Bauchkrämpfe am Steuer, kein Führerschein – am Ende: Haft
von Andreas Milk
„Warum machen Sie so ’nen Scheiß?“ Das wollte der Kamener Strafrichter wissen von dem Angeklagten, der wegen Fahrens ohne Führerschein vor ihm saß. Auf der Berliner Straße war Erdal K. (Name geändert) am Mittag des 27. Juni 2024 erwischt worden: Ein Polizist erkannte im Vorbeifahren das Auto und erinnerte sich aus einer früheren Begegnung, dass der Mann am Steuer doch wohl gar keinen Führerschein besaß. Das Problem an jenem Sommertag: K.s Frau, die ursprünglich gefahren war, hatte während der Fahrt Krämpfe im Unterleib bekommen. Erdal K. übernahm das Steuer: Es galt, rasch die nahegelegene Kita zu erreichen – das Paar wollte seinen Sprössling abholen.
Klar: Die rund 400 Meter hätte Erdal K. auch zu Fuß geschafft; die Frau hätte erst mal im Wagen abwarten können. Aber er habe eben „einfach reagiert“, erinnert sich der 49-Jährige. Der ist eben schon früher mit diesem Delikt aufgefallen. Jedes Mal hatte er einen guten Grund für sein Tun. „Das waren alles keine Lust- oder Spaßfahrten“, betonte sein Verteidiger. Derzeit läuft schon eine Revision gegen eine Verurteilung zu vier Monaten Haft ohne Bewährung.
Jetzt kamen wieder vier Monate „ohne“ bei dem Verfahren raus. Erdal K. hat mittlerweile Hilfe in Anspruch genommen: Es gab Termine mit einer Verkehrstherapeutin. Das könnte ihm bei einer späteren Verhandlung in höherer Instanz nutzen. Und nutzen würde ihm vor allem endlich ein Führerschein. Er ist Intensivpfleger an einer Uniklinik in Baden-Württemberg. Da unten wohnt und arbeitet er wochenweise. Hin und her geht’s per Bahn – oder dank der Chauffeurdienste eines Familienmitglieds.