Schere zwischen Angebot und Nachfrage bei Ausbildungsplätzen geht weiter auseinander

Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist noch katastrophaler als im vergangenen Jahr. Der Chef der Agentur für Arbeit in Hamm Thomas Helm rechnet damit, dass die Zahl der Bewerber jetzt nochmals um drei Prozent gestiegen ist, während die Zahl der Ausbildungsplätze gleich um acht Prozent gegenüber Februar 2016 sinkt. Theoretisch bedeutet dies, dass etwa 1300 Jugendliche noch unversorgt sind.

Die Pflegeberufe beteiligten sich gern am „Marktplatz Arbeit und Ausbildung“. Sie suchen händeringend nach qualifiziertem Personal.

Theoretisch deshalb, weil es trotzdem Berufe gibt, für die sich Jugendliche kaum interessieren. Dazu gehört fast das gesamte Handwerk oder das Lebensmittelgewerbe. Um Schülerinnen und Schüler aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es nach der 10. Klasse gibt, haben die Stadt Bergkamen, die Arbeitsagentur, das JobCenter und das Multikulturelle Forum am Mittwoch zum achten Mal zum „Marktplatz Arbeit und Ausbildung“ in den Ratstrakt mit Vertretern von 25 Ausbildungsbetrieben und Institutionen eingeladen.

25 Betriebe und Institutionen beteiligten sich am „Marktplatz Arbeit und Ausbildung“. Einige präsentierten sich im Außenbereich zwischen Ratstrakt und Rathaus.

Ganz trendig sei zurzeit der gesamte kaufmännische Bereich, meint Thomas Helm. Viele Bewerber werden wohl leer ausgehen. Sie müssen ein Wartejahr einlegen oder sich umorientieren. Etwa 50 Prozent der aktuellen Ausbildungsplatzsuchenden hatten sich übrigens auch schon 2016 oder noch früher beworben.

Die Organisatoren des Marktplatzes setzen stark auf die Beratung der jungen Leute, die in den Schulen in der 8. Klasse einsetzt: Was sind meine Neigungen, wo sind meine Stärken, welche Möglichkeiten habe ich. Sozialdezernentin Christine Busch wies in diesem Zusammenhang auf ein ganz neues Instrument hin, die Jugendberufsagentur Bergkamen. Dieser Schulterschluss von Stadt, Arbeitsagentur und JobCenter mache es zum Beispiel möglich, das Sozialarbeiter der Stadt und Mitarbeiter des JobCenters zusammen individuelle Beratungen im „Anstoß“ am Hallenbad anbieten. Der Vorteil sei, dass sich dort die Jugendlichen in einer gewohnten Umgebung befänden.

Infos über Ausbildung gab es auch bei der Polizei. Wer sich dort bewerben will, muss aber bis zum Abitur warten, weil die angehenden Polizisten ein Bachelor-Studium absolvieren, erklärt Thomas Schulze (l.) von der Einstellungsberatung bei der Kreispolizei Unna.

Der Geschäftsführer des Multikulturellen Forums Kenan Kücüc wies auf die besondere Rolle der Eltern bei diesem Findungsprozess hin. Multi Kulti werde deshalb die Elternarbeit intensivieren, damit die Mütter und Väter ihre Kinder bei der Suche nach dem richtigen Beruf unterstützen können.

Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage bei den Ausbildungsplätzen kann natürlich auch von der Arbeitgeberseite angegangen werden. Sie klagten oft darüber, dass sie keine geeigneten Bewerber fänden, berichteten Helm und Thomas von Gaudecker vom JobCenter Kreis Unna. Vielleicht liege es daran, dass sie zu hohe Ansprüche stellten, weil sie unbedingt ihren „Traum-Azubi“ haben wollten.

Wenn die Betriebe vakante Ausbildungsplätze so nicht besetzen könnten, sollten sie zunächst nach Nachwuchskräften suchen, die zu ihnen passen. Gebe es Defizite bei den schulischen Leistungen, dann seien Arbeitsagentur und JobCenter in der Lage, hier helfend aktiv zu werden. Geld für solche Stützmaßnahme sei vorhanden, betonte Thomas Helm. Wenn Betriebe hier etwas Näheres wissen wollten, dann könnten sie sich mit dem Arbeitsgeberservice in Verbindung setzen. Die Telefonnummer 0800 4555520, Fax 02381 / 910 – 2399, E-Mail: hamm.arbeitgeber@arbeitsagentur.de