Römer schlagen Lager an der Holz-Erde-Mauer auf
Die Römer waren friedlich gesinnt am Samstag. Auch wenn sie in voller Rüstung mit scutum, pilum, gladius und caliga an der Holz-Erde-Mauer aufmarschierten. „Führen die auch Krieg?“, fragte ein junger Besucher ebenso besorgt wie fasziniert. Der erste Beigeordnete Holger Lachmann konnte ihn beruhigen: „Das ist länger her – heute bewachen sie nur die Lagerbefestigung“, betonte er. Schließlich hatten sich die Legionäre und Auxiliare zur feierlichen Saisoneröffnung im Römerpark versammelt.
Jüngste Römer rüsten sich schon
Schon am Mittwoch war auch Jan mit seinen Eltern angereist. Der jüngste Römer der Classis Augusta Drusiana erlebte mit gerade einmal acht Monaten sein erstes Römerlager unter freiem Himmel im originalgetreuen Legionärszelt. Mit großen Augen verfolgte er die Wachablösung auf der Holz-Erde-Mauer mit rasselnder Ausrüstung. Mit dabei sein Vater Martin Weber, der schon seit 2005 aktiv in die Vergangenheit abtaucht. Ebenso wie seine Mutter Stefanie Fiedler. Mit dem Hoch- und Frühmittelalter fing es an. Jetzt sind sie in der Römerzeit voll und ganz heimisch und fertigen vom Gewand bis zur Sandale alles selbst an, „soweit es geht“. Jan gefällt das Zelten, nachdem er schon beim Museumsfest römische Luft geschnuppert hatte: „Er schläft selig durch und beobachtet alles fasziniert“, erzählen die Eltern. „Der wird bald auch schon seine eigene Ausrüstung haben wollen“, scherzen sie. Einzig ein Gaskocher für das Aufwärmen seiner Milch fällt ein wenig heraus aus dem römischen Inventar ihres Legionärszeltes.
Aus Hünxe, Moers, Krefeld, Dortmund und Münster waren die neuzeitlichen Römer zur Saisoneröffnung im Römerpark angereist. Viele von ihnen tauchen jetzt fast jedes Wochenende in die Römerzeit ab. Einer von ihnen ist Marc Schrader, der bereits als Gladiator vor der Holz-Erde-Mauer von sich Reden machte. Diesmal verstärkte er die Soldaten in Zivil und erklärte den neugierigen Besuchern die Ausrüstung der Legionäre. Bis zu 6.000 Mann umfasste eine Legion. Hinzu kam der Tross. Bis zu 10.000 Menschen waren auf diese Weise womöglich auch in Oberaden unterwegs. Der Legionär war dabei für den Teamkampf ausgestattet und musste den Schild (scutum), den Wurfspeer für die Distanzkämpfe (pilum), das Kurzsschwert (gladius) für den Nahkampf, das Kettenhemd und den Dolch (pugio) selbst bezahlen. Besonders interessant ist der Gürtel (cingulum). Er war mit beschlagenen Lederbehängen versehen – aus Angst vor der Kastration im Kampf und als Beschwerung der Kleidung, damit in voller Aktion kein Blick auf das Gemächt frei wurde.
Die Notfallausrüstung immer dabei
Die Hilfssoldaten (auxiliare), die meist aus der einheimischen Bevölkerung rekrutiert wurden, sind an den runden Schilden und vor allem an den Hosen zu erkennen. Im Lagerleben waren sie aber auch am Samstag kaum von den übrigen Soldaten zu unterscheiden. Sie bucken Brot in der Pfanne im Holz, schmiedeten glänzende Beschläge für ihre Ausrüstung oder übten sich im Schießen mit Pfeil und Bogen. Was in der Sonne neben den Hausgöttern (laren) schlummerte, machte aber auch manchem erwachsenen Besucher Angst. „Was ist das denn?“, zeigte ein Besucher auf einen langen Metallstab in einer Lederhülle. „Ein Knochenheber“, antwortete der Legionär trocken. Das Instrument gehörte ebenso zur Notfallausrüstung wie der Ohrlöffel oder das Skalpell. „Die gab es tatsächlich schon damals?“, konnte es mancher nicht fassen.
Wer wollte, konnte mit Museumsleiterin Barbara Strobel einen Rundgang durch das Lager und über die Mauer-Rekonstruktion unternehmen und dabei Spannendes über das Römerlager derfahren, das größer war als der Vatikanstaat, Bauten für den Kommandanten (prätorium) und als Verwaltungsgebäude (principia) hatte und den Ausgräbern neben römischer Ausrüstung auch ihre Verpflegung von Weinamphoren über Getreidekörner bis zu Resten von seltenen Gewürzen hinterlassen hat. Für die Kinder standen kleine Römer an einer Mini-Holzerdemauer bereit, um mit Wurf-Säckchen umgeworfen zu werden. Asterix und Cäsar wollten dagegen mit Gummipfeil und Bogen getroffen werden. Die Rekonstruktion der Holz-Erde-Mauer hat ab sofort an jedem Wochenende bis Ende September samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet – fachkundige Beratung inklusive. Bis dahin wird wohl auch die anstehende Beschilderung auch für Autofahrer und Radfahrer sowie die Ausstattung mit Fahrradständern umgesetzt. Das Konzept wird gerade erarbeitet. Schon am Samstag kamen viele Besucher mit dem Fahrrad – darunter sogar eine Familie aus Hagen, die rein zufällig vorbeikam und eigentlich Verwandte besuchen wollte. Die Römer genossen derweil das großartige Wetter, nachdem sie bei der Anreise noch ganz wie die echten Römer vor über 2000 Jahren bei der Anreise mit Sturzbächen, Gewitter und Schlamm kämpfen mussten. Sie packen am heutigen Sonntag ihre Zelte wieder ein.