NABU NRW und Lippeverband setzen sich für frei fließende Flüsse ein

Naturschutzgebiet Lippeauen. Foto: Stefan Thiesen

Fachtagung zeigt auf, warum der Rückbau von Querbauwerken ein wichtiger Baustein für die Stärkung von Gewässerökosystemen ist
Lippe-Gebiet. Bäche und Flüsse sind durch Ausbau und Auenverlust über Jahrzehnte nahezu vollständig verändert worden. Dies hat weitreichende Folgen für den natürlichen Hochwasserrückhalt, bedeutet aber auch Lebensraumverlust für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Natürliche Flüsse sind dagegen vielfältig vernetzte, durchgängige und wertvolle Lebensadern für Mensch und Natur. Die Vorteile eines natürlichen Gewässersystems reichen über Arten- und Klimaschutz, die Verringerung von Hochwasserspitzen bis zum Naturerlebnis- und Freizeitwert. Im Rahmen der Fachtagung „Frei fließende Flüsse“ brachten Lippeverband und NABU NRW Expert*innen am 9. November Fachleute aus ganz Deutschland zusammen, um über die Problematik von Querbauwerken und kleinteiliger Aufstauung von Gewässern zu diskutieren.

Dr. Mario Sommerhäuser, Leiter der Abteilung „Fluss und Landschaft“ beim Lippeverband, erläuterte in seinem Vortrag die Bedeutung der Durchgängigkeit von Fließgewässern. Foto: EGLV

Die Lippe, der längste Fluss in NRW, wurde im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und den Programmen zur Auenentwicklung in Teilabschnitten bereits renaturiert. Doch acht Wehre im Mittellauf unterbrechen die natürliche Entwicklung weiterhin und stauen den Fluss über rund 60 km zu einer Kette von Stillgewässern, die besonders im Klimawandel durch Erwärmung und Sauerstoffmangel beeinträchtigt werden. Diese ungenutzten Querbauwerke können und sollen nun zurückgebaut werden. „Als Lippeverband wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern die Lippe wieder zu einem lebendigen und durchgängigen Fluss entwickeln. Von der Quelle bis zur Mündung – für die Biodiversität und das Naturerlebnis am Wasser“, sagte Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes.

Erfassungen des landesweiten Gewässerzustandes zeigen, dass morphologische Veränderungen den größten Belastungsfaktor für Fließgewässer in NRW darstellen. Nicht nur deutschlandweit zeigt sich ein Bild fragmentierter Gewässersysteme. So hat Europa die weltweit am häufigsten durch Querbauwerke unterbrochenen Fließgewässer. Daher ist nicht nur in der bereits 2001 beschlossenen EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) eine naturnahe Gewässerstruktur ein zentraler Baustein des guten Zustandes. Auch die 2021 veröffentlichte „Biodiversitätsstrategie 2030“ verpflichtet zur Wiederherstellung von 25.000 Kilometer frei fließender Flüsse bis 2030 und spiegelt somit den Mehrwehrt durchgängig vernetzter Gewässersysteme wider.

Doch es gibt konkurrierende Interessen. So wird an einigen Stellen gefordert, die Wehre zu sanieren und für die „kleine Wasserkraft“ zu nutzen. „In Anbetracht der multiplen Krisen, die uns aktuell begegnen, ist es umso wichtiger, ganzheitliche und nicht kurzfristig gedachte Lösungen zu finden. Dabei ist das Voranbringen des Ausbaus erneuerbarer Energien natürlich von großer Bedeutung, gleichzeitig dürfen aber der Naturschutz und damit der Erhalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen als essenzieller Teil unserer Lebensgrundlage nicht für private Interessen zurückstecken“, stellte Lukas Stemper, stellvertretender Landesvorsitzender des NABU NRW, fest.

Kooperation zwischen NABU und Emschergenossenschaft/Lippeverband
Umweltschutz, Biodiversität und der Umgang mit den Folgen des Klimawandels sind Themen, die sich der Naturschutzbund NABU und Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) als große Verbände in NRW auf die Fahne geschrieben haben. Seit 2021 arbeiten die Emschergenossenschaft und der NABU NRW im Rahmen einer Kooperation gemeinsam an der Umsetzung dieser Themen. Neben Artenschutzmaßnahmen stehen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und wasserpolitische Themen im Fokus.