Grubenunglück bleibt in der Erinnerung präsent

Rosen legt sie auf den Gedenkstein und hält kurz mit gefalteten Händen inne. Einen anderen Ort als das Mahnmal für das Grubenunglück gibt es nicht, um ihres Vaters zu gedenken. Vor 70 Jahren ist er von seiner Schicht auf der Zeche Grimberg 3/4 nicht mehr zurückgekehrt. Er ist einer von 405 Toten, die jene gewaltige Explosion unter Tage nicht überlebten. Für die meisten wurde der Schacht in 930 Metern Tiefe zum Grab.

Hand in Hand beim Steigerlied: Gedenken an die Toten des Grubenunglücks vor 70 Jahren.
Hand in Hand beim Steigerlied: Gedenken an die Toten des Grubenunglücks vor 70 Jahren.

Einer von vielen Kränzen wird niedergelegt.
Einer von vielen Kränzen wird niedergelegt.

„Das war hart für uns“, erinnert sich Ursula Hadrych. „Wir Kinder sind damals Vollwaise geworden, unsere Mutter ist bereits früh gestorben, unsere Stiefmutter war nun ganz allein mit uns.“ Jetzt lässt die 77-Jährige den Tränen freien Lauf. „Wir haben es nur geschafft, weil wir alle mit angepackt haben und Selbstversorger wurden.“ Besonders zu schaffen gemacht hat der Tod des Vaters dem jüngeren Bruder. Er wurde auch Bergmann, auf der gleichen Zeche. „Unsere Stiefmutter hat alles getan um ihn davon abzuhalten – erfolglos“, erzählt Ursula Hadrych. „Er wollte das schon als kleiner Knirps, um den Vater aus seinem Grab herausholen, das hat er uns damals versprochen.“ Der Vater ist bis heute unter Grimberg 3/4 begraben. Vielleicht fällt es Ursula Hadrych deshalb nicht leicht, jedes Jahr zur Gedenkfeier für das Grubenunglück zu kommen. Zum 70. Jahrestag wollte sie aber unbedingt dabei sein.

Ein Salut für die Verstorbenen.
Ein Salut für die Verstorbenen.

Kurz nach 12 Uhr erschütterte eine gewaltige Explosion am 20. Februar 1946 die Stadt. Über Tage stürzte sogar eine Schachthalle durch die Gewalt der Detonation ein. Die Ursachen sind bis heute umstritten – Schlagwetter- oder Kohlenstaubexplosion. Fest steht: Sie löste das bis heute größte Grubenunglück des Landes aus. Ein Trauma nicht nur für die Stadt und für Region. Drei Tage lang kämpften die Retter um das Leben der in der Tiefe begrabenen Männer. Nur 64 konnten gerettet werden. Fast jede Familie in Bergkamen hatte einen Toten zu beklagen.

 

Dem Erbe auch weiterhin verpflichtet

Großer Andrang und Erschütterung auch 70 Jahre nach dem schwersten Grubenunglück Deutschlands.
Großer Andrang und Erschütterung auch 70 Jahre nach dem schwersten Grubenunglück Deutschlands.

„Wir sind dem Erbe, das aus diesem Unglück hervorging, auch weiterhin verpflichtet“, betonte Klaus-Jürgen Reineward, Betriebsinspektor der Zeche Auguste Victoria. „Das Unglück hat das Leben in der Bergkamen verändert – es war ein traumatisches Erlebnis“, so Bürgermeister Roland Schäfer in seiner Ansprache. Was damals in der immer noch vom Krieg zerstörten Stadt „wie eine Welle des Erschreckens“ in ganz Deutschland ausstrahlte, „ist immer noch in der Erinnerung vieler Menschen“. Was damals passiert sei, sei auch Mahnung gewesen – dafür, „dass wir mitten im Leben vom Tode umfangen sind“, aber auch für Arbeitssicherheit und Unfallverhütung.

Die Flamme am Mahnmal brennt für die Toten und für die HInterbliebenen.
Die Flamme am Mahnmal brennt für die Toten und für die HInterbliebenen.

„Nichts war mehr so, wie es einmal war“, so Mario Unger von der IG BCE mit Blick auf die Kränze, die sich inzwischen dicht vor der brennenden Flamme des Mahnmals drängten. „Hoffnungen und Zukunftspläne wurden zunichte gemacht.“ Die Maßnahmen für Arbeitssicherheit jedoch wurden verbessert. Inzwischen gibt es nur noch ein Bergwerk im Ruhrgebiet. Die Überlebenden sind alle verstorben. Auch deshalb ist es für Ursula Hadrych und viele der trauernden Hinterbliebenen wichtig, „dass wir uns daran erinnern und davon erzählen“.

Die Pfarrer der beiden Konfessionen gedenken gemeinsam des Grubenunglücks - und der Menschen, die auch aktuell weltweit in Bergwerken ihr Leben riskieren.
Die Pfarrer der beiden Konfessionen gedenken gemeinsam des Grubenunglücks – und der Menschen, die auch aktuell weltweit in Bergwerken ihr Leben riskieren.

„Wenn der Bergmann in die Grube fährt, weiß er nicht, ob er heil wiederkehrt“: Diese Zeilen aus dem Gedicht von Heinrich Kämpchen waren an diesem 70. Gedenktag wie eine Mahnung, die weiterhin von dringlicher Aktualität ist. Denn: Grubenunglücke gibt es auch sieben Jahrzehnte nach diesem Trauma noch immer überall der Welt. Daran erinnerten auch die Pfarrer beider Kirchen. Beim Bergmannslied hielten sich alle an den Händen – Politiker wie Knappen, ehemalige Bergleute, Gewerkschafter und Hinterbliebene. Fast war nicht genug Platz um das Mahnmal auf dem Waldfriedhof in Weddinghofen, um alle Menschen bei dieser Trauerfeier aufzunehmen.

 

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Kohle-Kunst für die Ewigkeit exklusiv für Bergkamen

„Das kenne ich noch aus der Schule!“, unterhalten sich zwei Besucherinnen und zeigen aufgeregt auf die Bilder in der Galerie sohle 1. Einen Stock höher stockt ihnen bereits auf dem Treppenabsatz der Atem. „Das ist ja irre“, flüstern sie. Rundherum hämmert es, rumort es, schrillt das Signal des Förderkorbes vor der Kulisse eines Bergbaustollens, der nur auf den ersten Blick aussieht wie ein Foto.

Spannendes Erlebnis: Eine Installation mit Dimensionen zum Betreten in der Galerie sohle 1.
Spannendes Erlebnis: Eine Installation mit Dimensionen zum Betreten in der Galerie sohle 1.

Fasziniert und weckt nicht nur Erinnerungen, sondern auch Fragen: Die Lichtkunst aus Kohle von Nikola Dicke.
Fasziniert und weckt nicht nur Erinnerungen, sondern auch Fragen: Die Lichtkunst aus Kohle von Nikola Dicke.

Was Nikola Dicke geschaffen hat, ist exklusiv. Aus Kohle sind für die einst größte Bergbaustadt Europas Abbildungen seiner Vergangenheit aus exakt jenem Stoff entstanden, der sie immer noch prägt. Mit dem Finger, mit Werkzeugen, mit Nadeln hat sie Arschleder, Steigerstäbe, Grubenlampen, Fördertürme, das ganze Innenleben von Bergwerken aus Kohlenruß auf Glasplatten herausgebildet. Lichtquellen dahinter geben ihnen einen ganz neuen Ausdruck. Sie verwandeln winzige Diaformate in der Installation in raumfüllende Kunstwerke, die betreten und mit dem eigenen Schatten in Bewegung gesetzt werden können.

„Für die Bergkamener ist die Bergbauvergangenheit noch immer präsent – mit dem letzten Schachtgerüst, mit Bergsenkungen, vor allem aber mit dem ganz besonderen Zusammengehörigkeitsgefühl“, so der Beigeordnete Holger Lachmann zur Austellungseröffnung. Die Bezüge zur Stadt finden sich aber auch in der Lichtkunst, die hier eine große Rolle spielt. Auch an Aktualität mangelt es nicht, hat doch just die vorletzte Zeche im Ruhrgebiet die Förderung eingestellt.

Silhouetten im Schacht - ein Ausschnitt aus einem Kunstwerk.
Silhouetten im Schacht – ein Ausschnitt aus einem Kunstwerk.

Als sich Bergkamens Kulturreferentin Simone Schmidt-Apel und die Künstlerin Nikola Dicke auf dem Hammer Bahnhof zufällig trafen und die Idee für diese Ausstellung entstand, gaben gleich mehrere Reize den Ausschlag. „Den Boden in der Galerie fand ich sehr interessant“, sagt die gebürtige Wittenerin im Künstlergespräch mit einem Schmunzeln. „Damit lässt sich was machen!“ Im Verlauf der Arbeit entdeckte sie zudem einen „archäologische und archivierenden Aspekt“, indem sie nicht nur das Gezähe und die Fördertürme, sondern auch ganze Bergwerkspläne verewigte.

 

Exklusive Bergkamen-Kunst mit Ewigkeitsanspruch

Nikola Dicke und Michael Staab im Künstlergespräch.
Nikola Dicke und Michael Staab im Künstlergespräch.

Mehrdimensional ist für den Regisseur, Künstler und Ausstellungsmacher Michael Staab nicht nur die Technik, die Raumfülle, die Mitgestaltung durch die Besucher. Dimensionen erreicht die Kunst von Nikola Dicke auch mit einem der ersten künstlerischen Medien überhaupt, der Kohle, die auf Glas einen Ewigkeitsanspruch erhebt. Daher auch er Ausstellungstitel: „Ewige Teufe“. Ganze Menschen haben ihre Körperteile auf den Platten hinterlassen und zu einem kompletten Bergmann formiert. Was auf den ersten Blick täuschend fotorealistisch wirkt, ist jedoch gezeichnet, gemalt, verwischt, verschoben. Noch eine Dimension, die auf sich aufmerksam macht. Denn: „Perfekt realistisch ist langeilig“, so die Künstlerin. Sie will die Unschärfe, das Unkontrollierbare, das Unplanbare – das ihr Werk eine eigene Dynamik bekommt.

Der Plan des Bergwerks von Haus Aden mit unzähligen Bergbau-Wörtern im Hintergrund.
Der Plan des Bergwerks von Haus Aden mit unzähligen Bergbau-Wörtern im Hintergrund.

Für Nikola Dicke war es ganz nebenbei „spannend zu sehen, wo ich eigentlich herkomme“. Sie will mit ihrer Kunst aber auch eine andere Sichtweise auf die vermeintlich gewohnten Dinge hervorlocken. Was allerdings ewig zu währen scheint, könnte nach dieser Ausstellung vorbei sein. Wenn sich keine Käufer finden, werden die Glasplatten wieder geschwärzt und in neue Kunst verwandelt. So wie diese Glasplatten zuvor einen „verborgenen Garten“ beherbergten. Entsprechend laut waren die Einwürfe der Zuhörer, dass die Stadt doch die Kunstwerke erwerben möge – quasi als Geburtstagsgeschenk zum 50-jährigen Bestehen der Stadt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. April in der Galerie sohle 1 zu sehen. Am 16. Februar wird Nikola Dicke ihre Kunst außerdem auf das Rathaus projizieren.

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Neujahrsempfang: Mit Sand und Sonne ins Jahr 2016

Mit Sonnenaufgang, reichlich Jubiläen, vielen Gründen zum Feiern und Unmengen Sand geht es in Neue Jahr. All das gestaltete jedenfalls den traditionellen Neujahrsempfang der Stadt Bergkamen und soll 2016 den Weg weisen. Dann steht vor allem die Stadtgeschichte im Mittelpunkt, die am Sonntag im wahrsten Sinne durch die Finger rann.

So voll wird es nur einmal im Jahr im Ratssaal zum Neujahrsempfang.
So voll wird es nur einmal im Jahr im Ratssaal zum Neujahrsempfang.

Wunderwerke aus Sand schuf Iryna Kister in Windeseile.
Wunderwerke aus Sand schuf Iryna Kister in Windeseile.

Was Iryna Kister auf einem Leuchttisch mit Unmengen Körner, ihren Fingern und einem Stückchen Holz anstellte, war ein echtes Erlebnis. In Windeseile entstand das Römerlager auf der Leinwand, das sich gleich darauf in eine Zechenlandschaft verwandelte. Flink entstand ein riesiges Chemiewerk, das von Bombern in Trümmer gelegt wurde. Aus der Zerstörung wuchsen Bilder der Schlagwetterexplosion und eine Stadturkunde mit unzähligen Stadtteilen, der schnell noch Overberge hinzugefügt wurde. Der Cityturm klettert mit dem Rathaus in die Höhe, um alsbald mit einer Kanalidylle zu verschmelzen.

 

Flüchtige Kunst und große Emotionen

Auf die Details kommt es bei Millionen Sandkörnern an.
Auf die Details kommt es bei Millionen Sandkörnern an.

So flüchtig und vergänglich die Kunst wie auch die Schlaglichter der Stadtgeschichte erschienen, so nachhaltig war doch der Eindruck bei den Gästen. Donnernden Applaus gab es für diesen künstlerischen Ritt durch die Stadtgeschichte, umrahmt von der beschwingten Musik des Duos Soleil Levant. Mit Blockflöte und Gitarre ließen Gereon Kleinhubbert und Sandra Wilhelms die Sonne mit Melodien der Beatles oder des irischen Liedes „Danny Boy“ im Ratssaal aufgehen.

Emotionale Worte von den Bürgermeistern der Partnerstädte.
Emotionale Worte von den Bürgermeistern der Partnerstädte.

Dort hatten zuvor bereits Emotionen den Ton angegeben. 25 Jahre gibt es die Städtepartnerschaft mit Hettstedt. Eine Freundschaft, die „die innere Einheit nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas zeigt“, so Bürgermeister Danny Kavalier. Der freute sich auf weitere Besuche zum Partnerschaftsjubiläum in 2016 und war mit einer großen Delegation angereist. Die Partnerschaft mit Gennevilliers bei Paris währt nunmehr seit 20 Jahren. Ergriffen zeigte sich Patrice Leclerc von der Unterstützung während der schlimmen Zeit der Terrorattentate in Paris, die auch seine Stadt erschütterte. Der Besuch von Roland Schäfer in Gennevilliers, „das war ein Ausdruck der Brüderlichkeit, der unverzichtbar ist“. Respekt zollte der Bürgermeister der französischen Partnerstadt der Großzügigkeit und Menschlichkeit, die Deutschland im Zuge der Flüchtlingswelle demonstriert habe.

Flüchtlingsströme sind auch 2016 eine Herausforderung

Bürgermeister Roland Schäfer bei seinem Rückblick und Ausblick.
Bürgermeister Roland Schäfer bei seinem Rückblick und Ausblick.

Die Flüchtlinge standen auch im Mittelpunkt des traditionellen Rückblicks von Bürgermeister Roland Schäfer. Er dankte dem beeindruckenden ehrenamtlichen Engagement von Verbänden und Bürgern: „Sonst wäre all das auch nicht in humaner Weise zu leisten gewesen!“ Aktuell hat die Stadt 600 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht, 600 weitere Plätze bietet die Landeseinrichtung am Wellenbad. Die Zeltstadt wird im März aufgelöst. „Wie es dann weitergeht, was mit weiteren Zuweisungen von Flüchtlingen passiert, ist noch offen“, so Schäfer. Aber: „Wir werden das schaffen, wenn Bund, Land und EU ihre Aufgaben machen.“

Vor diesem Hintergrund waren die übrigen Ereignisse des Jahres 2015 fast marginal. Die Besiedlung des Logistikparks mit zwei großen Firmen und vielen Arbeitsplätzen, die Umsetzung des Radweges an der Jahnstraße, die Schließung der meisten Hauptschulen mit der letzten in diesem Jahr und die Neugestaltung der Haldenspitze: Vieles ist 2015 passiert.

Den musikalischen Rahmen gestaltete das Duo "Soleil Levant".
Den musikalischen Rahmen gestaltete das Duo „Soleil Levant“.

Viel wird auch 2016 die Stadt bewegen. Stadtmuseum und Römerpark erleben Umbau und Weiterentwicklung. In der Stadtmitte wird im Herbst die Sparkasse eröffnet, das Wohnungsbauprojekt „Stadtfenster“ beginnt, der Stumpf des Cityturms wird „hoffentlich“ abgerissen und die BergGalerie ebenso realisiert wie ein Gesundheitszentrum auf der Grimberg-Fläche in Weddinghofen. Die Weiterführung des Kanalbands an der Nordseite ist eine Herausforderung, das Sport- und Jagdschützenzentrum an der Hansastraße kann nach Bewältigung der meisten Hürden gebaut werden. Für die Wasserstadt Aden, so Schäfer, seien der größte Teil der bürokratischen Probleme bewältig. Die wasserrechtliche Genehmigung fehlt noch, dann kann 2016 der 1. Spatenstich folgen. Ein gewaltiges Problem steht mit der Zukunft der GSW-Freizeiteinrichtungen, zu hohen Defiziten und zu großer Wasserfläche sowie der noch nicht geklärten Frage nach der Form des zukünftigen Schwimmbades auf dem Programm. Nicht anders verhält es sich mit der Eishalle, die eine Vielzahl von Vereinen beherbergt, „auf die wir sehr stolz sind“.

Im Mittelpunkt steht 2016 aber vor allem die Stadtwerdung vor 50 Jahren, die laut Schäfer „heute ja soweit akzeptiert ist“. Es gibt zwar kein Hafenfest, dafür aber eine gewaltige Jubiläumsfeier vom 3. bis 5. Juni.

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Wie sauber waren unsere Vorfahren?

WiesauberwarenunserevorfahrenZu dem Vortrag „Wie sauber waren unsere Vorfahren? – Hygiene der Germanen“  lädt das Stadtmuseum Bergkamen in Kooperation mit der Römergruppe „Classis Augusta Drusiana“ am Dienstag, 20. Oktober 2015, um 18 Uhr, alle Interessierten herzlich ein.

Im Rahmen der Neukonzeption des Stadtmuseums bietet die Veranstaltung einen ersten Einblick in die germanische Epoche von Bergkamen. Wie lebten unsere Vorfahren in der Region und wie wurde sich gepflegt. Es wird schnell klar, dass auch schon vor den Römern die Hygiene ein wichtiger gesellschaftlicher Aspekt darstellt.

Die Referentin ist Gisela Michel, Archäologin und Museumspädagogin. Sie arbeitet im Römisch-Germanischen Museum Köln und im Archäologischen Park Xanten. Als Chefin der experimentellen Archäologen von Ars Replica e.V. beschäftigt sie sich mit der Rekonstruktion des germanischen Lebens, speziell vor und während der römischen Epoche.

Der Eintritt zu diesem Vortrag beträgt 3,00 €.

 




Römerfest gibt den Startschuss für die römische Baustelle

Die Vermessungsinstrumente liegen schon bereit. Die groma für die Geländevermessung, der Mess-Stab (pertica), der Wegmesser als hodometer, stili für die Wachstafeln, papyri und Tintenfass für die Aufzeichnungen. Die Handwerker schustern fleißig Schuhe, schmieden Hufeisen und Wurfgeschosse, bereiten Schöpfkellen, Löffel und Speisen zu. Die Legionäre stehen bereit, um für die Sicherheit zu sorgen. Verstärkung ist sogar eigens aus Rom angereist. Die Infrastruktur für die Baustelle an der Holz-Erde-Mauer stimmt.

Toller Anblick: Die Holz-Erde-Mauer bestrahlt von der neuen Beleuchtung.
Toller Anblick: Die Holz-Erde-Mauer bestrahlt von der neuen Beleuchtung.

Der offzielle Teil: Eröffnung in römischer Gewandung und mit römischem Schutz, unterstützt von moderner Technik.
Der offzielle Teil: Eröffnung in römischer Gewandung und mit römischem Schutz, unterstützt von moderner Technik.

Es kann also losgehen mit der römischen Baustelle am Römerlager in Oberaden. Sogar der Architekt stand – wenn auch in sehr zeitgenössischer Form in Person von Dr. Kees Peterse – getreu den von Vitruv aufgezeichneten Überlieferungen als Vertreter des planenden Teils (ratiocinatio) bereit. Nun ist der ausführende Teil (fabrica) gefragt. Das bedeutet: Die Menschen sollen jetzt Hand anlegen, um mit den Vermessungsgeräten, Holz, Lehm und Nägeln und vor allem allerhand Muskelkraft den Traum von der Erweiterung des Nordtores wahr werden zu lassen.

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Die Legionäre haben Aufstellung eingenommen.

Zunächst stand beim Römerfest jedoch der Spaß auf dem Programm. In original römischer Gewandung gaben Bürgermeister Roland Schäfer, Dr. Jens Herold als Vorsitzender des Museumsfördervereins, Museumsleiter Mark Schrader und vor allem der cornicen als Hornbläser den Startschuss für „Lager, Brot und Spiele“ an der Holz-Erde-Mauer. Kurz zuvor hatten noch gewaltige Wolkenbrüche das Gelände tief in Matsch getränkt. Der geplante Parkplatz auf der gegenüberliegenden Wiese musste wieder gesperrt werden. Nicht nur die Besucher, auch die Römer kamen ganz schön auf der Holzrampe ins Rutschen, als sie auf der Mauer Aufstellung für den Wachdienst aufnehmen wollten.

Die Götter beschützen Lager, Brot und Spiele

Handwerker an ihren Ständen in Aktion.
Handwerker an ihren Ständen in Aktion.

Die mitgebrachten laren taten als Haus- und Schutzgötter jedenfalls ihr Bestes, um dem Himmel Einhalt zu gebieten. So dampfte nicht nur das Holz-Erde-Gemäuer in den seltenen Sonnenstrahlen vor sich hin, auch der Backofen rauchte für die Dauerproduktion von frischem Brot. Die taverna hatte Honig-Wein im Angebot. Wagenrennen, Bogenschießen, Wurf- und Würfelspiele, Einblicke in das Zelt- und Lagerleben: Auf dem Gelände gab es viel zu sehen.

Ganz schön heftig: Die Gladiatoren zeigten Kampfkunst.
Ganz schön heftig: Die Gladiatoren zeigten Kampfkunst.

Insbesondere in der Arena vermittelten die Thraker, Samniten und Kelten, dass auch wechselhaftes Herbstwetter einen echten Gladiator nicht einschränkt. Mit gladii (Schwertern) und pugii (Dolchen) ging es behelmt und geschützt mit ocrae (Beinschienen) oder manica (Armschutz) unter dem Applaus der Zuschauer ganz schön zur Sache. Ein Höhepunkt des ersten Festtages wurde allerdings erst sichtbar, als das bisschen Sonne endgültig verschwunden war: Die neue Beleuchtung illuminierte die Holz-Erde-Mauer begleitet von Fackeln und Lagerfeuer. Ein wahrlich romantisches Bild, das durch eine Spanferkel-Spende der GSW noch abgerundet wurde.

Wer ebenfalls Wache auf der Mauer schieben, im Museumsshop stöbern, den Gladiatoren zuschauen oder sich gar mit Muskelkraft in die römische Baustelle einbringen will: Der zweite Tag des Römerfestes beginnt am Sonntag um 10 Uhr und hat bis 17 Uhr geöffnet.

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Wo Drusus die Ferien in ein römisches Abenteuer verwandelt

Mit Schwert am Schild vorbei kommen und dann auch noch eine Stelle am Körper finden, die nicht mit Kettenhemd, Brustpanzer oder Lederschutz bedeckt ist. Mit dem Pfeil den Gegner treffen, die Rüstung allein anlegen und damit auch noch marschieren, aus dem römischen Ofen essbares Brot herausholen und den Getreidebrei so zubereiten, dass er auch schmeckt: Das Leben in einem römischen Lager ist gar nicht so leicht. Und vor allem: Es kann eintönig werden.

Gar nicht so leicht: Als "Schildkröte" wie die echten Römer in Formation gehen.
Gar nicht so leicht: Als „Schildkröte“ wie die echten Römer in Formation gehen.

Eine Kunst für sich: Aus Matrizen römische Münzen zaubern, die übrigens später im Museum zu "Bezahlgeld" werden sollen.
Eine Kunst für sich: Aus Matrizen römische Münzen zaubern, die übrigens später im Museum zu „Bezahlgeld“ werden sollen.

Denn die feindlichen germanischen Stämme geben schon klein bei, kaum dass das Lager in Oberaden richtig eingerichtet ist. Ständig immer nur exerzieren, die Kampfausrüstung pflegen und Gräben ausheben: Den römischen Legionären wird es regelrecht langweilig. Einzig der immer noch fehlende Sold sorgt für schlecht gelaunte Abwechslung. Da kommt die Ankündigung von Kaiser Augustus aus dem fernen Rom gerade recht: Im Lager soll eine eigene Münzwerkstatt eingerichtet werden. Damit die Germanen das Bezahlsystem kennen lernen und der Handel in Gang kommt. Drusus, der Feldherr, soll bald kommen und kontrollieren, ob das Münzenprägen auch gut klappt. Soweit die Theorie.

Fleißiges und sorgfältiges Feilen ist gefragt, um das Kaiserporträt auf der Münze zum Glänzen zu bringen.
Fleißiges und sorgfältiges Feilen ist gefragt, um das Kaiserporträt auf der Münze zum Glänzen zu bringen.

Julia Prima hat das Zinn schon fast im Schlaf unter Kontrolle. Geschmeidig fließt die flüssige Legierung unter ihren Händen in die Matrize. Rundherum gelungen ist die Münze, die kurz darauf mit der Zange herausgeholt wird, von der die Gusskanäle abgeknipst werden und aus der die Feile jetzt echten Glanz rund um das Kaiserporträt hervorholt. Keine Frage: Münzengießen macht richtig Spaß und ist eine kleine Kunstform.

 

 

 

Beim römishcen Kampf kommt nie Langeweile auf

Das macht Spaß: Mit dem Pfeil den Gegner ins Visier nehmen.
Das macht Spaß: Mit dem Pfeil den Gegner ins Visier nehmen.

Quintus Secundus und seine Kollegen erobern lieber die Holz-Erde-Mauer und nehmen den Spiegel der Kleopatra ins Visier. Den gilt es nämlich mit Pfeil und Bogen zu erobern. Andere finden den Umgang mit Holzschwert und Schild auch nach einem ganzen römischen Lager Tag immer noch richtig spannend und üben die Kampftechniken. Was sich die Macher um Lagerleiterin Christin Simons ausgedacht haben, funktioniert nicht richtig: Alle Lagerstationen vom römischen Backofen bis zur römischen Küche sind und bleiben während des gesamten Drusus-Lagers rundherum spannend. Mancher der 19 Teilnehmer mag sich gar nicht von seiner Lieblingsstation trennen, um auch mal andere Aspekte aus dem Alltag des Lagerlebens kennen zu lernen.

Will gelernt sein: Die richtige römische Kampftechnik wird geübt.
Will gelernt sein: Die richtige römische Kampftechnik wird geübt.

Für alle waren die zwei Tage im Drusus-Lager eigentlich viel zu kurz. Mancher wäre wohl am liebsten ganz in diese andere Welt abgetaucht, die so ganz anders als die Gegenwart ist. Als dann aber am Sonntag Drusus tatsächlich das Lager besuchte, exerziert und präsentiert wurde, Schaukämpfe auf dem Programm standen, kulinarische Köstlichkeiten kredenzt und am Ende die römischen Diplome verliehen wurden, waren am Ende doch alle Nachwuchsrömer ganz schön aus der Puste. Denn langweilig war dieses Drusus-Lager ganz und gar nicht.

 

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Vom Lederbeutel bis zur Waffe: Im Stadtmuseum lockt das römische Alltagsleben

Ein Schluck vinum oder mulsum in der Taverne und heiteres Beisammensein mit Spiel, Spaß und Vergnügen ging bei den Römern immer. Mit fester Nahrung ging es schon grenzwertiger insbesondere für die Zähne zu. Beim Kämpfen verstanden die Eroberer dann gar keinen Spaß mehr. Selbst mehr als 2.000 Jahre nach ihrer Herstellung sehen Pfeilspitzen mit gefährlichen Widerhaken und Vorrichtungen zum Durchtrennen der Pferdesehnen in den Museumsvitrinen schauderlich aus.

Salute! Mit den Römern einen Schluck vinum probieren - auch das war am Sonntag beim Familientag zur neuen Sonderausstellung beliebt.
Salute! Mit den Römern einen Schluck vinum probieren – auch das war am Sonntag beim Familientag zur neuen Sonderausstellung beliebt.

Ganz schön unheimlich: Das Sortiment an Pfeilspitzen hatte es am Sonntag in sich.
Ganz schön unheimlich: Das Sortiment an Pfeilspitzen hatte es am Sonntag in sich.

Der Alltag in und an einem römischen Legionslager wie in Oberaden war also nicht ausschließlich pures Abenteuer. Das zeigt die neue Sonderausstellung im Stadtmuseum. Arbeitsreich war vor allem das ganz normale Leben – vom Mahlen des Mehls über das Häkeln der Socken bis zur Herstellung von Lederbeuteln und zum Bemalen des Schildes. Menschenleben zählten nicht viel, wie die beängstigend vielseitige Auswahl der Waffen vom pilum als mörderischen Wurfspieß über Fußangeln und handfesten gladius als Kurzschwert bis zum Pfeil, der bequem das Kettenhemd durchbohrt, zeigt. Das alles ist in der Sonderausstellung „Von Asciburgium bis Oberaden. Leben in römischen Lagern“ zu sehen.

Mit Leihgaben und eigenen Funden bestückt

Wolfgang Hoffmann legt Hand an das Pergament - daraus lassen sich erstklassige Lampen herstellen.
Wolfgang Hoffmann legt Hand an das Pergament – daraus lassen sich erstklassige Lampen herstellen.

Dabei gibt das Legionslager, das um 16 v. Chr. im heutigen Moers entstand und nach der verlorenen Varusschlacht als Grenzsicherung gegen angriffslustige Germanen ausgebaut wurde, fast nur das Thema vor. Das Team des Stadtmuseums hat in den vergangenen Wochen beinahe eine ganz eigene Ausstellung auf die Beine gestellt, indem sie großartige Exponate aus Haltern, Xanten und sogar aus dem niederländischen Nijmegen organisierte. Die spannenden Vitrineninhalte werden ergänzt von Oberadener Funden, die nicht jeden Tag in der Dauerausstellung zu sehen sind – wie die gut erhaltene Glöckchen, mit denen das Pferdegeschirr bestückt war.

Marschgepäck und der wohl jüngste Römer als grenzenloser Bewunderer.
Marschgepäck und der wohl jüngste Römer als grenzenloser Bewunderer.

Eine ganz eigene Note verleiht die Vexillatio Veteranorum Legionis XIX, die Hilfstruppe der neuzeitlichen Römer-Veteranen, der Sonderausstellung. Besonders engagierte Mitglieder wie Wolfgang Hoffmann haben ebenso eigenhändig wie originalgetreu hergestellte Repliken zur Verfügung gestellt – sogar der detailgetreue Nachbau der römischen Hausheiligtümer findet sich darunter. Andere stellen ihr Marschgepäck zum Ausprobieren bereit.

 

Das pralle römische Leben ausprobieren – originalgetreu

Hübsche Einblicke bieten auch die Modelle römischer Alltagswelt.
Hübsche Einblicke bieten auch die Modelle römischer Alltagswelt.

Die Direktorin des Kultur- und Stadthistorischen Museums in Duisburg, Dr. Susanne Sommer, hatte also mehr als Recht, als sie bei ihrem Fachvortrag zur Ausstellungseröffnung darauf verwies, dass dieses Museum ein „lebendiger Ort“ ist. Stand zur Eröffnung vor allem die Theorie um die Entstehung des Lagers Asciburgium, die Eroberungen der Römer auf germanischem Gebiet und die archäologischen Zeugnisse für das Alltagsleben im Mittelpunkt, war am Sonntag das pralle Erleben gefragt.

Mit der originalgetreuen Schere Schmuck schaffen: Eine von vielen "Alltagsstationen" beim Familiensonntag.
Mit der originalgetreuen Schere Schmuck schaffen: Eine von vielen „Alltagsstationen“ beim Familiensonntag.

Selbst originalgetreue Schere am Leder und Pergament ansetzen, eigenhändig den Pinsel führen, mit eigenen Fingern die filigranen Perlen für den Schmuck aufziehen: Auch das gehörte dazu. Zusätzlich gab es kostenlose Führungen durch die Ausstellung, die das theoretische wie archäologische Wissen bereit hielt – und auch ein Schluck aus dem tönernen Weinbecher in der Taverne.

Übrigens hat der Verein der Freunde und Förderer des Stadtmuseums zahlreiche Alltagsgegenstände vom Kochlöffel über Nähnadel, Fibel und medizinisches Besteck anlässlich der Sonderausstellung angekauft. Sie unterstützen das vielseitige museumspädagogische Programm und kommen auch nach der Ausstellung zum Einsatz.

„Von Asciburgium bis Oberaden“ ist noch bis zum 27. September im Stadtmuseum zu sehen.

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125 Jahre Bergbau: Schweres Erbe und spannende Geschichte

Die Wurzeln des Bergbaus benannt nach einer Sektlaune? 100 Kilo Sprengstoff gezogen von sechs Pferden auf puckligen Feldwegen? Kämpfende Rotarmisten, das größte Bergbauunglück Deutschlands, die größten demonstrierenden und streikenden Menschenmassen der Bergbaugeschichte in der ehemals größten Bergbaustadt Europas: Bergkamens Bergbau ist randvoll mit ebenso abenteuerlichen wie menschlichen Geschichten – und randvoll mit Superlativen. Nicht erst zum Neujahrsempfang der Stadt Bergkamen sind das Gründe genug, um Rückschau zu halten.

Peter Blaszyk wagte beim Neujahrsempfang vor allem einen menschlichen Blick auf ein wichtiges Stück Bergkamener Geschichte.
Peter Blaszyk wagte beim Neujahrsempfang vor allem einen menschlichen Blick auf ein wichtiges Stück Bergkamener Geschichte.

125 Jahre ist es jetzt her, dass der Abbau von Steinkohle der Stadt ein Gesicht gegeben hat, das sie bis heute prägt. Wer war deshalb mit Blick auf dieses Jubiläum besser auf dem Rednerpult für den traditionellen verbalen Ausblick auf das neue Jahr aufgehoben als der letzte stv. Betriebsratsvorsitzende des letzten Bergkamener Bergwerks? Unterstützt von den akribischen Recherchen des ehemaligen Rundschau-Redakteurs Heino Baues gelang ihm am Sonntag im Ratssaal ein weniger faktischer als vielmehr menschlicher Rückblick auf ein Stück Geschichte, das für viele vielleicht noch Gegenwart ist.

Namesgebung aus einer Sektlaune heraus

Gehört stets dazu, als auch Dekoration beim Neujahrsempfang: Die Grubenlampe.
Gehört stets dazu, als auch Dekoration beim Neujahrsempfang: Die Grubenlampe.

Ob das erste Bergwerk Monopol seinen Namen tatsächlich dem Sekt zu verdanken hat, mit dem die Vertragspartner seinerzeit zur Besiegelung ihrer Unterschriften nach Hörensagen ausgiebig anstießen, sei dahingestellt. Tatsächlich sorgte die Teufe von Schacht Grimberg I am 24.4.1890 mit der damaligen Rekordtiefe von 774 Metern für einen rasanten Wandel in Bergkamen. Aus sechs dörflichen Gemeinden und 550 Einwohnern rund um den ersten Bergbauschacht wurde 100 Jahre später die mit rund 11.000 Arbeits- und Ausbildungsplätzen größte Bergbaustadt Europas. Wo anfangs noch Ackergäule das Dynamit und 30.000 Ziegelsteine in drei Tagen schleppten, schossen Bergarbeitersiedlungen in die ländliche Landschaft, die bis heute das Stadtbild prägen. Den ersten Kessel lieferte ein ortsansässiger Schmied. Später sollten ganze Industrien um gleich mehrere Bergwerke ansiedeln.

Gastarbeiter: Auch sie sind ein starkes Stück Bergkamener Bergbau-Geschichte
Gastarbeiter: Auch sie sind ein starkes Stück Bergkamener Bergbau-Geschichte

Der Bergbau prägte zu allen Zeiten die Geschicke der Stadt. Die Bergleute kämpften in der roten Ruhrarmee nach dem Kapp-Putsch 1920 – sechs von ihnen fielen. Kriegsgefangene mussten im 2. Weltkrieg den Betrieb am Laufen halten – rund 1.000 waren es im August 1942, unter unmenschlichen Bedingungen eingepfercht in gleich mehreren Barackenlagern. Am 20.2.1946 erschien eine 300 Meter hohe Stichflamme am Himmel: Eine Schlagwetterexplosion, das größte Grubenunglück Deutschlands, forderte 405 Todesopfer. Sie ist bis heute in fast jeder Bergkamener Familie präsent. Die mehrtägige Rettungsaktion mit unverhofft entdeckten Überlebenden ist und bleibt ein Bergkamener Trauma.

Ganze Kerle und markerschütternde Krisen

Ganze Kerle war das Duo "Scheddy & Metze", dass für die musikalische Bergbau-Traditon sorgte.
Ganze Kerle war das Duo „Scheddy & Metze“, dass für die musikalische Bergbau-Traditon sorgte.

„Bis Du ein ganzer Kerl?“, fragte die Bergbau-Werbung in den 60er-Jahren. Längst war die Schufterei unter Tage kein begehrter Broterwerb mehr. Gastarbeiter kamen aus Polen, Italien, Griechenland, Spanien und aus der Türkei. Die Kunst ging mit dem städtischen Bilderbasar zur Kohle und zu den Menschen. Die „Literatur“ kam in Person von „Moppel Claer“ und einer ganzen Softporno-Industrie unter dem Titel „Lass jucken, Kumpel“ gleich hinterher.

Proteste und existenzielle Krisen: Auch das hat Bergkamen geprägt.
Proteste und existenzielle Krisen: Auch das hat Bergkamen geprägt.

Was folgte, war ein langer Niedergang seit den 70er Jahren. Absatzkrisen, Stilllegungen, Streikwellen, Verbundbergwerke, Mahnwachen, Bergwerksbesetzungen, Solidaritätsbesuche von Spitzenpolitikern: Der Bergkamener Bergbau schrumpfte trotz aller Proteste. 1993 gingen sogar 5.000 Menschen auf die Straße, ganze Menschenketten zogen sich durch das gesamte Ruhrgebiet. Am 30.9.2010 war trotzdem Schluss: Das letzte Bergwerk war Geschichte.

Eine ganz besondere Geschichte, die mehr Profil bekommen soll im Stadtmuseum. Und die vielleicht nicht nur gesprochenes Wort bleibt. Schließlich verabschiedet man sich heute noch in Bergkamen mit „Glückauf“ – auch beim Neujahrsempfang 2015.




Neujahrsempfang: 2015 wird kein leichtes Jahr

200 Gäste, nicht genug Stühle zum Sitzen, ein stolzes Bergbau-Jubiläum und ein heftig eingeschnürtes Sparschwein: Das neue Jahr hat es für die Stadt Bergkamen in sich. Es muss gespart werden, dabei gibt es eigentlich viel zu feiern. Erfolge auf der einen, drohendes finanzielles Ungemach auf der anderen Seite: 2015 wird alles andere als ein leichtes Jahr. Darauf stimmte Bürgermeister Roland Schäfer die geladenen Gäste am Sonntag ein.

Eng geschnürt ist das Sparschein, das 2015 den Takt in Bergkamen angibt.
Eng geschnürt ist das Sparschein, das 2015 den Takt in Bergkamen angibt.

Volles Haus im Ratssaal zum Neujahrsempfang.
Volles Haus im Ratssaal zum Neujahrsempfang.

Begonnen hatte das Jahr bereits mit einem tiefen Schock. Erst am Vortag war der Bürgermeister noch in der französischen Partnerstadt Gennevilliers, um gemeinsam mit seinem Amtskollegen zu trauern. Denn hier, unweit von Paris, haben die grauenhaften Terroranschläge der letzten Tage erschütternde Spuren hinterlassen. Einer der Attentäter auf das Satiremagazin Charlie Hebdo hatte in Gennevilliers einige Jahre lang gelebt, besuchte die örtliche Moschee. Der Imam der französischen Partnerstadt ist entsetzt und verurteilt die Tat zutiefst. Der Bürgermeister von Gennevilliers war mit einem der getöteten Journalisten befreundet. Die Trauer macht auch in Bergkamen fassungslos. „Menschen töten Menschen, nicht Religionen“, betonte Roland Schäfer. „Es handelt sich um einen Anschlag auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Zu verurteilen sind aber auch diejenigen, die hieraus versuchen politischen Profit zu ziehen“, fügte er hinzu.

Mit dem Bergbau-Erbe auch 2015 umgehen

Da fiel der traditionelle Blick auf das Bergkamener Jahr 2015 fast schon schwer. Unter den Vorzeichen von 125 Jahren Bergbau-Geschichte legte Schäfer den Fokus auf das, was der Bergbau der Stadt hinterlassen hat. Das sind 10.000 verlorene Arbeitsplätze, fünf brachgefallene Bergbau-Standorte und ein verlassener Industriehafen sowie mehr als 200 Hektar Bergehalde und eine Arbeitslosenquote, die von über 20% immerhin auf 10,7% geschrumpft ist.

Bergbau-Erbe mal anders: „Scheddy & Metze“ alias Peter Schedalke und Klaus-Dieter Metzenbauer sorgten als musikalisches Bergbau-Duo mit selbstgeschriebenen Liedern inklusive Lokalcholorit für Stimmung.

Ein Erbe, das sich dank vielfältiger Bemühungen gewandelt hat. Industrielle Nachnutzung auf Grimberg I/II, Veranstaltungs- und Kulturzentrum samt Behindertenwerkstatt und benachbarten Gewerbegebiet auf Schacht III in Rünthe, auf Grimberg III/IV stehen Aus-, Fort- und Weiterbildung mit dem Berufskolleg Ost und der RAG Bildung hoch im Kurs, auf Grillo III/IV wird gewohnt bzw. Eis und Popcorn in der Firma Busemann für ganz Deutschland produziert. Die Marina Rünthe bleibt im ehemaligen Industriehafen ein Paradebeispiel für mehr als erfolgreichen Strukturwandel.

Die 55 Hektar große Fläche von Haus Aden macht dagegen weiterhin Kopfschmerzen mit monströser Bürokratie. Die Wasserstadt Aden bleibt jedoch Zukunftsvision: „Wir bleiben dran, wir brauchen langen Atem“, betonte Schäfer mit Blick auf die kleinen Fortschritte. Die Bergehalde wird noch immer vom Bergbau genutzt. Die Neugestaltung der Adener Höhe und der Ausbau der Zuwegung sind Lichtblicke für die weitere Freizeitnutzung.

Den Gürtel enger schnallen – in weiteren Bereichen

Eindringliche Worte von Bürgermeister Roland Schäfer mit Blick auf 2015.
Eindringliche Worte von Bürgermeister Roland Schäfer mit Blick auf 2015.

Jenseits des Bergbauerbes muss jedoch „der Gürtel enger geschnallt werden“, so Schäfer. „Das macht beileibe keinen Spaß“, betonte er, „das Ziel ist, das wir weiter handlungsfähig bleiben.“ Zusätzlich müssen fehlende 3,5 Mio. Euro aufgefangen werden – mit Grundsteuererhöhungen, Wegfall von Führungspositionen in der Verwaltung, Gebührenerhöhungen, Abspecken bei Großveranstaltungen. „Wir werden noch mehr Punkte ansprechen müssen“, so Schäfer.

Das Sparschwein: Das "Maskottchen" für das neue Jahr.
Das Sparschwein: Das „Maskottchen“ für das neue Jahr.

Trotzdem gibt es viele Pläne. Die Erweiterung der Freizeitnutzung der Marina Nord ist ein großer Punkt. Der Logistikpark an der A2 ist inzwischen vollständig vergeben und ein voller Erfolg. Die Bergbauabteilung im Stadtmuseum soll ausgebaut werden, ein Sport- und Jagdschützenzentrum mit überregionaler Strahlkraft ist in Overberge von den Schützen geplant , der Neubau der Sparkasse und der UKBS im Rathausviertel stehen an, ebenso der Umbau der Berggalerie und der endgültige Abbruch der letzten Reste des City-Turm.

Bergkamen wandelt also sein weiterhin sein Gesicht – nicht nur in seinen 125 Bergbau-Jahren, sondern auch 2015.




IGBCE hat in 125 Jahren die Gesellschaft bewegt und verändert

IGBCE steht in Bergkamen für mehr als nur Gewerkschaft. Solidarität, Zusammenhalt, Einstehen füreinander und gemeinsam kämpfen: Auch das steht hinter den vier Buchstaben. Die sind in Oberaden sagenhafte 125 Jahre alt. Auch nach eineeinviertel Jahrhunderten steckt hier vor allem eines drin: große Emotionen. Selbst nachdem der Bergbau längst Geschichte ist.

Der Bergmannschor und das Steigerlied verstanden sich von selbst.
Der Bergmannschor und das Steigerlied verstanden sich von selbst.

Deshalb haben noch immer 890 Bergkamener einen Mitgliedsausweis für die Oberadener Ortsgruppe. Deshalb sind die Maikundgebungen immer noch politische Großereignisse. Deshalb kam kürzlich Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, um im Barbara-Stollen des Stadtmuseums zu gratulieren und zu staunen. Deshalb war am Samstag zur offiziellen Jubiläumsfeier in der Aula der Realschule auch die Tischreihe für die Ehrengäste randvoll mit honorigen Ehrengästen.

Volles Haus in der Aula der Realschule zum offiziellen Gewerkschaftsjubiläum.
Volles Haus in der Aula der Realschule zum offiziellen Gewerkschaftsjubiläum.

Der Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek, der Landtagsabgeordnete Rüdiger Weiß, Bürgermeister Roland Schäfer, Lothar Wobedo als IGBCE-Bezirksleiter: Sie alle und viele Jubiläumsredner mehr wissen, wie groß die Bedeutung der Gewerkschaft auch nach 125 Jahren noch für die Gesellschaft allgemein und für die Oberadener insbesondere ist. Deshalb hielt sich der Vorsitzende Willi Null auch bescheiden mit Worten im Hintergrund, damit die vielen Grußredner auf dem Podium genug Zeit und Raum hatten.

Gewerkschaft gestern und heute

Viele Gastredner und ein bescheidener Vorsitzender im Hintergrund.
Viele Gastredner und ein bescheidener Vorsitzender im Hintergrund.

Aus der Not heraus seien die Bergbaugewerkschaften entstanden, erinnerte Lothar Wobedo. Insbesondere die soziale Absicherung, der Kampf um gerechte Bezahlung, um Arbeitsschutz und Sicherheit unter Tage: Am Anfang ging es um die pure Existenz in der Auseinandersetzung mit den großen Bergbau-Gesellschaften. Im Vergleich zwischen Gestern und Heute provozierte der Bezirksvorsitzende: „Wie groß muss die Not sein, um sich zu solidarisieren?“, fragte er mehrdeutig. Das Streben nach Profiten, neue Gesetzgebungen allerorten: „Die Gesellschaft hat sich verändert und wir müssen Antworten darauf finden“, betonte er.

Ganz andere Seiten der Gewerkschaftsarbeit vor Ort hob Bürgermeister Roland Schäfer hervor. Ob Geschichtskreis, Barbara-Stollen oder Tag des Bergmanns: Die IGBCE setzt in Oberaden noch immer starke gesellschaftliche Akzente, die nicht nur den Stadtteil prägen. Der Vorsitzende Willi Null ist an diesem Ehrentag dennoch nachdenklich: „Auch unsere Mitglieder werden immer älter“, greift er die Impulse der vielen Jubiläumsredner auf. „Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich die Jugend vom PC weglocken und auch für unsere Belange begeistern lässt.“

Als der Kampf um den Bergbau mobilisiert hat

Ist noch immer kämpferisch: Der Ehrenvorsitzende Bernhard Grüner (l.).
Ist noch immer kämpferisch: Der Ehrenvorsitzende Bernhard Grüner (r.).

Wie sehr die IGBCE ganz Bergkamen bewegt hat, verkörpert Bernhard Grüner als Ehrenvorsitzender in Reinkultur. Noch immer braust er auch mit seinen 87 Jahren auf, wenn er an die 60er Jahre denkt. „Keiner hat damit gerechnet“, sagt er, wenn er sich an die 5000 Menschen und die Massendemonstration gegen die geplante Stilllegung von Haus Aden im Jahr 1967 erinnert. Dass sich die Kumpel mit inbrünstigem Kampf gegen endlose Feierschichten, existenzielle Verdienstausfälle und gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze gegen die Bergwerksgiganten wehren: Das war neu. Immerhin waren die Bergleute aus allen Winkeln des Landes angeworben worden, als Arbeitskräfte rar waren. Jetzt, in der Krise, stand ihre neue Heimat und Existenz auf dem Spiel.

Die Gewerkschaftsfahne aus den 50er Jahren.
Die Gewerkschaftsfahne aus den 50er Jahren.

„Der Kampf hat großes Aufsehen erregt – und er hat sich gelohnt“, sagt Grüner mit einem Seitenblick auf die Gewerkschaftsfahne aus den 50er Jahren, die über seinem Kopf hängt. Der Bergkamener Widerstand hat Schule gemacht, ein Umdenken bewirkt und Bernhard Grüner zu einer Legende nicht nur in Oberaden gemacht.

Soziales Engagement ist für die IGBCE auch nach 125 Jahren Ehrensache. Selbst die Jubiläumsfeier dient dem guten Zweck, wenn die Besucher den Blumenschmuck auf dem Tisch gegen ein Entgelt erwerben können. Das Geld geht an eine Oberadenerin, die Kindern damit Weihnachten ein Geschenk bereitet, die sonst keine Gaben kommen. Musik und Tanz, herzhafte Gulaschsuppe und viele angeregte Gespräche: Es wurde noch lange das stolze Jubiläum gefeiert.




Mit Dechsel und Feuerstein Ötzi auf der Spur

Viel Kraft braucht es gar nicht. Wenn der markasithaltige Gesteinsbrocken an den Feuerstein schlägt, stieben Funken auf. Sofort beginnen die gefilzten Stückchen des Baumpilzes zu qualmen. Eine Handvoll Heu, ein wenig Blüten von Teichgräsern: Schon züngeln in der Hand von Hartmut Albrecht die ersten Flammen auf. Fast so, wie in der Steinzeit.

Eine heitere Steinzeitgemeinschaft hatte beim Familiensonntag im Stadtmuseum viel Spaß.
Eine heitere Steinzeitgemeinschaft hatte beim Familiensonntag im Stadtmuseum viel Spaß.

Ganz schön scharf: Die Steinzeitmesser funktionieren!
Ganz schön scharf: Die Steinzeitmesser funktionieren!

Während Ötzi umringt von seinen Werkzeugen in der Sonderausstellung relativ bewegungslos die Steinzeit verkörpert, geht es beim Familiensonntag auf dem Hof des Stadtmuseums zur Sache. Messerklingen werden abgeschlagen und zerlegen den Porree fast noch flinker als ihre modernen Edelstahlnachfolger. Der Bogen aus Eibenholz biegt sich und lässt den Pfeil bequem durch die Pressholzplatte schlagen. Quarzsteine erhitzen sich im Feuer und bringen wenig später die Gemüsesuppe auf dem Leder im Erdloch zum Sieden. Ötzi hätte seine wahre Freude an diesem fast originalen Steinzeitleben gehabt.

Mit Bohrer und Pelz die Steinzeit hautnah erleben

Johanna entdeckt den steinzeitlichen Bohrer.
Johanna entdeckt den steinzeitlichen Bohrer.

Johanna (10) jedenfalls kennt sich längst aus. Sie hat bei den vielen Urlauben auf der Insel Föhr die Steinwerkzeuge, die sich als Äxte und Messer benutzen lassen, schon gesehen. Auch die gehäuteten Tiere, die Ötzi und seine Zeitgenossen gejagt und ausgenommen haben, kennt sie. „Mein Vater ist Jäger“, sagt sie und nimmt den Fuchs, den Wolf und den Iltis vorsichtig in die Hand. „Der ist ja ganz weich“, meint sie, als sie dem Biber über das Fell streichelt. Es ist das einzige Tier, das sie noch nie angefasst hat.

Auch den steinzeitlichen Bohrer kennt Johanna noch nicht. Forsch nimmt sie die Konstruktion zu Hand, setzt die Steinspitze auf die Schieferplatte und lässt die runde Holzscheibe an den Lederschnüren auf und ab springen. Schon bildet sich ein kleines Loch unter ihren Händen. „Das ist ja toll“, kommentiert sie fasziniert. Noch spannender ist jedoch der Gänseflügel, mit dem sich das gegerbte Leder großartig fegen lässt. Pfeil und Bogen muss sie in der nächsten Sekunde unbedingt unter den wachsamen Augen von Hartmut Albrecht ausprobieren. Dann hält sie den Schildkrötenpanzer in der Hand, in dem Ockerrot auf eine standesgemäße Gesichtsbemalung wartet.

Steinzeit ist auch Pysik, Chemie und Biologie

Ins steinzeitliche Horn stoßen.
Ins steinzeitliche Horn stoßen.

„Steinzeit ist mehr als nur Experimentieren und Ausprobieren“, meint Hartmut Albrecht, während er Faustkeil und Dechsel zurecht legt. „Steinzeit ist auch Physik, Chemie, Biologie und noch viel mehr!“ Wenn ein Feuer aus Funken aufglimmt, sind Mineralien im Spiel. Wenn das Hirn des Tieres das Leder gerbt, wirken Kollagene und machen die Tierhaut weicher. Der Baumpilz hat ganz nebenbei noch antiseptische Wirkung bei offenen Wunden. Wenn Quarz erhitzt wird, ist es ein erstklassiger Ofen – und klinisch rein dazu.

Salz für die Suppe zermahlen.
Salz für die Suppe zermahlen.

Genau das will die Familie Michels erleben. Deshalb haben sie im Internet recherchiert, haben sich ins Auto gesetzt und sind eigens von Lemgo angereist. Während der Vater das Feuer anfacht, schnibbelt die Mutter das Gemüse für die Suppe mit den selbstgeschlagenen Messern aus Feuerstein. Der Sohn probiert sich derweil an Pfeil und Bogen aus. Gemeinsam lernt die Familie zwischendurch mit den übrigen Teilnehmern von Hartmut Albrecht am Beispiel von niedlichen Teddybären, wie der Steinzeitmensch seine Beute erlegt und das Fell bis zum Leder verarbeitet hat. Das Horn wird geblasen, mit der Austernschale die Suppe geschlürft und mit dem selbst geschlagenen und gemahlenen Salz nachgewürzt.

Ganz schön harte Arbeit: So sah das Leben in der Steinzeit aus. Nichts ging mal eben ganz nebenbei wie heute. Ein Feuer dauerte ebenso seine Zeit wie das Auftreiben und Zubereiten der Nahrung. Von den Werkzeugen ganz zu schweigen. „Manches ging aber auch leichter als gedacht“, meint Familie Michels und ist froh, dass sie die Reise angetreten ist. „Wir wollte an diesem Sonntag etwas gemeinsam unternehmen – und das war hier eine ganz großartige Gelegenheit, die viel Spaß gemacht hat!“

Steinzeit20
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