Erste Kulturpicknick füllt (fast) den letzten Winkel im Römerpark

Die Hände hoch: Die Bergkamener brauchten im fast schon überfüllten Römerpark keine spezielle Aufforderung.

Das war nun wirklich ein Kurzurlaub! Und was für einer! Der Römerpark verwandelte sich beim ersten Kulturpicknick der Saison in einen riesigen Strand für die ganze Familie. Picknickdecken und Strandstühle, wohin die Augen reichten. Es war fast schon schwierig, mittendrin zwischen Salaten, Kuchen und Snacks noch die Bühne mit den Akteuren zu erkennen. Die hatten für ein Rekordpublikum auch das passende Programm aus Comedy, Jonglage und A-Capella-Gesang dabei. Und das perfekte Hochsommerwetter.

Exquisite Auslagen konnten auf den Picknickdecken bewundert werden.

Randvoll gepackte Bollerwagen, überfüllte Fahrradanhänger, Picknickkörbe und Stühle unter den Armen: Die Bergkamener waren am Freitagabend mit Kind und Kegel Richtung Römerberg unterwegs. Längst hat sich herumgesprochen, dass die Kulturpicknicks ein echtes Sommerereignis sind. Plätze sind Mangelware für alle, die zu spät kommen. Die Atmosphäre: Einfach nur gut gelaunt und gelassen. „Greifen Sie ruhig zu!“, hieß es von den Picknickdecken, wenn Mitzuschauer erstaunt vor der eigenen Auslage anhielten. „Wir haben genug dabei!“ Im Sand der Arena hatten sich längst besonders begeisterungsfähige Fangruppen im jüngsten Alter gefunden. Sie begleiteten die Darsteller eskortenartig, wenn die sich jonglierend unter das Publikum mischten. Hunde bellten synchron zum Applaus. Und für die besonders spektakulären Darbietungen wurden auch das ausgelassene Spiel auf dem Spielplatz kurz unterbrochen.

Achtung, Comedy-Zauberei: Drop Bert brauchte keine Worte, um das Publikum zu begeistern.

Das Publikum war ausdrücklich zum Mitmachen angehalten. Und es ließ sich nicht lumpen: Engagiert wurde mitgeklatscht, mitgesungen, mitgetanzt, mitkommentiert und mitjongliert. Wenn der schlappe Teddybär zurück auf die Bühne geworfen werden musste, fehlte es nicht an Freiwilligen. Kegel flogen schnurgerade durch die Luft. Die Bergkamener haben eindeutig Artistenqualitäten. „Drop Bert“ gab als Vorprogramm aber auch alles, um seine Zuschauer in Stimmung zu bringen. Dafür braucht er nur hin und wieder echte Worte. Der Rest bestand aus Gebrabbel und abenteuerlichen Geräuschen aus der Beatbox. Die begleiteten ein clowneskes Gestolper mit Pseudo-Zauberei über die Bühne und ins Publikum hinein. Jede Reaktion wurde in die Show integriert. Als am Ende fünf Kegel synchron durch die Luft flogen, hatte fast jeder Bergkamener daran mitgewirkt.

A-Capella-Kontrast mit dem ganz normalen Alltagswahnsinn

Die fünf Jungs von „Anders“ waren wirklich anders – mit richtig guter Musik.

Fast schon ein Kontrast dazu war die A-Capella-Boygroup „Anders“ aus Freiburg. Auch sie begeisterten mit ungewöhnlichen Geräuschen zu lupenreiner Sangeskunst. Die Liedtexte waren aber zunächst vordergründig romantisch und melancholisch, wenn sie „Schau mir in die Augen“ sangen oder „Du fehlst!“ beklagten. Es gipfelte jedoch stets in einer satten Portion Selbstironie und entpuppte sich als ganz normaler Alltagswahnsinn, was dort Hip-Hop-mäßig durchexerziert wurde. Jede fühlte sich angesprochen, wenn „Unangenehmes“ am Fließband ausgepackt wurde und alles mitsingen konnten. Oder wenn die Feiernerds ihren Eigenbrötler zur Party überredeten. Und wenn sich die Welt der Probleme nicht nur im Wartesaal frei entfaltete. Tosenden Applaus gab es für Solo-Einlagen mit der Beat Box, die als Mitmach-Übung getarnt waren.

Auch Gesang auf der Bühne kann actiongeladen sein.

Alle Hände waren in der Luft, wenn mitgeklatscht werden sollte. Dazu musste eigentlich niemand konkret aufgefordert werden. Die Bergkamener waren so gut gelaunt, dass sie selbst den Takt vorgaben. Auch wenn in dem Getümmel der eine oder die andere verloren ging. Die tränenreiche Wiedervereinigung vom panisch verirrten Sohn, der seinen Papa und die richtige Picknickdecke nicht mehr wiederfand, wurde mit frenetischem Applaus belohnt. Mancher wischte sich verstohlen ein Tränchen aus dem Augenwinkel, als sich alle glücklich in die Arme fielen.

Das nächste Kulturpicknick auf keinen Fall verpassen: Am 26. Juli gibt es das „Wunschkonzert der Extraklasse“ – wieder mit „Drop Bert“ im Vorprogramm. Und: Es ist kostenlos!

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Wegmarke „Menschenbilder“ blickt vor und hinter die Gesichter-Fassaden

Gut besuchte Eröffnung der Jahresausstellung der Künstlergruppe sohle 1 in der gleichnamigen neuen Galerie: Es zählte nicht nur erste Blick.

In der neuen Galerie „sohle 1“ durfte man am Sonntag dem ersten Eindruck nicht immer trauen. Bei der Jahresausstellung der Künstlergruppe kam es oft auch auf den zweiten und dritten Blick an. Auch wenn es sich um Porträts und Menschenbilder handelte: „Wir sehen immer nur das Bild eines Menschen, nicht den Menschen selbst“, mahnte Dr. Heinrich Th. Schulze-Altcappenberg bei der Einführung. Und der stv. Bürgermeister Kay Schulte stellte fest: „Bei Bildern geht es immer um das schnelle Reagieren – und wir es spielen Empathie, Sympathie, Abneigung oder Vorwissen eine Rolle.“

Porträts aus Pixeln: Hier musste der Betrachter mehrfach genau hinsehen.

Aus der Nähe waren es nur unzählige Pixel. Wer ein paar Schritte zurücktrat und einen zweiten und dritten Blick riskierte, vor dessen Auge formten sich langsam ganz andere Szenen. Graffiti aus anderen Welten waren hier abgebildet. Porträts der eigenen Art. Was der Betrachter zuerst zu sehen glaubte, verwandelte sich aus einer anderen Perspektive. 1998 fand die erste Jahresausstellung als „Wegmarke“ statt. Damals unter dem Motto „Visitenkarten“. Jetzt sind es Porträts und die sind ganz dicht dran an dem ersten Thema.

Auch kurz vor der Eröffnung wurde noch ein letztes Mal Hand an die Kunstwerke gelegt, um sie ins rechte Licht zu rücken.

Dabei war es die zweite Jahresausstellung in den neuen Räumen des Museums, das noch immer nicht vollständig umgebaut ist. Zum letzten Mal mit Simone Schmidt-Apel als Kulturreferentin. Anders als in den alten Räumen versammelten sich die vielen Gäste nicht mitten zwischen den Kunstwerken für die Ausstellungseröffnung. Sie mussten die ersten Eindrücke aus den Ausstellungsräumen mit in den Vortragsraum nehmen und konnten nur durch eine offene Tür einen Blick auf die weit entfernten Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Drucke und Collagen erhaschen. „Wir sind gespannt, welche Eindrücke sich in unseren Köpfen am Ende mit dem Gesehenen decken, ergänzen oder verändern“, so Silke Kieslich vom Vorstand.

Gastkünstlerin aus der Ukraine

Auch auf die Perspektive kommt es bei dieser Wegmarke an.

Besonders eindrücklich waren die Porträts der Gastkünstlerin Anastasila Kononko. Die Ukrainerin hat in ihrer Heimat und bei ihren Reisen Menschen porträtiert und ihnen die Fotos geschenkt. Darunter auch ihre erste Lehrerin. Das Porträt selbst bildete sie stets noch einmal mit den Porträtierten ab. So entstand zusätzlich ein Bild im Bild. Ein interessantes Spiel mit Realitäten, die – egal ob in der kriegsgebeutelten Ukraine oder in Indien – besondere Assoziationen und Hintergrundwissen in die Beurteilung des Bildes einfließen lassen.

Angeregte Gespräche in den Ausstellungsräumen.

Nicht verabredet war die Abbildung des fremden, anderen Menschen in vielen Bildern, was sich schließlich zum Leitthema entwickelte. Wie immer gab es Werke, die unmittelbar für das Thema entstanden. Andere waren wie ein Porträt aus Serpentin schon vor 30 Jahren unter dem Einfluss der Begegnung mit einer Künstlergruppe in Afrika entstanden. Andersherum entwickelten sich mit ähnlichen Stillagen völlig andere Aussagen. „Die einzigartige Individualität des Menschen wird gezeigt – und die Tatsache, dass der Mensch selbst unbestimmbar bleibt“, so Schulze-Altcappenberg.

Buck Wolters begleitete die Ausstellungseröffnung mit der Gitarre.

Von Porträts einiger Berühmtheiten über Frauenporträts bis zu einbandagierten Köpfen oder abstrakten Körpern aus Holzelementen: „Es ist nur momenthaft, was wir sehen – der Schaffensakt und unsere Vorstellung vom gezeigten Menschen bzw. die des Künstlers.“ Wie viel mehr noch hinter dem vordergründigen Blick auf das Porträt steckt, zeigt eine kritische Auseinandersetzung mit der philosophischen Behauptung Blochs, der im menschlichen Gesicht die „einzige Sprache, die jeder versteht“ sieht. „Sehen wir wirklich, was wir sehen?“, fragte Schulze-Altcappenberg und warf das Pokerface Putins, das maskenhafte Lächeln des chinesischen Staatschefs oder das viel zu freundliche Gesicht der kundenorientierten Verkäuferin in die Waagschale.

Ob man dem Bild eines Menschen überhaupt trauen und hinter die Fassade schauen kann: Diese Beurteilung bleibt jedem selbst überlassen. Der Besuch dieser Wegmarken-Ausstellung hilft bestimmt dabei und bietet hervorragende Beispiele, gleich in mehrere Dimensionen abzutauchen.

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Kulturfest bewegt mit Musik und Literatur für Vielfalt und Menschlichkeit

Volle Zuhörereihen in der Ökologiestation beim Musikprogramm des Kulturfestes. Hier stehen die „Letzten Heuler“ auf der Bühne.

Dieser Anblick hätte ihn gefreute. Kunterbunt war der riesige Menschenauflauf auf der Ökologiestation am Wochenende. Menschen in indischen Saris mischten sich unter Besucher mit allen möglichen Hautfarben und aus den verschiedensten Herkunftsländern. Sprachen vermischten sich mit Musik und dem Duft exotischer Speisen. Viele hatten Friedenstauben auf die Haut gemalt oder einen Button mit einer Friedensbotschaft angesteckt. Genau das war die Vision von Karlheinz „Charly“ Röcher kurz vor seinem plötzlichen Tod.

Reinhard Fehling im Einsatz mit seinem Chor für seinen Freund Charly Röcher.

Dieser Traum ist am Samstag wahr geworden – Dank seiner vielen Freunde und Mitstreiter. Allen voran Reinhard Fehling. „Er hatte diese Idee von einem großen Kulturfest noch vorangetrieben. Er hat sich so vielfältig engagiert. Ein friedliches Miteinander und Menschlichkeit waren Charly ein großes Anliegen. Das sind wir ihm schuldig. Es ist ein bisschen sein Vermächtnis“, erzählt Fehling und seine Augen füllen sich dabei ein wenig mit Tränen. Deshalb hat er alle seine musikalischen Verbindungen spielen lassen, um Mitstreiter zu finden. Bilitis Naujoks von „Pro Mensch“ mobilisierte die vielen Freunde und Gesinnungsgenossen auf der literarischen Seite. So füllte sich ganz selbstverständlich ein Programm, das es locker mit einer Großveranstaltung aufnehmen konnte.

Der Aktionskreis „Wohnen und Leben“, von Charly Röcher selbst ins Leben gerufen, trat neben der Sparkasse, dem Multikulturellen Forum und den Lions Bergkamen als Sponsor auf.  Die Ökologiestation stellte die Location. So schloss sich der Kreis, den man als Lebenswerk bezeichnen könnte. Und auch die Stimmung passte zu dem, was Charly Röcher immer selbst vorgelebt hatte. Jeder hatte ein Lächeln auf den Lippen. Überall waren offene Arme, die unbedarfte Besucher sanft mitten ins Geschehen zogen. Genießerisch geschlossene Augen auf den Stühlen im großen Saal, wo sich ein Musikprogramm ans andere reihte. Herzhaftes Lachen und pures Entsetzen in den Gesichtern in dem kleinen Raum, wo ein Buch nach dem anderen von den Autoren persönlich vorgetragen wurde.

Von der Harfe bis zur BVB-Übertragung

Stand auch auf dem randvollen Programm des Kulturfestes: Eine ganz besondere Sufragetten-Ausstellung.

Die Harfe erklang hier ebenso wie jiddische Lieder und Klezmer-Musik oder Barbershop-Klänge nach Vorträgen von Nachwuchs-Bläsern. Bilitis Naujoks und Bernhard Büscher lasen ebenso aus ihren Büchern wie ihre Schützlinge vom Exilschriftsteller-Programm des Pen. Darunter auch Stella Gaitano, die ihre Zuhörer in die fast verwunschene und ebenso grausame Welt in Afrika mitnahm – mit allen Härten des Überlebens, aber auch den zauberhaften Momenten der Menschlichkeit.

Friedensbotschaften wurden auf die Haut gemalt.

Ein buntes Gemisch, das auch auf dem Außengelände die gute Stimmung multiplizierte. An den vielen Informationsständen gab es ebenfalls kunterbunte Einblicke in das Festmotto. „Vielfalt, Toleranz und Gemeinsinn“ spiegelten sich in bunten Büffets, in den Ergebnissen der Button-Maschine, den geschminkten Kunstwerken auf der Haut und sogar in den fair gehandelten Fußbällen. Denn auch dem Fußball-Abend wurde mit der Live-Übertragung des BVB-Spiels Rechnung getragen.

Vorher sorgte aber noch der Auftritt der „Letzten Heuler“ für einen Höhepunkt. Mit der Band „4 You“ und Hits aus den 50ern ging es nahtlos in den Champions-League-Event über. Das wiederum passte perfekt zum Appell des Abends: „Bewegt euch!“ Hoffentlich wird der auch über die Festgrenzen hinaus gehört, denn auch die anstehende Europawahl im Zeichen von skurrilen Erscheinungen von Rechtspopulismus und veränderten Kriegszeichen war den Organisatoren ein Anliegen.

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Mitreißende Worte gab es bei den Lesungen.
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Wahnsinns-Parforceritt a capella auf Wahrheitssuche durch die selbstgemachte Realität

 

Sehen nur friedlich aus: Ein seltener ruhiger Moment mit LaLeLu zum „Sackenlassen“.

Das Grundgesetz a capella vertont, direkt nach wuchtigen Frauenchören und russischer Folklore zu Engel-Pop. Das kann gefährlich werden, wenn man sich LaLeLu nennt und Kuscheliges suggeriert. Wenn dann aber die Bässe zum knallharten HipHop allein aus Stimmbändern dröhnen und aus dem Plädoyer für hilflose Politiker ein echter harmonischer Abgesang wird, dann ist die Spaltung der Gesellschaft kollektiv überwunden. Die Bergkamener tobten und klatschten sich am Freitag fast eine halbe Stunde lang stehend die Seele aus dem Leib zu einem furiosen Ausklang der Kabarett-Saison.

Die Bergkamener als Licht-Regisseure.

Es mag auch daran gelegen haben, dass sich das kunterbunte Quartett gut vorbereitet auf die Bühne des studio theaters stellte. Von der Nordberg-Idylle über Rünther Fahrkünste und Schäfersche Monopol-Herrschaft bis zur Bumannsburg, Turmarkaden im Bergbau-Kult und der traditionellen Lippe-Fehde reichte die hingestreuten Appetit-Häppchen. Damit waren die Bergkamener sofort auf ihrer Seite. Aber auch mit Taschenlampen die eigenen Akzente zu setzen, gefiel dem Publikum. So machte das Blinde-Kuh-Spiel auf der Suche nach der Wahrheit richtig Spaß. Erst recht, wenn Spandau Ballets „This much is true“ dabei eine ganz eigene Note bekam.

Vollgas geht auch, in der Rock-Variante.

Ob in Goldpalletten-Schühchen, im Kilt, mit zerknautschten Boots oder barfuß in College-Schuhen: Tobias Hanf, Jan Melzer, Frank Valet und Sanna Nymann boten jeder für sich gesangliche Klasse, im Quartett wiederum perfekte Harmonie. Die wurde zum echten Hinhörer, wenn sie pfiffige, kesse, freche und unverblümt ehrliche Appelle unter bekannte Melodien mischten. „Ich dagegen bin dafür dagegen zu sein“, schmetterten sie entschieden in das vollbesetzte Auditorium. „Enjoy the silence“ ließ als Renaissance-Entschleunigung Gänsehaut entstehen. Der „Wellerman“ als „Sing-man-tau“-Variante hatte ernsthafte Blackout-Hintergründe.

Meeres-Müll-Idylle und Waldoff-Scholz

Russischer Tanz zu Eurythmics „Angel“ hatte es doppeldeutig in sich.

Richtig Spaß machte einfach nur der Volksliederexkurs zum „Merz ist da“ mit vollem Streik-Lohnausgleich, wobei Mustafa zum Städele hinaus musste, „und Höcke bleibt hier“ – „aber der Wahnsinn der rollt“. Inbrünstig sangen die Bergkamener mit: „You better stop!“, als es in der friesischen Variante von „La Mer“ vor allem von Plastik und ausgebleichten Korallen wimmelte. Da war dringend eine beeindruckende Stimmband-Orgeleinlage fällig, bevor sich alle nach Ausflügen in die afrikanische Gesangs- und Elend-Tradition fragte, ob wir als Menschheit wirklich „alles richtig gemahct“ haben.

Exquisite Parodie gab es auch noch.

Zugaben hätten die Vier noch bis in die Nacht hinein geben können. Mit der Waldoff-Abwandlung in „Scholz heeßter“ und einer brillanten Massen-Solo-Parodie von Tobias Hanf, der lässig von Peter Maffay zu Karl Lauterbach und Jorge Gonzales überging, nicht ohne noch Angela Merkel und Robert Habeck verquaste Worte zu verleihen. Ein echter Wahnsinnsritt, der musikalisch, kritisch, moralisch und spaßtechnisch mehr als reichlich zu bieten hatte.

Keine Frage: LaLeLu und vor allem das Kulturbüro haben an diesem Abend alles richtig gemahct!

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Neue alte Galerie sohle 1 geht zur Neueröffnung auf kuriose Wanderschaft

Neueröffnung mit inspirierender Kunst, die nicht nur Lust auf Wandern macht.

Wandern auf der Bergehalde? Was für die meisten Bergkamener Alltag und ein schlichter Spaziergang ist, zeigt sich in der neuen Galerie sohle 1 jetzt als Kunstprojekt. Ein passendes Eröffnungsgeschenk mit Tiefsinn. Ausgerechnet hier ist die einzige junge Frau auf allen Bildern der Ausstellung zur Neueröffnung mit echten Wanderschuhen bestückt. Ausgerechnet hier ist die Umgebung klar erkennbar. Ein Zeichen der Wertschätzung des Künstlers Dirk Schmitt? Zumindest ist nicht zu übersehen, dass hier etwas anders ist.

Wandern auf der Bergehalde, während der Rest des Stadtmuseums noch umgebaut wird.

Auf anderen Bildern stehen die jungen Frauen barfuß am Abgrund und schauen auf Windräder in der dunklen, ebenfalls verdächtig bekannten Ferne. Oder sie bahnen sich in Flip-Flops und Sandalen ihren Weg durch Gebirge, Geröll, Sand und Wasser am Meer. Immer wenden sie dem Betrachter den Rücken zu, immer sind sie schick und weiblich gekleidet, immer ist der Hintergrund unscharf und verschwimmt. Immer erinnert die Szenerie an Caspar David Friedrich, den „Star“ der deutschen Romantik und seinen berühmten „Wanderer über dem Nebelmeer“. Die Romantik gegenständlich in die Moderne verpflanzen: Das gelingt Dirk Schmitt meisterhaft. Mal auch beängstigend als weiblicher Roboter, mal als Schönheit mit intelligenter Beinprothese – mal als Bildnis, das ein KI-Programm ausgeworfen zu haben scheint.

Anke Schmich geht den Bildern auf den Grund.

Er erreicht jedenfalls, was er beabsichtigt: Er feiert die Frau und die Weiblichkeit. Er lässt den Betrachter zum „unaufdringlichen Voyeur“ der zwanglosen Bewegung im Freien, der Begegnung mit der Natur und des Genusses der Freiheit werden. Sehnsucht, Erkenntnis, innere und äußere Individualität, fast schon intime Momente der „göttlichen Beseeltheit der Natur“: Hier ist wieder greifbar, was schon im 18. Jahrhundert eine große Sehnsucht war. Das beschäftigt auch Bürgermeister Bernd Schäfer, dem die Bilder das Bekenntnis hemmungsloser Wanderleidenschaft entlockte. Auch dieses Jahr ist er wieder mit Freunden unterwegs, plant diesmal die Route mit. Das harmonische Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist nicht erst für ihn seit Corona-Pandemie, Klimawandel, Energiekrise und heftigen weltweiten Konflikten als Bedürfnis aktueller denn je. Für viele andere auch, so Kunsthistorikerin Anke Schmich. Auch diese Ausstellung erlebte den Ausnahmezustand: Geplant war sie schon für November 2020.

Ein Denkmal für die junge Frau von heute

Anke Schmich mit dem Künstler Dirk Schmitt im Gespräch.

Die plauderte locker mit dem Künstler und entlockte ihm noch einiges über sein Werk. Die blaue Blume, die Novalis zum Inbegriff der Romantik erhob als Sinnbild für Sehnsucht, Liebe und Erkenntnis der Natur. Ihm hat er ein Denkmal gesetzt, dargereicht durch einen Roboterarm. Die Porträts von Freunden und Weggefährten lassen tief in das Innerste von Dirk Schmitt blicken. Seine Leidenschaft für das Stockpuppentheater, für das er Bühnenbilder erschuf. Für seine Arbeit als Entwerfer beim Kölner Rosenmontagszug. Seine Bewunderung für „einen meiner engsten Freunde“, den bekannten und unlängst verstorbenen Cartoonisten Martin Perscheid, Schulfreund und Mit-Cineast.

Der Künstler im Gespräch mit einer begeisterten Besucherin.

Realismus habe ihn immer fasziniert – schon zu einer Zeit „, als das ein schweres Los war“. Einen realistisch erfahrbaren Raum schaffen, in dem erst die Figur und dann der Hintergrund ersteht: Hier spiegelt er seine Welt aus Karneval, trauernder Witwe mit Kind, sich vor Scham wegedrehendem Mann im Business-Anzug, energischer Frau, die rigoros ein Schreiben zerreißt. Und dann immer wieder die jungen Frauen, die ihn beeindrucken. „Viele meiner Freunde haben Töchter, die inzwischen junge Frauen sind. Sie haben alle ein Sabbatical gemacht und sich selbst entdeckt – das wäre früher undenkbar gewesen“, schildert er.

Dagmar und Dietmar Neumann bei der inoffiziellen Premiere für das Museumsbistro.

Genau das hat die Galerie sohle 1 nach langem Umbau in den neuen Räumen verdient: Eine Ausstellung, die einen anderen Blick eröffnet – zeitgemäß und doch traditionell. Noch dazu mit dem offiziell ersten Kuchen im ebenfalls umgestalteten Bistrobereich. Den übernehmen Dagmar und Dieter Neumann mit viel Gastronomie-Erfahrung als Altersprojekt.




Jürgen Becker legt beim Disco-Abend den Hebel um

Mit Vicky Leandros synchron den Abgesang auf eine sprachlose Zukunft singen: Jürgen Becker ließ im studio theater die Musik sprechen.

Was haben das Steigerlied, die Marseillaise, die Internationale, die dunkle Seite des Mondes, Hossa und Vicky Leandros miteinander zu tun? Alles und nichts. Als Soundtrack des Lebens offenbaren sie so einiges. Freud und Leid, Kriege und Krisen, Aufbau und Niedergang, Hoffnung und Verzweiflung sind die DJs. Eben „Geschichte in Scheiben“ und die ganz persönliche Disco. Abgemischt von Jürgen Becker. Gewürzt mit zünftigen sozialpolitischen Analysen. Ob am Ende dann doch nur das Kölsch übrigbleibt, wird sich zeigen. Ein schöner Abend wirkte am Freitag im studio theater auf jeden Fall längerfristig nach.

Er stand am Hebel und legte den Soundtrack der Geschichte auf.

Das verspricht Jürgen Becker schließlich traditionell. So hieß es auch in Bergkamen: „Dann wollen wir uns mal einen schönen Abend machen“. Er saß dabei nicht am Hebel, sondern stand. Was wie ein riesiger Glücksspielautomat anmutete, war straff durchgeplant. Von Mozart an der Babybauchdecke ging es zu den ersten frühkindlichen Albträumen dank „morgen früh, so Gott will“ über. Beim Steigerlied und dem Ausflug in die Heimat, „in die du hineingevögelt wirst“, und wulachen jenseits der work life balance konnten alle noch mitsingen. Schließlich ist Musik gemeinschaftsstiftend – egal ob mit Pink Floyd auf dem Mister Hit-Plattenspieler oder lauthals live mit der Marseillaise oder Internationalen aus Tausend Hälsen.

Mit der Flöte als Tonangeber.

Sprachlos blieb es dann an vielen Stellen der Geschichte. Ohne deutsche Nationalhymne und unfreiwillig komischen Ersatz-Einspieler der Eingeborenen von Trizonesien. Mit Blueskonzerten, die Mauern einreißen, und Wiedervereinten, die dummdösige Schlager grölen. Ohne Jimmy Hendrix hätte die Frau an sich nie ihr eigenes Konto eröffnen und Hosen anziehen können. Während die Sozialdemokratie unter altruistischen Saufliedern in Warschau auf die Knie geht und der Sexismus in den 70ern „herrliche Zeiten“ erlebt, machen Ton Steine Scherben kaputt, was uns kaputt macht.

Mit der Lufttrompete in Aktion.

Wie es Jürgen Becker in all dem gelingt, den aktuellen politischen Bezug herzustellen, ist ein Genuss. Der Kölner an sich hat eben immer die richtige Antwort, auch auf aktuelle rechtsgerichtete Vertreibungskonzepte. „Mir sin alle Lück wie ich un du“: „Lass mer fiere, nicht deportiere“! Und: „Freiheit gewinnen wir nur, wenn wir wissen, was uns eint!“, schlussfolgert Becker. Warum können Israelis und Palästinenser nicht miteinander auskommen, wenn es Deutsche und Israelis nach 6 Mio. von Deutschen vernichteten Juden können?

Die E-Gitarre durfte nicht fehlen.

Nahtlos geht es über zur Erfindung der E-Gitarre und viel Wissenswertem hinter Jazz, Gibson-Gitarre und Stratocaster. Das alles endet mit einer ganzen Generation, die zu Santana auf dem Flokati gezeugt wird und schunkelnd protestiert, während woanders Häuser brennen. Aquarius weckt bei den meisten heute statt sexueller Fantasien nur Gelüste nach unerreichbaren Handwerkern für die Wärmepumpe. Für andere ist der Soundtrack der Autobahn sinnlicher als born to be vernünftig der Fridays for Future. Wieder ist die Lage ernst und es gibt keinen Soundtrack für den elementaren Umbruch. Wir müssten zurück auf das Wirtschaftsniveau von 1978, um den Klimawandel aufzuhalten. Ging es uns mit „Daddy Cool“ nicht auch ziemlich gut?

Und nu? Zum Abschluss gab es Zugaben, ein Kölsch – und ein Abgang mit dem tiefergelegten E-Sportwagen vor dem Bühnenausgang.

Vicky Leandros als Sappho der Neuzeit hat aufgehört. „Sie haben heute ihre Gesangskarriere begonnen!“, versicherte Jürgen Becker, nachdem die Bergkamener fast alles textsicher mitgesungen hatten. Sie erklatschten, erjubelten und erpfiffen sich zig Zugaben und die abschließende Erkenntnis, dass „die Illusion, auf Kosten anderer zu leben, zuende geht“. Und ein letztes selbstgesungenes Lied: Ich brauche keine Millionen, nur Musik, Musik, Musik“. Und natürlich ein echtes Kölsch. Mal abgesehen von einem wirklich fantastisch schönen Abend.




Mit Claire Waldoff zurück zu erschreckenden Frauenwahrheiten

Mit Schmackeduzien auf Tuchfühlung: Sigrid Grajek als Claire Waldoff beim Matinee zum Frauentag.

Da blieb einem das Lachen fast im Halse stecken. Was Sigrid Grajek dort auf der Bühne als Claire Waldoff nach über 100 Jahren wieder zum Leben erweckte, war frech, böse – und nicht weniger aktuell. Da verwandelten sich Frauen damals wie heute in Heimchen am Herd und operierte Appetithäppchen mit ein bisschen enterbender Hoppsassasserei und Jojo-Träumen, die auch alle Mensendieckerei nicht wirklich vom Korsett befreien. Da hilft auch das 39. Matinee zum Frauentag nichts.

Ausgebuchter Treffpunkt zur 39. Feier des Internationalen Frauentags.

Vieles schien unwirklich weit weg, was sich da im Treffpunkt abspielte. Einiges hatte fast erschreckende Aktualität. Denn die Frauenrechte erleben heute nach mühsamen Errungenschaften wieder herbe Rückschläge. Martina Bierkämper musste mit dem Murmeltier eine ermüdende Zeitschleife wiederkäuen: Gleichbleibend ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit, Rückfall des Landes bei weiblichen Spitzenposten in der Wirtschaft auf den Wert von 2018, Anstieg der häuslichen Gewalt um 8,5 Prozent, Verlust an demokratischen Werten und Rückkehr zu strukturellen Rollenmustern sind nur einige Murmeltiergrüße.

Interessante Ausstellung im Foyer.

Immerhin: In Bergkamen gibt es Strukturen, die gegenwirken. Das Silberjubiläum des Mädchen- und Frauennetzwerks mit beeindruckender Bilanz in Form einer Ausstellung im Foyer. Das kreisweite Netzwerk „Frau und Beruf“ für die Chancengleichheit. Der internationale Gedenktag „Nein zur Gewalt an Mädchen und Frauen“. Und natürlich seit fast 40 Jahren die große Feier zum Frauentag. „Ich wünsche uns ebenfalls einen Durchbruch durch die Zeitschleife“, hoffte Monika Bierkämper unverdrossen. Ebenso wie Bürgermeister Bernd Schäfer, der in seinem Grußwort auf die immergleichen Missstände hinwies: berufliche und gehaltstechnische Benachteiligung, Vorurteile und Stereotype, doppelte Belastung mit vermeintlichen familiären Verpflichtungen, Erwerbsbiografie mit Altersarmut. Er appellierte wie schon so oft an ein „geschärftes Bewusstsein für Veränderungen“.

Mit ein bisschen Hoppsassa und Zensor

Ab durch die Mitte: Claire Waldoff alias Sigrid Grajek ist mitten drin im Publikum und aktuellen Geschehen.

Veränderungen, wie sie Frauen wie Claire Waldoff vor über 100 Jahren einleiteten. Dass sich die „Berliner Schnauze“ bei den großartigen Auszügen aus ihrer kabarettistischen Biografie als Gelsenkirchener Ruhrpottpflanze herausstellte, war nur eine von vielen Überraschungen. Mit einem Hemd und ein paar Strümpfen machte sie sich auf, als Schauspielerin und „ein bisschen Hoppsassa“ ihren eigenen Weg zu finden. Der sorgte im Berlin der 20er-Jahre für Aufsehen und Dauerärger mit dem Zensor: Frauen im Herrenanzug waren „unsittlich“ auf der Bühne. Erst recht mit scharfzüngigen Inhalten.

Da erlangen alte Weisheiten wieder erschreckende Aktualität.

Sie entfachte freche Liebeleien zwischen Schnabeltieren und Schmackeduzien, ließ als gläubige Künstlerin das Publikum in den Krieg und verschönte weibliche Körperlandschaften marschieren. Barocker Faltenwurf und neue Sachlichkeit blieben trotz Bubikopf und Revolution gegenwärtig. „Die Männer räumen ab und wir Frauen uff“, witzelte die famose Sigrid Grajek als Reinkarnation der „Königin des Kabaretts“. Da wurde die „praktische Berlinerin“ für die Frau ausgepackt und „das Blut kam mit dem Sauerstoff endlich bis in den Kopp“: Es durfte gewählt werden und die neue Frau war mit Hannelore vom Halleschen Tor geboren. Es wurde „uff Aal“ studiert, den Gänsekleins trieb sie die Allüren aus, holte Heinrich Zilles Milieuwahrheiten die Bühne und grölte frech „Hermann heeßter“.

Alle Bergkamenerinnen grölten begeistert mit: „Raus mit den Männern“ und „Wer schmeißt denn da mit Lehm?“. Dass diese Lieder noch jeder mitsingen kann, zeigt: Es hat sich in manchen Bereichen leider nicht allzu viel verändert. Es gab stehende Ovationen, Zugaben, Jubel – und eine ganz neue Waldoff-Begeisterung, Auf dass sie wieder anstecken mag, damit sich die Rückschritte nicht festsetzen.

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LOL sprengt alle Lach- und Publikumsrekorde

Tosender Applaus für die LOL-Akteure auf der studio bühne.

In das Stadtmuseum wird LOL nie wieder hineinpassen. Am Freitag knackte das Standup-Comedy-Event im studio theater eine Besucher-Rekordmarke mit mindestens 380 verkauften Karten. Auch stimmungsmäßig können andere Kultur-Veranstaltungen inzwischen nicht mehr mithalten. Die Besucher trampelten mit den Füßen, sprangen johlend auf die Sitze, sangen euphorisch den widersinnigsten Quatsch-Song mit und zeigten auch beim Schlussapplaus Rekordqualitäten. Keine Frage: LOL ist aktuell der Publikums-Liebling, quer durch die bunt gemischten Fangruppen. Zu Recht.

Auch Moderator Daniel Helfrich war ein eigenes Comedy-Highlight.

Denn der Spaßfaktor ist rundum gewaltig – und bei allen Veranstaltungen der Comedy-Reihe bisher garantiert. Auch diesmal lieferten nicht nur die Hauptakteure auf der Bühne die Lacher. Die Bergkamener trugen selbst eifrig mit zum Humor-Gehalt des Abends bei. „Wer hat in der Bushaltestelle geparkt? Bitte wegfahren“, hieß es kurz nach dem Start. Gut 15 Menschen sprangen auf, um dem verzweifelten Busfahrer von gut 70 Schülern auf dem Weg in eine Skifreizeit einen Parkplatz zu verschaffen. Denn die Parkmöglichkeiten waren aufgrund des immensen Andrangs, gleichzeitigen Handball-Events und verschlossenen Schulhofs rund um das studio theater nicht mehr zu haben. Die Leute waren trotzdem so gut gelaunt, dass sie in den hinteren Rängen sogar ihre E-Zigaretten qualmen ließen.

Serkac Mutlu heizte als Erster auf der Bühne mit viel Selbstironie ein.

Kinder, Jugendliche, Großeltern, Eltern, junge Erwachsene: Alles strömte herbei. Dabei war das Konzept von LOL auch am Freitag ungewiss. Niemand wusste, wer nach und nach auf die Bühne kam. Moderator Daniel Helfrich sorgte bereits zu Beginn mit einem abgedrehten Kennenlern-Song und Publikumsschwur auf Lobpreisungen für Brüller. Serkac Mutlu aus Köln hatte es als Erster auf der Bühne umso leichter. „Ich will auch Teil der Bergkamen-Sekte sein“, staunte er über die überbordende Begeisterung. Dabei spiegelte ein kleiner Querschnitt seiner Erfahrungen als Deutsch-Türke mit Dönermann-Schwiegervater vom unfreiwilligen Türsteher beim eigenen Auftritt bis zum fehlenden Biss beim Rentnerschwimmen-Ausflug inklusive Slim-Fit-Hemden genug alltäglichen Wahnsinn, um eindringlich genug vor voreiligen Fehleinschätzungen des Äußeren zu warnen.

Trennung mit Rohrverlegung und Wurstschalen-Auslecken

Hinter dem netten Plauderton holte Vera Deckers bissige Wahrheiten hervor.

Mit einem Trennungslied über anderweitig verlegte Rohre und Entfernung mit strg + alt ging es heiter über zu Vera Deckers. Die Kölner Psychologin ist längst durch diverse TV-Präsenzen wie dem Quatsch Comedy Club bekannt. Sie glitt souverän mit wehendem Feenhaar im Plauderton von der verpassten Schauspiel-Karriere zur Selbstoptimierungsapp undOfflinern auf Digital-Botox zu Ohrabtrennungsgelüsten beim online-Flügebuchen. Der Feuerwehrmann-Song von Moderator Daniel leitete schließlich über zu Marvin Spencer, der sich als Halb-Jamaikaner mit Studium der Islamwissenschaften für mehr Aufklärung stark machte und das eigene Grundverhältnis zur Arbeit nicht weniger auf die selbstironische Schippe nahm.

Vollen Einsatz gab Marvin Spencer mit irrwitziger Selbsterfahrung.

Die zweite Hälfte hielt das Spaß-Niveau mühelos, als die sich die Reihenfolge der Auftritte umkehrte. Das eigene Übergewicht stand dabei ebenso im Mittelpunkt wie die abtörnende Wirkung des Ausleckens einer Bratwurst-Mayonnaisen-Schale beim ersten Date mit Marvin Spencer. Vera Deckers trank sich selbst mit grünen Smoothies schön und plädierte für unehrliche Komplimente für Frauen. Danach erlebte Certac Mutlu ein Hochzeits-Desaster mit abstruser Gesäß-Kulturverständigung, Ehering-Suche im Flitterwochen-Sand und Schnabeli beim Rafting.

Ein genialer Abend mit Zwerchfell-Zerrungen und Lach-Heiserkeit. Zum nächsten LOL-Event am 26. April sollten alle besser mit dem Fahrrad kommen, da wird es einen echten Kampf um die Karten und besten Plätze geben.

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Musikalische Liebes-Eskapaden mit Lucy van Kuhl gehen unter die Haut

Ein Trio, dass perfekt zueinender passt: Lucy van Kuhl und die Es-Chord-Band.

Es muss nicht immer die aufgeregte Bühnenshow mit Salven aus inhaltsschweren Denkaufgaben sein. Kabarett darf auch mal ganz „kuhl“ mit 3 Instrumenten daherkommen. Am Freitag präsentierte sich Lucy van Kuhl genau so: Als Trio, das dem schreiend Plakativen elegant aus dem Weg ging und lieber pointiert genauer hinschaute. Alles andere als zahm und leise. Wer genauer hinhörte, konnte sich aus dem bunten Angebot einiges Kritische, Boshafte, Liebliche, Melancholische und Ernsthafte herauspicken.

Lucy von Kuhl am Flügel.

Den erhobenen Zeigefinger präsentierte die Berliner Liedermacherin, Chansoniere und Kabarettistin dabei eher als Ausrufezeichen denn als mahnenden Aufruf. Mit der Es-Chord-Band im Schlepptau setzte sie alles auf „Liebe“. Sie selbst ließ mit vielsagender Mimik am Flügel die Worte sprechen. Lorenzo Riessler und Nenad Uskokovic untermalten das gekonnt mit dem Schlagzeug und Cello. Die hingebungsvollen musikalischen Akzente wuchsen sich dabei zu mitreißenden Solo-Einlagen aus, die Begeisterungspfiffe und Jubelrufe aus dem zunächst noch reservierten Publikum hervorlockten.

In voller Aktion: Nenad am Cello.

Wie sich Mundorgel-Elemente mit Jazz-, Klassik-, Pop- und Rap-Akzenten zu anspruchsvollen Musikstücken vermengten, die verbal beiläufig in Dolch-Massakern, Botox-Vergiftungen, Traumhaus-Verwüstungen und Knopfdruck-Exzessen oder Ausflügen ins Traumtanztaumelland ausarteten, war gekonnt. Unvermittelt ging es von der beschaulichen Liebes-Aufzählerei in allen Sprachen zur Eröffnung des Liebeskontos mit klebrigen Küssen bei Tiffanys und bösen Detox-Erfahrungen mit schreienden Kuchen über. Manches davon war wohlgemerkt eine Auftragsarbeit für Dermatologen-Kongresse. Liebe als 2. Wahl beim Ausverkauf mit empathischer Akkupunktur ging jedenfalls unter die Haut. Auch wenn man in die Haut des Rentners schlüpfte, der den Liebenden im Park einfach nur beim Leben zuschaute.

Gerade noch so optisch zu erwischen: Die Drum Sticks von Lorenzo beim mitreißenden Solo.

Das Lucy van Kuhl den Schlagzeuger einst als seine Babysitterin kennenlernte, wollte niemand so recht glauben. Ihr „Zögling“ kam nach Küssen ohne Kaviar, bitterbösem Kreuzfahrt-Hollahi mit tödlichem Ende und verschlungenen Navigationswegen nach Rom urplötzlich aus sich heraus und bearbeitete sein Schlagzeug derart beeindruckend, dass das Publikum vor Begeisterung regelrecht aufsprang. Da hatte der Song, der das plötzliche Verschwinden der Nachbarin beweinte, schon längt nicht weniger Gänsehaut verursacht.

Unter den Zugaben waren dann gleich mehrere Premieren. Darunter ein waschechter Rap-Song. Und Ein bislang noch nicht live gesungener Bahn-Song, der mit Stakkato-Aufzählungen aller bekannten DB-Unarten und Mitmach-Einheiten richtig gute Laune verbreite. Drei Zugaben musste Lucy van Kuhl mit ihrer „Es-Chorde“ geben. Dann erst konnten sich die restlos hingerissenen Bergkamener von ihr trennen.

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Mit Dudelsäcken und Fackelschein den grauen Jahresstart beim Hafenfeuer verscheuchen

Das beliebteste Highlight beim Hafenfeuer: Die Fackelwanderung.

Pralle Wintersonne, abendlicher Frost, knallblaue Stunde mit Fackeln, Lagerfeuer, Schottenröcken und Dudelsäcken: Das ist genau nach dem Geschmack der Bergkamener und weit darüber hinaus. „Wo muss man denn hier lang zu diesem Feuer im Hafen?“, fragte ein Auswärtiger leicht verzweifelt, nachdem er mit Mühe einen Parkplatz ergattert hatte. Es wurde eng am Samstag in der Marina, denn alle wollten ein Stück vom Hafenfeuer abgekommen.

Gut gefüllter Platz sogar am hellichten Tag.

„Da kommt der Platz so langsam an seine Grenzen“, beobachtet Karsten Quabeck vom Stadtmarketing zufrieden und leicht besorgt, wie sich die Fläche zwischen den Cafés und Restaurants immer dichter füllt. Stellenweise ist kein Durchkommen mehr. Vor jeder Bude bilden sich Schlangen: Pommes & Co. werden langsam immer weniger. „Die Firma beta hat freundlicherweise ihre Parkplätze spontan zur Verfügung gestellt, damit sich die Lage etwas entspannt“, so Quabeck. Die Autos stehen inzwischen ebenfalls Schlange hinter jedem Parkplatz, an dem sich Besucher ihren Fahrzeugen nähern. Auf allen Gehwegen haben sich ganze Pilgergruppen formiert.

Spektakuläre Feuerwolken spuckt Thyrion in den Himmel.

Mit seiner 7. Auflage hat sich das Hafenfeuer längst in einen Selbstläufer mit Großevent-Charakter gemausert. Es hat sich herumgesprochen, dass hier in den dunklen und veranstaltungsmäßig mauen Januartagen einiges geboten wird. Stockbrot am wohlig warmem Lagerfeuer sowieso. Spannende Geschichten im Dunkeln von Michael Wrobel zum Mitmachen für die Kinder. Es darf gebastelt und gespielt werden. Mit der Dunkelheit läuft Thyrion auf, das unheimliche Stelzen-Fabelwesen, das auf äußerst kreativen brennenden Blechblasinstrumenten unheimliche Töne produziert, während sich zu seinen Füßen das Feuerrad dreht und Fackeln an langen Ketten herumwirbeln. Irgendwann kommt dann immer der Moment, an dem der Riese mächtige Feuerbälle in den Himmel spuckt.

Bitten einen fantastischen Anblick zu blauer Stunde und mitreißende schottische Marschmusik.

Direkt danach marschieren Schottenröcke durch die Marina und geben mit Dudelsäcken und Trommeln alles, was die schottische Marschmusik zu bieten hat. Zwischendrin übernehmen Musiker und Bands mit irischen Klängen. Besucher schleppen Esel aus Stahl in Originalgröße zu den Parkplätzen, fotografieren allesamt hingerissen den gewaltigen Elefanten mit den beleuchteten Augen und Ohren und sichern sich beim Metallbauer mindestens eine Fackel für den Garten. Schmuck und winterliche Gartenverzierung gibt es auch noch zur Auswahl. Der Glühwein schmeckt jetzt richtig lecker. Am größten ist aber die Vorfreude auf den Moment, an dem die Fackeln ausgepackt werden. Alle sichern sich ein Exemplar, sammeln sich in Gruppen, entzünden sie unter den wachsamen Augen der Feuerwehr an den Lagerfeuern und Feuerkörben. Und dann geht es los zur Fackelwanderung durch die Marina, immer hinter den Dudelsäcken her.

Wer noch nicht genug hat, der macht sich am Sonntag wieder auf den Weg. Da gibt es weniger Lichterschein in der winterlichen Dunkelheit. Dafür mehr Sonnenschein, Musik und Kinderprogramm. Ein helles, geselliges und stellenweise überranntes Wochenende, das den dauernassen und grauen Jahresstart mehr als kompensiert hat.

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Hafenfeuer startet mit Höhenfeuerwerk und feurigen Stelzenwesen

Bot besonders schöne Eindrücke: Das Höhenfeuerwerk im Hafen.

Endlich mal Glühwein im Januar, der sich auch lohnt! Und Flammen, die willkommene Wärme spenden. Das Hafenfeuer startete am Freitag mit allem, was eine winterliche Großveranstaltung braucht: Eine erträgliche Portion Winterkälte und viel Feuer und Licht.

Ganz schön feurige Mahlzeiten gab es mitten in der Menschenmenge.

Auch diesmal kam das Feuer vorwiegend aus menschlichen Mündern oder verschwand auf Nimmerwiedersehen komplett darin. Denn ob der monströse Thyrion und seine zierliche Gehilfin tatsächlich menschliche Wesen sind, das konnte einigermaßen bezweifelt werden. Die Worte, die sie neben dem Feuer ausspien, waren jedenfalls vollständig unverständlich. Umso eindeutiger war das, was sie mit Feuerspießen, Feuerrädern und Fackeln auf Stelzen oder in Bodennähe anstellten. Da steckte blanke Freude drin und hemmungsloser Spaß daran, sich mit flammenden Erzählungen mitten in der Menge zu suhlen.

Bietet wohlige Wärme und leckeres Stockbrot: Das Lagerfeuer.

Die Besucher waren hingerissen. Auch vom spontanen Besuch der blinkenden Diskallico-Biker, die mit ihren LED-funkelnden Motorrädern mitten auf dem Festplatz in der Marina hielten und sich fotografieren ließen. Das Stockbrot brutzelte noch im großen Lagerfeuer, da schossen auch schon die ersten Feuerwerkskörper in die Luft. Mancher vierbeiniger Besucher und ihre Besitzer waren darauf offenbar nicht ganz gefasst, denn es starteten mit dem Höhenfeuerwerk auch leicht panische Verfolgungsjagden zwischen Hund und Herrchen. Der Anblick war jedenfalls eine rundum gelungene Einstimmung auf das, was an diesem Wochenende noch beim Hafenfeuer folgt.

Natürlich sind noch einige feurige Programmpunkte dabei. Thyrion & Co. sind auch am Samstag unterwegs. Es steht außerdem eine Fackelwanderung ab 18 Uhr auf dem Programm und Einlagen mit Pipes & Drums. Gleich mehrere Bands geben sich das Mikro in die Hand. Es warten schaurige und schöne Geschichten zum Mitmachen und Kinderprogramm auf die Besucher. Am Sonntag beginnt das Marina Hafenfeuer schon um 12 Uhr.

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