Blau-gelbe Bänder formen Menschenkette und setzen ein Zeichen für den Frieden

Eindrucksvoller Anblick: Die Menschenkette auf dem Marktplatz als Zeichen für den Frieden.

Ihr kommen die Tränen, als sie zum Mikrofon greift. Als sie zu sprechen beginnt, verstummen alle Gespräche auf dem Markt in Bergkamen. „Mein Kind wurde vor 10 Tagen in der Ukraine geboren“, flüstert die junge Frau. „Ich hoffe“, sagt sie und dann versagt ihr die Stimme. Rund um sie herum wehen blaue und gelbe Bänder im Wind. Gut 500 Menschen halten sie mit den Händen jeweils an einem Ende. Es sind so viele gekommen, um gegen den Krieg zu protestieren und ein Zeichen für den Frieden zu setzen, dass aus der Menschenkette eine Menschenschnecke wurde.

Kerzen und Landesfarben so weit das Auge reichte.

Kerzen brennen in der Mitte. Auf bunten Fahnen erinnert „Peace“ an das, was bis vor wenigen Tagen noch trügerische Sicherheit für die meisten in Europa war. Auf einigen schnell gestalteten Schilder wird Putin direkt aufgefordert, den Wahnsinn in der Ukraine zu beenden. In vielen Gesichtern ist angesichts der aktuellsten Nachrichten von atomaren Drohungen einfach nur blanke Angst zu sehen. „Seit wenigen Tagen hat sich unsere Welt vollständig verändert“, sagt Bürgermeister Bernd Schäfer. „Krieg hat in der Vergangenheit und Gegenwart nur eines gekannt: Verlierer.“ Deshalb sei nur ein Weg möglich: Zurück an den Verhandlungstisch.

Die Friedenstaube hob ab – zumindest auf den Plakaten.

Die Stimme der nächsten Rednerin zittert, als sie daran erinnert, dass gerade in diesem Moment unzähligen Menschen „an den Grenzen stehen und vertrieben werden“. Dafür müssten wir „unsere Türen öffnen – „sie alle haben Putin nichts getan, niemand hat das.“  Auch die Beigeordnete Christine Busch kämpft mit den Emotionen, als sie betont: „Wir haben das in Bergkamen schon oft bewiesen, dass wir Menschen aufnehmen können – das werden wir auch jetzt tun.“

Bänder in den ukrainischen Landesfarben vereinten die Mahnenden.

Ganz spontan und in aller Eile haben sich alle in Bergkamen am Donnerstag digital organisiert, die dem Krieg in der Ukraine etwas entgegensetzen wollen. Solidarität, offene Herzen, ein Zeichen, ein deutliches Statement: Kirchen, Parteien, Religionen, Vereine, Verbände und die Stadt Bergkamen haben kurzfristig alle mobilisiert, die hier Flagge zeigen wollten. Sie eint das blanke Entsetzen über ein Szenario, das viele auf europäischem Boden nicht mehr für möglich hielten. Ohnmacht, Hilflosigkeit, Wut: Keiner, der hier den anderen über die Bänder bei der Hand nahm, kann fassen, was sich gerade direkt vor der Tür Europas abspielt.

Auch die Jüngsten wollten wenigsten mit einer Kerze der Hoffnung auf Frieden Ausdruck verleihen.

„Die Zeiten sind vorbei, in denen wir naiv glauben können, dass wenn wir gut sind auch die anderen gut zu uns sind“, betonte Marco Morten Pufke abschließend. Er sei froh, dass die Politik erst wenige Minuten zuvor im Bundestag Einigkeit gezeigt habe und Zeichen für Solidarität, Demokratie, Freiheit und Frieden gesetzt habe. Blaue und gelbe Bänder und Ballons zogen am Ende friedlich nach Hause und setzten so im ganzen Stadtgebiet kleine farbige Akzente.




Acht Frauen lassen auf der Bühne des Gymnasiums die Masken fallen

Von wegen „Me too“. Diese 8 Frauen ließen sich am Samstag auf der Bühne des Gymnasiums überhaupt nichts sagen. Sie hatten allesamt eine Hauptrolle und spotteten allen weiblichen Stereotypen. Sie hätten sämtliche das Zeug zu hinterhältigen Mörderinnen gehabt. Doch wer den Hausherrn am Ende umgebracht hatte, war bei der Aufführung des Theaterkurses eigentlich egal. Viel spannender war es, der ungehemmten Spielfreude zu folgen. Und eine Maske nach der anderen fallen zu sehen.

Viele Frauen und ein großes Durcheinander.

Endlich gab es wieder eine Aufführung des Kurses, der als Fortsetzung des Literaturkurses die Leidenschaft für das Theater kultiviert. Diesmal ohne Lockdowns, nur mit lästiger Masken- und Testpflicht. Und mit einem mehr als schalen Beigeschmack des Krieges in der Ukraine, weshalb die Gedanken aller zunächst auch dorthin ging – bevor sich überhaupt ein Vorhang hob. „Für viele von uns ist es auch eine persönliche Belastung, denn viele Schülerinnen und Schüler haben Verwandte oder Kontakte in die Ukraine“. Deshalb tat es auch gut, einen Abend lang mal etwas ganz anderes zu hören und zu sehen.

Auch die Hausdame hatte es faustdick hinter den Ohren.

Die Wahl fiel auch deshalb auf das Theaterstück des französischen Autors Robert Thomas, weil der Theaterkurs tatsächlich ausschließlich aus jungen Darstellerinnen besteht – acht an der Zahl. Die beiden männlichen Kollegen stießen erst später dazu und kümmerten sich um das beeindruckende Bühnenbild, Ton und Licht. „Vor zwei Wochen war die Bühne noch eine Baustelle. Es ist beeindruckend, was sich gleich vor uns präsentiert.“

Tolles Bühnenbild – komplett selbstgestaltet.

Das schmucke Wohnzimmer eines reichen Industriellen zeigte sich in ganzer Pracht hinter dem Vorhang. Dort und unsichtbar hinter den vielen Türen spielte sich die höchst verwickelte Handlung ab. Anstelle beschaulicher Weihnachten gab es einen toten Hausherrn, ein gekapptes Telefon, eine verschwundene Waffe, ein zerstörtes Auto und ein verschlossenes Eingangstor. Das alles war ebenso Fassade wie das sorgsam gepflegte Image jeder einzelnen der Anwesenden. Die Hausdame entpuppt sich als Spielsüchtig, die Tochter als schwanger, die Oma hortete ihre Aktien im Kissen und die „vertrocknete“ Tante schrieb flammende Liebesbriefe.

Engagiertes Spiel auf der Bühne.

Nächtlicher Streit, dubiose Teelieferungen, ein Hausmädchen mit heimlichen Rendezvous, Explosionen, vergiftete Hunde: Es ging drunter und drüber und keine der Frauen war, was sie wirklich zu sein schien. Ein sarkastisch-humoristischer Ausflug in die Abgründe der menschlichen Fassaden, hinter der sich Abgründe auftun – ganz wie aktuell in mancher Realität.

Ein Geschenk für alle.

Die Freude am Spiel steckte jedenfalls an und ließ für ein paar Stunden die raue Realität mit drohenden Szenarien in den Hintergrund treten. Für den Kurs gab es das Aufführungsplakat in Luxusausführung. Und die Gewissheit, hat sich fortgesetzte Engagement nach dem Unterricht mehr als gelohnt hat.




Mit Nadeln und Wollfäden allen eine unverwechselbare Stimme geben

Handarbeit, nicht nur Quadrat für Quadrat: Das Bergakemener Tippi entsteht.

Monatelang lagen 15×15 cm große Quadrate im Briefkasten von Pfarrerin Petra Buschmann-Simons. Oder sie standen säckeweise vor der Tür des Oberadener Martin-Luther-Zentrums. Marineblau, rubinrot, BvB-gelb mit Stäbchen gehäkelt oder glatt rechts gestrickt, mit und ohne Muster, manche mit filigranen Farbverläufen, andere knallbunt. So viele, dass daraus glatt mehrere Tipis entstehen könnten.

Kennenlernen, bevor es an die handfeste Arbeit geht.

Genau das ist das Ziel des ungewöhnlichen Handarbeitens, das seit dem Sommer die Bergkamener Kreativität im wahrsten Sinne ausufern lässt. 1.600 Häkel- und Strickquadrate ließen fleißige Hände aus widerstandsfähiger Wolle entstehen. Damit ein Tipi entsteht, das so bunt wird wie seine Urheber. Wie viele Menschen dahinter steckten, lässt sich nur erahnen. Fest steht: Die Bergkamener haben sich von der TIPI-Idee der Künstlerin Ute Lennartz-Lembeck begeistert anstecken lassen. Quer durch alle Religionsgemeinschaften, denn die Ev. Friedenskirchengemeinden gaben nur den Anstoß dazu. Mitgemacht haben viele: der Moscheeverein, der interreligiöse Arbeitskreis, das Bildungszentrum, der AWO-Migrationsdienst, die Integrationsbeauftragte, der islamische Verein Milli Görüş, die Friedenskirchengemeinden und die Stadt Bergkamen als Unterstützerin.

Bunt und individuell: Jedes Quadrat ist ganz besonders.

Am Samstag nun ging es an den ersten Teil der Fertigstellung. Viele Helfer kamen, um die Anweisungen der Künstlerin die Tat umzusetzen. Die war eigens dafür angereist und ging auch mit Hexenschuss eisern in die Knie, um die Flut der Quadrate auf die maximal möglichen 1.200 zu reduzieren und alle in Reih und Glied zu bringen. Erst mussten die Quadrate farblich sortiert werden. Dann ordneten sie alle Helfer zusammen zu zwei Viertelkreisen auf dem Boden an, zwischendurch aufgemuntert mit selbstgebackenem Kuchen. Das war aber erst der Anfang. Alle Helfer zusammen mussten entscheiden, welches Quadrat innerhalb der Regenbogenfarben wo seinen Platz bekam. „Das ist schließlich Ihr Tipi und das soll am Ende auch etwas über Sie alle aussagen“, motivierte die Künstlerin etwaig bereits erschlaffte Arme und Beine. Das alles musste noch mit Klebebändern fixiert werden.

Jede/r Einzelne ist wichtig für das Gesamte

Erstmal muss sortiert werden: aus 1.600 Quadraten werden farblich gegliederte Häufchen.

Danach folgt erst die eigentliche Arbeit. Die Quadrate müssen zusammengehäkelt und umhäkelt werden. Zum Schluss wird aus zwei Halbkreisen ein Tipi, das zunächst vor der Martin-Luther-Kirche steht und dann auf Reisen geht durch das Stadtgebiet. Zwei Treffen wird es bis dahin noch mit der Künstlerin geben. Und vor allem viel Arbeit. Eine Anstrengung, die sich lohnt.

Alle packen beim Sortieren mit an.

„In jedem Quadrat stecken eine Idee, eine eigene Kreativität und eine Stimme“, schildert Ute Lennartz-Lembeck. „Jeder Einzelne ist bei diesem Projekt wichtig, denn nur zusammen halten die Quadrate und das gesamte Tipi. Daraus entsteht eine Gemeinschaft, die sich anders vielleicht nie gefunden hätte.“ Eine Gemeinschaft, die im Kleinen zusammenfindet – und inzwischen weltweite Kreise zieht.

Gar nicht so leicht: Wohin soll welches Quadrat genau im gemeinschaftlichen Gefüge?

Seit bereits 10 Jahren reist Ute Lennartz-Lembeck von Kontinent zu Kontinent, um überall Tipis entstehen zu lassen. USA, Kenia, Italien, Thailand, Brüssel: Die Tipis sind längst universell geworden – überall in einer gemeinsamen Sprache entstanden mit Strick- und Häkelnadeln. Sogar die Schwester von Barak Obama hat die Idee begeistert. „Daraus ist eine richtige Freundschaft entstanden, denn wir beide wollen den Menschen, die sonst stumm bleiben müssen, eine Stimme geben.“

Gehäkelt oder gestrickt: Jedes Quadrat ist ein eigenes Kunstwerk.

Eine Stimme kann in diesem Projekt jeder haben – mit nur 15 mal 15 cm großen Quadraten und ein wenig Fingerfertigkeit. Die meisten Bergkamener beherrschen offenbar die Handarbeit, denn der angebotene Handarbeitskurs hatte im Rahmen des Projektes nur ein Neuling besucht. Die Idee hatte die Künstlerin übrigens, während sie ihre Tante pflegte und sich eigentlich nur sinnvoll beschäftigen wollte. Daraus sind inzwischen 50 Tipis in 10 Jahren entstanden – urheberrechtlich geschützt. Allerdings: Das Projekt endet bald. Im Sommer entsteht ein Tipi-Dorf als Finale.




„Astoria“: Musikfilm-Utopie mit nachhaltigen Nebenwirkungen

Applaus und stehende Ovationen für die Filmpremiere von „Astoria“ in der Ökologiestation.

Die Welt macht ohnehin, was sie will. Deshalb komponiert Reinhard Fehling. Um sich „eine Welt nach meiner Vorstellung zu schaffen“. Schon immer und mit gewaltigem Erfolg. Jetzt kann sich jeder seine Utopie mit nach Hause nehmen. Als Film randvoll mit noch viel mehr musikalischen Utopien. Allerdings: Utopie ist Utopie und bleibt es auch. Die Welt macht eben doch, was sie will. Nicht nur am Ende des Films „Astoria“, auch rund um dessen Entstehung. Aktueller hätte die Filmpremiere am Samstag in der Ökologiestation nicht sein können.

Gesang mit Hingabe.

Einfach einen eigenen Staat gründen, eigene Regeln aufstellen und der Schönheit des Lebens huldigen. Wie wunderbar wäre das? Eine Weile macht das Spaß und funktioniert prächtig. Dann schlägt der Humor in Ironie und Sarkasmus um, wenn dem Landstreicher Hubka und der Gräfin Gwendolyn ihr Staat entgleitet. Die armen Massen strömen herbei und stürmen als Flüchtlinge die Botschaft. Faschistoide Manieren halten Einzug, aus der harmonischen Gemeinschaft wird ein korrumpierter Polizeistaat reduziert auf den Staatsapparat. „Das größte Übel ist die Zufriedenheit“ singen alle zusammen, bevor die Blase zerplatzt. Was sich dort in Farbe in der Utopie und Realität abspielt, wird lakonisch musikalisch aus dem Schwarzweiß des brechtschen Musiktheaters kommentiert. Ein Hauch von ironischer Musikrevue mit bitterem Beigeschmack und angedeutetem Schulterzucken.

Engagierte Solisten.

Weil drumherum eben genau das passiert, was dort filmisch auf die Spitze getrieben wird. Schon bei der Entstehung des Films auf dem Gelände der Ökologiestation übernahm die Realität die Regie. Schulklassen mussten „Pipi“ und platzten auf der Suche nach Erleichterung in die Dreharbeiten. Da wurde der Kompositeur wieder zum Lehrer und fand geduldig Abhilfe. Schmiedekurse entpuppten sich als zu lautstarke Realität: Die Utopie konnte nur gerettet werden durch Zwangspausen für angehende Schmiedekünstler. Zwangspausen ohne Ende dann auch für die Premiere: Corona verhinderte die erste Premiere, das Proben und überhaupt fast alles. Eine Parallel-Utopie wurde wahr: Im Ausweichprobenquartier auf Gut Velmede wuchsen enge Freundschaften mit den Besitzern.

Die Utopie und ihre Chancen

Reinhard Fehling in Aktion.

Utopie muss aber nicht immer Utopie bleiben. Sie hat ihre Chancen, wie dieses außergewöhnliche Filmprojekt zeigt. Überzeugung und Begeisterung stecken an – handfest forciert von überirdischem Können und nicht weniger versierten Mitstreitern. Wie Reinhard Fehling die brutale Realität von Jura Soyfer und seinem Theaterstück samt tödlichem Ende in Buchenwald in die filmische Gegenwart holt: Ihm gelingt federleicht, was bei anderen nur schiefgehen kann. Drumherum drapiert er Lieder im Live-Konzert nach Stummfilmmanier, die passender nicht hätten sein können. Auch hier ist alles selbstkomponiert. Auch hier ist alles Utopie. Die Texte kommen von Goethes Erkönig bis zum verkannten DDR-Poeten Gerhard Gundermann und hämmern sich mit Heavy-Metall-Akzenten und „Flaschengeistern“ bissig in die Gehirnwindungen hinein.

Erst Konzert, dann Filmpremiere.

Eine tollkühne Melange, die nur begeistern kann. „Die letzten Heuler“ als Chor, die euphorisch agieren. Namhafte Schauspieler wie Claus-Dieter Clausnitzer, Barbara Blümel oder Michael Kamp und Lokalmatador Bernd Böhne, die mit ansteckender Spielfreude dabei sind. Grandiose Musiker wie die „Wilden 7“, seit ewigen Zeiten und Uni-Tagen treue Wegbegleiter. Sponsoren und Stiftungen. Und die Zuschauer, die aufstehen und jubeln, als der symbolische Vorhang gefallen ist.

Utopie oder doch nicht? Am Ende landet „Astoria“ doch in der 2. Reihe.

Bleibt am Ende doch nicht alles Utopie? „Kennen Sie fröhliche Lieder?“, fragte Reinhard Fehling zu Beginn. Er gibt gleich selbst die vieldeutige Antwort: „Ich nicht“. In der Ukraine marschieren Armeen auf. Flüchtlingsmassen sind unterwegs, Enthüllungsreden werden gehalten, es gibt massenweise Ehrenworte und Heimatgefühle ohne Heimat: Der Film ist Realität. So ganz will man es ihm aber nicht abnehmen, wenn man die Freude sieht, die dem Projekt aus allen Poren quillt. So bleibt eben jeder am Ende mit seiner eigenen Utopie zurück. Und das ist vielleicht auch gut so, weil Überleben anders nicht möglich ist. A propos Utopie: Das Projekt ist noch nicht ausfinanziert und kann noch mehr gebrauchen als milde Gaben im herumgereichten Hut…




Patientenvortrag: Aktuelles zur Corona-Pandemie

Am Mittwoch, 26. Januar, um 18 Uhr veranstaltet das Klinikum Westfalen Online eine Patientenveranstaltung mit dem Thema: Aktuelles zur Corona-Pandemie. Referent ist Dr. Clemens Kelbel, Direktor der Pneumologischen Kliniken am Klinikum Westfalen.

Das erwartet Interessierte: Welche Gefahren birgt die aktuelle Corona-Pandemie für Lungenkranke? Wie können Sie sich optimal schützen und wie wichtig ist es auch für sie, eine Maske zu tragen? Antworten auf diese und viele weitere Fragen aus der Zuhörerschaft gibt Dr. Clemens Kelbel an diesem Abend. Dabei geht der erfahrene Pneumologe tagesaktuell auf die Pandemielage ein und erklärt auch Hintergründe zur Verbreitung des Virus und seiner Mutationen.

Den Link zur der Veranstaltung finden Interessierte auf unserer Hompage www.klinikum-westfalen.de unter „Per Klick zum Chefarzt-Vortrag“.




Wieder mal zugeschnappt: Richter ordnet Einziehung eines Hundes an

von Andreas Milk
Ungewöhnliche Entscheidung am Kamener Amtsgericht: Die Einziehung eines Hundes wurde angeordnet. Sein Besitzer muss wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 10 Euro zahlen. Dieser Besitzer gehörte in der Nachbarstadt Kamen lange zum Stadtbild, ist inzwischen aber nach Bergkamen gezogen. Und dort – vor einem Tedi-Markt – passierte auch das, worüber jetzt im Gerichtssaal gesprochen werden sollte, wenn der Mann denn gekommen wäre. Tat er aber nicht. Der Strafbefehl wurde deshalb vom Richter in seiner Abwesenheit erlassen. Er kann dagegen Einspruch einlegen. Das würde zu einem weiteren Termin führen.
Das Problem: Der Hund schnappt gerne mal zu – und das „Herrchen“ ist uneinsichtig. Mehrmals war das früher schon in Kamen so. Drei Vorverurteilungen stehen im Register, allesamt wegen fahrlässiger Körperverletzung in den Jahren 2019 und 2020. Inzwischen müsste er es also kapiert haben, sagte sich wohl ein Staatsanwalt und schrieb wegen des Vorfalls 2021 bei Tedi in Bergkamen eine Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Eine Frau hatte durch das Tier eine Schürfwunde am Bein erlitten. Der Hund sei an einer sehr langen Leine gewesen, ohne Maulkorb. Wäre er nun auf ein kleines Kind los gegangen, hätte weit mehr passieren können, sagte sie dem Richter.
Einsicht habe der Tierhalter nicht gezeigt. Und: Die Haftpflichtversicherung, dessen Karte er ihr gab, sei schon 2017 abgelaufen.




Weihnachtsflair mit Fackeln und 2G auf Gut Keinemann

Das Feuer macht den Weihnachtsmarkt auf Gut Keinemann besonders gemütlich.

Wie lässt sich ein historisches Glanzbild in ein Kissen verwandeln? Wie wird aus vielen kleinen Holzstückchen ein Engel? Wie kann sich ein Apfel plötzlich als funkelndes Weihnachtswunder im Federkleid entpuppen? Das bleibt das Geheimnis derer, die all das und noch viel mehr mit eigenen Händen gestaltet haben. Auf dem Weihnachtsmarkt auf Gut Keinemann.

Der Messerschleifer durfte auch diesmal nicht fehlen.

Denn alles, was an den 30 Ständen im Hof und in den Scheunen ausgestellt wird, ist selbstgemacht. Von der Christbaumkugel über gestrickte Handschuhe bis zum Gemälde. Während viele Weihnachtsmärkte in diesen Tagen vor den 2G-Regeln und hohen Inzidenzen kapitulieren, war der Verein der Oldtimer Remise auf Gut Keinemann wild entschlossen, „es durchzuziehen, komme was wolle“. Schon vor einem Jahr konnte der ebenso beliebte wie romantische Weihnachtsmarkt nicht stattfinden. „Diesmal haben wir schon Anfang November den Antrag mit 2G-Regeln gestellt – weil genau das absehbar war“, schildert Thomas Albrecht.

Historischer Christbaumschmuck.

Kontrollen von Impfnachweis und Ausweis samt Armbändchen am Eingang, Maskenpflicht auf dem Gelände: „Die Besucher machen gut mit und sind entspannt, auch wenn es mal eine Schlange am Eingang gibt“, so Albrecht. Dennoch sind am ersten von 2 Wochenenden spürbar weniger Gäste gekommen als in coronafreien Zeiten. „Daran kann auch der Regen schuld sein“, vermutet Albrecht. Seit Tagen hatte es fast ohne Unterbrechung geschüttet. Auf dem Hof stand das Wasser und auch das geballte Ausstreuen von Stroh konnte nicht verhindern, dass die Schuhe deutliche Spuren vom Weihnachtsmarktbesuch davontrugen. Auch auf dem Parkplatz auf der Wiese schaffte es mancher nicht, sich und sein Fahrzeug aus den Folgen des Dauerregens mit aufgeweichtem Boden zu befreien.

Geschmückt oder noch zu schmücken für das eigene Heim: Weihnachtsbäume standen auch hoch im Kurs.

Das alles schmälerte die gute Stimmung rund um das zentrale Lagerfeuer und den Fackelschein am Abend nicht. Gut gelaunt wurde vom geräucherten Fisch oder Flammkuchen gekostet, der Glühwein war obligatorisch und nicht wenige sicherten sich einen der vielen Weihnachtsbäume. Während fleißig Messer geschliffen, Waffeln gebacken und Nachschub für das Handschuhangebot gestrickt wurden, genossen alle den „muckeligsten Weihnachtsmarkt der Region“.

Der hat auch am kommenden Wochenende wieder geöffnet, als Ersatz für den ausgefallenen Weihnachtsmarkt in Oberaden. Weihnachtsbäume werden täglich bis Weihnachten verkauft – von 10 bis 19 Uhr. Und auch Glühwein und Waffeln gibt es außerhalb der offiziellen Markttage.




Adventskranz leuchtet wieder im Rathausquartier

Toller Anblick: Das Rathaus als Lichtinstallation.

Kerzen, Orangenschalen, hübsche Accessoires und bunte Farben: In Bergkamen gibt es den Adventskranz frei Haus. Aufwändig basteln und etwas tiefer in die Tasche greifen mussten andere dafür, damit für jeden auf dem Weg zum Weihnachtsabend eine neue Kerze brennt – freiwillig. Denn schon im vergangenen Jahr sorgte die ungewöhnliche Lichtinstallation am und rund um das Rathaus dafür, dass die wieder heftigeren Corona-Sorgen wenigstens ein wenig abgelenkt wurden.

Lichter flammen choreographiert in den Rathausbüros neben dem illuminierten Baum auf.

Unzählige Lichter und eine komplette Choreographie tauchen das Rathaus, den Ratstrakt, den Busbahnhof, das Stadtfenster mit der Sparkasse, die Seilscheibe und Bäume in ein strahlendes Lichtermeer, sobald die Dunkelheit da ist. 66 Lampen leuchten allein in den Rathausbüros abwechselnd auf: Die digitalen Signale kommen vom Schaltpult. 350 Meter lang sind die Lichterketten, die sich an den Fassaden der Rathausgebäude entlangschlängeln, allein 30.000 LED-Lämpchen glühen hier an den Lichterketten.

Der Busbahnhof trägt die Adventskerzen auf dem Dach.

Am Busbahnhof bilden die Pylonen wieder stilisierte Adventskerzen, in der Mitte glüht ein Kranz. Die Busse und Autos kreisen wie eine Spielzeugbahn drumherum. Orange flammt die Seilscheibe auf und erinnert an eine halbe Orangenscheibe. Jeder, der Lust hat, kann jetzt tagtäglich mitten hindurch spazieren durch den begehbaren Adventskranz und aus jedem Winkel eine andere Perspektive entdecken.

Die Seilscheibe macht sich gut als Orangenscheibe.

Die Anziehungskraft ist jedenfalls magisch. Wer eigentlich auf den Bus wartet, erkundet jetzt neugierig alles, was hier leuchtet und läuft mindestens einmal um die Installation herum. Kinder fassen fasziniert die Betonwellen an, auf denen Lichterschnee rieselt. Passanten bleiben stehen und verfolgen verdutzt, wie sich Weihnachtsgrüße Zeile für Zeile in allen erdenklichen Straßen auf der Rathausfassade aus Lichtstrahlen formieren.

Weihnachtsgrüße gehören auch wieder dazu – in allen Sprachen.

So kommt doch wieder ein wenig Licht in das zunehmende Pandemie-Dunkel. Und der abendliche Spaziergang dürfte für viele jetzt obligatorisch sein. Die Jugend hat das Lichtermeer längst für sich entdeckt und verabredet sich mit und ohne Fahrräder, um sich hier oftmals spektakulär in Szene zu setzen. Ganz im Sinne der Initiatoren von Sparkasse, Stadtmarketing und Kultur aus dem Rathaus und der Firma „SmartLite“ aus Kamen mit der Technik.




Endlich wieder Weihnachtsvarieté mit mutiger Akrobatik

Poetischer Tanz mit den Eisenring vom Profi.

„Ab jetzt ist aber Ruhe – absolute Ruhe!“, kämpft sich der Gruppenleiter durch das wilde Gerufe und Geschnäbbel seiner aufgeregten Gruppe. Die zieht gerade geschlossen vom Aufwärmen in der Turnhalle zum Hintereingang des studio theaters. Gleich geht es ins Scheinwerferlicht auf der Bühne. Für die meisten zum ersten Mal überhaupt. Zu lange musste das Weihnachtsvarieté auf seine 10. Auflage warten. Alle sind restlos aufgeregt.

Die Gruppen des „Balu“ zeigten eindrucksvoll, was sie können.

Seit der letzten Aufführung der kleinen und größeren Akrobatik-Künstler aus dem Balu im Jahr 2019 hat es längst viele Neuzugänge gegeben. Neue Gruppen wie die Trampolin-Truppe haben sich gegründet. Überhaupt konnten die gut 30 jungen Artistinnen und Artisten erst seit den Sommerferien wieder richtig trainieren. Davor wurde während der Lockdowns und Schließungen mit Video-Training improvisiert. „Das ging zwar auch irgendwie – nichts kann aber die Arbeit am Mann ersetzen“, sagt Aurel Islinger. „Es sind alle einfach nur froh, dass dieser Abend heute stattfinden konnte und alle zeigen durften, was sie können.“

Coole Akrobatik mit dem Diabolo und dem Licht.

Das ist vor allem angesichts der schwierigen Bedingungen unter Corona mehr als beeindruckend. Kein Wunder, dass Rainer Maria Rilke quasi Schirmherr des Abends wurde und seine Weisheiten das fröhliche Treiben auf der Bühne nur noch betonten. „Tu was du nicht kannst“, lautete das Motto. Mutig sein, das ausprobieren, was hinter Hürden der Angst scheinbar unerreichbar ist. Den Schrecken und den Respekt als Herausforderung sehen und einfach sein Ding machen: Viele berühmte Persönlichkeiten im Foyer zeigten mit ihren Lebensläufen in einer kleinen Ausstellung, dass dies immer wieder klappen kann. Albert Einstein, Nikolaus Kopernikus, Bob Beamon: Sie sind nur einige, die mit Mut und Entschlossenheit neue Wege geebnet haben.

Mutig ins Scheinwerferlicht

Ganz neu ist die Trampolingruppe im Balu. Sie zeigte zum ersten Mal, was sie gelernt hat.

Mutig war jeder einzelne, der am Samstag ins Scheinwerferlicht trat. Egal ob es die ganz kleinen waren, die entschlossen Anlauf nahmen und auf ausgestreckte Arme oder kopfüber ins Trampolin sprangen. Egal, ob es die „Neulinge“ waren, die sich mit dem Springseil über die Bühne katapultierten oder ob sich die „Profis“ von einem Arm in die Höhe stoßen ließen. Sie alle überwanden sich und die eine oder andere Hemmschwelle. Ein großes Strahlen lag auf jedem Gesicht, wenn die Landung sicher war und der Applaus riesig – selbst dann, wenn sich das Seilchen mal an den Füßen verheddert hatte oder das Gleichgewicht im Handstand auf den Händen der anderen nicht so lange hielt, wie es sollte.

Beeindruckende Körperkunst gab es mit preisgekrönter Akrobatik zum Abschluss.

Respektvollen Applaus gab es auch von den Profis. Die tanzten betörend und poetisch mit Stahlreifen, zauberten faszinierende Bilder mit den Diabolos in die Dunkelheit, verbogen ihre Körper auf magischen Würfeln, die sie dabei ganz nebenbei auch noch farblich in die die richtige Ordnung brachten. Oder sie zeigten Körperbeherrschung mit kraftvoller Akrobatik, die regelrecht sprachlos machte. Das alles humorvoll begleitet von Daniel Reinsberg, seiner Zauberkunst und seinen frechen Freunden, die tief aus seinem Bauch heraus zum Publikum sprachen. Ein fantastischer Abend, der manchen Erwachsenen inspirierte. „Ich trainiere jetzt ein Jahr, dann seht ihr mich auch auf der Bühne“, meinte ein beeindruckter Zuschauer und meinte es wohl nicht ganz so ernst.




Synthetischer Schlittschuhspaß auf Kunststoffplatten sorgt für ganz besonderen Winterzauber

Macht Spaß und ist glatt genug zum Hinfallen: Die Kunstoff-Eisbahn in der Marina Rünthe.Eigentlich wollten sie an diesem Samstag nur einen kleinen Spaziergang in der Marina machen. Am Ende stand die Hälfte von ihnen auf Schlittschuhen und flitzte eine Runde nach der anderen über den Hafenplatz. Dabei gibt es hier noch nicht einmal richtiges Eis.

Gas geben funktioniert schon ganz gut.

„Das ist toll!“, rufen Luca und Niclas. Beide stehen erst noch etwas wacklig auf ihren Eishockeyschlittschuhen, die sie sich spontan geliehen haben. Frisch geschliffen sind die Kufen. Das synthetische Kunststoffeis ist frisch geputzt und schön glatt. Immer mutiger werden die Brüder und es dauert nicht lang, da liegt der erste lachend auf dem Rücken. „Ganz schön glatt“, ruft Niclas. Er konnte es erst gar nicht glauben, dass er auf Kunststoff genauso gleiten kann wie auf richtigem Eis.

Die Utensilien für das „Lattel-Schießen“ werden aufgebaut.

Kein stundenlanges Einfrieren, keine immer teurer werdenden Energiekosten, kein Aufwändiges Aufbereiten. Die Kunststoff-Eisplatten halten außerdem 20 Jahre lang. „Wir verbrauchen hier keine Energie, wir produzieren kein CO2“, sagen Rainer Enste vom Pier 47 und Sebastian Schenk. Letzterer ist eigentlich Metallbauer und hatte die Idee für die etwas andere Eisbahn. Entstanden aus einer regelrechten Bierlaune heraus. „Ich stand mit einem Freund am Tresen und er erzählte, dass er Kunststoffplatten aus einer Insolvenzmasse erstanden hat.“ Daraus wuchs die Idee für eine ganze Eisbahn.

Eisstockschießen funktioniert auch prima auf der Eisbahn.

Die hat Sebastian Schenk komplett selbst gebaut. Die Bande und den Unterbau. Die geeigneten Schlittschuhe wurden angeschafft. Eishockey-Varianten müssen es sein, denn die haben keine Bremszacken vorn. Die hinterlassen unschöne Spuren im Kunststoff. Gut 140.000 Euro würde die Eisbahn neu kosten. Als sie fertig war, waren schon die ersten Anfragen da. Dann kam Corona. „Das ist jetzt eine echte Premiere für uns, auf die wir lange gewartet haben“, schildert Sebastian Schenk. Dass am Samstag das Wetter nicht wirklich mitspielte und im Nieselregen nur wenige Besucher Lust auf eine Schlittschuhrunde hatte, schmälerte die Begeisterung zwar ein wenig.

Nach einer kurzen Eingewöhnung läuft es schon richtig gut auf dem Eis.

Gute Laune verbreitet aber die Tatsache, dass es schon viele Interessenten für das „Lattel-Schießen“ gibt. Dabei müssen Klappen an einer Zielvorrichtung mit dem Eisstock zielgenau getroffen um umgeklappt werden. Auch das Eisstock-Schießen ist beliebt. Auf den 20 Platten auf 20 mal 11 Metern ist viel Platz für vielfältigen Spaß. Bis zum 16. Januar lädt der Winterzauber zum Eis-Erlebnis der synthetischen Art ein. Andere Interessenten werden vorbeikommen und sich live anschauen, dass Eislaufen auch in der Kunststoff-Bahn außerordentliche Winterfreude verbreiten kann.




Im Kunst-Container Kultur berühren und den Ruf nach Wandel kreativ umsetzen

 

Baustellenkunst, entstanden aus dem Material des Abrisses.

Zwei von ihnen kamen jeden Tag vorbei. Mindestens zwei Jungs der sechs Kinder der Familie aus der City waren Stammgäste im Kunst-Container von Manfred Webel. Eigentlich sollten sie nur kurz nachschauen, ob es mit der Baustelle jetzt endlich losgeht. Dass dort Kunst drinsteckte im vermeintlichen Baustellencontainer, war eine Überraschung. Dass die reichlich Spaß macht, noch viel mehr.

Der Kunstcontainer an der Baustelle, mit einem Original-Einkaufswagen vom längst verschwundenen Wal Mart.

Die meisten der 158 Gäste, die spontan im Container-Atelier von Manfred Webel an insgesamt 9 Tagen vorbeischauten, malten ein Bild. Andere versuchten sich am Ton oder Plastilin. Viele kamen auch einfach nur, um die Kunst, die hier ausgestellt ist, zu berühren. „Bitte berühren“ steht es schließlich ausdrücklich außen dran, an den Containertüren. „Kunst ist für mich nur dann Kultur, wenn sie zum Dialog einlädt“, sagt Manfred Webel. Deshalb ist er auch seit 35 Jahren mit seiner Kunst unterwegs. Anfangs mit dem Motorrad, zwischendrin mit dem Zug. Seit gut 10 Jahren mit seinem Container, der so genormt ist, dass er auf jeden Zug oder in jedes Containerschiff passt.

Bitte eintreten: Der Kunst-Container lud 9 Tage lang zum Berühren ein.

Der Container ist für ihn auch ein Symbol für die globalisierte Welt. Ganz nebenbei kann er sein eigenes Atelier mitnehmen und erlebt mit weit geöffneten Türen „einen ganz anderen Schnack“. Die Gespräche und Begegnungen laufen lockerer als im eigenen Kosmos des festen Ateliers. Die Hemmungen, einfach einzutreten in den Container, sind aber trotzdem da. Sie sind allerdings auch schneller überwunden, wenn schon Besucher am Werk sind und viele befreundete Kunst-Helfer dazukommen.

Der Ruf nach Wandel

Viele Möglichkeiten für Kreativität stecken im Container.

Bevor Manfred Webel seinen Container aufstellte, stattete er Bergkamen einen Besuch ab. „Ich kannte die Stadt gar nicht“, sagt der Paderborner. Seinem Navi misstraute er zunächst gehörig, als es das Rathaus meldete. „Das kann doch nicht sein“, sagte er sich. Schnell erschloss sich ihm aber das Potenzial des Ortes mit seiner „prekären Lage“. „Die Bauten aus den 70er-Jahren, die City, die Baustelle mit dem Abriss – da steckt viel drin vom Versuch, eine Mitte zu bilden. Viel Geschichte und viel Vergangenheit, aber auch viel Zukunft“, schildert er. „Der Ort ruft ja geradezu nach Wandel und Veränderung.“ Zumal hier früher der erste Standort der ersten kommunalen Kunstgalerie in NRW überhaupt war.

So sah die Skulptur aus, als sie noch als Überrest eines Pfeilers in der Baustelle steckt. Foto: Manfred Webel

Potenzial steckte auch rein materiell in der Baustelle. Die kapitalen Stahlstreben, die aus den zertrümmerten Pfeilern des einstigen Wal Mart-Centers deformiert in den Himmel starren, haben es Manfred Webel besonders angetan. Mit ihnen hat er gespielt, das Schweißgerät herausgeholt und eine Skulptur geschaffen. Die wurde am Samstag im kleinen Kreis „enthüllt“. Was genau sie am Rande der Abriss-Baustelle darstellt, hängt von der individuellen Perspektive ab. Für den einen ist ein Rind, für den anderen ein Schwein, wieder andere sehen eine mit wogenden Kleidern wirbelnde Tänzerin im verformten Stahl. Ob die Skulptur den Abriss überdauert, wird sich zeigen.

Manfred Webel zieht mit seinem Kunst-Container jedenfalls weiter. Er hat insgesamt 12 Standorte in diesem Projektjahr in ganz NRW.