Im Kunst-Container Kultur berühren und den Ruf nach Wandel kreativ umsetzen

 

Baustellenkunst, entstanden aus dem Material des Abrisses.

Zwei von ihnen kamen jeden Tag vorbei. Mindestens zwei Jungs der sechs Kinder der Familie aus der City waren Stammgäste im Kunst-Container von Manfred Webel. Eigentlich sollten sie nur kurz nachschauen, ob es mit der Baustelle jetzt endlich losgeht. Dass dort Kunst drinsteckte im vermeintlichen Baustellencontainer, war eine Überraschung. Dass die reichlich Spaß macht, noch viel mehr.

Der Kunstcontainer an der Baustelle, mit einem Original-Einkaufswagen vom längst verschwundenen Wal Mart.

Die meisten der 158 Gäste, die spontan im Container-Atelier von Manfred Webel an insgesamt 9 Tagen vorbeischauten, malten ein Bild. Andere versuchten sich am Ton oder Plastilin. Viele kamen auch einfach nur, um die Kunst, die hier ausgestellt ist, zu berühren. „Bitte berühren“ steht es schließlich ausdrücklich außen dran, an den Containertüren. „Kunst ist für mich nur dann Kultur, wenn sie zum Dialog einlädt“, sagt Manfred Webel. Deshalb ist er auch seit 35 Jahren mit seiner Kunst unterwegs. Anfangs mit dem Motorrad, zwischendrin mit dem Zug. Seit gut 10 Jahren mit seinem Container, der so genormt ist, dass er auf jeden Zug oder in jedes Containerschiff passt.

Bitte eintreten: Der Kunst-Container lud 9 Tage lang zum Berühren ein.

Der Container ist für ihn auch ein Symbol für die globalisierte Welt. Ganz nebenbei kann er sein eigenes Atelier mitnehmen und erlebt mit weit geöffneten Türen „einen ganz anderen Schnack“. Die Gespräche und Begegnungen laufen lockerer als im eigenen Kosmos des festen Ateliers. Die Hemmungen, einfach einzutreten in den Container, sind aber trotzdem da. Sie sind allerdings auch schneller überwunden, wenn schon Besucher am Werk sind und viele befreundete Kunst-Helfer dazukommen.

Der Ruf nach Wandel

Viele Möglichkeiten für Kreativität stecken im Container.

Bevor Manfred Webel seinen Container aufstellte, stattete er Bergkamen einen Besuch ab. „Ich kannte die Stadt gar nicht“, sagt der Paderborner. Seinem Navi misstraute er zunächst gehörig, als es das Rathaus meldete. „Das kann doch nicht sein“, sagte er sich. Schnell erschloss sich ihm aber das Potenzial des Ortes mit seiner „prekären Lage“. „Die Bauten aus den 70er-Jahren, die City, die Baustelle mit dem Abriss – da steckt viel drin vom Versuch, eine Mitte zu bilden. Viel Geschichte und viel Vergangenheit, aber auch viel Zukunft“, schildert er. „Der Ort ruft ja geradezu nach Wandel und Veränderung.“ Zumal hier früher der erste Standort der ersten kommunalen Kunstgalerie in NRW überhaupt war.

So sah die Skulptur aus, als sie noch als Überrest eines Pfeilers in der Baustelle steckt. Foto: Manfred Webel

Potenzial steckte auch rein materiell in der Baustelle. Die kapitalen Stahlstreben, die aus den zertrümmerten Pfeilern des einstigen Wal Mart-Centers deformiert in den Himmel starren, haben es Manfred Webel besonders angetan. Mit ihnen hat er gespielt, das Schweißgerät herausgeholt und eine Skulptur geschaffen. Die wurde am Samstag im kleinen Kreis „enthüllt“. Was genau sie am Rande der Abriss-Baustelle darstellt, hängt von der individuellen Perspektive ab. Für den einen ist ein Rind, für den anderen ein Schwein, wieder andere sehen eine mit wogenden Kleidern wirbelnde Tänzerin im verformten Stahl. Ob die Skulptur den Abriss überdauert, wird sich zeigen.

Manfred Webel zieht mit seinem Kunst-Container jedenfalls weiter. Er hat insgesamt 12 Standorte in diesem Projektjahr in ganz NRW.

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