Bumannsburg und Römerpark appellieren zum Tag des offenen Denkmals: Augen auf und Rücksicht nehmen!
Sie kam mit einem schicken neuen Mountainbike zur Führung. Ludwika Gulka-Höll würde als Museumsmitarbeiterin aber niemals damit über die Wälle der Bumannsburg fahren und springen. „Genau das ist unser Problem mit diesem Bodendenkmal“, sagte sie zum Auftakt der ersten Führung an den Resten der mittelalterlichen Burg am Tag des offenen Denkmals. „Es sind aktuell gerade die Mountainbiker, die hier vieles von den wenigen noch sichtbaren Spuren zerstören.“
Auch dafür wollten die beiden Führungen am Sonntag sensibilisieren. Sowohl die Bumannsburg als auch die sichtbaren Resten des Römerlagers in Oberaden können nur erhalten bleiben, wenn alle sorgsam damit umgehen. Beide sind echte Schätze, die viel über das Leben unserer Vorfahren verraten. Man muss nur genauer hinschauen.
Das tat zunächst Ludwika Gulka-Höll an der noch neuen Beschilderung der Bumannsburg, unterstützt mit Tablet und digitalen Karten. Was sich genau im 8. und 9, später dann auch im 13. Jahrhundert unweit der Lippe abspielte, kann niemand mehr genau rekonstruieren. Ob hier ein Adliger wohnte, vielleicht sogar ein Ritter, oder ob das Ensemble aus Motte (Turm), Wirtschaftsgebäuden und mächtigen Schutzwällen als Fliehburg vor benachbartem Feindesland, gar auf Initiative von Karl dem Großen errichtet wurde, bleibt Spekulation. Die wenigen Ausgrabungen werfen immer neue Fragen auf.
Keramikfunde zeigen Besiedlung bereits in der vorrömischen Eisenzeit. Laseruntersuchungen brachten eine Holzkonstruktion als Fundament zutage. Lippearme zogen sich noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts dicht an dem Bauwerk vorbei. Am meisten staunten die Teilnehmer über die noch sichtbaren sogenannten Wölbäcker. Viele kleine Wälle, die für die landwirtschaftliche Nutzung dienten und offenbar die wankelmütigen Niederschläge besser nutzen konnten. Die Gäste hatten unzählige Fragen. Wie Archäologen all das sehen können, was sie selbst nie erkennen könnten. Warum hier nicht einfach einmal alles komplett ausgegraben wird. Welche Pläne für die touristische Nutzung die Stadt haben könnte. Fest steht: Das Interesse an der Burg ist immens. Viele wünschten sich, dass die Informationen noch umfangreicher und besser vermittelt werden.
Die Rekonstruktion der Holz-Erde-Mauer war auch im Römerpark in Oberaden nur der Startpunkt für genaueres Hinsehen. Museumsleiter Mark Schrader zeigte auf alten Fotos, was längst nicht mehr zu sehen ist. Dass beispielsweise der heute üppige Wald auf der Fläche des einstigen Lagers verhältnismäßig jung ist und erst vom Bergbau neu angepflanzt wurde. Dass die ersten Ausgrabungen um 1900 zwar außergewöhnlich umfangreich waren, aber auch nicht besonders wissenschaftlich. Hier ging es vor allem darum, die Museumsvitrinen zu füllen. Für Otto Prein, den ersten Initiator, stand die Suche nach Aliso, dem sagenhaften Kastell in Verbindung mit der nicht weniger sagenhaften Varusschlacht an erster Stelle.
Spannend sind auch die neueren Recherchen. Mit Hilfe von Mathematikern hat das Museumsteam die 56 Hektar große Fläche genauer unter die Lupe genommen und festgestellt: Hier wären mehr Legionen untergekommen als bisher auf Basis der uralten Historiker-Berechnungen angenommen wurde. Rund 20.000 Soldaten hätten hier Platz gefunden. Die Legionen waren höchstwahrscheinlich kleiner und in der Größe schwankender, als die älteren Forschungen postulieren. Das Oberadener Römerlager ist jedenfalls nicht nur das größte nördlich der Alpen, sondern auch das zweitälteste erforschte. Und hier hat sich in wenigen Jahren von 11 bis 8/7 v. Chr. Wichtiges abgespielt rund um die römischen Eroberungszüge unter Drusus gegen die Sugambrer. Die Mauerreste sind im Gelände noch als sanfte Hügel zu sehen. Auch hier ist genaues Hinsehen gefragt – und Rücksichtnahme.