Prügel für die „Ex“: Zehn Monate Haft
von Andreas Milk
Sie wollte sich von ihm trennen – er war damit nicht einverstanden. Das Ende einer Beziehung beschäftigte den Kamener Strafrichter. Konkreter Auslöser: Das, was am Nachmittag des 30. Juli 2021 in einer Wohnung in Oberaden passiert war.
Diese Wohnung gehört der 40-jährigen Susanne M. (Namen geändert). Als sie an jenem Tag nach Hause kam, saß ihr Exfreund Simon T. (36) auf der Treppe, betrunken, weinend. Er tat ihr leid; sie nahm ihn mit rein. Es gab Streit. In dessen Verlauf wurde Simon T. beleidigend („blödes Dreckstück“, „Crackhure“) und brutal. Er würgte Susanne M., versetzte ihr einen Kopfstoß. „Ich war komplett geschockt“, sagte die Frau dem Richter. Im Krankenhaus wurden ihre Verletzungen behandelt. Sie erstattete Anzeige. Später kamen die beiden wieder zusammen. Seit zwei Monaten ist wieder Schluss, diesmal wohl endgültig: Simon T. brauche Hilfe, sie verzeihe ihm, aber eine Beziehung mit ihm wolle sie nicht mehr.
Simon T. gab die Vorwürfe zu, beschönigte nichts, bat die Ex um Entschuldigung. Jägermeister und Bier habe er damals intus gehabt, obwohl er sonst nicht trinke. Nicht mehr, um genau zu sein: Es gab/gibt ein Alkoholproblem. Dazu kommen eine Intelligenzminderung und ADHS. Simon T. kann nicht lesen und nicht schreiben. In seinem Vorstrafenregister stehen sechs Eintragungen, auch wegen Körperverletzung. Zum Zeitpunkt der Attacke auf Susanne M. liefen drei Bewährungen.
Und obwohl eine Langzeittherapie eingestielt ist und Ende April in einer Bochumer Fachklinik beginnen soll: Eine neue Bewährungschance wollte der Richter T. nicht zugestehen. Er verurteilte ihn zu zehn Monaten Haft wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung. Zwar habe der Angeklagte sich vor Gericht freundlich und einsichtig gezeigt, doch müsse man das „Gesamtpaket“ sehen. Für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung sei zu viel passiert. Ohne T.s Reue und eine verminderte Schuldfähigkeit wäre die Strafe höher ausgefallen: ein Jahr plus x.
Gegen die zehnmonatige Haft hat T.s Anwalt sofort Berufung eingelegt. Der Fall kommt also vors Landgericht. Möglich, dass die Richter dort sich von der Therapie beeindrucken lassen – sofern die bis zum nächsten Verhandlungstermin tatsächlich begonnen hat.