Doppelhaushalt verabschiedet: Flüchtlinge sind eine Chance
Mit den Stimmen von SPD und Grünen hat der Stadtrat am Donnerstagabend den Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre verabschiedet. (Die Eckdaten des Doppelhaushalts gibt es hier.) Ein zentrales Thema, das sich durch alle Reden der Fraktionsvorsitzenden zog, waren die Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten, die in Bergkamen Schutz und Zuflucht gefunden haben. (Die Haushaltsreden gibt es als Download am Ende dieses Artikels)
Sie seien eine große Chance für die Stadt, lautete der gemeinsame Nenner. Bergkamen werde bunter – und das sei auch gut so, so CDU-Fraktionschef Thomas Heinzel. Sein und der Dank aller anderen Redner galt den vielen Bergkamener, die sich im Flüchtlingskreis, beim DRK oder in der Stadtverwaltung in der Betreuung der rund 600 Neubürger engagieren. Wichtigstes Ziel sei es, sie erfolgreich in die Bürgerschaft zu integrieren. SPD-Fraktionschef Bernd Schäfer: „Unsere Gesellschaft wird sich durch die Flüchtlinge verändern, auch hier in Bergkamen. In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich die Art und Weise wie wir hier in Bergkamen mit der Situation umgegangen sind.“
Durch die Einrichtung der Zentralen Unterbringungseinrichtung sollte die direkte Zuweisung weiterer Flüchtlinge für ein bis zwei Jahre gestoppt sein. Doch so ganz ist Bergkamen nicht „aus dem Schneider“. Seit dem 1. November ist das Jugendamt auch für allein reisende Minderjährige verantwortlich, die in der Zeltstadt am Häupenweg ankommen. Zurzeit sind es rund 20 Jugendliche, 2016 können es 25 sein. Hier hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Schaffung einer Stelle beantragt. Zwischenzeitlich wurde bereits eine Person befristet auf zwei Jahre zum 1. Februar 2016 im Jugendamt eingestellt, die sich um die Minderjährigen kümmern wird.
Zentralbad bleibt Zankapfel
Eine heftige Debatte löste der Antrag der SPD-Fraktion aus, die Verwaltung zu beauftragen, das Problem „Neuordnung der Bäderlandschaft“ zu untersuchen. Im Kern geht es um die Fragen: Soll ein neues Kombibad gebaut werden? Wo – in Weddinghofen oder Mitte? Und was wird mit der Fläche, die nicht mehr benötigt wird?
Kritik gab es von der „Opposition“ vor allem deshalb, weil die laut Gutachter wirtschaftlichste Lösung, der Bau eines Zentralbads für Kamen und Bergkamen, nicht weiterverfolgt werde. Die SPD habe einfach beschlossen, dass es nicht gebaut werde, so Grünen-Fraktionschef Jochen Wehmann. Mit diesem Bad würden jährlich rund 400.000 Euro an Betriebskosten gespart, betonte Angelika Lohmann-Begander.
Das Aus für die große Bäder-Lösung zeichnete sich übrigens schon vor ziemlich genau einem Jahr ab. Bürgermeister Roland Schäfer hatte sie persönlich favorisiert. Sein Amtskollege in Kamen Hermann Hupe stellte nur wenig später fest, dass mit ihm die Schließung von Wasserflächen in Kamen nicht zu machen sei. Das erklärte er auch während einer Jubiläumsveranstaltung der GSW – lange bevor sich die SPD-Fraktionen beider Städte in getrennten Klausurtagungen für die Einzellösung ausgesprochen hatten.
Swap-Zinsgeschäfte größtes finanzielles Risiko
Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung des Doppelhaushalts 2016/17 durch CDU und FDP ist die Anhebung der Grenze für Kassenkredite um rund 60 Prozent auf nun 134 Millionen Euro. Gedacht ist dieser größere Kreditrahmen hauptsächlich als Puffer, falls Bergkamen doch für die Swap-Zinsgeschäfte mit der ehemaligen WestLB zur Kasse gebeten wird. Denkbar wäre hier ein zu zahlender Millionen-Betrag im zweistelligen Bereich.
Zunächst hatte das Landgericht Dortmund diese Geschäfte zu Gunsten der Stadt als „sittenwidrig“ eingestuft und für nichtig erklärt. Doch möglicherweise sieht das Oberlandesgericht Hamm in zweiter Instanz die Sache anders. Vielleicht hat sie im Kleingedruckten etwas in den Verträgen gefunden, dass seiner Auffassung nach als Warnung vor den Risiken gereicht hätte.
Diese Zins-Geschäfte ließen sich zunächst gut an. Es wurde auf Basis des Schweizer Franken umgeschuldet. Das Zinsniveau der Alpenrepublik lag erheblich tiefer als in Deutschland. Viele Städte und Gemeinden folgten diesen Lockungen und standen plötzlich vor dem gleichen Dilemma: Die Schweiz hatte ihre Währung vom Euro abgekoppelt mit dem Ergebnis, dass der Wert des Franken gegenüber dem Euro erheblich stieg. Der Schuldenberg ist zwar auf Frankenbasis gleichgeblieben. Auf Eurobasis ist er aber, und damit auch die zu zahlenden Zinsen, immens gewachsen. 2011 zog Bergkamen die Reißleine und stieg aus diesen Swap-Zinsgeschäften aus.
CDU-Fraktionschef Thomas Heinzel hatte im Vorfeld der Ratssitzung angekündigt, nun eine Diskussion darüber führen zu wollen, wer in der Verwaltungsspitze die Verantwortung für das drohende finanzielle Desaster tragen müsse. Bürgermeister Roland Schäfer sieht hier, anders als Heinzel, die Politik in der Mitverantwortung. Die Verträge und deren Verlauf seien regelmäßig im Haupt- und Finanzausschuss in nicht öffentlichen Sitzungen erläutert worden.
Und auch künftig entscheide der Stadtrat über die Annahme des noch ausstehenden Urteils, oder gehe man in Revision. Und auch die Inanspruchnahme der Kassenkredite sei letztlich eine politische Entscheidung. Für BergAUF-Fraktionsvorsitzenden Werner Engelhardt scheint das Ergebnis bereits festzustehen: Es glaubt ja wohl niemand mehr daran, die Stadt könnte ohne erhebliche Verluste aus diesen riskanten Zinswetten davonkommen. Wir jedenfalls glauben weder daran noch an einen ausgeglichenen Haushalt und werden diesem Schuldenhaushalt nicht unsere Stimme geben.“
Haushaltsrede Bernd Schäfer (SPD): HH-Rede SPD-Fraktion 2016-2017
Haushaltsrede Thomas Heinzel (CDU): HaushaltsredeThomas Heinzel 10_12_2015
Haushaltsrede Jochen Wehmann (Bündnis 90/Die Grünen: HH_GRUENE
Haushaltsrede Werner Engelhardt (BergAUF): 15-12-10 Haushaltsrede BergAUF zum Doppelhaushalt und HSK 2016-2017 – Entwurf (1)
Haushaltsrede Angelika Lohmann-Begander (FDP): Haushaltsrede 2015-1