Bergkamener Kinder halten Hunderte von Lichtern für die Kinderrechte hoch
Es sind kaum zwei Stunden vorbei, da sind schon alle Stationskarten vergriffen. Langes Anstehen ist an den zehn Stationen für Kinderrechte gefragt. Der Bratwürstchengrill läuft fast heiß. Das Waffeleisen ebenso. „Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet“, sagen Arno Vogt und Christian Stork vom Stadtjugendring und halten fast gleichzeitig eine Girlande fest, die im heftigen Wind davonzufliegen droht. „Jedenfalls nicht bei dem Wetter“, schicken sie mit einem Lachen hinterher. Es drängen sich gerade gut 300 Kinder auf dem Stadtmarkt und drumherum.
Der Nachholtermin für das große Fest zum Weltkindertag ist ohne Zweifel ein voller Erfolg. Alle wollen in die Hüpfburg, alle wollen mit dem Feuerwehrschlauch das Ziel treffen, alle wollen im Stadtwald zu mutigen Superhelden werden. Jeder will ein Licht für Kinderrechte mit nach Hause nehmen, das in vielen verschiedenen Versionen überall gebastelt und gemalt werden kann. Vielleicht liegt es auch daran, dass alle so lange warten mussten. „Es ist die erste Aktion vom Stadtjugendring für Kinder seit zwei Jahren – seitdem hat Corona alles unmöglich gemacht“, erzählen der Geschäftsführer und der 1. Vorsitzende. „Eine lange Durststrecke. Wir haben uns alle darauf gefreut, dass jetzt endlich wieder etwas möglich ist.“
Und wie wieder etwas möglich ist. Zum ersten Mal macht die Jugendfeuerwehr mit bei dem Großereignis. Zum ersten Mal die Preinschule. Zum ersten Mal ist auch die Stadtbibliothek dabei. Die Planung lief dennoch zu 90 Prozent digital – coronabedingt. „Wir sind umso stolzer, dass wir mit den Mitgliedsvereinen, Verbänden, den Kitas und Schulen ein derartig vielfältiges Angebot auf die Beine stellen konnten.“ Noch dazu wollen alle mithelfen. Gut 60 Freiwillige packen an den Ständen mit an, schleppen die Requisiten, Spielzeuge, Materialien, kochen, braten, brutzeln, organisieren, rennen, laufen, sitzen, schminken, trösten, lachen, feuern an. Sie tanzen sogar: Die Schreberjugend veranstaltet mitten im Getümmel einen Tanzworkshop.
Von der Südsee in den Wald der Superhelden
In der Stadtbibliothek schnell ein Selfie am Südseestrand machen, ein brandneues Buch lesen und ein tolles neues Spiel ausprobieren. Dann den Riesenwürfel über den Platz kullern, ein Licht für Kinderrechte basteln, eine Waffel dazwischen schieben, in der Hüpfburg alles geben, im Feuerwehrauto spannende Welt entdecken, ein Tänzchen einlegen und sich todesmutig mit knallbunten Zaubertränken stärken, bevor die Hand in unbekannte Kistenwelten eindringt. Schnell den eigenen Namen festnageln, die Weltkugel erobern und zum stärksten Kind der Welt mit der Hantel werden. Wer kann sowas schon in kürzester Zeit auf kleinstem Raum erleben?
Viele Kinder haben keine Chance dazu. Denn in all dem stecken eine ganze Menge Kinderrechte. Das Recht auf Beteiligung, wenn am Stand des Bürgermeisters gefragt wird, was sich Kinder am meisten wünschen. Ein Jugendzentrum in Bergkamen-Mitte, bessere Fußballplätze, mehr Kontrollen im Wasserpark und Essen für alle Kinder, zum Beispiel. Das Recht auf Fürsorge, Bewegung und Bildung, das Recht auf Schutz, Spiel, gewaltfreie Erziehung, freie Meinung, Unterstützung und Gesundheit ebenso. Das sind nur ein paar von vielen Rechten, die Kinder haben – theoretisch. Praktisch haben es die wenigsten, wenn man den ganzen Globus betrachtet und auch manchen Winkel in unserem Land. Deshalb sind Tage wie dieser und geballtes Engagement umso wichtiger.