Seseke, der unbekannte Fluss
Michael Makiolla, seit fast zehn Jahren Landrat unseres Kreises gibt es gleich zu: „Die Seseke war für mich lange Zeit der unbekannte Fluss.“ Gut für ihn, dass der Lippeverband nun das passende Nachschlagewerk veröffentlicht hat. Das 180 Seiten starke Buch trägt den prägnanten Titel „Seseke“ und bildet die Geschichte des Flusses ab: Vom Urzusprung über die industrielle Nutzung als Köttelbecke und natürlich die Renaturierung, die 1988 begann und in diesem Jahr abgeschlossen wurde.
Und, das sei zur Ehrenrettung des Landrates gesagt: Die Seseke kennt er mindestens seit dem Spatenstich zur Renaturierung. Damals stand er als Mitarbeiter des Regierungspräsidiums gemeinsam mit dem damaligen Umweltminister Klaus Matthiesen an der Seseke und sah, wie die erste Betonschale aus dem Fluss gehoben wurde.
Seitdem hat sich enorm viel getan, und das zeigt auch das Buch. Vor allen Dingen nicht nur als trockene Faktensammlung, vor allen als lebendige Erinnerungssammlung vieler Bürger, die entlang der Seseke wohnen. Die Kamenerin Karin Evers erzählt etwa, wie sie am 13. Februar 1965 Friedel aus Königsborn aus der Seseke gerettet hat. Und wie der Lippeverband ihr Haus abgekauft hat, um die Renaturierung voranzutreiben. Ein Dank des Herausgebers galt übrigens dem Kamener Journalisten Carsten Janecke (Hellweger Anzeiger), der die vielen Geschichten bereits im Lokalteil des Hellweger Anzeigers veröffentlicht hat und für das Buch überarbeitet hat.
Faszinierende und gefährliche Seseke
Vor allen Dingen kommen die Kamener, Bergkamener, Lüner, Unnaer und Böner immer wieder auf die Faszination der Seseke zu sprechen. Dass das eingeschalte Gewässer mit seiner enormen Fließgeschwindigkeit immer wieder Todesfalle wurde, machte die Seseke für die Kinder wohl noch spannender. Manfred Jacka robbte als Kind in Bergkamen-Overberge ettwa gerne über eine große Hauptwasserleitung.
Auch Historiker kommen zu Wort, etwa Fredy Niklowitz vom Stadtarchiv Lünen, der in den
Archiven gekramt hat. Biologen und Naturschützer wie Karl-Heinz Kühnapfel und Götz Heinrich Loos haben sich der Entwicklung der Seseke vor, während und nach der Renaturierung gewidmet.
Über Wasser gehen: Alle Kunstwerke verzeichnet
Wer nicht an der Seseke wohnte, kannte sie oft nicht – siehe Landrat Makiolla. Richtig ins Bewusstsein gerückt ist der Fluss dann aber während Ruhr2010. Mit „Über Wasser gehen“ nahmen Künstler den Fluss in Beschlag. 13 Standorte zwischen Lünen, Bergkamen, Bönen, Unna und Dortmund haben. Selbst die jüngsten Kunstwerke wie „Erscheinen und Verschwinden“ von Claudia Schmacke in Unna-Afferde sind bereits verzeichnet.
Rainer Schlautmann setzt Seseke in Szene
Kunst ist auch das, was Fotograf Rainer Schlautmann geschaffen hat. Mit seinem Fotograf widmete er sich den 70 Kilometern Seseke, setzte Pumphäuser und andere Bauwerke des Lippeverbandes in Szene, inszenierte die Seseke und seine Nebenflüsse in ihrer ganzen Schönheit. Das Regenrückhaltebecken in Unna ist ein wunderschöner natürlicher See geworden. „Das Bild irritiert nur durch den Abfluss“, sagt Schlautmann. Der Oberhausener Fotograf kennt die Seseke seit Ruhr 2010, als er erstmals „ÜBER WASSER GEHEN“ fotografiert hat.
“Revisited“ von Design-Studenten der FH Dortmund
In das Sesekebuch aufgenommen wurde auch das Fotoprojekt „Revisited“ der Design-Studenten von Prof. Jörg Winde an der Fachhochschule Dortmund. Auf der Grundlage von historischen Seseke-Fotos aus dem LIPPEVERBANDS-Archiv entstand im Kontrast dazu eine Gegenüberstellung mit den heutigen Motiven an gleicher Stelle.
Technik zur Seseke vorgestellt
Natürlich wird auch Technik pur geboten – in den Kapiteln zur Wasserwirtschaft, die voller Zahlen und Fakten sind und vor allem die Hintergründe des Seseke-Umbaus schildern: Wie der Fluss, der den Kreis Unna prägt wie kein anderer, durch Bergbau zur technischen Anlage wurde und wie er durch das Sesekeprogramm Jahrzehnte später wieder zum Fluss wurde.
[info]„SESEKE“, Herausgeber: Dr. Jochen Stemplewski, Druckverlag Kettler 2013, 19,90 Euro, ISBN- Nummer 978-3-86206-275-1.[/info]