Römische und germanische Handwerker verabschieden sich in die Winterpause
Schmieden, hobeln, hacken, nähen, schaben, färben: Von der Sonntagsruhe wussten die Römer und Germanen noch nichts. Bis das Christentum nach Oberaden vordrang, war es zu Beginn des 1. Jahrhunderts noch eine ganze Weile hin. Von Matsch und beängstigenden Sintfluten in den dunklen Wäldern konnten aber auch sie schon ein Lied singen. Ebenso ihre Nachfahren, die am Wochenende etwas originalgetreuer das Leben im und am Römerlager nachstellten, als es ihnen lieb war.
Am Samstag gab der Himmel mit Blitz, Donner, Platzregen und Hagel jedenfalls alles, war schon die antiken Berichterstatter über die finsteren Gefilde im Barbarenland zu erzählen wussten. Da taten knallorangene Füßlinge in den genagelten Sandalen wirklich Not. Die waren damals schon erfunden, ebenso wie wasserfeste Hüllen für das kostbare Schild aus fast fingerdickem Ziegenleder, regenabweisende Holzschindel und hübsche Spielzeuge für die ganz faden Tage.
Sogar aus den Niederlanden hatten sich die besonders Unerschrockenen nach Bergkamen gewagt. Jurjen Daaisma vom „Ala I Batavorum“ hatte Unmengen Leder dafür Gepäck. Das verwandelte er vor Ort in kunstvolle und originalgetreue Objekte – mit dem passenden Werkzeug. Acht Stunden lang nähte er schon an der Lederhülle für den römische Schild. Das Ziegenleder kauft er in Deutschland, weil es in den Niederlanden keine Gerbereien mehr gibt. Die Vorlagen können als archäologische Funde u. a. im Museum im Bonn bestaunt werden. Abstände der einzelnen Stiche, wasserdichter Umschlag der Lederkanten: Alles ist hier so wie beim Original. Auch die Werkzeuge basieren vom Zirkel über das Lineal mit Daumenabständen, Messer, Lockmarkierer, Locheisen und Lochstecher bis zur Schere auf Originalfunden. Das Gerät für die exakte Lochdistanz wurde sogar in Oberaden gefunden.
Gefragt sind die Fertigkeiten der Akteure auch ein paar Stände weiter. Beim Kunstschmied gab es sogar eine Sonderanfertigung für eine junge Frau, die eigens aus Dortmund zum Museumfest vor ein paar Wochen kam. Sie wünschte sich ein ganz spezielles Schlangenarmband aus Gold. Am Wochenende wurde direkt vor Ort der finale Halbedelstein eingefügt, den die Auftraggeberin mitbrachte. Sie saß viele Stunden bei den Fachleuten und tauchte begeistert in die Geschichte ein. Ein Hobby der Krankenpflegerin – und ein Traum, der für sie im Schatten des Nachbaus der Lagermauer in Erfüllung ging. Kein Einzelfall: Sogar aus der Schweiz trudeln Bestellungen für historische Sonderanfertigungen ein.
Es war der letzte historische Handwerkermarkt im Römerpark in diesem Jahr. Jetzt wärmen sich die Knochenschnitzer und Spielzeughersteller, Weber, Färber und Zimmerer erst einmal gehörig auf und trocknen ihre historische Kleidung. Allzu oft waren sie in diesem Jahr mit unleidlichen Wetterunbilden überrascht worden. Die Besucher kamen trotzdem, nahmen kleine Lederbeutel, Wollmützen, handgeschnitzte Löffel oder Steckenpferde auf Rollen mit nach Hause.
Bis zum nächsten Jahr, wenn das römische und germanische Leben wieder zum Leben erwachen wird. Der Römerpark hat natürlich bis dahin noch einige Male die Tore geöffnet und lohnt allemal einen Besuch.