Groll über Bergkamen-Film bei RTL hält weiter an

Wer damit gerechnet hatte, dass der geplante Neubau einer Moschee an der Karl-Liebknecht-Straße in der Veranstaltung „Bürgermeister vor Ort“ am Mittwochabend zum heiß diskutierten Thema wird, musste sich eines Anderen belehren lassen. Bürgermeister Roland Schäfer stellte zwar die Moschee in einer langen Reihe städtischer und privater Projekte vor, nur diskutieren mochte darüber niemand.

Nordberg-Fußgängerzone
Nordberg-Fußgängerzone

Längst nicht besänftigt sind die Gemüter hingegen, die sich über die beiden Filme erregt hatten, die im RTL-Magazin „Extra“ über den Nordberg zu sehen waren. Niemand vermochte, in den Beiträgen „sein“ Bergkamen widerzuerkennen. Außerhalb der Stadtgrenzen wird aber dieses schiefe Bild für bare Münze gehalten. Wie er es habe zulassen können, dass in seiner Stadt kaum noch ein Deutscher wohne, musste Schäfer in einem der zahlreichen Briefe und Mails lesen, die nach der Sendung im Rathaus eingegangen sind.

Auch die von RTL behaupteten unüberbrückbaren Konflikte zwischen deutschen und türkischstämmigen Bewohnern gebe es nicht, betonte Schäfer, und fast alle Teilnehmer im Treffpunkt dieser Informations- und Diskussionsveranstaltung stimmten ihm zu. Sicherlich gebe es da Probleme, und hier habe er auch schon vermittelnd eingreifen müssen, doch diese Konflikte seien unter Nachbarn normal. Auch Bezirksbeamter Maik Stendel entdeckt in der Alten Kolonie keine besonderen Schwierigkeiten. Entschieden widersprachen er und auch andere der Aussage einer Diskussionsteilnehmerin, die von einem besonderen Gewaltpotenzial auf dem Nordberg sprach. Sie habe Angst, wenn sie über den Nordberg gehe.  Stendel betonte, dass sich die Kriminalitätsrate Bergkamens in nichts von der vergleichbarer Nachbarstädte unterscheide.

Natürlich gebe es Schwierigkeiten. Die fehlende Integrationsbereitschaft eines Teils der Bergkamener türkischstämmigen Bevölkerung habe er im Gegensatz zu den Bürgermeistern vieler anderer Städte schon sehr früh vor Jahren öffentlich angesprochen. Die Gründe für Problemer lägen aber nicht in der Abstammung oder in der Religion. Es sei vielmehr ein soziales und ein Bildungsproblem.

Die habe er auch als Vater in der Gerhart-Hauptmann-Grundschule erfahren. 50 Prozent der Schüler in den Klassen seiner beiden Kinder seien türkischstämmig gewesen. Eltern, die darauf achten, dass ihre Kinder richtiges Deutsch lernen, böten so die Grundlage dafür, dass ihre Töchter und Söhne beim Wechsel zu einer weiterführenden Schule eine Empfehlung fürs Gymnasium erhalten könnten. Dies gelte für deutsche und türkische Eltern gleichermaßen.




Bergkamenerin fühlt sich von RTL missverstanden

Kurt-Schumacher-Platz in der Alten Kolonie
Kurt-Schumacher-Platz in der Alten Kolonie in Bergkamen

RTL nimmt es zumindest mit einigen Fakten zu Bergkamen nicht so genau. Die Stadt sei fest in der Hand von Ausländern, lautet die bedrohlich wirkende Feststellung des Privatsenders, ausgestrahlt im Magazin „Extra“. Optisch untermalt wird dies durch Bilder vom Bergkamener Wochenmarkt, auf denen vor allem Frauen mit Kopftüchern zu sehen sind. Wer den Markt kennt, weiß, dass es dort wesentlich bunter zugeht.

Später werden in dem Film Zahlen genannt, die allerdings auch nicht stimmen. 10000 Ausländer sollen laut RTL in Bergkamen wohnen. Tatsächlich sind es laut Einwohnerstatistik der Stadt Bergkamen knapp 5000. Viele Bewohner, deren familiäre Wurzeln außerhalb Deutschlands liegen, haben sich inzwischen einbürgern lassen und haben einen deutschen Pass.

Dass die RTL-Journalisten, die in Bergkamen waren, offensichtlich ein Problem haben, Realitäten zu erkennen, hat inzwischen auch Barbara erkannt. Die alleinerziehende Mutter, die in der Alten Kolonie wohnt und die vor laufender Kamera heftig über ihre Nachbarn schimpfte, fühlt sich inzwischen missverstanden, wie sie jetzt gegenüber dem „Lokalkompass“ erklärte.

Ihre Forderung, sie sollten dahin zurückkehren, woher sie gekommen seien, seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, sagt sie. Sie habe damit gemeint, dass die Nachbarfamilie, die kurz vorher umgezogen sei, in ihre ehemalige Wohnung zurückziehen solle. Den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit weist die junge Mutter weit von sich. Mit RTL wolle sie künftig nichts mehr zu tun haben.

Gerade diese Rückkehrforderung hat in Bergkamen helle Empörung ausgelöst, die längst Barbara erreicht hat. „Ich habe Angst, auf die Straße zu gehen“, sagte sie gegenüber Lokalkompass. Den „Bergkamener Infoblog“ erreichten inzwischen auch einige Kommentare, die heftig und beleidigend unter die Gürtellinie gehen. Da hier wahrscheinlich mit juristischen Folgen zu rechnen ist, werden diese Kommentare nicht veröffentlicht.