Hollandmarkt verwandelt den Nordberg einen Tag lang in Klein-Nederland

Durfte auf keinen Fall auf dem Hollandmarkt fehlen: Käse aus Holland.

„Komm mal wacker her und probier. Echt lecker!“, lockt der Mann hinter Tausenden von Honigwaffeln mit deutlich niederländischem Akzent. An dem riesigen Fischstand muss niemand locken, da wird Kibbeling im Akkord frittiert. Die Fritjes tauchen nebenan gleich bergeweise ins Fett ein und die Schalen für die Frikandel sind im Dutzend vorbereitet. Es ist Hollandmarkt und der Nordberg zeigt, was er kann, wenn man ihn nur lässt. Hier ist stellenweise überhaupt kein Durchkommen mehr.

Wer sitzend essen wollte, der musste bei dem Andrang auf Fikandel und Co. schon mal warten. Es war voll, nicht nur auf dem Herbert-Wehner-Platz.

Bei fast sommerlichem Wetter machten sich alle auf den Weg. Stellplätze für Fahrräder waren Mangelware. Zu Fuß bildeten sich kleine Pilgerscharen aus allen Richtungen. Keine Frage: Der Nordberg hat eigentlich nur auf gut 40 Stände mit (fast) durchweg holländischen Angeboten gewartet. Die gesamte Bummelzone war voll mit Schirmen, Tischen und Verkaufswagen. Von der echt ledernen Tasche bis zum Schälmesser, von Blumenzwiebeln und ausgewachsenen Blütenpflanzen bis zum dampfend frischen Rosinenbrot aus dem Ofen reichte das kunterbunte Angebot.

Poffertjes waren nicht die einzigen Leckereien, die im Akkord zubereitet wurden.

Sogar wem ein Knopf abfiel oder die Hose vom vielen Herumlaufen herunterrutschte, dem konnte an einem Kurzwaren-Stand geholfen werden. Winzig kleine Kinderkleidung und riesenhafte Käse-Räder direkt neben endlos langen Weingummi und Gewürzreihen: Es war eine Augenweide, was sich unter praller Sonne alles offenbarte. Selbst die Poffertjes kamen in einer frühlingshaften Sonderkreation daher: Mit dicker Erdbeerendekoration.

Ansturm sorgt für partiellen Ausverkauf

Ebenfalls original holländisch: Die Blaskapelle.

„Besser geht’s nicht“, sagt Karsten Quabeck vom Stadtmarketing mehr als zufrieden. „Das Wetter spielt mit, die Bergkamener kommen in Strömen – und der holländische Veranstalter hat ein vielseitiges Standangebot auf die Beine gestellt“, freut er sich über den regen Zulauf. Die Marina Rünthe konnte schon vor einiger Zeit den Zulauf nicht mehr stemmen. Zum dritten Mal fand der Hollandmarkt nun schon auf dem Nordberg statt. „Der ist ideal mit seinen umfangreichen Parkmöglichkeiten und dem größeren Plätzen“, bilanziert Quabeck. Da fand auch die echt holländische Blaskapelle bequem Raum für regelmäßige Platzkonzerte.

Holzschuhe gab es auch in klein zum Mitnehmen.

Auch diesmal dürften zumindest die Anbieter kulinarischer Köstlichkeiten schon frühzeitig ausverkauft gewesen sein. Fisch war ebenso heiß begehrt wie Brot in allen Variationen. Die Weingummi-Fächer waren vereinzelt schon nach der Halbzeit leergefegt. Kein Wunder, machte eine Runde nach der anderen im Kinderkarussell doch mindestens so hungrig wie artistische Selfie-Aktionen in den Riesen-Holzschuhen. Und auch die Entdeckungstour schürte den Appetit, spätestens wenn sich Feuerlöscher mit BVB- und Schalke-Outfit und Wurstfüllung als besonders außergewöhnliches Mitbringsel anboten.

Das Wetter hielt zwar nicht ganz bis zum Schluss am Abend durch. Das tat der mehr als erfolgreichen Bilanz und der sommerlich-ausgelassenen Stimmung aber auch keinen Abbruch.

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Wahnsinns-Parforceritt a capella auf Wahrheitssuche durch die selbstgemachte Realität

 

Sehen nur friedlich aus: Ein seltener ruhiger Moment mit LaLeLu zum „Sackenlassen“.

Das Grundgesetz a capella vertont, direkt nach wuchtigen Frauenchören und russischer Folklore zu Engel-Pop. Das kann gefährlich werden, wenn man sich LaLeLu nennt und Kuscheliges suggeriert. Wenn dann aber die Bässe zum knallharten HipHop allein aus Stimmbändern dröhnen und aus dem Plädoyer für hilflose Politiker ein echter harmonischer Abgesang wird, dann ist die Spaltung der Gesellschaft kollektiv überwunden. Die Bergkamener tobten und klatschten sich am Freitag fast eine halbe Stunde lang stehend die Seele aus dem Leib zu einem furiosen Ausklang der Kabarett-Saison.

Die Bergkamener als Licht-Regisseure.

Es mag auch daran gelegen haben, dass sich das kunterbunte Quartett gut vorbereitet auf die Bühne des studio theaters stellte. Von der Nordberg-Idylle über Rünther Fahrkünste und Schäfersche Monopol-Herrschaft bis zur Bumannsburg, Turmarkaden im Bergbau-Kult und der traditionellen Lippe-Fehde reichte die hingestreuten Appetit-Häppchen. Damit waren die Bergkamener sofort auf ihrer Seite. Aber auch mit Taschenlampen die eigenen Akzente zu setzen, gefiel dem Publikum. So machte das Blinde-Kuh-Spiel auf der Suche nach der Wahrheit richtig Spaß. Erst recht, wenn Spandau Ballets „This much is true“ dabei eine ganz eigene Note bekam.

Vollgas geht auch, in der Rock-Variante.

Ob in Goldpalletten-Schühchen, im Kilt, mit zerknautschten Boots oder barfuß in College-Schuhen: Tobias Hanf, Jan Melzer, Frank Valet und Sanna Nymann boten jeder für sich gesangliche Klasse, im Quartett wiederum perfekte Harmonie. Die wurde zum echten Hinhörer, wenn sie pfiffige, kesse, freche und unverblümt ehrliche Appelle unter bekannte Melodien mischten. „Ich dagegen bin dafür dagegen zu sein“, schmetterten sie entschieden in das vollbesetzte Auditorium. „Enjoy the silence“ ließ als Renaissance-Entschleunigung Gänsehaut entstehen. Der „Wellerman“ als „Sing-man-tau“-Variante hatte ernsthafte Blackout-Hintergründe.

Meeres-Müll-Idylle und Waldoff-Scholz

Russischer Tanz zu Eurythmics „Angel“ hatte es doppeldeutig in sich.

Richtig Spaß machte einfach nur der Volksliederexkurs zum „Merz ist da“ mit vollem Streik-Lohnausgleich, wobei Mustafa zum Städele hinaus musste, „und Höcke bleibt hier“ – „aber der Wahnsinn der rollt“. Inbrünstig sangen die Bergkamener mit: „You better stop!“, als es in der friesischen Variante von „La Mer“ vor allem von Plastik und ausgebleichten Korallen wimmelte. Da war dringend eine beeindruckende Stimmband-Orgeleinlage fällig, bevor sich alle nach Ausflügen in die afrikanische Gesangs- und Elend-Tradition fragte, ob wir als Menschheit wirklich „alles richtig gemahct“ haben.

Exquisite Parodie gab es auch noch.

Zugaben hätten die Vier noch bis in die Nacht hinein geben können. Mit der Waldoff-Abwandlung in „Scholz heeßter“ und einer brillanten Massen-Solo-Parodie von Tobias Hanf, der lässig von Peter Maffay zu Karl Lauterbach und Jorge Gonzales überging, nicht ohne noch Angela Merkel und Robert Habeck verquaste Worte zu verleihen. Ein echter Wahnsinnsritt, der musikalisch, kritisch, moralisch und spaßtechnisch mehr als reichlich zu bieten hatte.

Keine Frage: LaLeLu und vor allem das Kulturbüro haben an diesem Abend alles richtig gemahct!

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Blumenbörse mit spärlicher Blütenpracht aber viel guter Laune

Blumen gab es auch auf der Blumenbörse. Es wird aber immer schwieriger, Anbieter zu finden.

„Sind die etwa tot?“, fragt ein Junge besorgt beim Blick in den Brutkasten. „Keine Sorge, die Küken sind gerade erst geschlüpft und sehr erschöpft“, beruhigt ihn die Fachfrau vom Rassegeflügelzuchtverein. „Ein Glück“, sagt der Junge und beobachtet lächelnd, wie sich gerade noch flach auf den Heizstäben ausgestreckte Küken aufrappeln, schütteln und die klitschnassen Flügel spreizen. Punktgenau schlüpft auf der Blumenbörse ein Küken nach dem anderen. Der Brutkasten ist das unangefochtene Highlight.

Ebenfalls beliebt: Die Versteigerung von Fundsachen.

Am anderen Ende der Fußgängerzone notieren sich die Passanten Nummern unter ihren Regenschirmen. 29 Fahrräder stehen hier aufgereiht. Darunter ein echter Hingucker, ein prächtiger langgezogener „Schopper“ mit riesigem Sattel und gebogenem Lenker. Besonders viel Aufmerksamkeit zieht auch der E-Scooter auf sich. „Der funktioniert“, versichert die Expertin vom Ordnungsamt. Sogar eine Drohne ist bei den Fundstücken, die versteigert werden. Und ein Rollator. Fünf Smartphones aller Marken stehen auch noch zur Auswahl. Verloren, niemals abgeholt, irgendwo für immer abgestellt: Heute finden fast alles einen neuen Besitzer.

Blumen gab es vor allem als Dekoration oder Schmuck.

Schon lange vor der offiziellen Eröffnung trugen Besucher die ersten Blumenschnäppchen nach Hause. Obwohl sich dicke Regenwolken bei schon wieder frischen Temperaturen immer wieder entleerten, war der Zulauf stetig und rege. „Eigentlich sind wir zufrieden“, sagt Karsten Quabeck vom Stadtmarketing. „Es ist nur schade, dass das Wetter nicht richtig mitspielt und auch hinsichtlich des Standangebots mehr ginge.“ Es wird immer schwieriger, die eigentlich namensgebenden Blumen in die Fußgängerzone zu bekommen. „Die Blumenanbieter haben selbst am Sonntag geöffnet und inzwischen mehr als große Personalprobleme“, so Quabeck. So kommen die Anbieter auch diesmal überwiegend aus schon weiter entfernten Nachbarstädten.

Guter Zulauf und bunte Vielfalt

Lecker: Erdbeeren gewannen gab es diesmal in allen Varianten fast mehr als Spargel.

„Das war es dann schon mit den Blumen“, sagt deshalb auch eine Besucherin leicht enttäuscht nach den ersten Metern auf dem Nordberg. Die Blumenstände lassen sich fast an einer Hand abzählen. Blumen verstecken sich auf der restlichen Fläche in der Dekoration, in Geschenkartikeln oder im Gartenschmuck. Dafür ziehen andere umso mehr mit: Das Kaufhaus Schnückel beteiligt sich im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags mit einer besonderen Aktion und hat Maskottchen vom BVB und Schalke organisiert. Das Restaurant der Schützenheide kocht frische Spargelgerichte. Die Eisdiele öffnet extra ihre Türen. Das Café hat sogar einen eigenen Stand, auf dem sich die Tische vor duftendem Erdbeerkuchen nur so biegen.

Ist eine Attraktion: Die Europakarte zum Klettern.

Die mobilen Bands sorgen für gute Stimmung, auch wenn es gelegentlich mal richtig nass wird von oben. Delegationen der Partnerstädte geben ihr Bestes, auch wenn die Polen kurzfristig abgesagt haben. Aus Hettstedt ist sogar ein Gesangsduo mitgekommen. Klettern auf einer riesigen Europafläche kann man hier ebenso. Ansonsten gibt es viele Bastel- und Kreativangebote für Kinder. Und Erdbeeren neben den Spargelstangen, die normalerweise um diese Zeit noch nicht so weit sind. Ein Hauch von Klimawandel ist auch auf der Blumenbörse spürbar.

Ob die Blumenbörse im nächsten Jahr noch so heißt, wird sich zeigen. Mancher Besucher hat angesichts des auffälligen Blumenmangels schon eine Umbenennung angeregt. Das Konzept funktionierte am Sonntag jedenfalls auch ohne Blumen: Die Besucher kamen und belebten den Nordberg.

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Rasselnde Rüstungen und viel Handwerksgetöse zur Saisoneröffnung im Römerpark

Steinbildhauer schon in der Steinzeit? In Bergkamen zeigten sie, wie das ging.

Die Schilde und Schwerter sind am spannendsten. Und die rasselnden Rüstungen. Die glänzenden Helme mit den langen Federn müssen unbedingt mal angefasst werden. Richtig unheimlich ist dagegen die Wildschweinklaue, die auf einem Stück Leder befestigt ist. Und die komischen Kräuter in den Gefäßen sehen auch dubios aus. Nicht nur der Nachwuchs ging am Wochenende mit offenen Mündern und weit aufgerissenen Augen durch den Römerparkt. Mit wenigen Schritten konnte hier jeder fast die komplette Bergkamener Geschichte durchqueren.

Gewöhnungsbedürftig: Klauen als Schmuck.

Denn im wenige Meter entfernten Stadtmuseum finden sich bereits Funde aus der Steinzeit. Als die Bergkamener noch mit Fell um die Lenden durch die Landschaft zogen, waren sie vor allem auf der Jagd nach Essbarem. Oder sie suchten Material dafür. Denn irgendwie mussten Wildschwein und Co. ja schließlich erlegt werden, damit etwas auf den Tisch kam. Der wiederum musste auch erstmal hergestellt werden mit Beilen, Hobeln und anderen Werkzeugen. Immerhin gab es noch Muße, Steine mit schicken Mustern zu verzieren. Sogar Steinbildhauer gab es in der Steinzeit.

Schicker Schmuck aus der Bronzezeit.

Schon etwas filigraner ging es in der Bronzezeit zu. Hübsch geschmückt mit Fibeln und Gürtelschnallen waren die Bergkamener unterwegs. Die Kelten brachten Farben ins Spiel: Wie aus Schaffell Wolle entsteht, das wiederum zu Garn wird und nicht nur mithilfe von Zwiebelschalen und Walnüssen Farbe annimmt, bevor es mit viel Fingerfertigkeit zu Kleidung, Decken, Wandbehängen wird – auch das konnten die Besucher am Wochenende entdecken.

Große Zeitreise mit wenigen Schritten

Noch mehr Schmuck entsteht in mühseliger Kleinstarbeit.

Es war Saisoneröffnung am Wochenende im Römerpark und alle Vorfahren waren gekommen. Auch die Germanen durften nicht fehlen, vor allem mit Handwerkskunst. Da wurde gehämmert, geschnitzt, gesägt und genäht. „Sowas habe ich noch nie gesehen“, sagt eine Besucherin fasziniert. Sie beobachtet, wie sich die Nadel bedächtig durch das gegerbte Leder arbeitet. „Das ist ein Beutel, der komplett aus einem Stück entsteht, ohne genäht zu werden.“ Die Fäden, die hier gerade im Material verschwinden, sind nur zur Zierde gedacht. „Es war gar nicht so leicht, das Leder dafür zu finden“, sagt der Handwerker. „Zwei Jahre habe ich dafür gebraucht.“ Hier in Bergkamen hat er Käufer dafür gefunden.

Bereit zum Exerzieren: Ein Römer in Rüstung.

Die Römer rüsten sich derweil. Die Kettenhemden sind schon angezogen. Jetzt ist der Schuppenpanzer dran. Die Helme, Schilde, Lanzen und Schwerter kommen zuletzt. Schwerstarbeit ist es, sich für das Exerzieren zu rüsten. Das auch noch mit einer Ausrüstung, die von den Soldaten komplett selbst bezahlt werden musste. Der Militärdienst dauerte damals ewig und konnte in die entlegendsten Ecken des Reiches führen. Wie nach Oberaden, wo ständig Angriffe von feindlichen Stämmen drohten und langweiliger Wachdienst auf der Mauer des Römerlagers anstand.

Vieles davon können die Besucher jetzt wieder bis in den Herbst hinein an jedem Wochenende mit allen Sinnen im Römerpark erleben. Die Saison ist eröffnet!

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Wo der Adensee langsam Gestalt annimmt

Beeindruckender Ausblick auf die Wasserstadt Aden von der IGA-Halde aus.

„Kann mir auch drin schwimmen?“, fragt ein Junge verzückt beim Blick auf den Adensee. Der ist noch nur ein großes, längliches Loch und trocken. Enttäuschung malt sich auf seinem Gesicht ab, als Dieter Wahlen vom Bergkamener Projektbüro der Grundstücksentwicklungsgesellschaft mit dem Kopf schüttelt. „Aber Boot fahren“, sagt er und der Junge lächelt erleichtert. „Hier stehen später sogar Häuser im Wasser“, setzt Wahlen noch einen drauf. Die Wasserstadt Aden hat beim Nachwuchs noch eine Chance.

Die Schleuse zum Kanal ist fast ein eigene Projekt.

Rund 1.000 Interessenten für eine neue Heimat auf dem ehemaligen Zechengelände am Kanal stehen auf der schon seit langer Zeit ausliegenden List im Rathaus. Entsprechend groß war am Samstag das Interesse, am Tag der Städtebauförderung einen Blick auf den Fortschritt der Bauarbeiten zu werfen. Immerhin soll Ende des Jahres die Vermarktung des insgesamt 55 ha großen Geländes starten. Überhaupt ist dieses Jahr ein wichtiges für das große Prestigeprojekt: Marktanalyse, Vermessung und Parzellierung, Fortsetzung des Seebaus, der bis Ende 2025 abgeschlossen sein soll. Was eine lange Entstehungsgeschichte hatte, nimmt jetzt Fahrt auf und Gestalt an.

Kräne, Beton und Stahlkonstruktionen: An vielen Stellen geht es voran.

Ganz so leicht ist hier vieles nicht. „Schließlich machen wir hier einiges zum ersten Mal überhaupt“, sagt eine Vertreterin der Stadt. Lernprozesse an allen Ecken und Enden. Schleusenbau, beispielsweise und das Zusammenspiel mit den mit eingebundenen Ämtern, Behörden und Vorschriften. Oder die Befüllung des Sees. Einfach mal eben einen Durchstich machen ist reines Wunschdenken. Fast schon ein eigenes Projekt wird es sein, den 840 langen und 80 Meter breiten See mit einer Tiefe von 1,8 bis 3 Metern zu füllen. Richtig kompliziert wird es, wenn Häuser im See stehen wollen. Die eigentliche Konstruktion ist nicht das Problem. Schon eher der Anschluss an Strom, Abwasser, Wasser usw. Dafür wird die See-Einfassung wieder geöffnet, Sicherheitsbestimmungen gelten, es braucht einen gewaltigen Antragsprozess.

Über den Aden-Boulevard zur Gracht wandeln

Betonelemente für die See-Einfassung,

Wo im vergangenen Jahr vor allem Löcher und verschobene Erde zu sehen waren, lässt sich jetzt immerhin schon erahnen, was hier entstehen wird. Der „Aden-Boulevard“ malt sich als zentrale Zugangsstraße an den Kanaldeckeln in der Landschaft ab. Riesige Beton-Elemente stecken bereits im Boden als See-Einfassung und für die späteres 30 cm tiefe Gracht, die gleichzeitig mit kleinen Wasserfällen Sauerstofflieferant für den See sein wird. Wo die Marina entstehen wird, ist ein riesiger Kran aufgebaut und Stahlkonstruktionen entstehen im Boden. An einem großen Gerüst flattert heller Stoff. Er soll zeigen, wie später das noch entstehende Grubenwasserhebewerk mit seiner 30 Meter hohen und 22 Meter breiten Fassade aussehen wird. Es soll eine neue Landmarke werden mit Hinterbeleuchtung und Ewigkeitslast in seinem Inneren: Gepumpt werden muss hier für immer, sonst werden die Füße sämtlicher Bergkamener richtig nass.

Viele Informationen gab es auch auf der IGA-Halde.

Beeindruckend ist der Blick auf das Gelände mit 13,4 ha Wohnfläche, 4,9 ha für Büros und Gewerbe sowie 9,9 ha Grün- und 7,5 ha Wasserfläche von der IGA-Halde aus. Für die Internationale Gartenausstellung wird hier noch Erde verschoben und modelliert. 2027 soll die Eröffnung eines besonderen Areals mit Spielplatz, Talfläche mit Spiel- und Sitzangeboten, Adenquerung zur Wasserstadt Aden und Bergrund sein. 60 ha Fläche für Erholung und Erlebnis mit allen Sinnen, auch digital. 50 ha werden wieder aufgeforstet, damit das einstige „Große Holz“ seinem Namen wieder gerecht wird. Direkter Anschluss an den IGA-Radweg bis Lünen inklusive.

Streetfood, Infostände, Liegestühle, ein großes Infozelt, Führungen und Fahrten auf den Halden-Aussichtspunkt, ein Quiz mit Gewinnchancen und vor allem viel zu sehen bot dieser Internationale Tag der Städtebauförderung. Mit Einblicken, die sonst von Bauzäunen abgeschirmt sind.

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Wenn der Wind sich dreht: Kevin Kühnert hadert in Oberaden mit Antworten auf die Krisen

Vorneweg maschierte Kevin Kühnert mit der versammelten SPD-Prominenz der Region. Alle zusammen eint vor allem die Angst um die Demokratie.

„Der Wind hat sich gedreht“, bemerkte Kevin Kühnert gleich zu Beginn der traditionellen Maikundgebung in Oberaden. Wo früher kämpferische Worte die Römerberghalle füllten, war jetzt vor allem Ratlosigkeit in der Luft. Und ein Hauch von Verzweiflung. Denn ein Rezept für das, was sich gerade gesellschaftlich in Deutschland und wirtschaftlich wie politisch weltweit abspielt, hatte auch der Generalsekretär der SPD nicht, als er alle Wahlkampfthemen artig abarbeitete.

Engagiert am Rednerpult und doch leicht ratlos angesichts der vielfältigen Krisen: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

Es ist vor allem die Angst vor dem, was sich dort nächstens an den Wahlurnen abspielen könnte. Die AfD und ihre Parolen, ein Rechtsruck in der Gesellschaft, stetig schrumpfende Umfragewerte für die bekannten Parteien, Krisen allerorten: Die Demokratie scheint in Gefahr. Die Menschen haben Angst um ihren Wohlstand, den Zusammenbruch der bewährten Sicherheit. „Wir müssen raus aus der Komfortzone, unsere Mitmenschen damit konfrontieren: Demokratie beginnt im Alltag und sie muss wie ein Instrument gespielt werden!“, appellierte Kühnert, der ernsthaft um die Demokratie, eine Machtübernahme der Rechten und Radikalen fürchtet. „Man spielt nicht mit Rechtsradikalen und geht keine Bündnisse mit ihnen ein!“

Der Marsch zur Römerberghalle hat Tradition und war früher noch deutlich länger: Die Maikundgebung in Oberaden gibt es seit 75 Jahren.

Politisch spielte Kühnert die bekannte Klaviatur. Das Streikrecht werde dieser Tage angegriffen. Nicht mit der SPD. Viel wichtiger sei es, einen Umgang mit den wirtschaftlichen Herausforderungen zu finden, die Technologieführerschaft bei klimaneutraler Produktion zu erreichen. Er fordert Investitionen in Infrastruktur, günstigen Strom, Hilfen beim energetischen Umbau der Unternehmen. Rufe nach Überstundenfinanzierung der Krise aus der FDP sei geradezu grotesk bei 1,5 Mio. unvergüteten Überstunden gerade der Geringverdiener. Die aktuell wieder heftig in die Diskussion geratene Rente ist für ihn „ein Rechtsanspruch, keine charitative Leistung – da wird die Axt an Lebensleistungen angelegt“.

Längst an der Knorpelmasse der Gesellschaft angekommen

Selfies mit Jung und Alt: Kühnert ist ein begehrtes Fotomotiv.

Die endlose Bürgergelddiskussion angesichts von gerade einmal 14.000 Vollverweigerern bundesweit und Haushaltslöchern von 20-30 Mrd. Euro sowie 2 Mio. Wohngeldberechtigten, die bombastisch gestiegene Wohnkosten nicht mehr schaffen: Es gebe genug Baustellen in anderen Feldern inklusive schäbiger Bedingungen, bei denen sich die Mindestlohnkommission ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert habe, zeigte sich Kevin Kühnert selbstkritisch. „Wir sind längst an der Knorpelmasse der Gesellschaft angekommen: Die Leute wenden sich ab, wenn die Politik nur noch über Platzbenennungen abstimmt.“

Alt und neu: Willi Null hält die Fahnen der Gewerkschaft für die Maikundgebung seit langer Zeit hoch.

75 Jahre ist der 1. Mai in Oberaden jetzt alt – ein Corona-Aussetzer 2021 inklusive. Er ist älter als das Grundgesetzt. Wohlstand, Frieden und Freiheit: Das sei das Erbe der Gründergeneration, so Volker Wagner von der IG BCE Oberaden. „Für dieses Erbe müssen wir zusammenstehen“, auch wenn die Zeiten schwierig seien mit Kriegen und einer lodernden Zündschnur der Rechtspopulisten. Solidarität, Demokratie und Zusammenhalt: Das waren seine Stichworte, die alle anderen Redner aufgriffen. Bergkamens Bürgermeister Bernd Schäfer sprach den Wandel an, der überall spürbar sei und den Menschen Angst mache: „Solidarität und Gerechtigkeit sind jetzt dringender als je zuvor.“ Sein Appell Richtung Berlin mit 35 Jahren Sparkassenerfahrung: Steuerschlupflöcher kitten, den Mittellosen nicht noch mehr wegnehmen, investieren.

Stehende Ovationen für den Redner: Die Römerberghalle war bis in die Sitzränge gut gefüllt.

Genug innere Probleme identifizierte auch Landrat Mario Löhr und forderte dringend dazu auf, bei der Europawahl für die Demokratie zu stimmen. Die Kamener Bürgermeisterin Elke Kappen erinnerte die Berliner Ampel an das, was der Bergbau und die Gewerkschaften vorgemacht hätten: „Bei unterschiedlichen Interessen Kompromisse finden und die auch den Leuten vermitteln und dafür einstehen, sie verteidigen!“

Eine mächtige Portion Ruhrpott-Tradition nahm Kühnert zusätzlich mit nach Berlin: Das Steigerlied, den Schnaps, die Erbsensuppe, das Kundgebungsplakat inklusive Bergbaudevotionalie, ein Schaulaufen der lokalen Parteien an ihren Ständen und sehr intensive Eindrücke aus dem „Ruhrical“, das die besten musikalischen Hits der Region präsentiert. Und viele Sorgen und Ängste von Menschen, die Bergbau multikulturell ohne Unterschiede gelebt haben. Dafür aber exzessive Selfie-Sessions mit begeisterten jungen Demokratien aus allen Organisationen und Verbänden, für die er sich geduldig Zeit nahm.

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Earth Day mobilisiert Spenden- und Kooperationsbereitschaft

Ab dafür: Die Container auf den Gelände des GWA-Wertstoffhofes füllten sich zum Earth Day im Rekordtempo mit Elektroschrottspenden.

Bildschirme, alte PCs, Unmengen Drucker, sogar Overhead-Projektoren. Allein das kam aus den Kellern des Gymnasiums für die eigene Sammelaktion von Elektroschrott anlässlich des Earth Days zutage. Andere Bergkamener Keller offenbarten, was ein weitverbreitetes Übel ist: Fast jeder Haushalt hat ein stattliches Reservoire an Elektro-Geräten, die ein halbkaputtes oder vergessenes Dasein fristen. Dabei könnte daraus noch viel Nachhaltiges entstehen.

Fast schon im Akkord arbeiteten die Kooperationspartner beim Einladen der Spenden.

Kühlschränke wurden am Samstag auf dem Gelände des Wertstoffhofes ausgeladen. Sogar eine alte Heißmangel brachten Eltern von Schülern vorbei. Ebenso landeten viele ausgediente Fernseher in den Containern. Toaster, meterlange Kabel, alte Walkmen, Staubsauger und Computerzubehör von der Maus bis zur veralteten Kamera gesellte sich über den Vormittag hinweg aus Kofferräumen und Anhängern dazu. „Was für die meisten nicht mehr verwendbare Schrott ist, wird von uns zu Geld gemacht“, bedankte sich Bürgermeister Bernd Schäfer bei den Spendern. Der Erlös kommt dem Gymnasium zugute für einen wiederum nachhaltigen Zweck: „Wir haben eine Nachhaltigkeits-AG mit vielen verschiedenen Projekten, darunter den Schulgarten. Denkbar ist auch eine Freiluftwerkstatt und die Verwendung für spezielle Projekttage, darüber werden wir noch entscheiden“, so Schulleiterin Mirja Beutel.

Nachhaltigkeit will gelernt sein: Das Quiz unter dem Dach des Bayer-Pavillons hatte es in sich.

Seit gut zehn Jahren gibt es den Earth Day in Bergkamen, stets für einen guten schulischen Zweck. Diesmal, erstmals nach der Corona-Zwangspause, sind noch mehr Partner an Bord: Bayer, EON, die EBB, M&R Entsorgung und das Umweltkontor haben sich zur Abfallberatung und der GWA samt Biomobil hinzugesellt. Allein das zeigt, wie sehr sich in kurzer Zeit die Dringlichkeit des Themas Nachhaltigkeit und ressourcenschonender Umgang mit Rohstoffen verändert hat. Corona, Ukrainekrieg, globale Krisen und Konflikte, weltweite Energiekrise: Es ändert sich gerade einiges im Rekordtempo. Der Earth Day führt jetzt alles andere als ein Schattendasein, sondern mobilisiert Mitmachbereitschaft.

Schlange stehen für den guten Zweck

Kleine Schnipsel mit viel Energie: Das Umweltkontor verwandelt Holz in Strom.

Deshalb standen die Spender auch schon fast Schlange, lange bevor das Gelände am Haldenweg die Zufahrten freigegeben hatte. Deshalb trotzten viele Pavillons mit Infoständen den stattlichen Windböen. „Wir wollen hier zeigen, wie viele Möglichkeiten für Kooperationen zum Thema Nachhaltigkeit es in Bergkamen gibt“, so Bürgermeister Bernd Schäfer. Das sagt er nicht nur, weil die Stadt den Status einer nachhaltigen Kommune anstrebt. Hier hat das fast schon abgerissen Kohlekraftwerk der Steag mit den aktuellen globalen Richtungswechseln eine beispiellose Renaissance erlebt, plant den Einsatz von Wasserstoff und mit der grünen Sparte Iqony gar einen Kraftwerkneubau.

Das macht auch Spaß: Mit dem Mini-Bagger schaufeln.

Wo früher Kohle als Energielieferant gewonnen wurde, wird im Biomassekraftwerk des Umweltkontors längst Energie aus Holzresten gewonnen. Dampfnutzung ist in Bergkamen ein Thema. Direkt daneben ist mit Bayer ein Chemie-Riese. „Das wir uns schon lange mit Umweltgedanken und Nachhaltigkeit beschäftigten, sieht man uns nicht auf den ersten Blick an“, so die Unternehmensvertreter. „Wir tun aber viel und das steht für uns ganz oben auf der Unternehmensagenda“. Eine ganze Infowand beschäftigte sich deshalb allein mit der Förderung der Kreislaufwirtschaft.

Dass die Akteure, die bereits viel Innovation umsetzen und an neuen Ideen arbeiten, zusammenarbeiten und kooperieren ist ausgemacht: „Hier ist viel im Fluss“, so Bernd Schäfer. Das hätte Pilotcharakter über die Stadt hinaus. Mit einer „akzeptierten Historie“, die neue Wege leichter möglich macht. Dem Earth Day kommt es zugute – und zunächst vor allem dem Gymnasium, das am Samstag eine mehr als begeisterte Spendenbereitschaft erlebte. Ganz nebenbei gab es neben Informationen auch noch Spaßerlebnisse auf dem Gelände: Mit dem Mini-Bagger durfte Torf geschaufelt, mit dem Müllwagen und der Fernbedienung eine Mülltonne rangiert werden. Es gab auch ein nachhaltiges Quiz am Bayer-Stand, viele nachhaltige Geschenke, Bratwurst und Getränke.

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Neue alte Galerie sohle 1 geht zur Neueröffnung auf kuriose Wanderschaft

Neueröffnung mit inspirierender Kunst, die nicht nur Lust auf Wandern macht.

Wandern auf der Bergehalde? Was für die meisten Bergkamener Alltag und ein schlichter Spaziergang ist, zeigt sich in der neuen Galerie sohle 1 jetzt als Kunstprojekt. Ein passendes Eröffnungsgeschenk mit Tiefsinn. Ausgerechnet hier ist die einzige junge Frau auf allen Bildern der Ausstellung zur Neueröffnung mit echten Wanderschuhen bestückt. Ausgerechnet hier ist die Umgebung klar erkennbar. Ein Zeichen der Wertschätzung des Künstlers Dirk Schmitt? Zumindest ist nicht zu übersehen, dass hier etwas anders ist.

Wandern auf der Bergehalde, während der Rest des Stadtmuseums noch umgebaut wird.

Auf anderen Bildern stehen die jungen Frauen barfuß am Abgrund und schauen auf Windräder in der dunklen, ebenfalls verdächtig bekannten Ferne. Oder sie bahnen sich in Flip-Flops und Sandalen ihren Weg durch Gebirge, Geröll, Sand und Wasser am Meer. Immer wenden sie dem Betrachter den Rücken zu, immer sind sie schick und weiblich gekleidet, immer ist der Hintergrund unscharf und verschwimmt. Immer erinnert die Szenerie an Caspar David Friedrich, den „Star“ der deutschen Romantik und seinen berühmten „Wanderer über dem Nebelmeer“. Die Romantik gegenständlich in die Moderne verpflanzen: Das gelingt Dirk Schmitt meisterhaft. Mal auch beängstigend als weiblicher Roboter, mal als Schönheit mit intelligenter Beinprothese – mal als Bildnis, das ein KI-Programm ausgeworfen zu haben scheint.

Anke Schmich geht den Bildern auf den Grund.

Er erreicht jedenfalls, was er beabsichtigt: Er feiert die Frau und die Weiblichkeit. Er lässt den Betrachter zum „unaufdringlichen Voyeur“ der zwanglosen Bewegung im Freien, der Begegnung mit der Natur und des Genusses der Freiheit werden. Sehnsucht, Erkenntnis, innere und äußere Individualität, fast schon intime Momente der „göttlichen Beseeltheit der Natur“: Hier ist wieder greifbar, was schon im 18. Jahrhundert eine große Sehnsucht war. Das beschäftigt auch Bürgermeister Bernd Schäfer, dem die Bilder das Bekenntnis hemmungsloser Wanderleidenschaft entlockte. Auch dieses Jahr ist er wieder mit Freunden unterwegs, plant diesmal die Route mit. Das harmonische Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist nicht erst für ihn seit Corona-Pandemie, Klimawandel, Energiekrise und heftigen weltweiten Konflikten als Bedürfnis aktueller denn je. Für viele andere auch, so Kunsthistorikerin Anke Schmich. Auch diese Ausstellung erlebte den Ausnahmezustand: Geplant war sie schon für November 2020.

Ein Denkmal für die junge Frau von heute

Anke Schmich mit dem Künstler Dirk Schmitt im Gespräch.

Die plauderte locker mit dem Künstler und entlockte ihm noch einiges über sein Werk. Die blaue Blume, die Novalis zum Inbegriff der Romantik erhob als Sinnbild für Sehnsucht, Liebe und Erkenntnis der Natur. Ihm hat er ein Denkmal gesetzt, dargereicht durch einen Roboterarm. Die Porträts von Freunden und Weggefährten lassen tief in das Innerste von Dirk Schmitt blicken. Seine Leidenschaft für das Stockpuppentheater, für das er Bühnenbilder erschuf. Für seine Arbeit als Entwerfer beim Kölner Rosenmontagszug. Seine Bewunderung für „einen meiner engsten Freunde“, den bekannten und unlängst verstorbenen Cartoonisten Martin Perscheid, Schulfreund und Mit-Cineast.

Der Künstler im Gespräch mit einer begeisterten Besucherin.

Realismus habe ihn immer fasziniert – schon zu einer Zeit „, als das ein schweres Los war“. Einen realistisch erfahrbaren Raum schaffen, in dem erst die Figur und dann der Hintergrund ersteht: Hier spiegelt er seine Welt aus Karneval, trauernder Witwe mit Kind, sich vor Scham wegedrehendem Mann im Business-Anzug, energischer Frau, die rigoros ein Schreiben zerreißt. Und dann immer wieder die jungen Frauen, die ihn beeindrucken. „Viele meiner Freunde haben Töchter, die inzwischen junge Frauen sind. Sie haben alle ein Sabbatical gemacht und sich selbst entdeckt – das wäre früher undenkbar gewesen“, schildert er.

Dagmar und Dietmar Neumann bei der inoffiziellen Premiere für das Museumsbistro.

Genau das hat die Galerie sohle 1 nach langem Umbau in den neuen Räumen verdient: Eine Ausstellung, die einen anderen Blick eröffnet – zeitgemäß und doch traditionell. Noch dazu mit dem offiziell ersten Kuchen im ebenfalls umgestalteten Bistrobereich. Den übernehmen Dagmar und Dieter Neumann mit viel Gastronomie-Erfahrung als Altersprojekt.




Kameradschaftsabend der Feuerwehr mit besonderer Auszeichnung

Alle Geehrten der Freiwilligen Feuerwehr Bergkamen auf eine Blick.

Buffet, Cocktails, Tanz und Musik: Das gibt es für die Freiwillige Feuerwehr ein Mal im Jahr. Dann springen andere Kameradinnen und Kameraden ein, um bei Bränden und anderen Notfällen Leben zu retten. Denn der Kameradschaftsabend ist heilig und gehört ganz und gar ausschließlich den Bergkamener Lebensretterinnen und Lebensrettern. Die sind schließlich etwas ganz Besonderes.

„Das gibt es im Kreis Unna kein 2. Mal“, betonte Bürgermeister Bernd Schäfer in der Aula der Oberadener Realschule an einem Stehpult, an dem sich selbstverständlich ein eingerolltes C-Rohr hinaufschlängelte. „Unsere Feuerwehr ist ein Aushängeschild der Stadt und darauf kann sie stolz sein!“ Vollständig freiwillig läuft der Dienst der Feuerwehr in allen Stadtteilen ab, und das seit je her und seit vielen Jahrzehnten. Das funktioniert blendend und ist für Städte derselben Größenordnung einzigartig. Bemerkenswert, zumal die Zahl der Einsätze auch in Bergkamen stetig hochklettert. 631 waren es im vergangenen Jahr. Seit 2016 habe sie sich fast verdoppelt. Die Zahl der freiwilligen Einsatzkräfte bleibt jedoch konstant bei stets gut 200.

Es geht immer häufiger um Rettung von hilflosen Personen hinter verschlossenen Türen, um dramatische Szenen im Straßenverkehr und vor allem auf den Autobahnen – und mit sprunghafter Zunahme auch um solche Ereignisse, die dem Klimawandel zuzuschreiben sind. Brände durch anhaltende Trockenheit, Sturmschäden oder Überschwemmungen finden sich immer öfter in den Einsatzstatistiken und werden eine wachsende Herausforderung der Zukunft sein. Auch deshalb äußerte Feuerwehrchef Dirk Kemke zum Abschluss seiner Begrüßung nur einen einzigen Wunsch: „Das Feuerwehrgerätehaus in Oberaden endlich greifbar machen und Fleisch an die Knochen.“

Gemeinschaftsgeist und besondere Kameradschaft

Auch deshalb hatte die traditionelle Zuwendung der Provinzial-Versicherung einen besonderen Part in der Dramaturgie des Abends. Der nicht näher bezifferte Betrag ist vor allem den sogenannten „klimabedingte Starkereignissen“ und hier ausdrücklich der Prävention gewidmet. Denn hier sei „eine gemeinsame Kraftanstrengung“ notwendig. Das sieht offenbar auch der Kreis Unna so. Der stv. Landrat Martin Wiggermann wies auf den Fokus der Gefahrenlagen insgesamt hin und eine verbesserte Zusammenarbeit aller hier beteiligten Hilfskräfte. Kreisbrandmeister Martin Weber brachte die Bildung eines Gefahrenabwehrzentrums ins Spiel.

Am Gemeinschaftsgeist für die zukünftigen Herausforderungen mangelt es jedenfalls nicht: Die Kameradschaft insbesondere bei der Bergkamener Feuerwehr ist legendär und wird überall wahrgenommen und honoriert. Auch deshalb sind sofort Kameraden aus der Nachbarschaft, diesmal aus Fröndenberg zur Stelle, um im Ernstfall an diesem Abend einzuspringen. Der Schützenverein Oberaden übernahm wie immer die Bewirtung der Lebensretter.

Die feierten zunächst vor allem die herausragenden personellen Ereignisse, von denen es einige gab.

Zunächst die Ernennungen: Kerstin Birk ist Leiterin von PSU-Team und bekam dafür eine Urkunde, Blumen und ein Getränk.

Das Ehrenabzeichen in Silber für 25 Jahre aktiven Dienst bekamen OBM Matthias Weidemann und HBM Robér Zeller zusammen mit Urkunde, Blumen und Uhr.

Das Ehrenabzeichen in Gold gibt es für 35 Jahre aktiven Dienst für BOI Axel Kallenbach und OBM Christian Maschewski mit dem gleichen Zubehör.

Stehende Ovationen gab es für Dieter Dettmar zum Ehrenabzeichen, zur Urkunde, zu den Blumen und zur Uhr dazu: Er erhielt das Ehrenabzeichen in Gold mit Goldkranz für stolze 50 Jahre Dienst. Eine weitere einzigartige Leistung, die sich zu unzähligen Auszeichnungen und Ämtern hinzugesellt.

Die Bergkamener Feuerwehrfamilie blieb für die nächsten Ehrungen stehen: Heinz-Werner Lowak bekam für 42 Jahre als stv. Leiter und Leiter des Spielmannszuges die Ehrenmedaille der Stadt, Kevin Lowak erhielt für 15 Jahre als stv. Leiter des Spielmannszuges die Ehrennadel der Stadt.

Draußen vor der Aula der Realschule zeigte übrigens den ganzen Abend lang der oft erwähnte Klimawandel, was er gepaart mit dem unbeständigen Aprilwetter kann: Es regnete immer wieder Bindfäden es schüttete Hagel- und Graupelkörner.




Jürgen Becker legt beim Disco-Abend den Hebel um

Mit Vicky Leandros synchron den Abgesang auf eine sprachlose Zukunft singen: Jürgen Becker ließ im studio theater die Musik sprechen.

Was haben das Steigerlied, die Marseillaise, die Internationale, die dunkle Seite des Mondes, Hossa und Vicky Leandros miteinander zu tun? Alles und nichts. Als Soundtrack des Lebens offenbaren sie so einiges. Freud und Leid, Kriege und Krisen, Aufbau und Niedergang, Hoffnung und Verzweiflung sind die DJs. Eben „Geschichte in Scheiben“ und die ganz persönliche Disco. Abgemischt von Jürgen Becker. Gewürzt mit zünftigen sozialpolitischen Analysen. Ob am Ende dann doch nur das Kölsch übrigbleibt, wird sich zeigen. Ein schöner Abend wirkte am Freitag im studio theater auf jeden Fall längerfristig nach.

Er stand am Hebel und legte den Soundtrack der Geschichte auf.

Das verspricht Jürgen Becker schließlich traditionell. So hieß es auch in Bergkamen: „Dann wollen wir uns mal einen schönen Abend machen“. Er saß dabei nicht am Hebel, sondern stand. Was wie ein riesiger Glücksspielautomat anmutete, war straff durchgeplant. Von Mozart an der Babybauchdecke ging es zu den ersten frühkindlichen Albträumen dank „morgen früh, so Gott will“ über. Beim Steigerlied und dem Ausflug in die Heimat, „in die du hineingevögelt wirst“, und wulachen jenseits der work life balance konnten alle noch mitsingen. Schließlich ist Musik gemeinschaftsstiftend – egal ob mit Pink Floyd auf dem Mister Hit-Plattenspieler oder lauthals live mit der Marseillaise oder Internationalen aus Tausend Hälsen.

Mit der Flöte als Tonangeber.

Sprachlos blieb es dann an vielen Stellen der Geschichte. Ohne deutsche Nationalhymne und unfreiwillig komischen Ersatz-Einspieler der Eingeborenen von Trizonesien. Mit Blueskonzerten, die Mauern einreißen, und Wiedervereinten, die dummdösige Schlager grölen. Ohne Jimmy Hendrix hätte die Frau an sich nie ihr eigenes Konto eröffnen und Hosen anziehen können. Während die Sozialdemokratie unter altruistischen Saufliedern in Warschau auf die Knie geht und der Sexismus in den 70ern „herrliche Zeiten“ erlebt, machen Ton Steine Scherben kaputt, was uns kaputt macht.

Mit der Lufttrompete in Aktion.

Wie es Jürgen Becker in all dem gelingt, den aktuellen politischen Bezug herzustellen, ist ein Genuss. Der Kölner an sich hat eben immer die richtige Antwort, auch auf aktuelle rechtsgerichtete Vertreibungskonzepte. „Mir sin alle Lück wie ich un du“: „Lass mer fiere, nicht deportiere“! Und: „Freiheit gewinnen wir nur, wenn wir wissen, was uns eint!“, schlussfolgert Becker. Warum können Israelis und Palästinenser nicht miteinander auskommen, wenn es Deutsche und Israelis nach 6 Mio. von Deutschen vernichteten Juden können?

Die E-Gitarre durfte nicht fehlen.

Nahtlos geht es über zur Erfindung der E-Gitarre und viel Wissenswertem hinter Jazz, Gibson-Gitarre und Stratocaster. Das alles endet mit einer ganzen Generation, die zu Santana auf dem Flokati gezeugt wird und schunkelnd protestiert, während woanders Häuser brennen. Aquarius weckt bei den meisten heute statt sexueller Fantasien nur Gelüste nach unerreichbaren Handwerkern für die Wärmepumpe. Für andere ist der Soundtrack der Autobahn sinnlicher als born to be vernünftig der Fridays for Future. Wieder ist die Lage ernst und es gibt keinen Soundtrack für den elementaren Umbruch. Wir müssten zurück auf das Wirtschaftsniveau von 1978, um den Klimawandel aufzuhalten. Ging es uns mit „Daddy Cool“ nicht auch ziemlich gut?

Und nu? Zum Abschluss gab es Zugaben, ein Kölsch – und ein Abgang mit dem tiefergelegten E-Sportwagen vor dem Bühnenausgang.

Vicky Leandros als Sappho der Neuzeit hat aufgehört. „Sie haben heute ihre Gesangskarriere begonnen!“, versicherte Jürgen Becker, nachdem die Bergkamener fast alles textsicher mitgesungen hatten. Sie erklatschten, erjubelten und erpfiffen sich zig Zugaben und die abschließende Erkenntnis, dass „die Illusion, auf Kosten anderer zu leben, zuende geht“. Und ein letztes selbstgesungenes Lied: Ich brauche keine Millionen, nur Musik, Musik, Musik“. Und natürlich ein echtes Kölsch. Mal abgesehen von einem wirklich fantastisch schönen Abend.




Jubiläumswald wächst weiter – klitschnass mit praller Sonne

Gut besucht war die matschige Fläche des Jubiläumswaldes beim 34. Pflanzfest.

Wasser brauchte eigentlich niemand für seinen Baum. Das stand zur Genüge auf der Fläche des Jubiläumswaldes in Overberge. Dabei hatten die Mitarbeiter von Baubetriebshof, Stadtmarketing und der Firma Röttger noch mit Eimern und anderen Utensilien versucht, die schlimmsten Wassergebilde abzuschöpfen. Zum Reinigen des völlig verschlammten Schuhwerks oder Hundes bzw. Kindes war die neue Handpumpe jedoch höchstwillkommen.

Auch die Kleinsten packten fleißig mit an und hatten viel Spaß im matschigen Untergrund.

Dafür lachte bei der 3. Pflanzung auf der neuen Pflanzfläche III in Overberge zum ersten Mal überhaupt tatsächlich die Sonne, sogar mit voller Kraft. Bei fast hochsommerlichen Temperaturen gingen die Akteure in T-Shirts ans Werk und schaufelten die matschige Erde tapfer an die Wurzelballen von Berg- und Spitzahorn, Silberlinde, Schwarznuss, Stieleiche und Rotbuche. Ob die tatsächlich den deutlich spür- und sichtbaren Klimaveränderungen standhalten, wird sich bei den 13 Neupflanzungen zeigen.

Die meisten Anlässe für die Baumpflanzungen waren erfreulich – wie in diesem Fall die Geburt.

Erfreuliche Anlässe wie Geburt des Kindes, die Goldhochzeit oder das erfolgreich bewältigte Studium waren nicht immer auf den Schildern für jede Pflanzung verewigt. Es gab auch todtraurige Gründe, warum Menschen hier einen Erinnerungsort für eine liebe Person schaffen wollten. „Wir pflanzen hier heute Bäume für unsere drei verstorbenen Töchter“, erzählt eine Mutter, die nur mühsam die Tränen zurückhalten kann. Die erste Tochter ist schon im Alter von 13 Jahren an Krebs verstorben. Die beiden anderen Töchter starben jeweils in der Schwangerschaft. Jede bekommt einen eigenen Baum. „Die Sorte Baum, die zu jeder von ihnen am besten passt“, erzählt der Vater. Alle stehen in einer Reihe. „Jetzt haben wir einen Ort, wo wir uns an alle drei erinnern können.“

Die Mitarbeiter von Röttger’s und vom Baubetriebshof halfen beim Pflanzen.

Nur ein paar Meter weiter sind drei Frauen nicht weniger ergriffen. Mutter, Tochter und Großmutter stehen hier beisammen und betrachten das vollbrachte Werk an dem jungen Spitzahorn. „Der Baum ist für meine Großeltern“, sagt die jüngste der Frauen. Der Großvater starb vor 16 Jahren. Die Großmutter vor fünf Jahren im Urlaub im Schwarzwald, wo sie auch begraben wurde. „Jetzt haben wir hier einen Ort, wo beide zusammen irgendwie gegenwärtig sind und wo wir alle gemeinsam trauern können“, sagen die Frauen. „Die Oma war so gern in der Natur und liebte Bäume – das hier würde ihr gut gefallen.“

Der Lufballon verkündet: Hier gibt es einen erfreulichen Anlass.

Viele brachten ein Glas Sekt, ein kleines Picknick, sogar persönliche Utensilien wie Schnuller oder Meisenknödel und Luftballons mit, die den neuen Bäumen eine ganz persönliche Note gaben. Im Hintergrund spielte das Duo „Ann get’s Rhythm“ außerordentlich qualitätvolle Musik. Und es gab Bratwürstchen und Getränke von der Feuerwehr Overberge – zum ersten Mal, übrigens. So war die Stimmung am Ende doch fröhlich, auch wenn es besinnliche und traurige Momente gab.

Erfreulich ist: 898 Bäume wurden inzwischen auf allen Flächen des Jubiläumswalds gepflanzt. Eine riesige Zahl von ganz persönlichen Erinnerungen und ein stolzer Beitrag zu Natur und Umwelt. Die nächste Pflanzung ist übrigens am 2. November geplant. Baumbestellungen sind im Bürgerbüro der Stadt Bergkamen möglich. Kosten: 130 Euro.

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