Enten lösen eine Kamener Völkerwanderung aus

Diese Rennente ist es. Sie ist sportlich gerundet, die gelben Flügel liegen eng und windschnittig an, der rote Schnabel ist keck in den Himmel gereckt. Wenn sie nicht ganz vorn liegt beim 4. Kamener Entenrennen – welche dann? Doch bis es soweit ist, sind noch einige Hindernisse zu überwinden. Schon der Start ist alles andere als einfach.

Fast nichts geht mehr: Randvoll ist der Platz an der Maibrücke, hinter der die Enten ins Ziel einlaufen. Das 4. Kamener Entenrennen hat sich längst zum Volksfest gemausert.
Fast nichts geht mehr: Randvoll ist der Platz an der Maibrücke, hinter der die Enten ins Ziel einlaufen. Das 4. Kamener Entenrennen hat sich längst zum Volksfest gemausert.

Da hilft alles Ziehen von Rotary-Präsident Carsten Jaksch-Nink nichts: Die Rennenten brauchen im Hauptrennen Starthilfe.
Da hilft alles Ziehen von Rotary-Präsident Carsten Jaksch-Nink nichts: Die Rennenten brauchen im Hauptrennen Starthilfe.

Bürgermeister Hermann Hupe und Rotary-Präsident Carsten Jaksch-Nink ziehen und ziehen und ziehen an den blauen Leinen. Doch es tut sich nichts. Im Gegenteil: Das dicke Paket mit den gut 1.800 Rennenten schnürt sich immer enger zu. Der bereits mit wasserdichter Ausstattung bereitstehende Enten-Helfer eilt durch die an dieser Stelle doch recht zügigen Strömungen der Seseke zur Hilfe. Ein Messer muss am Ende her, um die verknäuelten Stricke zu lösen und die Enten endlich auf die Reise zu schicken. In einer riesigen Welle ergießt sich die Entenflut in den Bach. Die echten Enten, die hier normalerweise bedächtig herumdümpeln, ergreifen laut schnatternd die Flucht.

Enten-Kunstwerke gehen mit auf die Seseke-Reise

Geschafft: Die Enten ergießen sich in einem riesigen Pulk in die Seseke.
Geschafft: Die Enten ergießen sich in einem riesigen Pulk in die Seseke.

„Dort ist unsere!“, ruft ein Mädchen begeistert in den lauten Applaus hinein. Sie meint ein Exemplar mit Marienkäferflügeln, das sich geschmückt mit einer flotten Haartolle umgehend in einem dichten Rennentenpulk formiert und an die Spitze setzt. Eine ganze Völkerwanderung macht sich im Enten-Schritttempo auf den Weg, zückt Feldstecher und Kameras und feuert die Entenschar lautstark an. Fahrradfahrer reiben sich irritiert die Augen und suchen sich einen anderen Weg. Hier geht jetzt für Stunden nichts mehr. Meine Ente suche ich vergeblich in dem gelben Haufen, der sich langsam auseinanderzieht und in kleine gelbe Punkte verwandelt. Irgendwie sehen Rennenten doch alle gleich aus, wenn sie erstmal im Wasser sind.

Echte Unikate stechen aus der Enten-Masse hervor.
Echte Unikate stechen aus der Enten-Masse hervor.

Mit Ausnahme derer, die von ihren Besitzern in echte Unikate verwandelt wurden. Manche klassische Rennente ist zum Vampir mutiert, geht mit gewaltigen Brillen über den Augen oder Fußballemblemen auf den Flügeln auf die Reise. Sie sind sofort erkennbar. Echte farbenfrohe Kunstwerke sind darunter. Die Jury wird es am Ende nicht leicht haben, die Schönste von allen zu küren. Brücke um Brücke füllt sich mit Menschenmengen. Jeder will den besten Blick auf das sich nähernde Entenfeld haben.

 

Von Besenwagen und Ausnahmezuständen

Eindrucksvoll: Das Hauptfeld auf dem langen Weg ins Ziel.
Eindrucksvoll: Das Hauptfeld auf dem langen Weg ins Ziel.

Inzwischen kommen die Rotarier an den Ständen für Erbensuppe, Bratwürste und Kuchen nicht mehr hinterher. Auf dem Platz an der Maibrücke gibt es fast keinen freien Flecken mehr, um sich überhaupt noch umzudrehen. Helfer müssen die Autos stoppen, damit die Entenfans  in Scharen sicher über die Straße kommen. Nach gut 70 Minuten dümpeln die ersten Enten unter den letzten Brücken hindurch und passieren die Ziellinie. Die Rennenten haben sich längst zu einer langen Schnur mit großen Lücken formiert. Immer wieder bleiben Scharen von ihnen in Steinen, Gestrüpp, in angelandetem Strandgut hängen. Der arme Entenwächter im Wasser hat alle Hände voll zu tun, die Schwimmtiere aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

Im Dauereinsatz: Wasserfeste Entenhelfer.
Im Dauereinsatz: Wasserfeste Entenhelfer.

Es scheint inzwischen sicher, dass meine vermeintlich perfekte Schwimmente als Erste in Seenot geraten ist und erst lange nach dem Zieleinlauf ankommen wird. Gibt es Besenwagen für Rennenten? Immerhin: Die Aufregung war für den guten Zweck. Die Erlöse kommen den Kamener Grundschulen zu Gute. Schon zuvor waren gut 200 Enten auf eine deutlich kürzere Reise für ausgewählte Kindertagesstätten gegangen. Dass es auch ein 5. Entenrennen geben wird, dürfte sicher sein. Schließlich war an diesem Samstag fast ganz kamen auf den Beinen, um kleine gelbe Plastiktiere mit vollem Enthusiasmus anzufeuern.