Legionäre stehen stramm für die Eröffnung im Römerpark – Rauchopfer inklusive

Feierliches Rauchopfer für die neue Römerparksaison.Der Fächer aus Pfauenfedern hat auch nicht viel geholfen. Die in Reih und Glied aufgestellten Schilde flimmerten in der brütenden Hitze und die Opferschale brauchte eigentlich kein Feuer, um den Weihrauch zu entflammen. Das hätten sich die römischen Soldaten der Legio XIX wohl auch nicht träumen lassen, dass sie zum Dienstantritt in Germanien fast dasselbe Klima erwartete wie in ihrer Heimat.

Abmarsch der Legionäre in Reih und Glied.

Unter den Helmen und Kettenhemden war jedenfalls am Samstag reichlich der so berühmten Disziplin gefragt, als die Legionäre in Reih und Glied immerhin im Schatten hinter der Holz-Erde-Mauer aufmarschierten. Endlich war das überhaupt wieder möglich. Im Vorjahr hatten die ersten Coronawellen alle römischen Aktivitäten auf Eis gelegt. Deshalb schwitzten alle Beteiligten vom Centurio bis zum Senator mit ausgewiesener Freude. Sogar aus Italien und den Niederlanden waren die Soldaten aufmarschiert. Schließlich ging es um nichts anderes als die offizielle Saisoneröffnung im Römerpark.

Ehrenauszeichnung für den ehemaligen Bürgermeister.

Mit der offiziellen Übergabe der Hausordnung an den Beigeordneten und Kulturdezernenten Marc Alexander Ulrich im stilechten Stuhl war dieser traditionelle Akt formell bewältigt. Dazu gehörte unter Beteiligung des Fördervereins auch ein ordentliches Rauchopfer mit Weihrauch, damit wenigstens dieses Jahr ein gutes wird. Die Legionäre erhielten hernach ihren Sold und konnten den gleich in der nahe gelegenen Taverne für nicht ganz historisch echte Bratwürstchen und Wein verprassen. Vorher gab es aber noch eine besondere Zeremonie: der ehemalige Bürgermeister Roland Schäfer erhielt mit einer originalgetreuen Armilla eine fast echte römische Auszeichnung für verdiente Soldaten. Eine Wertschätzung für sein jahrelanges Engagement für den Römerpark. Auch eines verstorbenen Mitstreiters gedachten die Soldaten, bevor sie in Reih und Glied wieder abmarschierten.

Antreten zum Wachdienst auf der Lagermauer.

Nicht alle konnten sich danach erholen. Manche mussten zum Wachdienst auf der Mauer antreten. Andere präsentierten ihre Ausrüstung und erläuterten, was sich hinter den einzelnen Abzeichen verbarg. Denn schließlich waren auch einige Besucher gekommen, um alles über das Römerlager, den Nachbau der Holz-Erde-Mauer und die römischen Legionäre zu erfahren. Das freute nicht nur Museumsleiter Marc Schrader. Auch das gesamte Team der Ehrenamtlichen war froh, wieder in die Rolle als römische Statisten schlüpfen zu dürfen. „Ohne das große Engagement jedes einzelnen wäre das alles hier gar nicht möglich“, betont Schrader. Auch das nicht, was an den kommenden Wochenende geplant ist. Am Handwerkerunterstand können die Besucher beobachten, wie die einzelnen Bauteile für eine Erweiterung der Mauer samt Tor entstehen und welche Werkszeuge dafür schon in der Antike verwendet wurden. „Wir wollen die Lebendigkeit nach der langen Corona-Durststrecke zurück an diesen Ort holen.“

Das ist am Samstag schon einmal eindrucksvoll gelungen. Wer will, kann sich davon demnächst wieder samstags und sonntags von jeweils 12 bis 17 Uhr überzeugen – bis zum Saisonende am 30. Oktober, sofern nicht weitere Covid-Mutanten dazwischen kommen.

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Kochendheißes Kulturpicknick mit hypnotischen Überraschungen

Hoch her ging es auf der Bühne mit den „Awesome Scampis“, Feuerwerken, Wellensittichen und Taubenjagd.

Wellensittiche auf der Bühne, kleine Bengalische Feuer, Luftschlangen-Feuerwerke aus Papier und hypnotisierte Orchester: Das kulturelle Erwachen aus der Corona-Stille war in Bergkamen am Freitag im wahrsten Sinne belebend. Vor der Kulisse der römischen Lagerumwehrung machte sich auf dem maskengeschützten Mikrokosmos der Picknickdecken ebenso große Euphorie breit wie auf der Bühne. Endlich wieder Live-Musik und Input für die entwöhnte Kultur-Seele.

Huch, das ist aber laut: Die kleinsten Zuschauer kennen Livemusik nach monatelanger Coronastille fast gar nicht mehr.

Das müssen alle nach Monaten der Entbehrung erst wieder lernen. Mancher sehr kleine Zuschauer war regelrecht erschüttert, was dort alles aus Lautsprechern kommen kann. Ameisen und andere hartnäckige Insekten fielen begeistert über die endlich wieder massig auf einem Fleck zur Verfügung stehende menschliche Nahrung her. Die Akteure schienen manchmal fast überrascht, dass dort vor ihnen nicht virtuelle, sondern echte Zuschauer saßen.

 

Sexy Trompetensolo mit unmissverständlichen Hinweisen.

Neun Monate lang hatten die „Awesome Scampis“ als Lokalmatadoren mit 250 Auftritten im In- und Ausland überhaupt kein Publikum mehr zu Gesicht bekommen. „Sorry, für müssen uns erst wieder daran gewöhnen“, hieß es deshalb öfter mal entschuldigend. Etwa wenn spontan zur Laola-Welle aufgerufen wurde und alle Beteiligten leicht erschrocken wirkten. Oder wenn das eigentlich zum lauten Mitgrölen konzipierte Lied kurzerhand zum Mitsummen umfunktioniert wird, weil ja eigentlich immer noch die AHA-Regeln gelten.

Spaß hatten sie jedenfalls alle, die acht Musiker auf der Bühne und alle drumherum. Oben gab es Apfelsaft aus der Picknick-Tüte, unten mitgebrachte Oliven, Käsehäppchen und ein laufwarmes Gläschen Wein im subtropischen Ambiente. „Es fühlt sich so gut an, dass endlich wieder was geht“, jubelte die Band und das Publikum geschlossen mit ihr. Die Luft flimmerte nicht nur im Songtext auf der Bühne, wo ein sexy Trompetensolo von verbalen Feuerreifen abgelöst wurde und auch der „Schrei nach Liebe“ nicht fehlen durfte. Ein neuer Song war auch dabei und entführte zu „Omma in der Küche“ mit wenig jugendfreien Szenarien. Quarantänegesichter zum Mitsummen gab es, statt Aufstehen war Hinsetzen gefragt und die Zugabe selbstverständlich auch noch.

Hynpnose mit coronokonformem Handauflegen.

Improvisieren musste auch Aaron, der Hypnotiseur im zweiten Teil des Kulturpicknicks. Die klassische Hand zum Auflegen war coronabedingt an den Abstandshalter gebastelt. Für die vielen Freiwilligen reichten die in Abständen aufgebauten Stühle kaum. Einige erwiesen sich auch als resistent gegen jede verbal herbeigeflüsterte Aufforderung, die eigenen Füße, Hände, Augenlieder und schließlich den dringenden Wunsch nach Schlaf zu verspüren. Andere entglitten schnurstracks in andere Welten, richteten sich auf Befehl auf, winkten auf Kommando kollektiv und stimmten als gemeinsames Orchester schwungvoll das eigene Lieblingsinstrument an, auch wenn es real gar nicht vorhanden war.

Fast wie schön wie in Rom: Neben dem römischen Militärlager war die Stimmung bei Mittelmeertemperaturen mehr als gelassen.

Alle Picknick-Decken waren vergeben, auch wenn einige wenige Zuschauer den Weg hitzebedingt dann doch nicht angetreten hatten. Ein gleichnamiger Lebensmittellieferant hatte für jede Decke eine Survival-Tüte vorbereitet. Und das angekündigte Gewitter machte freundlicherweise einen großen Bogen um den Wald am Römerpark. So konnten alle dieses erste von drei geplanten Picknicks mit Kultur restlos genießen. Und hoffen, dass es in diesem Jahr nicht schon nach zwei Veranstaltungen wieder den nächsten Lockdown gibt.

 

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Mit einem kolossalen Klangkosmos die Rückkehr zur kulturellen Normalität feiern

„Tamala“ als Reisende der Weltmusik in Aktion im Trauzimmer.

Allein das Kissen mit den vielen „Nebeninstrumenten“ war Weltmusik pur. Rasseln, Ketten, Schalen, winzig kleine Gitarren: Pure Exotik lag bereit für den Auftritt von „Tamala“ im Trauzimmer der Marina Rünthe. Was Stegharfen Unglaubliches aus ihrem Innersten nach Außen tragen können, wie ein Instrument mit nur einer Saite Gänsehaut erzeugt und eine Stimme mühelos weit über den Kanal hinaus von fernen Kulturen erzählen kann: All das steckte in nur einer Stunde voller Sehnsucht.

Mitreisende Musik bot das Trio.

Eine gefühlte Ewigkeit war es im Trauzimmer unerträglich still geblieben. Am Montag kam er endlich mit voller Wucht zurück: Der Klangkosmos sorgte dafür, dass Menschen überrascht im Vorbeiflanieren innehielten, stehen blieben und feuchte Augen bekamen. Das lag nicht nur am monatelangen Kulturentzug. Die Musik von „Tamala“ kam ganz tief aus dem Innersten, randvoll mit Exotik, Tradition, Erinnerungen, Zukunft, Hoffnung und Schmerz. Interpretiert von einer unfassbar kraftvollen Stimme und faszinierenden Instrumenten.

Exotische Instrumente Kamen zum Einsatz.

Senegal und Belgien steckten in dem Trio – musikalisch und kulturell. Eine spannende Mischung, die ganz Neues entstehen ließ. Klänge, die dem Ohr bekannt vorkamen und im nächsten Moment in völlig Unbekanntes abschweiften. Fühlte man sich gerade noch auf sicherem Terrain, wartete die Überraschung schon mit der nächsten Note. In jedem Stück kam ein neues Instrument zum Einsatz, dessen Namen unaussprechlich ist. Xalam, Cora: Sie alle zauberten Klänge hervor, die den Gesang von Mola Sylla mühelos aus den weit geöffneten Türen des Trauzimmers hinaustrugen. Ein Sänger mit beeindruckender Kraft, der als „kreativster Sänger des Senegals“ gehandelt wird und dessen eindringliche Tiefe unmittelbar einem Werner-Herzog-Film entsprungen zu sein scheint.

Gute Laune kam nicht nur in den Gesichtern der Akteure zur Geltung.

Da waren „Schlaflieder“ dabei, die von Sehnsucht erzählten. Stücke über starke Frauen und über Männer, die mit einer Schule im Sengal nicht nur Bildungsarbeit etablieren. Auch von der Religion erzählte ein heiteres Lied: Jesus gibt es überall und eigentlich ist auch sonst fast alles gleich, behauptet das Stück verschmitzt mit einem Augenzwinkern, das manchem politischen Konflikt gut täte. Das Trio macht also nicht nur Herzblutmusik, es transportiert auch eine kleine Mission ganz unaufgeregt. Mit Instrumenten, die im Übrigen auch selbst gebaut sind.

Besser hätte es also nicht kommen können nach einer schmerzlichen kulturellen Durststrecke. Musik, die keiner der gut 20 Anwesenden so schnell wieder vergessen wird. Mit Geschichten, die nachwirken. Umjubelt und beklatscht nach jedem einzelnen Stück.




Stadtradeln endet mit neuem Rekord und blitzblanken Rädern

Das Stadtmaskottchen erheitert die Wartenden in der Schlange vor der Radwaschanlage.

„Sah Ihr Fahrrad so aus, als Sie es gekauft haben?“, fragt Sachin Kumar und schaut in verwundert aufgerissene Augen. Der Besitzer kann gerade nicht glauben, was dort glänzend und blitzblank aus der Fahrradwaschanlage kommt. Drei Minuten vorher war sein Rad noch schlammverkrustet, die Farbe nur vage zu erahnen. „Unfassbar“, sagt er und schlägt sich die Hand verzückt vor den Mund. Kein Wunder. Das Stadtradeln hat schließlich an manchen Drahteseln Spuren hinterlassen.

Ab in die Waschanlage: Rund 130 Räder kamen am Samstag nach gut 3 Minuten wieder blitzblank heraus.

Immerhin ist ein neuer Bergkamener Rekord mit rund 105.000 gefahrenen Kilometern, 763 Radlern, 54 Teams und knapp 15 Tonnen CO2-Einsparung zustande gekommen. Mancher Radler hat in den drei Aktionswochen 1.000 Kilometer heruntergestrampelt – bei nicht immer vorbildlichem Fahrradwetter. Die meisten Teilnehmer hatten daher eine Radwäsche bitter nötig. Die gab es denn auch zum Abschluss des Stadtradelns am Samstag in der Marina.

Ausverkauft ist bereits der Raddress ganz und gar im Bergkamen-Look.

Vor mediterraner Kulisse standen die Radbesitzer Schlange, damit Sachin Kumar sich ein paar Minuten lang ihrer Problemfälle annimmt. Viele Räder brauchten eine Vorwäsche mit dem Hochdruckreiniger. Danach verschwanden sie komplett in der selbstentwickelten Waschanlage des Kölners. Egal ob klassischer Drahtesel oder modernes E-Bike: Nur noch Sattel und Lenker schauten oben heraus, während eine Vollautomatik rotierende Bürsten am Rahmen entlangfahren ließ. 2015 begann Sachin Kumar mit seiner Entwicklungsarbeit. „Angefangen habe ich bei Null“, sagt er. Die Gewissheit, dass eine gründliche und effektive Wäsche ein meist mühsames Problem für jeden Radfahrer darstellt, trieb ihn an. Und Radfahrer gibt es inzwischen immer mehr. E-Bikes erleben mit der Corona-Pandemie einen nie dagewesenen Boom. 30.000 Euro kostet die Anlage, die inzwischen schon einen Nachfolger hat. Verschiedenen Typen von Waschanlagen gibt es. Sie stehen in 40 Städten in 40 Ländern.

Besichtungen auf der Baustelle des neuen „Pier 47“ waren ebenfalls begehrt.

Immer mehr Radler sehnen sich auch nach kühlen Erfrischungen und schattiger Erholung. Erst recht, seit es immer mehr Corona-Lockerungen gibt. Rainer Enste ist deshalb guter Dinge, dass es mit seinem neuen Lokal „Pier 47“ nach über drei Jahren Leerstand im ehemaligen Nauticus trotz Corona einen guten Anfang nehmen wird. Am Samstag öffnete er zum ersten Mal die Türen, obwohl im Hintergrund noch kräftig für die Eröffnung Ende Juni gearbeitet wird. Street Food wird hier bald serviert, „nichts Kompliziertes, aber doch Hochwertiges“ bei Bedarf auch mit selbstgelabelten Weinen – auch zum Mitnehmen. 50 Tonnen Sand werden im Außenbereich aufgetürmt und für Karibikfeeling sorgen. Die Idee konnte der Unternehmensberater für die Gastronomiebranche vor allem deshalb frei entwickeln, weil der Neueigentümer dabei kräftig unterstützte.

Wem für einen Ausflug in die Marina noch die Ausrüstung fehlt, der konnte sich am Samstag beim Stadtmarketing ebenfalls eindecken. Der komplette „Bergkamen“-Raddress war allerdings schon ausverkauft. Nicht weniger begehrt waren die Radtouren der Gästeführer, Radkarten, Ersatzschläuche, Thermobecher und andere Radfahrerutensilien. Das kostenlose Eis ließen sich die meisten ebenfalls nicht entgehen.

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Mit Tina Teubner einfach mal lustvoll die Revolution im Lockdown wagen

Mit einem kulturellen Kraftpaket in den nächsten Lockdown: Tina Teubner mit Pianist

Gute Laune nicht nur gegen Nörgelstimmen.

Zum Glück hat sie hemmungslos gelogen. „Willkommen zum Feuerwerk der schlechten Laune“, begrüßte Tina Teubner die Bergkamener zum vorerst wieder letzten Comedy-Genuss im studio theater. Stattdessen gab es vor allem bissig Heiteres und süffig Musikalisches mit einer satten Priese Nachdenklichem und viel Wehmut. Alles nach dem Motto „Wenn Du mich verlässt komm ich mit“.

Wer weiß in diesen Zeiten schon, ob er überhaupt bis zum Ende bleiben darf – auf der Bühne und davor? Da findet auch eine routinierte Kabarettistin wie die Rheinländerin keine Pointen mehr vor lauter prekären Situationen. Es war dennoch wohltuend, nicht mit der neuesten Corona-Traurigkeit in den Abend zu starten. Einfach mal wohlstandsbadend zufrieden zu sein und den allgegenwärtigen „Nörgelstimmen“ in allen Bereichen den musikalischen Stinkefinger zeigen.

Auch an der Ukulele virtuos.

Dennoch bleiben mehr Fragen als Antworten. Angefangen vom essgestörten Baby bis zur gestressten Mutter, die zum Glück verpflichtet ist. Das Pränatal-Ballett mit einem heulenden Pianisten machte Laune. Der verbale Ausflug in den rundum optimierten Alltag mit Massenachtsamkeit umso mehr. „Wäre eine Revolution nicht viel schöner?“, fragt Tina Teubner süffisant mit Blick auf den meditierenden Manager. Ein schöner Ausblick. Also: „Wir wollen fröhlich sein“ in unserem chronischen Hang zur Traurigkeit. Mit der ausdrücklichen Aufforderung, wenigstens in der Pause mal jemanden niederzubrülllen.

Und sogar die singende Säge gehorcht Tina Teubner.

Die gerade einmal 70 Zuschauer brüllten zwar nicht, sie gaben sich aber alle Mühe, den Applaus in stattliche Höhen anschwellen zu lassen. Schließlich gab es nicht nur erstklassig ironischen Humor, sondern auch wunderbare Musik. Tina Teubner ist nebenbei noch ausgebildete Musikerin und beherrschte die Geige ebenso gekonnt wie die Ukulele und die singende Geige. Musizieren als Schule der Empfindsamkeit gegen eine Realität, in der 8 Menschen so viel besitzen wie 3 Milliarden im ärmsten Teil der Welt. Kriege gab es schon für nichtigere Anlässe, gab Tina Teubner zu bedenken und nahm unsere leicht verrutschten Werte unter die Lupe. Vor Flüchtlingen an EU-Außengrenzen und hinwegschrumpelnder Umwelt halten wir unsere selbstgemachten Marmeladen samt Pürrierstab und die Wahl der richtigen Autofarbe hoch.

Musste als Erziehungsbedürftiger herhalten: Pianist Ben als schreiendes Baby.

Die Unsichtbarkeit über 50, der Niedergang musikalischer Werte mit einer Klingelton-Rhapsodie, energiestrotzende Lofoten-Rentnergenerationen, „die es richten könnten und dem Wahnsinn ein Ende gebieten“ statt immer schön auf der mittleren Spur bei Rot über die Ampeln spurten. „Es wird Zeit, genauer hinzusehen, seine Meinung zu vertreten, im begrenzten Glück baden zu gehen!“ Es war eine wahre Freude, Tina Teubner und ihrem Pianisten Ben in beglückende musikalische Poesien mit Tiefsinn zu folgen. Denn: „Wir haben vergessen, wie entsetzlich profan Glück sein kann.“

Hoffentlich nehmen sie viele beim Weg in den nächsten Lockdown beim Wort und riskieren die „Revolution der Lust, Mündigkeit und Poesie“. Auch dafür gab es zum Schluss Dauerapplaus. Der war sicherlich auch als kleine Kraftspende gedacht, denn gerade der Kultur droht jetzt erst recht eine kapitale Krise. Das kulturelle Kraftpaket Tina Teubner haben alle jedenfalls dankbar aufgesaugt als Reserve für die jetzt wieder dürren Kulturzeiten. DANKE!




Aus „Azubis“ werden echte Lebensretter: 12 Teilnehmer beenden Grundlehrgang der Feuerwehr

Alle Teilnehmer der Grundausbildung auf einen Blick.

Ganz so einfach, wie manches in Lehrfilmen aussieht, ist es in der Realität dann doch nicht. Da ist dann plötzlich ein Knick im Löschschlauch, wo er nicht hingehört. Einfach weil das Gelände tückisch ist. Oder die Verbindungsstücke sind viel störrischer als gedacht. Gut also, dass es die Grundlehrgänge für angehende Feuerwehrleute gibt. Dort lernen sie alles, was es für den echten Löscheinsatz braucht – von der Theorie bis zur praktischen Anwendung. Am Wochenende ging die jährliche Grundausbildung für 12 angehende Lebensretter zu Ende.

Mitten in der Praxis: Schläuche zusammenbekommen.

Fünf Wochenenden lang war der Weg dorthin. Aus allen Einheiten der Bergkamener Feuerwehr sind sowohl die klassischen Anwärter aus der Jugendfeuerwehr, aber auch Spät- und Zwischeneinsteiger mit Vorwissen aus dem Roten Kreuz oder Technischen Hilfswerk dafür zusammengekommen. Denn erst der Grundlehrgang erlaubt es ihnen allen, beim „echten“ Einsatz nicht einfach nur zuzuschauen, sondern auch mit dabei zu sein. 17 bis 36 Jahre alt waren die Teilnehmer. Gebüffelt und praktisch geübt wurde an fast allen Standorten in Bergkamen. Der Abschluss findet traditionell auf dem Gelände des Bergkamener STEAG-Kraftwerks statt. „Eine Tradition, die es schon seit mehr als 10 Jahren gibt und über die wir sehr froh sind“, betonen Bernd Externbrink, stv. Feuerwehrleiter, und Patrick Gundlach. Denn es ist wichtig, dass die Ausbildung auch unter realen Rahmenbedingungen stattfinden kann.

Wasserentnahme im Kanal.

Wie wird ein Schlauch richtig ausgerollt. Welche Gerätschaften sind in welchem Fahrzeug verborgen. Wie muss mit welchem Löschmittel umgegangen werden und wie läuft ein Brand überhaupt ab? Menschenrettung, erste Hilfe: Es ist viel, was die Teilnehmer lernen müssen. Das wir theoretisch und auch mündlich mit Prüfungen abgefragt. Und auch in der Praxis mussten sie alle am Sonntag zeigen, dass sie Saugleitungen kuppeln, einen Löschangriff richtig aufbauen können, das Wasser aus dem Kanal in die Schläuche bekommen und auch die Steckleiter im Griff haben.

Mit den Schläuchen auf den Weg machen.

Corona hatet auch hier alles im Griff, denn ohne Mundschutz geht gar nicht, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Die gesamte Aus- und Fortbildung und auch Übungen der Feuerwehr hat das Virus durcheinandergebracht. „Von März bis Ende Mai konnten wir überhaupt nichts durchführen“, schildert Bernd Externbrink. Die Grundausbildung ist deshalb einige Zeit nach hinten gerückt. Es stehen auch noch weitere Ausbildungseinheiten an. Das Modul 4 beispielsweise und auch der Lehrgang für das Tragen von Atemschutzgeräten.

Wasser marsch!

Einen echten Einsatz gab es übrigens während des Lehrgangsabschlusses auch noch. Auf dem Rückweg stand am Samstag ein Unterstand in Rünthe in Flammen, an dem die „Azubis“ ihre frisch erworbenen Fähigkeiten ausprobieren konnten.




Mit Florian Schroeder die Welt minimal als „Neustart“ verrücken

Florian Schroeder hielt im studio theater beim „Neustart“ unerbittlich den Finger auf manche moralische und gesellschaftliche Wunde.

Ist das noch Satire? Oder ist Florian Schroeder ein philosophierender Psychologe, der die hegelsche Dialektik mit Konfrontationstherapie in ein Bühnenprogramm verwandelt? Er hofft jedenfalls unerschütterlich auf die moralisch-mentale Heilung einer von Viren, Diktatoren, Migrationsfluten und selbstgebastelten Wahrheiten leicht verrutschten Welt. Auch in Bergkamen, wo ein „Neustart“ nach der Corona-Pause bitter nötig war. Der Titel von Schroeders neuem Programm war deshalb mehr als perfekt. Und seine Botschaft vielleicht auch.

Tja, so sieht sie nunmal aus, die Wahrheit: Florian Schroeder kann womöglich auch nichts dafür.

Der Weg dorthin war allerdings mehr als schmerzhaft. Gelegentlich wussten die virusbedingt mit Sicherheitsabständen platzierten Zuschauer im studio theater nicht so genau, ob das nun zum Lachen war, was der Berliner dort verbal aus dem dialektischen Hut zauberte, oder doch eher zum Heulen. Nichts soll so sein wie vor Corona, aber eigentlich soll sich auch nichts ändern. Der Messias kommt, oder auch nicht. Wer dachte, moralisch und dialektisch besser gewappnet zu sein als die Querdenker auf der Demo der Coronaleugner, die Florian Schroeder unlängst ratlos zurückgelassen hatte, der hatte sich getäuscht. Auf die gleichen Fragen fehlten auch den Bergkamenern in der direkten Konfrontation schlicht die Antworten oder auch nur ein Weg dorthin.

Zauderndes Applaudieren dort, wo es vom Damaskus-Erlebnis nahtlos von den en vogue-Beispielen und der aktuell gefährlichen Tasse Tee nach Analogistan und zur Urteilskraft der im Glasfaserkabel versackten Bildung ging. Virologen-Gurus hielt Schroeder ebenso ihre eigene Widersprüchlichkeit vor Augen wie den Corona-Leugnern. Digitale Testergebnisse gingen mit dem Telefonhörer auf abstruse Reisen und die propagierte Achtsamkeit verwandelte sich in gefährliche Blockwart-Moral.

Launig entblößten sich bei „Markus Lanz“ die parodierten Gäste.

Weil aber auch die Bergkamener ein bisschen traumatisiert sind, ging Schroeder bald in die leichter verdaulichen gesellschaftlichen Sphären über. Männer waren da die wahren Opfer der Gegenwart, ein wenig bipolar vor allem im verqueren Paardialog oder mit der ökologisch korrekten Lastenkarre vor der Elterninitiativen-Kita, wo es am Ende dann doch nicht den diversen schwulen Erzieher of colour mit Wickelverbot gab. Auch als Markus Lanz ging er launig durch den Gegenwartswahnsinn der Lauterbachs und Laschets und ließ seinem parodistischen Talent freien Lauf.

Die Pause lüftete nicht nur das studio theater, sondern auch die mit dem Neustart sichtlich verjüngten Köpfe der Besucher. Jetzt waren alle bereit für die bittere Wahrheit: Es gibt keine Helden mehr. Von Kant über Hegel bis Hoeneß haben sie alle zum Teil heftigen Dreck am Stecken. Ob wir nun wirklich mit Hirschhausen, Wohlleben und Grönemeyer weiter durch die Krise und eine bittere Zukunft mit künstlicher Intelligenz in ein Zeitalter der Desinformation schleudern müssen? Ob wir am Ende Kutscher oder Pferd sind, als kritiklose Sklaven der Technik nur noch einfache Antworten verarbeiten können und von Kabarettisten-Virologen gelenkt werden, um schlussendlich von Bill Gates endlich das Windows-Update implantiert zu bekommen, sei dahingestellt.

Auch ein Profi braucht beim Start eines neuen Programms ein paar Gedankenstützen – ganz und gar analog.

Schroeders Forderung nach Meinungspflicht war vielleicht sogar ernst gemeint. Man weiß es nicht so genau. Was nun Wahrheit und was Wahnsinn ist, ließ er ebenso im Wagen. „Ich bin nur der Spieler, der die Masken aufsetzt“ – als moralisch-philosophische Immunisierung gegen die absolute Wahrheit. Eins jedenfalls steht fest: „Wir leben in einer Zeit des Endes der alten Gewohnheiten.“ Und: „Wir müssen die Welt minimal verrücken, um nicht an ihr verrückt zu werden.“

Der zögernde Applaus hatte sich da längst in tosenden verwandelt – so weit die großen Abstände das zuließen. Diverse Zugaben mussten her und natürlich noch eine ausgiebige Parodie-Jukebox. Mitnehmen konnte jeder ein stattliches Rüstzeug gegen das, was Corona und der Wahnsinn der Welt noch für uns bereithalten werden.




Beim Picknick-Konzert mit zitternden Fingern ganz neue Kultur-Perspektive erobern

Spaß hatten die Besucher bei beim Picknick-Konzert mit Kulturgenuss unter freiem Himmel.

Ungewohnte Kulisse für Straßenmusiker „Radiolukas“.

Da gehorchen die Finger auch beim besten Pianisten nicht mehr in außergewöhnlichen Zeiten. Radiolukas war und ist Straßenmusiker und kennt die Performance unter freiem Himmel. Dass ihm dabei allerdings ausnahmslos alle andächtig zuhören, brachte ihn am Freitag kurzfristig aus der Bahn. Denn beim 2. Picknick-Konzert im Römerpark war nicht nur der Hunger nach leckeren Picknick-Snacks groß. Auf den Picknick-Decken hatte sich auch eine immense Sehnsucht nach guter Kultur in dörren Corona-Zeiten angesammelt.

Radiolukas in Aktion.

Dass der Mann am Klavier angeblich 13 Mal hintereinander danebengegriffen und einen neuen persönlichen Fehlerrekord aufgestellt hatte, bemerkte garantiert niemand. Viel zu groß war die Freude, endlich mal wieder Live-Musik von einem echten Musiker aus Fleisch und Blut zu hören. Richtig gut war beides ganz nebenbei auch noch. Zusätzlich schmeckten die gesponserten Snacks zusammen mit den in Einkaufskarren oder Körben mitgebrachten Leckereien vorzüglich. Und das letzte Augustwochenende entpuppte sich anders als prognostiziert zudem als außerordentlich lauschig. So streckten sich die meisten entspannt ganz ohne Mundschutz auf ihren Decken aus und ließen es sich einfach nur gut gehen.

Beste Picknickstimmung auch auf den weiter entfernten Decken im Römperpark.

Das war auch nicht schwer, zumal Radiolukas nach den anfänglichen Irritationen durchweg echten Ohrenschmaus auch in die weiter entfernte Picknickecken schickte. Elton John, Billy Joel, Simon & Garfunkel, John Lennon: Es war eine zauberhafte Reise durch die Rock- und Popmusik, garniert mit melancholischen Eigenkompositionen. Wer es sich jetzt allzu bequem gemacht hatte, der saß nach gut einer Stunde schnell wieder senkrecht auf den karierten Decken. Denn Quichotte war zwar irgendwann einmal angeblich Lehrer. Was er begleitet von der Gitarre und selbst getunten Digitalsounds in Worte fasste, war dann aber ganz und gar nicht mehr pädagogisch.

„Quichotte“ holte Bitterböses aus dem Picknick-Korb.

Der Vater mit dem tätowierten Namen des Sohns auf dem Arm bekam ebenso sein Fett weg wie die die Generation der Mitdreißiger, die schnell noch ein Kind bekommt und sich dann über das Kümmernmüssen wundert. Bitterböse ging Quichotte ins Gericht mit den aktuellen Phänomenen, wenn er „gebt die Kinder ins Heim“ sang, Killer-Country-Karsten ins Rennen schickte oder sich selbst und die verpassten Chancen mit sarkastischem Rap bedachte. Launig ging es beim improvisierten Rap zu, der spontan aus zugerufenen Worten wie Kreißsaal und Kastration zu überraschenden Reimen zusammengeschustert wurde. Ein Feuerwerk aus Pointen, das meist unverhofft aus der Hüfte auf die Zuschauer abgefeuert wurde, die ihre sichtliche Freude daran hatten.

Volle Hingabe nicht nur an der Gitarre.

Da hatte sich allerdings bereits der Herbst zu Wort gemeldet und war über die klamme Picknickdecke ungemütlich in anfällige Körperregionen gekrochen. Damit war die unschöne Realität leider wieder allzu präsent, nämlich dass der Sommer zu Ende geht und mit ihm auch die Möglichkeit für einigermaßen unbeschwerten Kulturgenuss unter freiem Himmel. Damit werden auch die wenigen Auftrittschancen für Künstler wieder rarer. Hinter denen, darauf wies Quichotte ebenfalls diesmal sehr ernst hin – stehen unzählige Menschen in der Technik und anderen Gewerben, die gerade mehr als ums Überleben kämpfen.




Schmiedeworkshop für Alt und Jung

Wenn der Vater mit dem Kinde … ein Feuereisen und ein Messer schmiedet
Die Beherrschung des Feuers war schon immer ein Merkmal der Menschen. Aber wie entfachte man ein Feuer vor den Zeiten von Feuerzeug und Streichhölzern?

Im Rahmen dieses Workshops werden die notwendigen Kenntnisse zum Feuermachen vermittelt und jeder Teilnehmer kann unter Anleitung ein Feuereisen und ein Messer schmieden. Das Schmieden erfolgt an dafür errichteten kleinen Lehmessen, in denen der Stahl erhitzt und im Team bearbeitet wird. Nach dem Schmieden werden das fertige Feuereisen und das Messer gehärtet. Alles was die Teilnehmer hergestellt haben dürfen sie mit nach Hause nehmen und sie erhalten zusätzlich etwas Zunder und einen scharfkantigen Feuerstein.

Der Workshop ist auch für Familien geeignet und findet am Samstag, 29. August 2020 in der Zeit von 10.00 – 16.00 Uhr auf dem Gelände der Ökologiestation statt. Geleitet wird der Schmiedeworkshop von Daniel Niederau. Die Kosten betragen für Einzelpersonen 40 Euro ein Familienteam von zwei Familienmitgliedern bezahlt 74 Euro.

Maximal können 20 Personen an dem Schmiedeworkshop teilnehmen.

Veranstalter sind das Umweltzentrum Westfalen und Naturförderungsgesellschaft Kreis Unna e. V.

Anmeldungen ab sofort bei Dorothee Weber-Köhling (02389-980913) oder umweltzentrum_westfalen@t-online.de.

 




Mehr Schutz mit Schildern, Informationen und Respekt für die Bummannsburg

Rundgang mit Beschilderung samt historischen Informationen über die spannende Vergangenheit der Bummannsburg – umgesetzt von Politik, Verwaltung und Museum.

Hatte sie vielleicht schon einen römischen Vorläufer? Tummelten sich hier womöglich die Sachsen? Was spielte sich in ottonischer Zeit ab? Um die Bummannsburg in Rünthe ranken sich noch unzählige Fragen. Sicher ist jedoch: Die Wallburganlage ist ein seltenes, weil im Boden noch besonders gut erhaltenes Exemplar seiner Art, birgt wichtige der wenigen mittelalterlichen Spuren der Stadt in sich – und sie ist bedroht. Nicht nur von Fahrradreifen. Deshalb sollen Schilder jetzt für mehr Sensibilität und vor allem für Informationen sorgen – im 30. Jahr als eingetragenes Bodendenkmal.

Gäste aus der mittelalterlichen Vergangenheit gab es auch – inklusive originalgetreuer Gewandung.

Zuletzt hatte die großflächige Anlage aus dem 8./9. Jh. mit Vorburg und ca. 5 ha großer Hauptburg vor allem als Mountainbikestrecke traurige Berühmtheit erlangt. Die Junge Union entdeckte: Online wurde dafür geworben, auf den Wällen zerstörerische Fahrkünste auszutesten. Die Reifen ruinieren zusätzlich, woran bereits das Verschwinden der Lippealtarme, die Trockenheit und Stürme seit geraumer Zeit heftig nagen. „In den nächsten vielleicht 30 Jahren wird das Holz in den Wallanlagen womöglich vergangen sein, dann sind wichtige Zeugnisse verschwunden“, weiß Museumsleiter Mark Schrader. Deshalb gab es von der Politik auch breite Zustimmung für den Antrag der CDU, das Denkmal besser zu schützen und für bessere Aufklärung zu sorgen.

Wer die Reste der Bummannsburg erkennen will, der muss genau hinsehen. Die neuen Schilder helfen dabei.

Ein Konzept für einen Rundgang samt Beschilderung wurde erstellt. Der Museumsförderverein unterstützte das Vorhaben. „Das Problem des Bodendenkmals ist: Es ist wenig von ihm zu sehen, auch wenn in der Fläche noch beeindruckend viel erhalten ist. Wir wollen mit den Schildern darauf aufmerksam machen, dass hier viel darüber zu erfahren ist, wie die Menschen hier früher gelebt haben – und dass solche Orte Respekt verdienen“, so Dr. Jens Herold. Wer allerdings hier tiefer als 30 cm in den Boden eindringt, muss eine archäologische Grabung beantragen. Deshalb mussten die sechs bereits vorhandenen Pfosten eines Naturlehrpfades ausreichen, um die Schilder aufzustellen. Ein umfassendes Schutzkonzept braucht derweil noch mehr Zeit und ist aktuell in Bearbeitung. Dafür braucht es die Beteiligung vieler Ämter und auch die Berücksichtigung des geltenden Waldrechts.

Museumsleiter Mark Schrader erläutert leidenschaftlich, welche Erkenntnisse die Wissenschaft bisher geliefert hat – und welche Geheimnisse der Boden auf dem Gelände noch verbirgt.

Eigentlich sollte ein zünftiges Burgfest die mittelalterliche Burg zusätzlich ins rechte Licht rücken. Corona machte hier einen Strich durch die Rechnung. Zur offiziellen Einweihung gab es am Sonntag aber dennoch einen Eindruck von dem, was sich hier im Mittelalter abgespielt haben mag. Historische Statisten begleiteten als Vertreter des niederen Adels des 12. Jh. mit Schwert und Spore sowie als Fußsoldaten mit Hellebarde den Rundgang. Im Museum ist die Epoche ebenfalls mit blauer Leitfarbe und Funden vertreten. Bürgermeister Roland Schäfer hofft, dass demnächst auch die Funde aus einem großen Merowingergrab das Museum zusätzlich bereichern werden. Hier wird schon jetzt die Bergkamener Stadtgeschichte von der Steinzeit über die Römer samt größtem Lager nördlich der Alpen bis hin zur Vergangenheit als einstmals größte Steinkohlenbergbaustadt lebendig.

6 Schilder klären jetzt detailliert auf – auch ohne Begleitung aus längst vergangenen Zeiten.

Wer hier jetzt unter den Bäumen flaniert, kann einiges entdecken. Hinweise auf Wirtschaftsgebäude, Mühlen und Brunnen. Römische Funde gab es ebenfalls. Sogar Urnen aus der Eisenzeit stammen aus der Region. Aus der Luft und im Boden lassen sich noch die Altarme der Lippe nachspüren. Verkehrsknotenpunkte mit naher Furt und befestigter Landzunge, Zerstörungsphasen, Pflanzenreste: Der Boden hat einige Geheimnisse preisgegeben, lässt aber noch viele Fragen offen. „Die kann man in Zukunft durch moderne wissenschaftliche Methoden wie Bodenradar vielleicht klären“, hofft Mark Schrader. Zuletzt wurde hier 1978 ausgegraben. Bekannt ist die Burg bereits seit mehr als 100 Jahren, erste Forschungen fanden zwischen 1890 und 1905 statt.




Picknick-Konzert macht Hoffnung auf Kultur-Normalisierung

Sonne, Sommer, Snacks und tolle Musik – mit viel Abstand: Die Premiere des Picknick-Konzerts im Römerpark machte vor allem gute Laune und Lust auf mehr.

Endlich mal wieder Kultur mit einem Hauch von Normalität. Darauf freuten sich alle, die am Freitag eines der Rasenvierecke mit einer grünen Nummer im Römerpark ergattert hatten. Ganz normal war es dann aber doch nicht, als Kulturreferentin Simone Schmidt-Apel vor das Publikum trat. Die Corona-Sicherheitsregeln benötigten immerhin einige Minuten Erklärung.

Den Sommerhut brachten viele mit auf ihre Picknickdecke – neben leckeren Snacks und Getränken und viel guter Laune.

Auf der eigenen Picknickdecke fühlten sich die Zuhörer fast wie in ganz normalen Zeiten. Jeder Schritt darüber hinaus war nur mit Mundschutz erlaubt. Es gab eine Einbahnstraßenregelung hinein und hinaus aus dem abgesperrten Konzertareal. Auf die eigens errichteten Toiletten durfte jeder nur allein. Auch Herumspazieren und spontane Tanzeinlagen vor der Pavillon-Bühne waren nicht erlaubt. Das tat der guten Laune aber nicht den geringsten Abbruch.

Musik mit Hingabe und Absperrungen im Hintergrund. Die Organisation benötigte einigen Aufwand und spezielle Sicherheitsregeln.

Schon nach kurzer Zeit erhob sich der erste, um auf der eigenen Picknickdecke im Rhythmus des „Tropical Turn Quartett“ mitzuswingen. Die aufgespießten Tomaten- und Mozarella-Stückchen wippten beschwingt im Takt mit. Und wer zu frischen Weintrauben oder Knäcke-Stückchen mit Dip griff, der ließ die nackten Zehen in der sommerlich warmen Luft kreisen. Andere waren von den Samba-, Salsa- Merengue- und Jazz-Klängen so entspannt, dass sie sich bequem neben den mitgebrachten Leckereien ausstreckten und tief und fest einschliefen.

Markierte Picknickflächen, die nicht alle belegt waren, Einbahnstraßenregelung und mehr: Ganz normal war es dann doch nicht auf dem Picknickgelände.

Was zählte, war neben der guten Musik vor allem das Signal. „Das ist ein Abend, der Mut und Freude macht“, begrüßte Simone Schmidt-Apel das Publikum. Und: „Sie glauben gar nicht, war Sie alle für ein tolles Bild abgeben.“ Sommerhüte und Sommerkleider mit auf der Seite ausgestreckten oder im Schneidersitz locker drapierten Musikfans formierten in der Tat ein sommerlich buntes Gemälde mit durchweg frohen Gesichtern. Denn alle freuten sich, endlich mal wieder live Musik genießen zu dürfen mit allen menschlichen Reaktionen, die genau das zu einem Erlebnis machen.

Die Musik vom „Tropical Turn Quartett“ war genau die richtige für einen tollen Sommerabend mit einem Hauch von Normalität.

„Wir würden das sehr gern wiederholen“, betonte Simone Schmidt-Apel ihre Hoffnung auf eine weitere Normalisierung und eine positive Entwicklung für die Kultur in der Corona-Krise. Die hat seit Monaten besonders unter den Einschränkungen zu leiden. Ob das nach den jüngsten Entwicklungen mit massenhaften Neuinfektionen in der Fleischindustrie der benachbarten Regionen auch tatsächlich möglich ist, wird sich zeigen. Einstweilen gilt das, womit das „Tropical Turn Quartett“ sein Publikum begrüßte : „Wir haben überlebt!“ Und „Das Leben geht weiter!“ Hoffentlich mit weiteren Picknick-Konzerten, denn die Premiere hat eindeutig Lust auf mehr gemacht. Denn schließlich zog das Konzert auch weit mehr Zuhörer an, die es sich auf den umliegenden Bänken bequem machten oder bei Spaziergängen rund um das Areal herum die Musik genossen.

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