BI L821n NEIN schreibt Mail an NRW-Ministerpräsident Laschet

Unten stehende Mail hat Anja Lenz von der BI L821n NEIN an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, die Bezirksregierung Arnsberg sowie den Landesbetrieb Straßen NRW versendet.

Vorab erklärt Lenz in einer Mail: „Das Entwässerungsproblem und die fehlende Planungen sind schon lange bekannt, im August soll die Straße gebaut werden. Das wird ein neuer Fall für die Reformkommission „Bau von Großprojekten“, die Schwachstellen indentifiziert, darunter den verbreiteten Verzicht auf ein angemessenes Risikomanagement „politisch motivierter Baukostenschätzungen“ und Ausschreibungen von nicht voll durchgeplanten Vorhaben: Die L821n kann sich vielleicht bald an dieser Stelle einreihen. Hier ist die Öffentlichkeit und politischer Verstand gefragt, um dies zu verhindern.“

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Zusendung der Entscheidung zum beantragten Planänderungsverfahren zum Bau der L821n. Die Bezirksregierung Arnsberg ist gemäß § 39 StrWG die zuständige Behörde für Planfeststellungsangelegenheiten. Die von Ihnen als unwesentlich angesehene Planänderung betreffend den 1. Bauabschnitt der L821n (Straßen NRW hat mit Schr. V. 6.3.19 nur die Unterlagen für eine geänderte Entwässerung im 1. Bauabschnitt zwischen der L654 und dem asphaltierten Feldweg südlich des Hauptfriedhofs vorgelegt), den wir bislang auch nicht als problematisch eingestuft haben und den sie nach Prüfung als unwesentlich betiteln und somit von der Durchführung eines erneuten Planfeststellungsverfahrens absehen. Selbst in diesem unproblematischen Bereich war die bisher geplante und planfestgestellte Versickerung in Teilbereichen nicht möglich und muss nun durch Rückhaltemuldensysteme mit Abflussrigolen ersetzt werden.

Das Straßenbauprojekt L821n umfasst allerdings auch den 2. Bauabschnitt, dessen Entwässerungsberechnungen anscheinend weiterhin nicht auf aktuellen Erkenntnissen beruhen. Der weitaus größere Teil der Entwässerung der Straße aus nördlicher, sowie südlicher Richtung, wird genau diesen besonders sensiblen Bereich des ausgewiesenen Überschwemmungsgebiets treffen. Straßen NRW hat aufgrund unseres Drucks zugeben müssen, dass sie die Hochwassersituation nicht berücksichtigt haben und nachbessern müssen. Wir gehen davon aus, dass für den 2. Bauabschnitt die Planungsgrundlagen hinsichtlich der hydraulischen Berechnungen zur Entwässerung der Straße derzeit weiterhin nur die Regenereignisse bis ca. 1992 berücksichtigen. Somit können die in den letzten Jahren vermehrt und deutlich intensiveren Regenereignisse nicht in die Planungen eingeflossen sein. Des Weiteren basiert die z. Zt. noch gültige und aktuelle hydraulische Berechnung darauf, dass die geplanten Mulden- und Rigolen-Systeme d. Gr. n. allesamt miteinander verbunden sind und entsprechende Notüberläufe in planmäßig dimensionierten Rohrleitungen zur Einleitung in das Entwässerungssystem Kuhbach zwingend vorzusehen sind, u. a., da ja bekanntermaßen die Versickerungsfähigkeit des Geländes als gering einzustufen ist (Siehe Änderungen im 1. Bauabschnitt). Eine natürliche Entwässerung in Gänze der neu hinzukommenden versiegelten Flächen war zum Zeitpunkt der damals laufenden Planungen ohne Berücksichtigung der aktuellen Regenereignisse schon nicht möglich. Gegenüber der ursprünglichen Planung werden sich weiterhin vermehrt Regenereignisse mit höheren Niederschlagsmengen ergeben. Dies sollte u. E. unbestritten sein, da wissenschaftlich hinterlegt. Auch die Intervention von Straßen NRW, dass das Überschwemmungsgebiet erst nach der Planfeststellung definiert wurde, rechtfertigt unseres Erachtens die Nachlässigkeit in der Planung nicht, denn es gibt öffentliche Nachweise aus dem Jahr 2013, in denen der Kuhbachbereich als Hochwasser-Risikogebiet deklariert wurde. Jedes Bauprojekt wird nach anerkannten allgemeinen Regeln der Technik abgenommen. Wir meinen, wenn die Planungsgrundlagen für alle Bauabschnitte nicht stimmen, dann entspricht das Bauwerk nicht den Regeln.

Da Sie in Ihrem Schreiben auch nur den 1. Bauabschnitt behandeln, müssen wir davon ausgehen, dass die rechtlich maßgebenden Details nicht in ausreichender Genauigkeit dargestellt werden. Wir halten diese Vorgehensweise für äußerst bedenklich, zumal dieses Projekt ein erhebliches Investitionsvolumen beinhaltet und für die Realisierung derartiger Projekte werden zusätzlich notwendige, bisher nicht einkalkulierte, Maßnahmen bekanntlich die Kosten weiter in die Höhe treiben. Grundsätzlich muss eine Entwurfsplanung bereits den Status einer technisch realisierbaren „Möglichkeit zur Ausführung“ vorweisen. Dies ist hier nicht gegeben, die aktuelle Entwurfsplanung bzw. die dem Planfeststellungsbeschluss anhängigen Unterlagen sind in der Form nicht ausführbar.

Zudem vor der öffentlichen Ausschreibung des Bauvorhabens (die laut Pressemitteilungen schon erfolgt und vergeben ist) die vollständigen Vergabeunterlagen aufgestellt vorliegen müssen und der Baubeginn trotz der fehlenden rechtlichen Details bereits im August 2019 starten soll.

Wie man der Presse entnehmen kann, hat bereits die Reformkommission „Bau von Großprojekten“ des Bundesverkehrsministeriums zahlreiche Schwachstellen identifiziert, darunter den verbreiteten Verzicht auf ein angemessenes Risikomanagement „politisch motivierter Baukostenschätzungen“ und die Ausschreibung von nicht voll durchgeplanten Vorhaben. Diese Aussage passt unserer Einschätzung nach auch zum vorliegenden Projekt L821n.

Uns erscheint die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit des Planfeststellungbeschlusses zur Straße L821n aus v. g. Gründen äußerst fraglich.

In dem Zusammenhang möchte ich Sie auch noch über zwei weitreichende Neuigkeiten informieren.

  1. Die Europäische Kommission klärt z. Zt. die Rechtmäßigkeit des Bauprojekts L821n
  2. Die Stadt Bergkamen hat im Juni 2019 sich per Ratsbeschluss mit großer Mehrheit gegen den Bau der L821n positioniert und eine entsprechende Resolution an das Verkehrsministerium NRW geschickt.

Des Weiteren stehen wir mit dem Ihnen bekannten Fachanwalt für Verwaltungsrecht Wilhelm Achelpöhler in Verbindung, bezüglich der von der Bezirksregierung Arnsberg abgelehnten Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses im 1. Bauabschnitt und der bis heute noch nicht erfolgten weiteren Beantwortungen seines letzten Schreibens zur Akteneinsicht. Ein mögliches Klageverfahren steht auch hier noch im Raum.

Wir appellieren mit Nachdruck an alle prüfenden und entscheidenden Instanzen, den in dieser E-Mail von uns dargestellten Sachverhalt in aller Konsequenz verantwortlich zu untersuchen, entsprechend verantwortungsvoll zu urteilen und letztendlich in diesem Sinne auch zu handeln.

Wir bitten um Stellungnahme bis zum 09.08.2019 und verbleiben,

Herzlichst
Anja Lenz
BI L821n NEIN