Holz-Erde-Mauer strahlt bei der glänzenden Klassik-Premiere mit den 3 Tenören

Die Holz-Erde-Mauer erstrahl im vollen Scheinwerferglanz.

Am Ende nützte es auch nichts, die leuchtenden Sterne mit Puccinis „Tosca“ aus voller Seele zu besingen und mit Bizets Blumenarie aus „Carmen“ den Sommer zu beschwören. Kurz vor dem offiziellen Ende kam er doch noch, der Regen beim Klassik Open Air – und zwar so richtig. Die Premiere an der Holz-Erde-Mauer, die mit den drei Tenören bis dahin im wahrsten Sinne glänzend war, musste abgebrochen werden.

Schade: Kurz vor Schluss kam der Regen und der improvisierte Regenschutz half nicht mehr viel.

Vor allem der 70.000 Euro wertvolle Flügel konnte nicht noch mehr Feuchtigkeit vertragen. Mühevoll waren seine gut 400 Kilo Stunden zuvor von 8 Armen die Holzrampe hinaufgewuchtet worden. Techniker waren die Mauer von allen Seiten hinaufgeklettert, um Kabel und Scheinwerfer für eine atemberaubende Beleuchtung durch die Firma „Smart Lite“ zu sichern. Eine traumhafte Kulisse, die selbst für die Stars des Abends eine Premiere war. Auf dem Nachbau der antiken Umwehrung eines Römerlagers sind Stefan Lex, Thomas Heyer und Michael Kurz noch nie aufgetreten.

Eine einzigartige Kulisse bot der Nachbau der Lagerumwehrung – arrangiert von „mindestens genauso guten Künstlern wie wir“, so die Tenöre.

Das Ambiente war so außergewöhnlich, dass die ersten Zuschauer schon eine Stunde vor Beginn vor dem Eingang standen. Die Plätze mussten auf 300 aufgestockt werden, weil der Andrang so groß war. Die Frühbesucher genossen das Vorprogramm mit Johannes Wolff von der Musikschule am Flügel, Bratwürstchen vom Grill und Einblicken in das germanische Leben vor dem Lagertor. Auch dabei spielten, begleitet vom Besuch diverser Slaven, Musikinstrumente eine Rolle. Und wer genau hinschaute, konnte Schmuckherstellung und antike Tätowiertechniken beobachten.

Stilvoller Beginn: Aufmarsch der Stars über die Rampe.

Dann schritten sie die Rampe hinauf, die drei Freunde und Tenöre aus dem Ruhrgebiet. Am Flügel die Gattin des „Boygroup“-Conférenciers, Sigrid Althoff. Sogar einen eigenen „Umblätterer“ hatte sie dabei, um auf dem schmalen Steg in recht luftiger Höhe die Notenblätter im Griff zu behalten. Der eine oder andere Vierbeiner im Publikum bellte zwar noch bei den ungewohnten Tönen der Blumenarie oder Verdis „La donna e mobile“. Nach der „Bütterchenpause“ und den zwei Märchenaugen waren dann aber alle ganz gelassen.

Voller Engagement: Die drei Tenöre mit drei Tönen als drei Freunde in Aktion.

Auch als Flugzeuge über dem „Wolfgalied“ von Léhar kreisten, Treckerlärm ein wenig Robert Stolz Liebeserklärung untermalte und ein leicht alkoholisierter Waldbesucher im Hintergrund Verdis berühmtes Trinklied etwas zu wörtlich nahm. Die Mauer funkelte abwechselnd in bunten Farben, ebenso wie die Bäume im Hintergrund. Eine fantastische Kulisse zu umjubelten Stimmen. Die waren auch nach der Pause bestens aufgelegt. Ein paar Schlagereinlagen wie „Ein Freund, ein guter Freund“,„Die Mädis vom Chantant“ oder vom schweren Studium der Weiber heizten die gute Stimmung noch weiter an. Mit „drei Nüsse für Aschenbrödel“ schmolzen auch die letzten Herzen im Publikum dahin. Bei den drei Canzonen in Erinnerung an die echten Tenöre und die echten Römer klatschen alle im Takt mit.

Antike Töne von Germanen und Slaven im Vorprogramm.

Dann allerdings kam er, der Regen. Erst ganz leicht – dann prächtig klatschend und pladdernd. Da halfen auch die roten Tücher nicht mehr, die jeder Tenor von den Stühlen im Wartebereich riss und sich um Köpfe und Schultern schlang. Es setzte eine Massenflucht ein – nicht ohne Dauerapplaus und bedauernde Bravo-Rufe. Und nicht ohne die Versicherung, dass es ein unvergesslicher und schöner Abend war, auch wenn die geplanten drei Zugaben am Ende vom Regen verschluckt wurden.




Beim Kabarett explodiert der Signora-Vulkan mit Winkeflügeln und voller Mundorgel-Gewalt

Italien hat nicht nur geologische Vulkane. Es gibt auch kabarettistische, die mit einer Prise Ruhrgebiet mindestens genauso gefährlich werden, wenn sie auf die Bühne kommen. Am Freitag brodelte es im studio theater nicht nur. Die Lachsalven explodierten. Dabei stand dort nur eine kleine Frau mit Haarnetz, Friedhofsoutfit und Akkordeon „Allein unter Geiern“.

Ruhig stehen konnte „La Signora“ auf der studio bühne nicht.

Von „La Signora“ hatten wohl die wenigsten vorher gehört. Das war ein Fehler. Denn den meisten, die sich im inzidenzerweiterten Abstand unerschrocken in die „Spuckgrenze“ begaben, sollte Hören und Sehen vergehen. Die Signora stand nur ganz kurz still und sinnierte über Nacktschnecken für Professionelle. Umgehend fiel sie über die ersten Reihen her und sezierte die „gebrauchten Paare“ inklusive Bürgermeister A. D. Mit den „Irren“ von der Insel ging es zweisprachig-kreativ durch den Hit-Shanty. Schon wuchsen ihr schlaffe Winkeflügel beim wilden Vogeltanz und im Zeitraffer jagten alle zusammen johlend durch den „Straßenstrich der Nation“ mit lustigem Werbelieder-Raten.

Ständig in Bewegung – gern auch mal im geschmeidigen Vogeltanz.

Da konnte sich jeder gut vorstellen, dass sich der Gasometer dereinst ehrfurchtsvoll nach Pisa verneigen wird. Wer sich derart intensiv mit neapolitanischen Wurzeln der Mundorgel hingeben kann und das Publikum geschlossen zu euphorischen „Falleris“ und „Falleras“ treibt, hat genau das verdient. Da wird selbst der atemlose Ritt durch die deutsche Schlagerlandschaft zu Kultur. Und weltweite Hits offenbaren Ungeahntes „Unter nem Cordrock“. Alle machten begeistert mit, denn das befreite Lachen war schlichtweg lang vermisst und heiß ersehnt.

Mit offenen Armen empfing sie das Publikum.

Es hätte ein harmloser Schenkelklopferabend bleiben können, wenn da nicht auch die nachdenklichen Momente gewesen wären. Ticitoc für einsame Social-Seelen war ein kleiner Vorgeschmack auf das Projekt Corona, das die Signora lieber vorher mal kurz ausprobiert hätte, um es sofort abzusagen. Kurz war das Publikum mutterseelenallein mit der Frau, „die nicht nur Gehirn und Besserwisserei“ zu bieten hat, sondern auch reichlich „Stauraum für Enttäuschungen“. Wenn sie von Always Ultra zu Always Uralt mutierte, die Natur Inventur machte und die „Kacheln meines Erfolgs“ in den Ritzen auf dem Damenklo verborgen lagen.

Mit dem Akkordeon ein unschlagbares Duo.

„Ich bin keine Lady, ich nur eine Frau“, charmierte sie hingebungsvoll und setzte zum nächsten Tanz mit bewunderungswürdiger Beweglichkeit an. Nicht ohne noch eine gehörige Portion Misstrauen unter den Paaren in der Spuckgrenze zu verbreiten, über die sie nach gut zwei Stunden vom Flirtverhalten unter Weineinfluss und 42 Ehejahren inklusive Unterwasserradeln einfach alles wusste.

Die Bergkamener hätten gern noch mehr als nur eine Zugabe gehabt. „Das war wirklich eine Überraschung“, meinte der eine oder andere heiser vom Lachen und fehlenden Pausentrunk am Ausgang. Dort standen viele noch lange an, um sich hinter dem Spuckschutz das versprochene Foto von der Signora inklusive Autogramm abzuholen. Beim nächsten Mal gibt es dann hoffentlich wieder eine offene Mensa und Getränke zur Erholung. Am 1.10. kommt „Longjohn“ und schafft ausgleichenden Gerechtigkeit für die Männer.




Sommerakademie nimmt Abschied und feiert die Kunst

Druckkunst zum Anfassen: Zum Abschluss der Sommerakademie gab es viel zu entdecken.

Ein Malbuch gab es zum Abschied. Und eine Kette mit Holzplaketten für alle 24 Sommerakademien, die er auf die Beine gestellt hat. Eigentlich müssten es 25 Großveranstaltungen sein, mit denen sich Michael Bub schmücken darf. Corona hat ihm einen Strich durch die silberne Jubiläumsrechnung gemacht. Dafür darf er noch andere Prädikate mit in den Ruhestand nehmen: Er war von der ersten Stunde an dabei. Und er hat Pionierarbeit geleistet.

Michael Bub mit seinen Geschenken.

Ob er jetzt endlich mal selbst zu den Stiften greift und nicht nur organisiert, plant und zuschaut, ließ Michael Bub offen. Er wird aber beim nächsten Abschlussfest der Sommerakademie auf jeden Fall dabei sein, das versprach er. Als er vor 25 Jahren die erste Akademie plante, gab es keine Erfahrungswerte, denn das Vorhaben war einmalig. Erst recht unter dem Dach von gleich mehreren Volkshochschulen, für Laien und für mehrere Kunstrichtungen.

Musik und Kunst: Zum Abschluss zeigen die Teilnehmer, was sie eine Woche lang gelernt haben.

„Die Sommerakademie gehört zu den schönsten Veranstaltungen im Umweltzentrum für uns alle – denn wir schauen am Ende immer in strahlende Gesichter und bekommen viel Begeisterung zurück“, sagt Michael Bub. Tag des Apfels, Messen, Mitmachangebote: Vieles steht im Umweltzentrum auf dem Programm. Als gelernter Pädagoge hat Michael Bub aber besondere Freude an der Akademie mit ihren vielfältigen Teilnehmern aus allen Himmelsrichtungen. Und den vielen Überraschungen, die er hier erlebt hat. Vor allem menschlichen, denn mancher hat hier ungeahnte Talente entdeckt und ist gewachsen.

Neue Fähigkeiten entdecken und weitermachen

Steinbildhauerei ist ein Bereich, bei dem es viel zu sehen gab.

Wie eine Teilnehmerin aus Hamm, die jetzt zum ersten Mal dabei war. „Ich arbeite gern kreativ, zuhause vor allem mit Ton“, erzählt sie. Eine Broschüre bei der Hammer VHS hat sie auf die Akademie aufmerksam gemacht. „Eigentlich wollte ich ja den Zeichenkurs belegen, aber der war schon voll“, sagt sie. Über das Nachrückverfahren wurde noch ein Platz bei den Steinbildhauern frei. „Ich habe mich überreden lassen und habe es nicht bereut“, bilanziert sie. „Ich habe hier Techniken gelernt, mit denen ich ohne viel körperliche Kraft das umsetzen kann, was ich mir vorstelle. Und ich habe viele Kontakte geknüpft – ich werde auf jeden Fall weitermachen“, lautet ihr Fazit.

Kunst zum Anfassen auch bei den Malern.

Weitermachen wird auch Detlef Pick mit seinem Zeichenkurs. Er war mit Michael Bub von der ersten Stunde an dabei. „Wir waren damals alle aufgeregt, denn das war ein ganz neues Konzept.“ Welche Voraussetzungen würden die Teilnehmer mitbringen, welches Konzept eignet sich dafür am besten, welche Möglichkeiten geben das Gebäude und das Gelände her? „Anfangs begann ich mit Riesenformaten und mancher Teilnehmer stand weinend davor, weil er nicht wusste, wo er anfangen sollte“, erinnert sich Detlef Pick lachend. Weinen muss heute niemand mehr, höchstens vor Freude. Denn einige haben aus dem Hobby nach dieser Akademie einen Beruf gemacht. „Eine Teilnehmerin macht in meinem Kurs schon von Anfang an mit.“ Wechselnde Themen, wechselnde Techniken: In jeder Akademie lernen alle etwas Neues.

Musik gab es einmal mehr von „Blue Thumb“.

82 Teilnehmer waren diesmal nach einem Jahr Corona-Pause wieder dabei – die meisten davon zum wiederholten Mal. Eine Woche lang Aquarellmalerei, Druckgrafik, Holzbild- und Steinbildhauerei, Zeichnen oder Malerei rund um die Uhr ausprobieren oder verfeinern: Hier findet jeder seinen Platz. Das Essen gibt es dazu, Vollbetreuung bei technischen Problemen, eine eigene Caféteria und volles Engagement von 4 jungen Menschen, die ihr freiwilliges ökologische Jahr hier ableisten. Einige nutzten die Übernachtungsmöglichkeiten des Gästehauses. Denn auch diesmal kamen wieder Gäste von weiter weg: aus dem Münster- und Rheinland, sogar aus Bayern und Berlin. Freunde und Bekannte oder Verwandte hatten sie hergelockt – oder die einstige Heimat.

Die nächste Sommerakademie wird Agnès Teuwen als Nachfolgerin von Michael Bub organisieren. Anmeldungen sind bereits ab dem Jahresende möglich. Noch offen ist, ob Michael Bub noch einen Tag des Apfels umsetzen kann. Die Corona-Zahlen sehen bedenklich aus, nächste Woche wird die Entscheidung fallen.




Auf Tuchfühlung gehen mit entlarvenden Textilvorstellungen

Gebannt verfolgen die Gäste hinter dem riesigen Wandteppich die Einführung zur Ausstellungseröffnung.

Mit der Schlange, in die sich der Ärmel verwandelt, sollte man vielleicht wirklich nicht auf Tuchfühlung gehen. Und den „Backgrounds“ aus Jeansziegeln mit Hintergrund zur heutigen Textilproduktion kann niemand ans Zeug flicken. Ob haarig-pornographisch, humoristisch-verspielt oder nachdenklich aus recyceltem Hausmüll: Die Textilwerke der Gruppe „tx02“ hätten es vor Jahrhunderten sofort in die Kuriositätenkabinette der Edlen und Adligen als Vorläufiger der heutigen Museen geschafft. Nicht zuletzt heißen sie auch deshalb „Kabinettstückchen“ und sind eine echte Wundertüte.

Launig inmitten der textilen Kunstwerke: Kunsthistoriker Gülker.

Einen Rock in eine reisende Leinwand für Erinnerungen und Begegnungen zu verwandeln, ist schon eine Kunst für sich. Manche Dinge lassen sich wie Würfel gelegentlich einfach nur aufspießen. Und die Vergangenheit macht sich gebannt auf Filmstreifen als Kleid beeindruckend gut. Zugegeben: Ohne die Erläuterungen und Interpretationen von Kunsthistoriker Dr. Bernd A. Gülker hätte manche Einsicht etwas längere Betrachtung gebraucht. Seine launige verbale Reise durch die Ausstellung hatte das gleiche Augenzwinkern zu bieten, das den Ausstellungsstücken innewohnt. Deshalb erntete er mindestens so viel Applaus wie die sieben Künstlerinnen.

Blümchen für die Künstlerinnen.

Applaus gab es auch für Thomas Heinzel. Der hatte mit dieser Ausstellung Premiere als Vorsitzender des Kulturausschusses. Er hielt sich mit Interpretationen vornehm zurück und lenkte den Blick von der ungewöhnlichen Ausstellung auf die nicht weniger ungewöhnlichen Räume im Stadtfenster. Noch vollständig im Rohbau bietet die Fläche, bereitgestellt von der UKBS, einen reizvollen Kontrast zu den farbenfrohen und verspielten Werken. Überhaupt: „Wir lechzen regelrecht nach Kultur nach der langen Corona-Pause, das ist überall zu spüren“, betonte Heinzel. Gut, dass das Kulturreferat nicht lockergelassen und diese Ausweichmöglichkeit während des Museumsumbaus gefunden hat. „Wir wünschen uns alle, endlich wieder zu dem Leben zurückzukehren, das wir lieben“, so Heinzel. Das trifft vor allem auf Künstler und Kulturschaffende zu, die „gelitten haben, bis hin zur Existenzfrage.“

Buck Wolters mit der Gitarre.

Mit den üblichen Vorstellungen brach denn auch Buck Wolters mit seiner Gitarre. Er holte Barockstücke hervor, die eigentlich für die Harfe bestimmt waren, und zauberte eine ganz besondere Atmosphäre in die Ausstellungsräume. Die wurde ohnehin noch unfreiwillig passend zum Thema verstärkt, wurden die Besucher mit ihren Gesichtsmasken doch selbst zum „Teil der lebendigen Installation“, wie der Kunsthistoriker amüsiert beobachtete.

Haarige Anspielungen und viel Platz für ungewöhnliche Textilentdeckungen.

Wer die Gratwanderung zwischen Erotik, Kunst und Pornographie unternehmen will, sich kritisch mit der Degeneration der Textilproduktion auseinanderzusetzen bereit ist oder einfach nur schmunzeln möchte, wenn sich liebliche Perlenvögelchen mit Münzen an den Füßen vor glitzernden Vorhängen produzieren, der ist hier goldrichtig. Täglich von 9-12 Uhr, dienstags und donnerstags zusätzlich von 14-16 Uhr und samstags von 14-17 Uhr sind die Türen im Stadtfenster geöffnet.




Kino-Spaß mit Sternenfunkeln und Fledermausgeflatter

Die Sonne geht unter, die Plätze füllen sich: Auf geht’s zu einem wunderbaren Kino-Abend unter freiem Himmel.

Prost! Der Kino-Abend macht auch lange vor dem Filmstart Spaß.

Flatternde Fledermäuse vor und ein funkelndes Sternenmeer hinter der Kinoleinwand – das gibt es nur ein Mal im Jahr. Mit Corona im Nacken sowieso. Umso freudiger ignorierten die Bergkamener am Samstag die dicken Wolkenberge und die steife Brise und strömten zahlreich auf das Gelände der Bogenschützen in Overberge zum Kino Open-Air. Im vergangenen Jahr war es der Pandemie zum Opfer gefallen. Diesmal wollte sich niemand die kostenlose Chance entgehen lassen.

Auch neben der Leinwand konnte man es sich gemütlich machen.

Da wurden dann auch vorsorglich die Rucksäcke und Taschen prall gepackt, denn das Wetter war nicht weniger wankelmütig. Die Impf- und ähnlichen Nachweise mussten ebenso mit hinein wie der Mund- und Nasenschutz, die dicke Jacke, am besten noch ein Schal und eine kuschelige Decke. Die Sonne gab zum Abschied zwar noch alles und vertrieb die Wolken. Die Sterne erschienen am Himmel und mit ihnen eine Kälte, die man eher im tiefsten Herbst verortet.

Die SOS-Mobilband ist schon eine Institution für die gute Laune bei Kino-Open-Air.

Das störte aber die wenigsten, sie hatten bereits ab 18 Uhr mit warmer Pizza und warmhaltenden Getränken vorgesorgt. Die inzwischen längst traditionelle „SoS-Mobilband“ hatte für gute musikalische Stimmung gesorgt. Außerdem musste der Junge auf der Leinwand dringend an die frische Luft und die tragikomischen Momente aus der Kindheit von Hape Kerkeling machten es nicht weniger warm ums Herz. Da kullerten ebenso die Lach- wie auch die Trauertränen, denn die Bandbreite der Emotionen war immens. Gut, dass man sich an Nachos und Popcorn festhalten konnte.

Auch die vierbeinigen Kinobesucher waren engagiert – mit Popcorn und spontanem Mitwirken am Leinwandgeschehen.

Es fehlten auch nicht die komischen Live-Momente. Etwa wenn der Hund im Publikum begeistert mit Film-Opa Joachim Król mitheulte, der in den Bergen einen Wolf imitierte. Oder wenn sich mancher Körper auf der Leinwand mit den immer stärkeren Windböen skurril aufblähte und heftig an den Stahlseilen der Halterung riss.

Tolle Atmosphäre auch mit Lichterspielen am Rande.

Leicht eingefroren, aber mit einer riesengroßen Portion guter Laune machte jeder der rund 350 Besucher einen filmreifen Abgang über den roten Teppich – der war auch dieses Mal wieder ausgerollt. So konnte sich jeder noch zusätzlich ein bisschen wie ein Filmstar fühlen.




Sommerkonzert mit Star, flatternder Bühne und johlendem Klassik-Publikum

Fanstastische Kulisse“ für den Wiener Abend mit Justus Frantz beim Klassik Sommerkonzert in der Marina.

Lässig einhändig am Flügel bei Beethovens Klavierkonzert.

Ein Glück, dass in Mozarts Ouvertüre kein Klavier vorkommt. So hatte Star-Pianist und Dirigent Justus Frantz beim Klassik Sommerkonzert in der Marina ganz zum Schluss die Hände frei, um seine Begeisterung über den Wiener „Pop-Star“ mit dem ganzen Körper und amüsanten Anekdoten zu unterstreichen. Die Bergkamener riss es jedenfalls nicht nur deshalb dauerapplaudierend von den Stühlen. Was der distinguierte Klassik-Virtuose dort lässig beim „Wiener Abend“ auf den Tasten zauberte, war einfach mitreißend.

Roter Teppich für Besucher, Star und begeisterndes Orchester.

Dabei war der rote Teppich nicht nur für den Star ausgerollt worden. Auch die Besucher wurden von der Stadt Bergkamen unterstützt von Sparkasse und GSW nahezu euphorisch begrüßt. Schließlich lagen hochklassige Kulturereignisse inzwischen coronabedingt schon fast schmerzlich lang zurück. Zudem nahmen ausnehmend erlesende weitere Musiker rund um den Hauptakteur auf der Bühne Platz. Die festival:philharmonie westfalen der musik:landschaft setzt sich aus jungen und besonders talentierten Nachwuchsmusikern zusammen. Ein temporäres Orchester, dem das zeitlich Befristete ganz und gar nicht anzumerken war.

Musiker als spontane Bühnenarbeiter.

Lachend und scherzend nahmen die Musiker es hin, dass der Wind ihnen bei Beethovens Konzert Nr. 5 op. 73 die halbe Außenverkleidung der Bühne gefährlich nah gegen Körper und Instrumente blies. Dass zwischendrin ein Techniker die flatternde Kulisse zu bändigen versuchte, irritierte sie ebenso wenig. Die Musiker erwiesen sich auch als spontane Bühnenhelfer, denn der gewaltige Steinway-Flügel hatte nur mühsam Platz inmitten des Orchesters gefunden. Einen Teil der Verkleidung montierte Justus Frantz kurzerhand ab und reichte ihn lässig an die ersten Geiger weiter, um sie aus dem Aktionskreis zu bugsieren. Dann war der Weg frei für eine Interpretation des berühmten und für viele schönsten Beethoven Klavierkonzerts, das von der ersten Note an faszinierend war.

Dem Wind lässig widerstanden

Hochengagiert auch als Dirigent: Justus Frantz in Aktion.

Nicht nur der Pianist zog alle sofort in seinen Bann, wenn er lässig einhändig die Tasten bediente und dabei freundlich in das Publikum lächelte. Regelrecht mit Links flogen seine Hände über die Klaviatur. Er brauchte nicht einen Blick in die pro Forma aufgeschlagenen Noten, um die immerhin doch anspruchsvollen Notenreihen nahezu blind in die Marina-Luft zu schicken. Die Musiker folgten mehr als wacker und bändigten ihre Noten gegen die windigen Angriffe mit Bravour. Die flatternde Baumsilhouette im Hintergrund gab dem ganzen Schauspiel mit fulminanten Wolken-Sonnen-Spielen einen ganz besonderen Reiz.

Begeisterte und begeisternde Musiker.

Betonen müssen hätte er es nicht. Es hatte aber einen besonderen Charme, dass Justus Frantz nach diesem Auftakt das Publikum dazu aufforderte, noch einmal mit dem Applaus anzusetzen und diesmal ganz besonders inbrünstig „die ganz hervorragende Leistung des Orchesters“ zu würdigen. Er begrüßte es auch amüsiert, dass es begeisterten Zwischenapplaus gab: „Klatschen Sie ruhig, das war zu Mozarts Zeiten auch üblich“, lachte er bei jedem Freudenausbruch der Bergkamener, der die folgende Sinfonie Schwanengesang begleitete. Die nicht weniger ausgiebige Frequenz am Getränkestand störte dann schon eher. Jedenfalls nach der kurzen Umbaupause die nötig war, um den Flügel für den zweiten Konzertteil von der Bühne zu bekommen.

Der Charme der Open-Air-Atmosphäre: Das Gläschen Wein steht bereit für den besonderen Musikgenuss.

Gläser gingen auch zu Bruch, als die Menschen für den stehenden Applaus aufsprangen. Das war aber auch wenig verwunderlich, denn die Atmosphäre in der sonnig-windigen Atmosphäre euphorisierte zusätzlich Und schließlich hatte es auch Mozart reichlich unkonventionell gehalten. Der musste regelrecht eingesperrt werden, weil er schlicht zu faul gewesen war, eine Ouvertüre zu schreiben. Das Abendessen sollte es erst geben, wenn die Noten vorlagen. Gerade mal eine halbe Stunde brauchte er, um seinen physischen Hunger zu stillen – mit einem Ergebnis, das jedem auch mehrere hundert Jahre später noch die Sprache verschlägt.

Gute Laune machte das Stück zum Schluss allemal. Das Publikum forderte lautstark Zugaben, bekam immerhin eine und verließ nur widerwillig den Ort des Geschehens – weil es einfach rundherum perfekt und gelungen war.




2. Kulturpicknick: Mit Sockensozialismus und Tarantino Corona die Comedy-Zähne zeigen

In Hochform: Lars Redlich kann beim 2. Kulturpicknick auch die ganz großen Operndiven.

Nass? Egal! Die Bergkamener zeigen dem Regen die kalte Schulter und genießen den Comedy-Abend.

Beatles, Tarantino, Botox, Handies, Detox, Navis, Bob Dylan: Wer braucht schon das Original, wenn die Comedy-Adaptionen so viel lustiger sind. Lucy Van Kuhl und Lars Redlich hatten als unschlagbares Duo beim 2. Kulturpicknick Antworten auf jeden Wahnsinn der Corona- und Jetztzeit – verpackt als Musikkabarett, Liedermacherei, Plauderei, Schenkelklopfer, Erzählung, Dialog, Miniatur-Schauspiel. Selbst mit regennassem Hinterteil gab es kein Halten auf der triefenden Bühne – und auch nicht auf den durchgeregneten Picknickdecken davor.

Lecker: Auch im klitschnassen Ambiente kann man es sich gut gehen lassen.

Mancher verschluckte sich an den mitgebrachten Snacks oder sank von Lachkrämpfen geschüttelt hinter den aufgestellten Regenschirmen akut zusammen. Denn das, was das Duo dort begleitet von lieblichen Flügel- und Gitarrenklängen aus dem Hut zauberte, war einfach erschütternd für die entwöhnten Zwerchfelle. Unter den Regenjacken wurde es jedenfalls schon von Beginn an ganz schön warm, wenn das Date mit der Veganerin mit Fleischtomaten für den Hund und Meat & Greet-Ende frei nach Tarantino und Pilcher endete. Die Bohnen im Salat waren da „blowing in the wind“ und Eike die Eintagsfliege machte es auch nicht viel besser.

Es sieht beschaulich aus, aber das Duo Lucy Van Kuhl und Lars Redlich hat es in sich.

Die Kinder versuchen nach der Corona-Pause verzweifelt die Fische im Aquarium heranzuzoomen und dem Lesezeichen bleibt nach dem jüngsten Pandemie-Volldigitalisierung nur das Klagelied. Ab ins Traumtanztaumelland mit Social Media. Dem Handy wird jetzt endlich auch eine Stimme gegeben, denn das Leben mit Chantal ist alles andere als megafett und voll krass. Ein Hoch auf die Distanz nicht nur auf der Autobahn, beim Tanzen oder per Zoom zum nervigen Kollegen: Zurück zu den Zeiten, als alle noch hemmungslos Döner mit Knoblauch und alles zusätzlich zu den Chips in sich hineinstopfen durften. Das Bett im Kornfeld wird zum Fett, das nach vorn fällt und an Tagen wie diesen ist es gut, einen Wagen zu leasen. Wer jetzt noch keine Lachtränen weinte, dem war auch nicht mehr zu helfen.

Schirme auf: Open Air ist aktuell nicht leicht, aber die Sehnsucht nach Kultur um so größer.

Tränen hatte das Bergkamener Kulturteam allerdings noch ein paar Minuten vor Beginn des Kulturpicknicks in den Augen. Im Römerpark bildeten sich anschauliche Pfützen unter den Bindfäden von Regen, der Flügel war in Gefahr und auch sämtliche Technik brauchte schützende Plastikhüllen. „Wir sahen uns hier schon allein mit den beiden Stars sitzen“, erzählt das Team. Riesig war die Erleichterung, als der Regen endlich nachließ, die meisten der 190 angemeldeten Gäste herbeiströmten und alle gleichmütig die nassen Picknickdecken mit eigenen regenfesten Varianten zudeckten. Selbst der Hund hatte unter dem Regencape Platz. Hinter den Absperrungen fanden sich spontane Zuschauer, die auch gleich einen privaten Getränkedienst organisierten.

Ran an die Zuschauer pirschte sich Lars Redlich nicht nur verbal mit Gesang.

Die Regenstiefel und Schirmumwehrungen lohnten sich. Denn es ging auch nach der Pause genauso beschwingt weiter. Wer hatte schon vom Sockensozialismus und den Qualen der einsamen Socke gehört. Sich angesichts von Kriegen und Klimaverwüstungen einmal Gedanken über die Qual der Auswahl zu machen: Auch ernst kann lustig sein. Auch Koffer haben Gefühle und Ehepartner zum 50. Hochzeitstag sowieso – da braucht es kein Corona, um sich ein hübsches Massaker wenigstens in der Fantasie auszumalen.

Volle Emotion am Flügel: Lucy von Kuhl in Aktion.

Wenn dann alle das „Aaaaahhhhaaaahaaaa“ von Uriah Heep mit Loch im Zahn und in allen Sprachen mitsingen, ist die Stimmung auf dem Hochpunkt. Das supercoole Bergkamen-Medley auf Zuruf bringt die Steinarena zum Kochen. Eine Zugabe und noch eine muss her, bevor der Regen zurückkommt. Und die Gratis-Picknick-Tüten schaffen es nur mit Mühe durch die dann doch noch strömende Regenflut ins Trockene zurück. Da ist die Laune dennoch garantiert immer noch besser denn je. Da wünschte man sich fast schon die Comedy-App, um zu entscheiden, was an diesem Abend das Beste war.

 




Irisches Flair auf Opherdicker Sommerbühne

„Sie klingen wie ein ganzes Festival verpackt in nur eine Band“, sagen Musikkritiker dem Ensemble von Cara nach. Die Irish Folk Band tourt seit fast zwei Jahrzehnten rund um die Welt. Am Dienstag, 27. Juli, treten sie ausnahmsweise nicht in Australien oder den USA auf, sondern auf der Opherdicker Sommerbühne in Holzwickede.

Das Quartett beherrscht sowohl die Kunst der irischen Up-Tempo-Stücke als auch die, der berührenden Balladen. Foto: privat

Die mit zwei Irish Music Awards ausgezeichnete, vierköpfige Band steht für die stimmige Verbindung von Gesang gleich zweier herausragender Sängerinnen mit den schwungvollen irischen Instrumentalstücken. Das mitreißende Zusammenspiel aus Dudelsack, Geige, Gitarre und Bodhrán auf allerhöchstem Niveau verspricht einen unvergesslichen Konzertabend mit original irischem Flair.

Durch ihre Eigenkompositionen und Arrangements haben Cara in den vergangenen 18 Jahren ihrer Bandgeschichte einen ganz eigenen Stil geschaffen: Virtuose Soli auf dem Dudelsack, schwungvolle Geigenpassagen, großartige Griffe auf der Gitarre und packende Rhythmen auf dem Bodhrán – das Quartett beherrscht sowohl die Kunst der Up-Tempo-Stücke als auch die, der berührenden Balladen.

Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Einlass ist ab 18.30 Uhr, Dorfstraße 29 in Holzwickede. Tickets können über den Online-Shop auf (ticketservice.kreis-unna.de) reserviert werden und kosten je 15 Euro (zuzüglich 1 Euro Ticketgebühr und 1,12 Euro Vorverkaufsgebühr). Die reservierten Karten gibt es als „ticketdirect“ zum Selbstdrucken oder an der Abendkasse hinterlegt. Alternativ gibt es die Möglichkeit, die Tickets gegen eine Gebühr von 3,90 Euro pro Auftrag per Post zu erhalten.

Für Fragen stehen Chantal Gosens, Tel. 0 23 03 / 27-17 41 und Heinz Kytzia, Tel. 0 23 03 / 27-25 41 zur Verfügung. PK | PKU




Gästeführung mit dem Rad: „Bergkamen – eine Stadt mit Kunst“

Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht auffällt, auch wenn es in der ehemals größten Bergbaustadt Europas unglaublich scheint: Bergkamen ist eine Stadt der Kunst. Alles fing in den 1970er Jahren mit den bundesweit beachteten Bergkamener Bilder Basaren (bbb) an, die zwar vor Ort viel Widerspruch ernteten, doch den Grundstein für die heutige Situation legten. Die Bergkamener entwickelten ein beträchtliches Verständnis für moderne Kunst. So gibt es heute viele Kunstwerke im öffentlichen Raum, darunter etwa ein Dutzend Licht-kunstwerke. Hier hat die Stadt ein Alleinstellungsmerkmal, nur Unna mit seinem Lichtkunstmuseum ist noch einen Schritt weitergegangen. Kunst hat erheblich zur Identität der noch jungen Stadt beigetragen. Wie das alles zusammenhängt und wie sich die Situation heute gestaltet, erklärt der Bergkamener Gästeführer Klaus Holzer auf seiner Fahrradtour „Bergkamen – eine Stadt mit Kunst“. Interessenten treffen sich am Sonntag, 25. Juli 2021 um 14.30 Uhr vor dem Rathaus in Bergkamen. Die Kosten für die etwa 3-stündige Tour betragen 5 Euro por Person, Kinder bis 12 Jahre radeln kostenfrei mit.




Kunstprojekt wird verschoben

Aufgrund der aktuellen Nachwirkungen der Hochwassersituation in Bergkamen wird das angekündigte Kunstprojekt „Sperrmüllambulanz“ mit dem Künstler Garvin Dickhof voraussichtlich in den September 2021 verschoben. Genauere Informationen werden nach der Neuplanung bekannt gegeben.




Germanen und Römer schlagen Sommerlager im Römerpark auf

Am kommenden Wochenende, 24. und 25. Juli, schlagen Germanen und Römer wieder ihre Zelte im Römerpark auf. Besucher haben jeweils von 12 bis 17 Uhr die Gelegenheit, die Antike live – mit Abstand – zu erleben. Das Stadtmuseum Bergkamen lädt, unter den aktuellen Hygiene-Bedingungen, alle Germanen- und Römerdarsteller zum diesjährigen Sommerlager ein. Das Motto lautet dieses Jahr „Endlich wieder unter Freunden“.

Das nächste große Internationale Römerfest findet erst 2022 statt. Zudem steht nächstes Jahr eine große Feier zum zehnjährigen Jubiläum der Holz-Erde-Mauer und zum Spatenstich für das Nord-Tor an.

Im Römerpark gibt es viel Neues zu Entdecken. Neben einem kleinen Grubenhaus wird auch der neue Handwerkerunterstand weiter ausgebaut und in den nächsten Wochen in Betrieb genommen. Römische Handwerkskunst und Workshops für Groß und Klein sollen hier zukünftig  regelmäßig stattfinden. Ein Aufstieg auf die rekonstruierte und imposante Holz-Erde-Mauer – die Befestigungsanlage des Römerlagers Oberaden – veranschaulicht dieses Handwerk. Eichenholz und Erde schützten das riesige Legionslager vor feindlichen Angriffen. Auf dem Turm standen Steinschleuderer und hinter den Mauerzinnen warteten römische Legionäre und Auxiliare mit Speeren auf den Gegner.

Der Eintritt zum Römerpark ist frei. Öffnungszeiten: Juli bis Oktober, samstags und sonntags von 12 bis 17 Uhr.