Beim Rünther Weihnachtsmarkt fliegen die Funken und Späne

Mit der Kettensäge ging es an die Baumstämme, die sich in Weihnachtsbäume, Sterne und anderes weihnachtliche Dekor verwandelte.

Wer vom Rünther Weihnachtsmarkt Besinnliches erwartet hatte, der erlebte am Wochenende Überraschungen. In der einen Ecke wurde die Kettensäge angeworfen und es flogen die Holzspäne. In der nächsten Ecke drehte sich der Schleifstein und es wirbelten die Funken. An der nächsten Bude sprühten die Augen Feuerkaskaden – je nachdem welche Chilisorte die Besucher erwischten. Und in der Caféteria wirbelten Gliedmaßen und muskalische Noten durch die Luft bei den Tanz- und Musikdarbietungen.

 

Auch der Messerschleifer ließ die Funken fliegen.

Messerschleifer, von der Kettensäge geformte Weihnachtsbäume, gestrickte, bestickte, genähte, behäkelte, gebastelte Weihnachtsdekoration: Vor allem kreativ ging es an den 30 Ständen von der Deele bis zur Scheune auf Gut Keinemann zu, und das drei Tage lang. „Wir haben diesmal einen regelrechten Schärfekrieg“, witzelt der 1. Vorsitzende der Oldtimerremise, Thomas Albrecht mit Blick auf die verschiedenen Schärfegrade an manchen Ständen. Angefangen hat er vor Jahren mit einem vereinseigenen Weihnachtsbasar mit gerade einmal fünf Ständen. Inzwischen ist ein ganzes Team mit dem Planungen für den Markt beschäftigt, der seit dem letzten Jahr den gesamten Stadtteil involviert. Die meisten Stände zeigen Handgemachtes aus der unmittelbaren Umgebung. Einige kommen aber auch aus weiter entfernten Winkeln des Landes, um ihre Kunst feilzubieten.

 

Bergbau-Devotionalien gab es bei Peter Hübner.

Peter Hübner hatte es nicht so weit. Er war einst Strebmeister auf der Zeche Heinrich Robert, zuletzt in der Sicherheitsabteilung beschäftigt. Dort fielen nicht nur unzählige ausgemusterte Grubenlampen an, sondern auch andere Alltagsgegenstände, die seit dem Aus für den Bergbau das Zeug zu Devotionalien haben. Darunter Kohlebrocken, die von einem altgedienten Bergmann in kunstvolle Miniaturbergwerke samt Uhr umgestaltet wurde. Oder alte Pannschüppen, die jetzt mit Zeigern die Zeit anzeigen. Die Ehefrau verlangte, dass all die vielen Sammlerstücke jetzt den Rückzug antreten sollen. „Für den Keller sind sie zu schade, deshalb habe ich einen Stand damit gefüllt“, schildert Peter Hübner.

 

Was tun mit der alten Schraubzwinge? Ganz einfach: In eine schicke Lampe verwandeln.

Einfallsreich ging es auch ein paar Meter weiter zu. Hier hatte sich eine alte Schraubzwinge in eine Lampe verwandelt, ebenso ein mindestens genauso betagter Kupferwasserkessel, ein altes Zigarrenbrett, ein 200 Jahre alter Holzbalken, eine Milchkanne, eine Kafeemühle oder ein Stapel ausgedienter Bücher. Was es auf Flohmärkten schwer hat, neue Besitzer zu finden, bekommt bei Susanne und Karl-Heinz Heitkämper neuen Pfiff. „Wir ergänzen uns da gegenseitig“, erzält Susanne Heitkämper. „Einer von uns sieht etwas und hat die Idee, der andere setzt sie um.“ Auch ausgediente Möbel restaurieren die beiden und geben ihnen einen neuen, zeitgemäßen Look.

Mittelalterliche Malkunst an einem von 30 Ständen.

Feuerfässer und eine ausgetüftelte Lichtillumination, für die sich die Oldtimerremise sogar Rat von den Profis beim Herbstleuchten im Maxi-Park in Hamm geholt hat: Der Verein hat auch bei der zweiten Auflage viel Zeit und Herzblut in den Rünther Weihnachtsmarkt investiert. Thomas Albrecht geht davon aus, dass das auch im nächsten Jahr der Fall sein wird. Gut Keinemann hat zwar unlängst bei der Zwangsversteigerung einen Käufer gefunden. „Der Verein hat aber einen Miet- und Pachtvertrag. Wir gehen davon aus, dass der auch weiterhin Bestand hat“, so Albrecht.




Weddinghofen setzt Duftmarke für die Ökobilanz

Besonders begehrt war ein warmer Platz mit Stockbrot am Lagerfeuer.

Kreative Einfälle gab es wieder an den Weddinghofener Weihnachtsmarktbuden.

Der Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt in Weddinghofen kommt nicht von ungefähr. Er braucht 9 bis 12 Jahre, bis er aus einem winzigen Korn gewachsen und so groß geworden ist, dass er gefällt, in der Wohnung aufgestellt und mit Schmuck behängt wird. Auch das lernten die Kinder am Samstag. Denn die Initiative „Wir in Weddinghofen“ hat sich wieder etwas Besonderes ausgedacht, um vor Weihnachten „Duftmarken“ zu setzen.

Echte Fanliebe hatte der BvB-Fanclub im Angebot.

In den nächsten Tagen bekommen die Kinder in Weddinghofen jedenfalls ein kleines Pflanzsetz mit Erde und Samen, um dem eigenen Weihnachtsbaum beim Wachsen zuzusehen. „Wir wollen damit den Fokus auf die Ökobilanz und den Umgang mit unseren Ressourcen lenken“, schildert Christian Weischede. Wo „Fridays for Future“ viel mobilisiert, kommt es für ihn auch darauf an, dass die Jugend lernt und die Dinge selbst in die Hand nehmen kann. Demnächst werden unweit im Sauerland wieder massenhaft Flächen mit Weihnachtsbäumen abgeholzt, damit sie in unseren Wohnungen und Häusern für kurze Zeit die richtige Weihnachtsstimmung verbreiten. Wieviel Zeit und Energie darin stecken, das soll diese Aktion vor Augen führen. 250 Pflanz-Sets stehen dafür bereit.

Wem noch ein Adventskalender fehlte, der wurde beim Blauen Kreuz fündig.

Bewegt hat der Weihnachtsmarkt in Weddinghofen im inzwischen 7. Jahr ohnehin einiges. Er lockt nicht nur die Menschen in Massen an, um sich am Lagerfeuer mit Stockbrot zu versammeln und den Glühwein diesmal bei echten winterlichen Kältegraden zu genießen. Gut 20.000 Euro sind im Laufe der Jahre bereits zusammen gekommen, um vor Ort etwas mehr zu bewegen. Die Tafel gehört auch in diesem Jahr wieder zu den Empfängern der Mehreinnahmen. Der Eishockeynachwuchs kann neue Shirts gut gebrauchen.

Evelyn Quaiser mit ihren riesigen Puppen und selbstgemachter Kleidung.

Alle Vereine und Gruppierungen in Weddinghofen wollten auch in diesmal wieder mit einem eigenen unter den insgesamt 13 Ständen dabei sein. AWO, Blaues Kreuz, der BvB-Fanclub mit einem der inzwischen selteneren Siegen im Schlepptau, die Grundschule, die Kitas: Alle waren mit dabei. Auch kurzfristige Gäste wie Evelyn Quaiser aus Unna. Sie hatte von dem Weddinghofer Weihnachtsmarkt gehört, sich beworben und konnte sehr kurzfristig das bereits vollgepackte Auto doch an der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule wieder ausladen. Darin waren Unmengen von Dingen, die sie ausschließlich selbst macht – vom selbstgehäkelten Katzenkorb über Strickwaren für jede Stelle des Körpers bis hin zum Likör und gebastelten Weihnachtsschmuck. Das einzig Zugekaufte waren die riesigen Puppen als Kleiderständer – und die schnurrende elektronische Katze der Tochter als Dekoration.

Besuch vom Weihnachtsmann.

Auch der Weihnachtsmann kam zu Besuch, direkt herübergereist aus Overberge – natürlich mit prall gefülltem Geschenkesack. Der Shanty-Chor gab ein muskalisches Stelldichein, der TuS Overberge ein sportliches. Überall gab es im Hüttenrund mit Lagerfeuer, angelehnt an Asterix unbeugsames Dorf, einiges zu entdecken. Vor allem viel Individuelles, Handgemachtes und fast ausschließlich in Weddinghofen Entstandenes.




In Overberge geht es handgemacht in die Adventszeit

Akrobatisches zeigte die Voltigiergruppe.

Stein für Stein fädelt sie geduldig auf. Egal, wie viele Menschen gerade am Stand Schlange stehen. Unter der beleuchteten Lupe kann sind die winzigen Öffnungen an der Bernsteinperlen riesengroß. Diverse Zangen und andere Werkzeuge liegen bereit, um das Schmuckstück zu vollenden. Ingrid Bergmann macht die Arbeit Spaß. Und zusammen mit Tochter Daniela Bader bildet sie das perfekte Team für den handgemachten Schmuck. Zumal sie ausgerechnet am 2. Weihnachtstag Geburstag hat – in diesem Jahr den 81.

 

Ingrid Bergmann fädelt den Bernstein auf – auch mit fast 81 Jahren.

Wer auf dem Overberger Weihnachtsmarkt genauer hinschaute, der entdeckte überall Geschichten hinter den 35 Ständen. Die Figuren aus Edelstahl und die filigranen Schwippbögen zum Beispiel haben Gefangene eigenhändig hergestellt. In der Justizvollzugsanstalt in Werl entstehen winzige Eichhörnchen, kleine und große Wildschweine oder galloppierende Pferde. Auch der eigene Hund findet sich hier gleich für mehrere Besucher originalgetreu in der Figurenmenge, was zu hart ausgefochtenen Bieterkämpfen führt.

 

Die „Ehrlich-Sisters“ zauberten und verzauberten..

Die Voltiegiergruppe türmt sich unerschütterlich zu ganzen Menschenpyramiden auf dem Pferdesattel auf – auch wenn einige von ihnen krank das Bett hüten müssen. Da werden ganze Zauberstücke einstudiert, damit die „Ehrlich-Sisters“ ihren vielbeklatschten Auftritt haben. Der Weihnachtsschmuck stürzt aus einer wahren Flut aus der Tasse auf die Untertasse – selbstverständlich handgemacht. Direkt daneben flammt die Kerze in der selbstverzierten Bergbaulampe auf, einen Stand weiter gibt es selbstgemachte Konfitüren und Liköre oder Honig aus der eigenen Imkerei. Nichts, was hier angeboten oder präsentiert wird wird, ist nicht selbstgemacht.

Nach dem Weihnachtsmarkt ist vor dem nächsten

Die Feuerzangenbowle der Feuerwehr durfte nicht fehlen.

Damit das auch im 13. Jahr reibungslos klappt, hat Ortsvorsteher Uwe Reichelt monatelang geplant, organisiert und selbstmontiert. Als am Samstag der letzte Besucher mit wärmender Feuerzangenbowle im Bauch nach Hause ging, fing seine Arbeit erst an. Mit ein paar Helfern hieß es: Beleuchtung abbauen, aufräumen, die Buden für den Abtransport vorbereiten, Kassensturz machen. Viel bleibt unterm Strich nicht übrig, wenn alle Unkonsten vom Strom über die Versicherung abgerechnet sind. Und nach dem Weihnachtsmarkt ist vor dem nächsten: Die Planungen für 2020 schließen sich nahtlos an.

 

Zum ersten Mal dabei: Die Realschule mit einer Tombola.

Viel mehr geht jedenfalls auch im nächsten Jahr nicht. Die Kapazitäten der Overberger Grundschule sind restlos ausgeschöpft. 75 Prozent der Standbeschicker sind „Wiederholungstäter“ und halten dem Weihnachtsmarkt ebenso die Treue wie die stetig gewaltige Anzahl von Besuchern. Kein Wunder, sind hier doch alle Vereine und Verbände aus dem Stadtteil mit von der Partie. Darunter einige zum ersten Mal wie der Fair Trade-Stand, die Initiative „Senioren helfen Senioren“ der Polizei oder die Realschule mit einer eigenen Tombola.




Tag des Apfels feiert strahlendes Jubiläum

Die Apfelpresse leistete Akkordarbeit für die Apfelsaftproduktion.

Es konnte fast dem Lichtermarkt Konkurrenz machen – zumindest mit der Dichte der Menschen pro Quadratmeter. Das inzwischen 25. Apfelfest auf der Ökologiestation zog am Samstag wahre Menschenmassen an. Nicht nur, weil der Oktober noch einmal alles gab mit praller Sonne und blauem Himmel. Sicherlich zog auch das silberne Jubiläum magisch an. Und: Der Apfel hat es den Besuchern schlicht angetan, inklusive neu entdeckter Naturverbundenheit jenseits von aktuellen Klimadebatten.

Bienenkörbe für den guten Zweck – und als Dekoration.

Das merken nicht nur jene, die traditionelle Bienenkörbe an ihrem Stand anbieten. Hergestellt von Müttern in Bangladesch als Grundlage für ein neues selbstbestimmtes Leben, sind die Körbe ein Stück Nostalgie und Zeichen für die Verbundenheit mit den bedrohten Wildbienen. Als Insektenhotels bieten sie auch anderen bedrohten nützlichen Helfern Schutz. „Man merkt schon, dass die Leute naturverbundener und naturbewusster sind“, meint die Fachfrau am Stand.
Vielleicht drängen sich auch deshalb besonders viele Menschen um Konfitüren, die mit selbstgepflückten Löwenzahnblüten und Holunderbeeren aus dem eigenen Garten hergestellt werden. Tannenbaumschmuck aus Holz von Bäumen, die besonders schonend mit Schafen gepflegt werden. Gulasch vom Heckrind und frisches Fleisch vom schottischen Hochlandrind, das im benachbarten Werne auf der grünen Wiese weidet. Chilisuppe aus essbaren Brotschüsseln. Auch das sind Ergebnisse der intensiveren Auseinandersetzung mit unserer Lebensweise.

Auch die Pomologen waren als Apfelexperten gefragt.

Und die Frage, was eigentlich genau am Apfelbaum im Garten hängt. Denn das wissen viele Apfelbaumbesitzer nicht. Deshalb bringen sie auch im 25. Jahr ihre Äpfel an den Tisch der Pomologen, die als Apfelexperten dem Obst auf den Grund gehen. „Auch heute waren wieder Exemplare dabei, die wir nicht sofort bestimmen konnten und die vielleicht zu den seltenen alten Apfelsorten gehören“, berichten sie. Da werden sogar komplette digitale Fotoalben vom Apfelbaum und seinen Früchten mitgebracht, um Antworten zu finden. Der allgegenwärtig diskutierte Klimawandel zeigt übrigens auch hier seine Spuren. Etwa wenn die Fachleute Gärten besuchen, in denen sich kuriose Folgen der letzten trockenen Sommer an den Bäumen zeigen. „Einige Bäume sind auch schlicht gestorben am Wassermangel, weil die Wasserquellen versiegt sind.“

Äpfel konnte auch jeder in natürlicher Form mit nach Hause nehmen.

Die Apfelernte war in diesem Jahr normal bis bescheiden, wissen die Apfelexperten. Im kommenden Jahr sollte es deshalb wieder mehr Äpfel geben. Im Jubiläumsjahr hat es jedenfalls gereicht für eine gute Ausbeute an „2019er Jus des Pommes Grand cru classé“ an der Saftpresse, für Apfelkuchen beim traditionellen Wettbewerb und für prall gefüllte Apfeltüten für den Verkauf. An den 60 Ständen lockten auch andere Attraktionen wie Kürbisse in allen Variationen, selbstgezüchtete Lilien aus dem eigenen Garten in der privaten Blumenbörse, selbstgedrehte Seile oder eine Schmusestunde mit kuschligen Kaninchen im Zelt des Kaninchenzuchtvereins. Dazu gab es Livemusik von der Steeldrum Marching Band und viel gute Laune.

Viel mehr Besucher dürfen es allerdings nicht mehr werden, denn die Infrastruktur geriet am Samstag einigermaßen an ihre Grenzen. Die Parkplätze wurden mehr als eng – egal ob für vier oder zwei Räder.

 




GSW-Lichtermarkt fasziniert mit Feuerinferno und himmlischen Lichtengeln im Menschenmeer

Tolle Akrobatik in magischem Licht auf dem Stadtmarkt.

Sie stehen mit großen Augen in der Kirche vor den Engeln mit den Geigen und können es kaum fassen, dass auch noch riesige Lichtkegel aufflammen. Wenn das Wesen mit den leuchtenden Schmetterlingsflügeln in einem Meer aus Kerzen wieder eine Riesenseifenblase in den Nachthimmel schickt, jauchzen sie verzückt im Chor auf. Den funkelnden Einhörnern fassen sie ungeniert an die Stelzenbeine und mit den Pinguinen tanzen sie über die Wiese. Gerade die Kinder ließen sich voll und ganz von der Magie des Lichtermarktes in den Bann schlagen – mit Haut und Haaren.

Die geigenden Engel spielen exklusiv für faszinierte Kinder.

Dass kleine Lichtkegel zu lieblicher Musik über die Bühne tanzen können und Körper sich an langen Tüchern in Lichtmeeren winden war dabei genauso faszinierend wie ein wirbelnder Feuerball oder funken schlagende Feuertrommeln. Selbst den Erwachsenen bleiben die Münder offen stehen, als  sich Flammen aus Kelchen zu Kunstwerken zusammentropften und sich Fackeln mit Menschen in riesigen Reifen drehten. Der eine entdeckte das Subtile im perspektivischen Lichtviereck im Stadtwald und das Spirituelle im elektronischen Lichtdidgeridoo. Die Kinder tobten einfach mit Lichtschwertern unbeschwert mitten durch die dichtgedrängten Mengen, formten Herzen auf der Lichtleinwand, ließen kleine Hasen als Lichtgraffiti durch die Nacht hoppeln und jagten den Seifenblasen in den Lichtkegeln hinterher.

Spektakuläres Feuernferno auf dem Stadtmarkt.

Ganz leicht war es nicht, das alles barrierefrei zu genießen, denn der Lichtermarkt war schlichtweg rammelvoll. Vom Stau bei den Einhörnern schob man sich zumeist im Pulk weiter vorbei an den Stelzenschmetterlingen und den Ständen mit Lichtspielzeugen, an denen Verkauf im Akkord geleistet wurde. Da konnte schon mal ein Stück frittierter Blumenkohl auf den Schuhen oder ein Flammkuchen auf dem Saum der Jacke landen, denn die Ellbogen waren im Dauereinsatz. Der goldenen Oktober war zurück und mit ihm eine fast laue Herbstnacht, die das Flanieren gemütlich machte. Anstrengend wurde es allerdings, einen Platz bei den Highlightshows mit den Angelstrings in der St. Elisabeth Kirche oder bei der Wonderland-Show auf dem Stadtmarkt zu ergattern, der wenigstens einen Hauch von freier Sicht ermöglichte. In letzter Sekunde spätestens erhob sich ein Meer aus Smartphones, um alles live für die Verwandt- und Bekanntschaft mitzufilmen.

Kinder malen im Stadtmarkt ihre eigenen Lichtgraffiti.

Als Besucher musste man also einigermaßen wild entschlossen sein, um von allem einen entspannten Eindruck zu bekommen. Denn es kostete vor allem Zeit, um sich von einem Höhepunkt zum nächsten zu schieben. Da fehlten auch dem Geistlichen in der Kirche schlicht die Worte angesichts von Menschenmengen, die stehende Ovationen für die Zugabe der geigenden Engel forderten. Die holten das Publikum auf die Bühne und gingen vor besonders faszinierten Kindern für eine spontane Extradarbietung in die Knie. Auf dem Stadtmarkt konnten Augen und Hirn den vielen gleichzeitig wirbelnden Licht- und Feuereffekten fast nicht folgen. Am Ende hatte man das beklemmende Gefühl, definitiv nicht alles gesehen zu haben, denn das Auge konnte sich nur mühsam von sich im Licht schlängelnden Körpern in der Luft lösen, während andere Körper im Hintergrund in Lichtreifen herumwirbelten und Feuerzauberer im Vordergrund ein wahres Inferno anrichteten.

Wunderschöne Walkalcts mit fantasievollen Kostümen.

Aufregend war er also allemal, der GSW-Lichtermarkt. Aber auch ganz schön anstrengend. Wer besonders aufmerksam war, der konnte sich übrigens ganz nebenbei nicht nur den besten Halloweenschmuck sichern, sondern auch die begehrten Lions-Club Adventskalender. Denn Weihnachten kommt ja bekanntlich auch viel schneller als man denkt…

 




Beim Tag der Chemie bei Bayer zählt nicht nur das richtige Ergebnis

Genau hinschauen am Rührwerk.

Die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Die Schraube löst sich einfach nicht“, stöhnt die Schülerin mit vor Kraftanstrengung verzerrtem Mund. Jetzt ist Teamwork gefragt, um den Deckel vom Druckfilter zu öffnen und an den Inhalt heranzukommen. Denn genau das ist beim Tag der Chemie auf dem Bayergelände gefragt. Ob im Technikum, in der E- und Metallwerkstatt, im Labor oder bei der Werkfeuerwehr: Planvolles Vorgehen, Teamwork, saubere Durchführung und Aufräumen sind genauso wichtig wie das richtige Ergebnis.

Teamwork ist gefragt.

Was das Rührwerk da genau mit stetiger Genauigkeit durchpflügt? „Keine Ahnung“, geben die beiden Schülerinnen zu. Sie müssen vor allem herausfinden, wieviel davon gerade gerührt wird und welche Parameter sich dahinter verstecken. Das ist gar nicht so einfach. Eine Fachfrau erklärt den Besuchern währenddessen, dass die Rührwerke digital gesteuert sind und Fermente beinhalten. Hier ist also Mikrobiologie im Spiel. Die meisten der Erwachsenen, die sich hier neugierig umschauen, würden garantiert an der Aufgabe scheitern, mal eben ein Programm für die digitale Steuerung zu schreiben. Die Zwölftklässler, die über den Laptops die Köpfe zusammenstecken, haben damit überhaupt kein Problem. Im Gegenteil. Für sie ist es eine hochspannende Herausforderung.

Spaß mit Pipette und Reagenzglas.

Die Faszination ist schon bei den Jüngsten riesengroß, wenn Sie mit Pipetten und Reagenzgläsern der Glukose und der Zitronensäure in den Lebensmitteln auf der Spur sind. Die ganz normalen Besucher stehen hier bereits leicht ratlos daneben. Das Staunen geht dort ins Grenzenlose, wo die älteren Schüler rätselhafte Kabelenden an noch rätselhaftere Geräte schrauben und dazu auch noch am PC Hieroglyphenartiges kreieren, was am Ende wie durch Zauberhand eine ganze Apparatur in Gang setzt.

Schwierige Herausforderungen mit Spaß-Faktor

Ganz schön knifflig: Den richtrigen Dreh in der Metallwerkstatt finden.

Andere spielen lieber „Schnick, Schnack, Schnuck“, während ihre Mitschüler eifrig die richtige Menge einer Chemikalie zusammensetzen, um die Lösung für die Aufgabe in der anorganischen und organischen Chemie zu finden. Dass es dafür Punktabzüge gibt, löst dann doch leichtes Entsetzen aus. Zumal die Konkurrenz nicht schläft: „Vier Gruppen mit voller Punktzahl – das ist großartig“, sagt derjenige, der hier im Labor den Überblick beim Schülerwettbewerb hat. Nebenan in der Metallwerkstatt schaut sich ein Bayer-Azubi eine Weile entspannt an, wie sich ein Schüler mit Feuereifer aber mit dem völlig falschen Werkzeug an der Stahlplatte zu schaffen macht. Er schreitet ein, bevor alles Verloren ist: „Was spricht denn dagegen, das andere Werkzeug auszuprobieren?“, fragt er. Eine kleine Diskussion entsteht und am Ende wird die Kerbe, die an die richtige Stelle gehört, dann doch noch ganz passabel.

Ans Eingemachte ging es für die höheren Jahrgänge – Programmieren inklusive.

Die Aufgaben, die sich das Bayer-Werk für die Schülerinnen und Schüler von 50 Schulen ausdachte, hatten es beim Tag der Chemie einmal mehr in sich. Weil sich das längst herumgesprochen hat, die Herausforderung außerdem mehr als Spaß macht und man ganz nebenbei in spannende Berufe hineinschnuppern kann, war der Andrang auch am Samstag wieder riesengroß. Zumal eine stattliche Belohnung für die Gewinner lockt: Die fünf erstplatzierten Teams jedes Jahrgangs wurden mit Geldprämien in Höhe von 500 bis 2.500 Euro ausgezeichnet. Insgesamt wurden somit 22.500 Euro an die teilnehmenden Schulen ausgeschüttet.

Die Siegerteams:

Klasse 6

1. Platz Archigymnasium (Soest)
2. Platz Ursulinengymnasium (Werl)
3. Platz Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasium (Hemer)
4. Platz Pestalozzi-Gymnasium (Unna)
5. Platz Friedrich-Bährens-Gymnasium (Schwerte)

Klasse 9

1. Platz Städtisches Gymnasium Kamen
2. Platz Anne-Frank-Gymnasium (Werne)
3. Platz Friedrich-Bährens-Gymnasium (Schwerte)
4. Platz Max-Planck-Gymnasium (Dortmund)
5. Platz Pestalozzi-Gymnasium (Unna)

 

Stolz auf den zweiten Platz kann das Team vom Städtischen Gymnasium Bergkamen sein.

Jahrgang 12

1. Platz Gymnasium Lennestadt
2. Platz Städtisches Gymnasium Bergkamen
3. Platz Gesamtschule Fröndenberg
4. Platz Reinoldus- und Schiller-Gymnasium (Dortmund)
5. Platz Gymnasium Schloss Overhagen (Lippstadt)




Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen: Römerfest platzt fast aus allen Nähten

Ganz schön zur Sache ging es bei den Gladiatoren in der Arena.

Profis und Azubis: Wer wollte, konnte sich auch als Gladiator versuchen.

„Ich kann nicht mehr“, stöhnt ein Gladiator-Azubi und stützt die Arme auf den Knien auf, um zu verschnaufen. Sein Ausbilder zückt derweil das Schwert und setzt zum finalen Stoß an. In der Arena seinen Mann zu stehen, ist nicht so einfach wie gedacht. Aber Spaß macht es trotzdem. Erst recht, wenn sich danach die Profis mit Netzen und Dreizack packende Duelle liefern. Wie beim Römerfest im Römerpark.

Zubehör beim Medicus.

Das Leben war vor knapp 2.000 Jahren vor und hinter den Mauerwänden des Römerlagers allerdings nicht immer so spannend. Exerziert wurde hier stundenlang, die Waffen mussten geputzt werden und es gab reichlich Langeweile in den friedlichen Zeiten, die nur Würfel und Essen vertreiben konnten. Gerochen hat es mit Sicherheit auch nicht gerade prickelnd, deshalb mussten wohlriechende Öle her. Und wenn es dann wirklich mal zum Kampf kam, waren die nicht eben vertrauenserweckenden Künste des Medicus gefragt. Der legte haarsträubende Instrumente bereit, um sich auch schon mal am offenen Gehirn oder am Auge meist wenig erfolgreich den Verletzungen zu widmen.

Waffen der besonderen Art.

Für die meisten der unzähligen Besucher war es am Wochenende trotzdem faszinierend, einen Blick in das mögliche Alltagsleben eines römischen Lagers zu werfen. Da wurden Kettenhemden zusammengesetzt, filigrane Gürtelschnallen erstellt. Hier töpferte jemand, dort spannte ein Legionär die Armbrust und peilte das schon reichlich zerlöcherte Ziel an. Spielzeuge gab es, Lederutensilien für das Marschgepäck, Unmengen Waffen und auch Kostproben dessen, womit man sich seinerzeit jenseits von Chips und Schokolade die Mägen füllte.

Mit dem Griffel und Armbrust in eine andere Ära

Legionäre auf dem Durchmarsch.

Wer sich auf modernen Gummisohlen den Weg durch die Menge bahnte, der wurde im Stechschritt von einer halben Kohorte auf genagelten Ledersandalen überholt. Ein einer Ecke wurde der schlampige Legionär für falsche Reaktionen auf die Kommandos zusammengestaucht, in der anderen Ecke versuchten sich Mutige daran, mit einem Griffel lateinische Buchstaben ins Wachs zu schnitzen. Sich hier zu konzentrieren fiel allerdings schwer. Auf der einen Seite rauschten Streitwagen im Gleitflug vorüber. Auf der anderen standen die Soldaten für die Waffenschau Spalier.

Auch das Feuermachen will gelernt sein.

Fast auf jedem Grashalm gab es etwas zu entdecken. Sei es der Blick in die Zelte der italienischen Legionäre, die eigens aus Rom angereist waren. Oder eine Fachsimpelei zwischen holländischen Statisten und jenen, die eigentlich als Seefahrer gegen die Feinde des römischen Reiches antreten. Legio XIX Chors III. Legio XXI Rapax, Amor Mortis, Classis August r Chors I Nervana hießen die Truppen, hinter denen 70 Akteure aus Köln, Moers, Xanten, Dresden oder Augsburg zwischen fast 50 Zelten steckten. Ein kunterbuntes Treiben, das auch die Organisatoren vom Stadtmuseum zeitweise überforderte. „Wir haben bei 1.000 aufgehört zu zählen“, schildert Mitarbeiter Thossa Büsing den Andrang am ersten Tag. Am Sonntag strömten noch mehr auf das Gelände.

Düfte ausprobieren macht ebenfalls Spaß.

Schließlich wächst auch das Römerfest stetig und zeigt immer mehr Attraktionen. Mancher Akteur ist dabei so engagiert, dass er schlicht das Trinken bei spätsommerlichen Temperaturen vergisst und kurzzeitig den Boden unter den Füßen verliert. Keiner der kleinen Besucher verließ jedenfalls das Gelände ohne ein Schwert, einen Schild oder andere Andenken an ein aufregendes Wochenende in längst vergangenen Zeiten.

 




Wellenbad gehört zwei Tage lang den Vierbeinern

Gemeinsam geht es besser mit dem begehrten Spielzeug.

Ungebremst geht es mitten hinein in die Wellen.

Der eine springt ungebremst im vollen Flug mitten hinein in die Wellen. Der andere tastet sich ganz vorsichtig an das unheimliche Nass heran und setzt vorsichtig eine Pfote hinein. Andere beißen ins Wasser, wieder andere schütteln sich angewidert und schauen lieber aus der Ferne zu, was die anderen da so treiben. Beim Hundeschwimmen zum Saisonabschluss gehörten die Becken im Wellenbad Weddinghofen ausschließlich den Hunden. Zwei Tage lang.

Das Ziel wird anwisiert und zugeschnappt.

Dafür hatte Schwimm-Meister Jens Winiecki schon Mitte der Woche die Chlorzufuhr eingestellt. Die Umwälzanlage und weitere Technik war kurz vorher abgeschaltet worden. So stand dem grenzenlosen vierbeinigen Badevergnügen nichts mehr im Wege. Menschen allerdings durften aus hygienischen Gründen nicht mit ins Wasser.

Überall lauerten Konkurrenten.

Da war auch kein Platz mehr, denn so weit das Auge reichte schauten Hundeschnauzen aus dem Wasser. Große und kleine, reinrassige und bunt gemischte: In allen Varianten genossen die Hunde den kurzweiligen und vor allem ausdrücklich erlaubten Badespaß. Andernorts gibt es Verbote. Hier darf jeder ungehemmt ins kühle Nass springen. Die passenden Spielzeuge hatten die Besitzer dabei. Dafür kamen sie sogar aus Münster und Werl angereist, damit ihre Tiere ganz ohne Einschränkungen nach Herzenslust baden durften.

Ein bisschen Anschubhilfe gab es für allzu Zaghafte.

Aus Holzwickede kam „Malu“ – schon mit reichlich Erfahrung aus anderen Schwimmbädern im Gepäck. Mit dem bloßen Baden gab sich der Labrador/Golden Retriever-Mischling gar nicht erst ab. Kopfüber tauchte sie unter, wenn die Wellenanlage ansprangt und alle halbe Stunde kleine Wassergebirge produzierte. „Es macht ihr einfach grenzenlosen Spaß – und uns auch“, sagt Besitzer Dirk Schütte.

Geschafft!

Nicht weit hatten es Labrador-Setter-Mix Josy und Podenko-Schäferhund-Mischling Pebbles. Sie sind echte Bergkamener planschen gelegentlich am Kanal. „Das ist aber mit den Schiffen auch ganz schön gefährlich“, sagen ihre Besitzer. An anderen Gewässern ist Schwimmen für Hunde verboten. Also geht es einmal im Jahr ins Freibad, wo sich die beiden richtig austoben können.

Bei den älteren Herrschaften ging es etwas gemächlicher zu.

Auch auf der Wiese, wenn es mit dem feuchten Spaß genug. Dort vertrugen sich ausnahmslos alle, auch wenn der eine oder andere kurze Kraftproben wagte. Schon seit 2013 gibt es jetzt das Hundeschwimmen, mit stetig wachsender Teilnehmerzahl. Zum zweiten Mal haben die GSW den Badespaß deshalb auf zwei Tage ausgeweitet. Das Wasser bleibt anschließend übrigens in den Schwimmbecken – auch über den Winter. Damit die Fliesen keinen schaden nehmen. Erst vor der neuen Saison wird es gegen frische Füllungen ausgetauscht.

 

 




Illusionen, Träume und Wahrheiten in Kunstwelten aus 3D

Eine aufregende dreidimensionale Entdeckungstour bietet die neue Ausstellung in der sohle 1.

Illusionen aus Farrbe und Formen faszinieren.

Krakententakel in mikroskopischer Nahaufnahme, unendlich vergrößert? DNA-Stränge, unergründliche Zelleninnereien oder doch einfach nur zerplatztes Kaugummi? Jesus Christus mit Mona Lisa vermischt beobachtet von den Augen der Damen mit dem Hermelin? Falsch gesehen und/oder falsch gedacht! Was das Auge in der Galerie sohle 1 aktuell zu erkennen vermeint, ist bloße Illusion. Geschaffen aus Zehntausenden von bunten Zahnstochern, Silikon und gedrehten Drähten. Ausschließlich in 3D.

Mitten hinein in die Installationen: Die Besucher auf Entdeckungstour.

Es ist wahrlich eine „außergewöhnliche Ausstellung mit außergewöhnlichen Künstlern“, die Kulturdezernent Mar Alexander Ulrich dort am Samstag eröffnen durfte. Ein Zusammentreffen von Kunstwerken, deren Erschaffer sich zwar aus Düsseldorf kennen, aber noch nie zusammen ihre Kreativität präsentiert haben. Eine Kollision der Welten, die Spaß macht – nicht nur optisch, sondern auch für die Imagination. Stets von einer neuen Seite zeigen sich die Frauengesichter von Maxim Wakultschik und Installationen von Aljoscha, fließen, tropfen, gleiten, rutschen und schweben die Perspektiven vor dem Auge dahin und sind kaum zu fassen. Was gerade noch wie ein monströses Tiefseewesen anmutete, verwandelt sich einen halben Schritt weiter in ein Faszinosum aus mathematisch zerlegten Strukturen. Nichts ist hier, wie es scheint.

Von Verbindungen, Akribie und Verwirrungen

Die Kunsthistorikerin Nathalie Krall entdeckte Ungeahntes.

Nicht weniger faszinierend wie das kognitive Erlebnis war die Interpretation von Kunsthistorikerin Nathalie Krall. Was sie aus den Werken herauslas, glich einer eigenen Kunstform für sich – zum Glück bald in gedruckter Form direkt vor den Werken nachzulesen. Denn aus ihr sprudelte geradezu heraus, was mancher kaum zu denken wagte. Fast chirurgisch sezierte sie aus den Werken „ein ganzes Universum verbundener Elemente“ heraus – „dynamisch, vielseitig, eklektisch“, randvoll mit „Recherche, Forschung, Überlegung“.

Erinnerungen zum Mitnehmen: Farbige Zahnstocher für den künstlerischen Selbstversuch.

Begonnen haben Aljoscha wie Maxim Wakultschik mit der Malerei. Beide fanden schnell den Weg von der Fläche in die Dreidimensionalität. Aljoscha mit zufälligen Formen, die auf der Farbpalette wuchsen und schließlich in Acrylglas, Silicon und Draht von einer anfangs unbekannten Form in utopische Modelle neuartiger Lebensformen wuchsen. Die Liebe zur Mathematik und zum Geduldsspiel ist bei Maxim Wakultschik nicht zu übersehen. Er zersplittert die „Fläche in kleinste Einzelteile“ und schafft beinahe etwas ähnliches wie „Verpixelungen“. Bis zu 58.000 Holzstäbchen formen sich tatsächlich zunächst am Computer zum fertigen Bild – „unter Berücksichtigung aller Wahrscheinlichkeiten“. Visuelle Verwirrung und Illusionen schaffen auch die fast „überirdisch schönen Frauengesichter“, die ihren Ausdruck ständig verändern, eine Aura des Unerreichbaren schaffen und bei den Alten Meistern Anleihen schaffen.

Faszinierende Porträts mit vielseitigen Perspektiven.

750 Farbtöne hier, Spiel mit Licht und Schatten hüben wie drüben. Beide versuchen in der Zerlegung des großen Ganzen in die Kleinteiligkeit oder umgekehrt „Bünde der Gesellschaft zu schaffen“, Gegenmittel für Ängste und Phobien, im Zufall die Hoffnung zu entdecken. Wie all das in Diversität und Inklusion münden kann: Eine Lektüre der Deutung lohnt sich mindestens so sehr wie der Streifzug durch die Ausstellung. Mitten hinein in die 3D-Welten „Bioethical Aberrations“ und „Polymorphismus“, denn die üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.

 

 

 

 




Kunstmarkt lockt auf die grüne Wiese in Rünthe

Wiese und Pavillons: Der 2. Kunstmarkt in Rünthe lockte unter den freien Himmen.

Kunst mit Möbeln.

Ihre Kunstobjekte findet sie nicht selten am Straßenrand. Alte Tische und kleine Hocker: Silke Bennemann nimmt sie mit in ihr Rünther Zuhause. Dort warten unzählige Kreidefarben darauf, zum Einsatz zu kommen. Schablonen, Muster und neue Fliesen – fertig ist ein ganz neues Möbelstück. Eine Kunst, die sie im nächsten Jahr auch als Workshops vermitteln will. Beim 2. Rünther Kunstmarkt zeigte sie, wie das funktioniert.

Menschliche Kunst aus Alufolie.

Andere verwandeln Alufolie in menschliche Figuren, die sich in allen erdenklichen Körperhaltungen durch das Leben bewegen. Wieder andere geben ausgedienten Schaufensterpuppen ein knallbuntes neues Leben. Getöpferte Gesichter recken sich in den Himmel, Muscheln verwandeln sich in Gemälde. Vom Tierbild bis zum Kunst-Schmuck reichte das Angebot der 16 Künstlerinnen und Künstler, die sich auf der Wiese am Sandbochumer Weg präsentierten. Zum zweiten Mal in Kooperation des Aktionskreises Wohnen und Leben Bergkamen und des Dortmunder Kunstkreises Glücksschmiede.

Kunst nicht nur im stillen Kämmerlein

Kunst mit Lack.

Im vergangenen Jahr war die spontane Idee binnen fünf Wochen umgesetzt worden. Diesmal gab es etwas mehr Vorlauf. Der Aktionskreis hat den Kontakt zur Eigentümerin der Wiese und zum Kulturreferat, das die Pavillons zur Verfügung stellt. Der Kunstkreis sucht nach neuen Möglichkeiten, „nicht nur im stillen Kämmerlein zu sitzen und ins Gespräch zu kommen“, so Susanne Weiß. So ergänzen sich beide Seiten gegenseitig. Denn: „Wir wollen auch etwas für die Stadtentwicklung tun“, betont Karlheinz Röcher, der Vorsitzende des Aktionskreises. Der machte nebenbei auch auf ein geplantes Gewerbegebiet zwischen Rünthe und Overberge aufmerksam – ein Vorhaben, das nicht eben auf Begeisterung stößt.

Auch Geschichten gab es im Erzählzelt.

Der Plan jedenfalls ging auf. Nachdem sich die Regenwolken verzogen hatten, kamen auch die kunstinteressierten Besucher, um zwischen den Pavillons zu flanieren, ein wenig zu plaudern, den „Geschichten aus dem Dustertal“ von Michael Wrobel im schummrigen Erzählzelt zu lauschen und sich mit Kaffee und Kuchen zu stärken. Vielleicht gesellen sich demnächst auch noch mehr Künstler aus Bergkamen dazu.




„Echt jetzt“: Mit Algorithmen, Vollpfosten und Smombies schnurstracks bergab

„Echt jetzt“: HG Butzko brauchte nur ein Mal ein Requisit, um den Ernst unserer Lage zu verdeutlichen.

Dass ein Mann mit einem Stehtisch und einem Hocker einen ganzen Abend füllen kann, ist selten geworden. Zumindest, wenn dabei auch noch die grauen Zellen beschäftigt werden. HG Butzko schaffte das am Donnerstag zum Auftakt der Kabarettreihe im studio theater mühelos. Zwar mit Standup, aber ganz ohne Schenkelklopfer. Mit gutem altem Kabarett eben. „Die Älteren werden es noch wissen“, würde er als Motto des Abends wohl selbst kommentieren.

Engagiert am Stehttisch: HG Butzko bot handfestes Kabarett.

Dabei blieb den Bergkamenern das Wissen der Älteren durchaus mit den Lachern im Halse stecken. Denn die Bilanz des gebürtigen Gelsenkircheners nach mehr als 20 Jahren auf der Kabarettbühne war unter dem Titel „echt jetzt“ durchaus ernüchternd. Trump wähnten schon die Simpsons als Präsident, als er zum ersten Mal an den Stehtisch trat. An „wichtigtuerischen Politprotzen von Politwürstchen“ mangelt es seitdem konsequent nicht nur im „Land der unmöglichen Begrenztheiten“ nicht. Auch im wahrhaftigen Berliner Gebäudekomplex sieht es bei der Gammelfleisch-Beschau der Abgeordneten böse aus. Warum? Weil wir selbst schuld sind.

Die Trump-Wähler bleiben, selbst wenn der Präsident verschwindet. Und auch der „Urnengang“ mit der AfD trägt nur einen politischen Anstand zu Grabe, der nachhaltige Wurzeln hat. Die „Blödbirnen der Nation“ und Rechtspopulisten entpuppten sich am Stehtisch als Spiegel einer Gesellschaft, die noch nicht mal die Integration von Ostfriesen in Unterbayern, geschweige denn nach 30 Jahren Wiedervereinigung der Ossis in die Gesamtrepublik bewältigt.

Das Gefühl der Sicherheit ist trügerisch

Auf der Suche nach dem trügerischen Gefühl der Sicherheit bekam Frau Merkel abgehoben mit sinnentleerten Phrasen im Paralleluniversum ebenso ihr Fett weg wie Polit-Deutschland mit erhobenem europäischen Spar-Zeigefinger als Mitverursacher für kollektiven Europafrust. Auch der kulturelle Perspektivwechsel rückte da einiges zurecht: Wäre das Schießpulver von China dereinst nach Afrika statt Europa abgebogen, würden Müsli und Sauerkraut heute mit afrikanischer Entwicklungshilfe vermarktet und Bergkamen gehörte mit den vom Lineal gezogenen Grenzen zur Kolonie Holland, während die Kohle von Geralds und Asmoahs längst ausgebeutet wäre.

Nur selten losgelöst vom Stehtisch, dort aber umso treffsicherer.

Alltagsrassismus ohne Rassisten, Geschlechterdiskriminierung: Es ging munter durch die Auswüchse der Jetztzeit. Besonders akribisch rückte Butzko dabei dem explodierenden Drogenkonsum mit Todschlagsgefahr am Handy auf die Pelle. Nicht ohne Bildungsmehrwehrt, denn wer weiß schon, dass es jährlich 2.500 Straßentote, davon 500 unter Handyeinfluss, gibt und nur 13 durch Dschihadisten. Oder dass inzwischen Ampel-LEDS für „Evolutionsbremsen“ am Smartphone in den Boden eingebaut werden. Wer früher als Torpfosten nicht mitspielen durfte, der krempelt heute als Vollpfosten mit Spracherkennung und Mitteln zur Selbstüberhöhung durch Selfies unser Miteinander komplett um. Die digitale „Mogelpackung mit Horrortrip“ entsetzt sogar die meisten von jenen, die sie erfunden haben. Politisch herrscht aber weiter „Bedenken second“ und das ist ebenso bedenklich wie die zu erwartende Vernichtung von 3,5 Arbeitsplätzen, an denen die meisten von uns selbst mitarbeiten, die Abschaffung der Politik durch Algorithmen und die Roboter-Entsorgung von Obdachlosen in Silicon Valley.

Rassismus und Co. sind nur der Anfang vom Verlust der Empathie, weiß HG Bentzko – und wird damit goldrichtig liegen. Auch wenn der Weg der Erkenntnis dorthin weh tat und mancher Applaus mit leichtem Entsetzen versackte: Die Bergkamener klatschten den Gast in die Zugabe und zeigten, dass es vielleicht doch noch Hoffnung gibt – „echt jetzt“!