Regionales Ausbildungsmanagement im Kreis Unna: Passgenaue Beratung als Modell für ganz NRW

Expertenrunde zum Thema „Regionale Ausbildungsmanagement“ im Kreis Unna

Ausbildungsfähige Jugendliche finden keine Lehrstelle, Ausbildungsbetriebe können ihre Nachwuchsstellen nicht besetzen, weil sie nicht den passenden Bewerber finden. Diese schon typische Situation der Vorjahre könnte sich im Zuge der Corona-Pandemie bis zum Herbst erheblich zuspitzen, wenn Betriebe in wirtschaftlichen Notsituationen ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Das „Regionale Ausbildungsmanagement“ im Kreis Unna hatte es sich erfolgreich zum Hauptanliegen gemacht, Betriebe und Jugendliche passgenau zusammenzubringen. Das Modellprojekt wird jetzt im Lande Schule machen: Die Impulse werden bei der laufenden Neugestaltung des Übergangssystems von Schule zu Beruf einfließen. Dies sicherten Stephanie PudenzReferatsleiterin im Ministerium für Schule und Bildung, sowie Dr. Jens Stuhldreier, Referatsleiter im NRW-Arbeitsministerium, zu. Auf Einladung von Landrat Makiolla tagte am 9. September eine hochkarätige Expertenrunde im Kreishaus.

Von 2017 bis 2019 wurden im Rahmen des Modellversuches „Regionales Ausbildungsmanagement“ (RAM) unter der Regie der Werkstatt im Kreis Unna im Kreis Unna/Hamm über 1.000 Jugendliche und mehr als 550 Betriebe erreicht und intensiv beraten. Am Ende fanden nach passgenauer Vermittlung 100 junge Menschen den Weg zum Berufsabschluss. Entwickelt und getragen wurde der innovative Ansatz von den Geschäftsführungen und Leitungen aller relevanten Arbeitsmarktakteure, von der Bundesagentur für Arbeit und den beiden Jobcentern im Kreis Unna und Hamm, über die IHK zu Dortmund, die Handwerkskammer und die Kreishandwerkerschaft Hellweg, den DGB bis hin zum Kreis Unna. Zentrale Zielgruppe waren ausbildungsfähige Jugendliche ohne Berufsabschluss an den Berufskollegs der Region. Die praktische Umsetzung erfolgte durch die Werkstatt im Kreis Unna, die auch die Förderung beim Arbeitsministerium NRW und dem europäischen Sozialfond einlobte.

Die Auswertung der beteiligten Partner Ende 2019 fiel überaus positiv aus, und man verabredete sich darauf, gemeinsam mit den beiden zuständigen Ministerien (Arbeit und Schule) Bilanz zu ziehen. Die hochkarätige Runde war sich einig: Das Ausbildungsmanagement war erfolgreich, auch als Baustein in der erfolgreichen Halbierung der Jugendarbeitslosigkeit im Kreis. Gelernt haben alle Beteiligten: Der Schwerpunkt müsse bei einer frühzeitigen und individuellen Berufsorientierung ausbildungsfähiger Jugendlicher liegen. Wenn passgenaue und motivierte Bewerber*nnen gefunden wären, seien auch die nötigen Lehrstellen verfügbar und zu besetzen. Berufsorientierung allein in den allgemeinbildenden Schulen reiche nicht aus, gerade auch in den Berufskollegs müsse eine weitere Potenzialberatung und frühzeitige Orientierung erfolgen, damit Schüler*innen hier keine sinnlosen „Warteschleifen“ drehen und am Ende doch am höheren Schulabschluss scheitern, empfahl auch Dr. Heike Stiepelmann, Schulleiterin des Friedrich-List-Berufskolleg Hamm.

Landrat Michael Makiolla hofft: „Es wäre gut und wünschenswert, wenn das Land erfolgreiche Elemente des regionalen Ausbildungsmanagements, wie etwa die zielgerichtete Beratung von Berufsschülern, in sein Regelsystem einarbeiten würde. Dies könnte sowohl grundsätzlich beim Kampf gegen den Fachkräftemangel helfen als auch in der momentanen Corona-Krise eine wichtige Unterstützung bieten“. Für Werkstatt-Geschäftsführer Herbert Dörmann sprechen die aktuellen Ausbildungszahlen für sich. Von den 3.680 Lehrstellenbewerbern im Bereich der Arbeitsagentur Hamm waren im August noch immer 700 unversorgt. Auf der anderen Seite blieben bisher noch 634 der 3.113 Ausbildungsstellen unbesetzt: „Es wird eine Daueraufgabe bleiben, Jugendliche gerade aus den Berufskollegs und verfügbare Stellen in der Region systematisch zusammenzubringen“, sagt Dörmann. Der Landrat und der Werkstatt-Geschäftsführer werden die Ergebnisse des Modellprojektes und die daraus abgeleiteten Forderungen und Empfehlungen jetzt noch einmal beiden Fachministern schriftlich mitteilen. Dass die Briefe dort auf offene Ohren treffen, sicherten deren Vertreter bei der Fachtagung im Kreishaus zu.