Kunst als Nahrung für das Innenleben mit „inside out“

Geometrien, die in den Raum wachsen: Auch das ist „inside out“.

 

Landschaft oder doch nicht? Genau hinschauen ist gefragt.

Ist es nun eine Landschaft oder ein komplett verwischtes EKG, in dem sich der Raum mit allen Menschen und Masken spiegelt? Die Formen darauf scheinen sich wie Windräder in den Raum zu drehen. Die gesamte Szenerie verändert sich beim nächsten näheren Hinschauen schon wieder. Nichts, was der Betrachter am Sonntag zu sehen meinte, blieb das, was es schien. „Inside out“ war mehr als nur der Titel der ersten Ausstellungseröffnung in der sohle 1 seit Corona. Es war ein Versprechen, das eingehalten wurde.

Bürgermeister Roland Schäfer bei seiner letzten Ausstellungseröffnung – „mit ein bisschen Wehmut“.

Besonderheiten hat die sohle 1 seit Sonntag aber noch weit mehr zu bieten. Es war die letzte Ausstellungseröffnung für Roland Schäfer als Bürgermeister, nicht aber als kunstbegeisterte Person: „Ich werde mich auch weiter der Kunst eng verbunden fühlen“, versicherte er. Mit den beiden Künstlern präsentiert die Galerie auch eine „besondere Zusammenarbeit“, so Schäfer. Denn sämtliche Werke von Annette Riemann und Magnus von Stetten treten in den Dialog, sind aufeinander bezogen. Und es gibt in diesem Corona-Jahr erstmals viel weniger Wechselausstellungen als das sonst übliche halbe Dutzend – ausgerechnet im Jubiläumsjahr als älteste kommunale Galerie. Dass es diese Ausstellung überhaupt gibt, ist der kollektiven Überzeugung geschuldet, „dass wir das Leben nicht komplett zum Stillstand bringen wollen“, so Schäfer.

Dr. Ellen Markgraf erläutert engagiert, was sie hinter der Kunst sieht.

Dr. Ellen Markgraf übernahm als Kunsthistorikerin, was den meisten nicht auf Anhieb gelang: Sie fasste in Worte, was Auge und Gehirn beim Betrachten erlebten. Denn hier treten ausnahmslos die inneren Bilder nach außen in den Reflexionen, den dreidimensionalen Formen und Assoziationen. Was auf den ersten Blick als Fotografie daherkommt, sind bei Annette Riemann zusätzlich Farben auf Fotopapier. Da wächst das Quadrat bei Magnus von Stetten in den Raum, verursacht einen Sog und wird nahtlos vom benachbarten Bild mit seinen Horizontlinien aufgenommen, um auf das nächste Bild von Annette Riemann weitergeleitet zu werden und sich damit regelrecht in eine Raumskulptur zu verwandeln. Wer hier meint, Traditionelles in der Natur zu entdecken, wir mit den Geometrien in die Technologien der Zukunft gezogen, begleitet von den Lichtreflexionen des gegenwärtigen Raums.

Wer sich darauf einlässt, kann regelrecht in der Ausstellung versinken.

Also auch ein Spiel mit den Zeiten und Bewusstseinsebenen, auf das sich jeder einlassen kann. Ganz nebenbei auch für die Kunstexpertin ein „mutgebender Impuls“, denn die Kultur leidet gerade besonders unter Corona. Und natürlich auch „Nahrung für das eigene Innere“, indem sich das Äußere der Kunst öffnet und sein Innenleben freilässt. Zu erleben noch bis zum 8. November, Corona zum Trotz.

 

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