„Falsche Polizisten“ waren echt: Verfolgungsfahrt nach Panik-Anfall

von Andreas Milk
Pech für den 37-jährigen Dortmunder Malik T. (Name geändert): Die vermeintlich falschen Polizisten waren echt. Weil er in seinem Ford Focus am 29. März auf der A1 in Panik Reißaus vor ihnen genommen hatte, saß er jetzt im Kamener Amtsgericht. Die Anklage: Beleidigung und illegales Autorennen.

Und der Richter gab zu: Aus dieser Anklage hatte sich erst mal ein anderes Bild von T. ergeben als das, was im Gerichtssaal zum Vorschein kam. Da hockte ein zurückhaltender, höflicher Mann. Vorstrafen? Keine. Aus Reflex habe er an jenem Samstag im Frühling Mist gebaut, erklärte er.

Die beiden Polizisten – damals in Zivil unterwegs – hatten zunächst mehrere Spurwechsel von T. bemerkt. Und: T. hantierte am Steuer mit einem Handy. Also setzten sie sich neben ihn, machten Gesten, die signalisieren sollten: Weg mit dem Telefon. T. verstand das wohl als Drohung. Er reagierte mit Ausstrecken des Mittelfingers: „Es kam einfach“, erinnert er sich. Aber natürlich ließ der Mittelfinger das Ganze erst richtig eskalieren. Die Polizisten zückten die Kelle – T. gab Gas, im Irrglauben, Kriminelle hätten es auf ihn abgesehen und wollten ihn ausrauben.

Auf der Flucht über die A1 und später die A2 in Bergkamen und Kamen überfuhr er zwei rote Ampeln. Dass er tatsächlich von einer Bedrohung ausging, belegt das Telefonat mit einem Bekannten T.s. Dieser Bekannte ist im Kreis Unna gut vernetzt und im Umgang mit Behörden erfahren. Diesen Mann – der nun im Prozess als Zeuge auftrat – rief T. in seiner subjektiv empfundenen Not an und bekam den Rat, vorsichtshalber einen belebten Platz anzusteuern. Nach ein paar Kilometern in hohem Tempo inklusive zweier überfahrener roter Ampeln endete die Fahrt im Bereich der Lünener Straße. Die Polizisten legten einem zitternden Malik T. Handfesseln an.

Verletzt wurde bei der ganzen Aktion niemand. Und das war Glück. Das Urteil gegen T. fiel milde aus: eine Geldstrafe „auf Bewährung“ – 50 Tagessätze à 60 Euro muss er nur zahlen, falls in den kommenden zwei Jahren noch etwas passiert. Davon geht aber wohl niemand aus. Unabhängig davon muss er als Buße 1.800 Euro an eine gemeinnützge Einrichtung zahlen: Das Geld geht an die Westfälischen Kinderdörfer. Seinen Führerschein braucht T. nicht abzugeben.