Ein Wert von 39.000 Euro: Prozess um geklaute Querflöte im Linienbus
von Andreas Milk
Er habe zuerst gedacht, dass vielleicht eine oder zwei Nullen zu viel in die Akte geraten seien, sagte der Kamener Amtsrichter. Aber die Zahl stimmte. Von einer gestohlenen Querflöte für 39.000 Euro war in der Anklageschrift die Rede. Der Bergkamener Tobias H. (Name geändert) soll sie am Mittag des 14. Dezember 2023 in einem Bus der Linie S40 an sich genommen und dann versucht haben, sie zu Geld zu machen.
Frage: Wer fährt mit einem Instrument für knapp 40.000 Euro Anschaffungspreis mit dem ÖPNV durch die Gegend? Antwort: ein Dortmunder Student, nebenbei Honorarkraft an der Musikschule. Auf dem Fußweg von der Haltestelle zum Job sei ihm plötzlich aufgefallen, dass die Tasche mit der Flöte fehlte, erzählte er jetzt im Gericht.
Da wurde gegen Tobias H. wegen Diebstahls verhandelt. Aufgeflogen war er, weil er Tage nach dem Verschwinden des Instruments die Flöte auf einer Internetplattform anbot – was wiederum die Mutter des rechtmäßigen Eigentümers mitbekam. Sie informierte die Polizei, und die fuhr dann halt mal bei Tobias H. vorbei.
H. sagt: Gestohlen habe er die Querflöte nicht – sondern sie nur mitgenommen. Sie habe in dem Bus gelegen, der im übrigen leer war: vom Flötenbesitzer keine Spur. Danach habe er es versäumt, sie zum Fundbüro oder zur Polizei zu bringen.
Seit 2012 haben sich bei Tobias H. allerhand Vorstrafen angesammelt, unter anderem wegen Hehlerei und Diebstahl. Die Sache mit der Flöte brachte ihm nun ein Urteil wegen Unterschlagung ein: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 15 Euro. Vorsätzlicher Diebstahl war nicht zu beweisen.
Ein bisschen rätselhaft bleibt, dass der Musiker die Tasche mit seiner Flöte während der Busfahrt auf dem Schoß gehabt haben will. Das passt so recht weder zum (unbemerkten) Diebstahl noch zum Vergessen der Flöte beim Aussteigen. So oder so: Der Richter regte an, für Fahrten mit dem Bus durch Bergkamen künftig vielleicht lieber ein chinesisches Billig-Imitat zu nutzen.