habe, sei nicht zu rechtfertigen, bekannte die Bergkamenerin kleinlaut. Sie wolle auch alles wieder gut machen. Den Bahnschaffnern bereitete sie nie Probleme: Während andere ertappte Schwarzfahrer schon mal patzig reagieren, saß sie einfach bedröppelt da. Nirgends in den Akten ist von irgendwelchen Schwierigkeiten wegen ihr die Rede.

Es gibt Hoffnung. Die Frau hat mittlerweile einen Job – und bald startet sie auch eine solide Berufsausbildung. Seit fünf Monaten gab es keine fahrscheinfreien Bahnausflüge mehr. Ohne Urteil ging es trotzdem nicht: 90 Tagessätze à 25 Euro muss sie zahlen. Und sie muss die Kurve kriegen, unterstrich der Richter. Denn bei einer Fortsetzung der Schwarzfahrerei würde sie zwangsläufig auf eine Gefängnisstrafe zu steuern. Sie versprach: Ein Wiedersehen im Gerichtssaal werde es nicht geben.




Knietritt und fliegende Dose: Geldstrafe nach Attacke im Kiosk

von Andreas Milk
Mehmet M. (Namen geändert) hatte kaum die Räume des Kiosks an der Rünther Straße betreten, da flog eine halbvolle Getränkedose an seinen Kopf. Gleich danach erlitt er einen seitlichen Tritt gegen sein – sowieso schon lädiertes – Knie. Laut Gerichtsakten passierte das am Abend des 12. Dezember 2024. Als Angeklagter saß jetzt Erkan K. in Kamen vor dem Strafrichter. Er soll für Dosenflug und Tritt verantwortlich gewesen sein.

Klar ist: Zwischen den beiden Männern gibt es schon länger Knatsch. An diesem Abend aber habe er sich nichts zuschulden kommen lassen, versicherte der angeklagte K. Vielmehr sei es M. gewesen, der ihn behelligt habe, und zwar in Zusammenhang mit einem anderen Strafverfahren. In diesem Verfahren hat Erkan K. inzwischen vom Schöffengericht Unna ein Jahr Haft auf Bewährung bekommen. Ein Berufungsverfahren läuft. Es ging um den Vorwurf, K. habe M. mit dem Auto angefahren. Ursache der Dauerfehde ist wohl, dass Immobilienfachmann Mehmet M. seinem Widersacher Erkan K. bei einem Anliegen seine Hilfe verweigert hatte.

K.s Vorstrafenregister ist ansonsten leer. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte  keine Zweifel an den Aussagen von Mehmet M. – während K.s Anwalt eine Belastungstendenz erkannte.

Der Richter schließlich hielt M.s Erzählung für lebensnah und stimmig. Er verurteilte den erwerbslosen Erkan K. zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 15 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Die Verletzungen im Detail sind durch ein Attest belegt. M. selbst berichtete, er habe damals erst einmal an Krücken gehen müssen und tagelang Kopfschmerzen gehabt.

 




Anklage: „Unfallflucht“ vom Tankstellengelände

von Andreas Milk
Wirklich blöd war dieser Strafprozess um einen Vorfall an einer Bergkamener Tankstelle für einen 14-Jährigen aus Kamen. Er rückte gemeinsam mit seiner Mutter für eine Zeugenaussage an, verpasste deshalb eine Klassenarbeit, die er nun nachschreiben muss, und kam im Prozess noch nicht mal zu Wort. Denn die Aussage der Mutter genügte dem Richter schon.

Angeklagt: Der 23-jährige Djamal M. aus Lünen. Der Vorwurf: Unfallflucht. Es geschah am Abend des 22. März auf einem Tankstellengelände an der Werner Straße. Von der „Tat“ gibt es ein Video. Die Überwachungskamera nahm auf, wie Djamal M. – als Beifahrer – eine Autotür öffnete. Sie knallte gegen die Fahrertür am Wagen der Frau. Die war gerade auf der anderen Seite ihres Autos mit dem Betanken beschäftigt. Im Wagen saß ihr Sohn. Er berichtete ihr später, das Auto habe regelrecht gewackelt. Zu dem Zeitpunkt waren Djamal M. und der Fahrer des „gegnerischen“ Wagens längst weg. Geblieben war ein Schaden von rund 2.000 Euro.

Djamal M. beteuert: Dass er mit dem Öffnen der Beifahrertür Schaden angerichtet habe, sei ihm entgangen. Denn im selben Moment sei ihm etwas aus der Hand gefallen, das ebenfalls ein lautes Geräusch verursacht und seine Aufmerksamkeit gefordert habe. Die Videoaufzeichnung bestätigt das: Zu sehen ist, wie sich die Frau und Djamal M. kurz unterhalten, nachdem offenbar beiden ein lautes Geräusch aufgefallen war. Dabei macht M. einen völlig entspannten Eindruck.

Der Schaden ist längst reguliert. Ein Gutachten zur Frage, ob Djamal M. den ungewollten Türstoß zwangsläufig bemerkt haben muss, wäre wohl ähnlich teuer. Kostengünstigere Lösung: Das Verfahren wurde wegen geringer Schuld M.s eingestellt.




Schreckschuss-Attacke: Kein Wort vom Angeklagten – Haft auf Bewährung

von Andreas Milk
Wer oder was den 36-jährigen Bergkamener Pascal H. (Name geändert) zu seiner Schreckschuss-Attacke getrieben hat, bleibt nach seinem Prozess vor dem Strafrichter in Kamen die Frage. Er sagte kein einziges Wort zur Anklage und zum Geschehen am späten Abend des 27. Dezember 2024 vor einer Garage in Bergkamens Hochstraße. Das musste er auch nicht. Die Aussagen einer Zeugin und eines Zeugen genügten dem Richter für sein Urteil.

Die Zeugin – das ist Pascal H.s Ex-Freundin. Der Zeuge – das ist ein Mann, den sie an jenem Abend in der Garage besucht hatte. Er trug zum Glück eine Brille, als H. mit einer Pistole gegen das Garagentor hämmerte und, als ihm geöffnet wurde, gut einen Meter vor dem Gesicht des Mannes die Waffe drei, vier Mal abfeuerte. Der Mann wiederum bekam eine Dose mit Pfefferspray zu fassen und zielte damit auf seinen Angreifer. Dabei kriegte er selbst etwas von dem Reizstoff ab. Auch H.s Augen mussten später von Sanitätern mit Wasser ausgespült werden.

Die Polizei fand vor der Garage Geschosshülsen. Ein Reizgas hatten die Patronen in H.s Waffe wohl nicht enthalten – sie machten „nur“ ohrenbetäubenden Krach. Das Landeskriminalamt wertete Rückstände an H.s Händen aus: eindeutig Schmauchspuren, so das Ergebnis.

H. hat eine eher unerhebliche Vorstrafe wegen Strafvereitelung. Das Urteil diesmal: sechs Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung. Daneben muss H. 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der Richter ist sicher: Hätte H.s Opfer nicht die Brille getragen, wäre das Ganze schlimmer ausgegangen. Im wesentlichen hatte der Mann eine Gesichtsrötung erlitten.




Bedürfnis zu klauen: Freizeitarrest für Rossmann-Besuch

von Andreas Milk
Am Nachmittag des 18. April nahm die inzwischen 21 Jahre alte Bergkamenerin Mandy H. (Name geändert) bei Rossmann im Dortmunder Hauptbahnhof Sachen für 68 Euro mit: Pflegeartikel und Kosmetika. An der SB-Kasse hatte sie aber bloß einen Billigartikel für einen Bruchteil der Summe eingescannt. Vor dem Kamener Jugendrichter mit dem Anklagevorwurf des Diebstahls konfrontiert, antwortete sie jetzt denkbar knapp: „Das stimmt.“

Seit Jahren habe sie das Bedürfnis zu klauen: Kleptomanie sei bei ihr diagnostiziert worden, außerdem eine Borderline-Störung. Am 18. April sei es ihr mies gegangen. Sie bemühe sich um eine Therapie. Zum 1. Oktober will die junge Frau, die ohne Schulabschluss ist, einen Teilzeitjob antreten. Sie wohnt noch bei ihren Eltern.

Im November 2024 war sie wegen Beleidigung verurteilt worden. Sie erhielt die Auflage, einen Präventionskurs gegen Gewalt zu absolvieren und 40 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Aus beidem ist – zehn Monate danach – noch nichts geworden. Die Sache mit der gemeinnützigen Arbeit scheiterte laut Mandy H. an einer Krankschreibung nach Arbeitsstunde Nummer fünf.

In ihrem Leben sei „noch keine Sortierung erkennbar“, fand der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Was ihre Diebstahlsneigung angeht, scheint Mandy H. bisher schlicht Glück gehabt zu haben: Geschnappt und verurteilt wurde sie wegen Diebstahls jedenfalls noch nicht. Für die Tat bei Rossmann verhängte der Richter nun einen Freizeitarrest: Ein Wochenende wird Mandy H. in Unfreiheit verbringen müssen.