Kamener Lehrerin Nicole Brüssow ist doppelte Hoffnung für Leukämiekranke

Vor vier Jahren spendete die Kamener Lehrerin Nicole Brüssow Stammzellen für ihren genetischen Zwilling. Jetzt braucht ein zweiter Patient ihre Hilfe.

 

Nicole Brüssow
Nicole Brüssow

Nicole Brüssow lebt mit ihrem Mann und dem 14-jährigen Sohn in Kamen, unterrichtet Mathe- und Physik an der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Dortmund und sie ist Stammzellspenderin. Vor vier Jahren spendete die 45-Jährige für einen Leukämiepatienten. Oft hat sie sich danach an die Spende erinnert und gehofft, dass es ihm oder ihr gut geht. Als sie im Dezember mitten im Matheunterricht wieder einen Anruf der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, bekam, traut sie ihren Ohren nicht: „Sie kommen erneut als Spenderin für einen weiteren Patienten in Frage. Möchten Sie wieder helfen?“ Ihre Antwort war „Ja klar!“. Vor wenigen Wochen kam sie nach Birkenfeld, um mit der Spende noch einmal einem Erkrankten Hoffnung im Kampf gegen Leukämie zu geben.

Das Ganze hat eine Vorgeschichte: Im April 2002 hat sich Nicole Brüssow in Kamen bei einer Blutspende als Stammzellspenderin registrieren. Typisierung lautet der Fachbegriff. Dabei wird ein Fingerhut voll Blut genommen. Seitdem ist die 45-jährige Torfrau der Handballerinnen von der TuS Westfalia Kamen bei der Stefan-Morsch-Stiftung als potenzielle Spenderin registriert. Nahezu täglich sind Teams der gemeinnützigen Stiftung bundesweit unterwegs, um über das Thema Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke aufzuklären – auch in Kooperation mit dem DRK Blutspendedienst West. Es geht darum, Menschen zu sensibilisieren, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen.

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland etwa 11 000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie etwa der Leukämie. Jeder zweite Patient ist ein Kind oder Jugendlicher. Je nach Leukämieart variieren die Heilungsaussichten. Oft reicht die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht aus. Dann ist die Übertragung gesunder Blutstammzellen die einzige Hoffnung auf Leben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein passender Stammzell- bzw. Knochenmarkspender zur Verfügung stellt, der die gleichen genetischen Merkmale hat, wie der Patient.

So wurden bei der Typisierung 2002 auch die Gewebemerkmale der Lehrerin bestimmt und bei der Spenderdatei gespeichert. Seitdem stehen sie anonym im deutschen Zentralregister (ZKRD) in Ulm, wo sie mit denen der Patienten weltweit verglichen werden können. Mit jedem neu gewonnenen Spender erhöht sich somit die Chance, dass einem leukämiekranken Patienten das Leben gerettet werden kann.

Als sie mit ihrer Familie darüber spricht, dass sie noch einmal spenden möchte, ist sie entschlossen: „Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass ich das mache. Ich hoffe, ich kann helfen.“ Ihre Familie und die Schulleitung stehen hinter ihr. Eine Sprecherin der Stammzellspenderdatei erklärt: „Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden liegt in der Größenordnung von 1 : 10.000 bis 1 : mehreren Millionen. Dass jemand für zwei Patienten spendet, ist ein absoluter Ausnahmefall.“

Nicole Brüssow sieht das gelassen: „Ganz vorne steht, dass es einem Menschen helfen kann, egal ob das ein kleiner, großer, was weiß ich für ein Mensch ist.“ Wie schon beim ersten Mal ließ sie sich eine weitere Blutprobe zur genaueren Untersuchung abnehmen. Dann muss sie zur Voruntersuchung. „Ich hatte schon beim ersten Mal kaum Fragen, im Vorfeld wurden sie alle schon beantwortet. Ich wurde umfassend über alle Risiken aufgeklärt“, erzählt sie.

Bei der Voruntersuchung wird zur Sicherheit der Mutter abgeklärt, ob sie ganz gesund ist. Und sie wird komplett über die Chancen und Risiken, aber auch über den Ablauf der Spende aufgeklärt.
Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird. Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – punktieren die Ärzte den Beckenknochen des Spenders – niemals das Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Die Handballerin hat zum zweiten Mal mittels der Apherese gespendet. Das bedeutete aber auch, dass sie sich wieder ein paar Tage vorher spritzen musste. Ganz offen erzählt sie: „Von der ersten Spende kannte ich noch die Nebenwirkungen des Botenstoffes. Die waren bei mir sehr heftig. Auch diesmal hatte ich starke Rücken- und Kopfschmerzen.“ Nach der Entnahme möchte sie trotzdem andere zur Typisierung motivieren: „Ich würde es immer wieder machen und kann anderen Menschen nur raten, sich ebenfalls zu typisieren und zu helfen.“ Sie weiß: „Stammzellspende bietet die Chance, Leben zu retten.“

Die nächste Gelegenheit, sich bei der Stefan-Morsch-Stiftung zu registrieren ist am: Dienstag, 21. April, 15 bis 18.30 Uhr, BKK VDN, Rosenweg 16, inSchwerte.

Soll man sich in mehreren Stammzellspenderdateien aufnehmen lassen?

Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. In Deutschland gibt es insgesamt 30 Spenderdateien. Alle diese Spenderdateien und auch die Stefan-Morsch-Stiftung speisen ihre Daten in das deutsche Zentralregister der ZKRD in Ulm ein. Dort sind sie für weltweite Suchanfragen abrufbar. Deshalb genügt es, wenn Sie einmal in einer Datei registriert wurden. Um im Ernstfall einen passenden Spender ausfindig zu machen, sind wir darauf angewiesen, dass die Kontaktdaten auf dem aktuellen Stand sind.

Wie viele registrierte Spender gibt es in Deutschland?

Registrierte Stammzellspender in Deutschland: 5,8 Millionen deutsche Spender (Stand: 01-2015, Quelle: ZKRD). Noch nie gab es in Deutschland so viele Neuregistrierungen von freiwilligen Blutstammzellspendern wie im vergangenen Jahr: Exakt 694.961 (Stand 29.12.2014) Personen ließen sich 2014 erstmals typisieren, meldet das Zentrale Knochenmarkspender Register Deutschland (ZKRD) mit Sitz im süddeutschen Ulm.

Das ZKRD kann auf Spenderdaten von insgesamt 25 Millionen Spendern weltweit zugreifen. (Stand: 01-2015, Quelle: ZKRD) Bone Marrow Donors Wordwide (BMDW) bestätigt die Zahl.

Für weit über 80 Prozent der Patienten kann ein geeigneter Spender gefunden werden, meist schon innerhalb von ein bis drei Monaten.

info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.