Junge Männer vor Gericht: E-Scooter und „blaue Schlümpfe“

von Andreas Milk
Sie sind handlich, wendig, in den falschen Händen leider auch mal nervig – und sie schaffen Anlässe für Strafverfahren: E-Scooter. Gleich zwei junge Männer aus Bergkamen und Kamen standen diese Woche vor dem Kamener Jugendrichter.

Der 20-jährige Kamener stammt aus Syrien, hat einen zweijährigen Heimaufenthalt in der Türkei überstanden, sich in Deutschland eine Existenz samt Job und einer eigenen Familie aufgebaut – und hatte nun Ärger wegen Verstoßes gegen das deutsche Pflichtversicherungsgesetz. Der Roller, auf dem er Anfang September die Kamener Bahnhofstraße befuhr, war nicht haftpflichtversichert. Dass er nichts von der Versicherungspflicht wusste, glaubten ihm Richter und Staatsanwalt – verwiesen aber auch darauf, dass er sich halt zu erkundigen habe. 150 Euro muss er an die Kreisverkehrswacht Unna überweisen, dann ist die Sache erledigt.

Der Bergkamener ist 19 Jahre alt und soll bereits am 19. November 2023 – gerade volljährig geworden – eine Polizeistreife beleidigt haben, die – aus Gründen – den Auftrag hatte, seinen Roller einzukassieren. Die beiden Beamtinnen mussten sich von ihm die Bezeichnung „blaue Schlümpfe“ anhören. Anderswo in der Akte ist verwirrenderweise auch von „blauen Hurensöhnen“ die Rede – aber das ergäbe für zwei Polizistinnen nun so gar keinen Sinn mehr. Jedenfalls: Der Angeklagte entschuldigte sich bei einer Beamtin, die als Zeugin gekommen war. Sie erwiderte schlicht: „Okay.“ Fairerweise ist zu sagen, dass wohl auch die Polizei seinerzeit etwas übers Ziel hinaus schoss. Sie unterzog den (noch) 18-Jährigen wegen angeblichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Seine Verteidigerin erklärte im Gerichtssaal: „Das hört sich für mich ein bisschen nach Gängelei an.“ Ihr Mandant sei schockiert gewesen. „Etwas fragwürdig“ fand selbst der Vertreter der Staatsanwaltschaft das Procedere der Polizei. Das Urteil wurde nach Jugendrecht gesprochen: Der Bergkamener muss 300 Euro zahlen an den Verein zur Förderung der Kinderhospizarbeit.