Autobahnpolizei stoppt russischen Sattelzug: Bremsschläuche mit Klebeband „repariert“

Ein russischer Sattelzug und dessen offensichtlich uneinsichtiger Fahrer beschäftigte kurz vor der Jahreswende die Beamten der Autobahnwache Kamen und deren Kollegen in Bautzen.

Laut Papiere war der Lkw mit 20 Tonnen Früchte am 28. Dezember auf der A1 unterwegs. Er fuhr über das Kamener Kreuz, passierte die Abfahrt Kamen-Zentrum und bog dann am Kreuz Dortmund-Unna auf die A44 in Richtung Kassel ein. Der Sattelzug fiel auf, weil er mit 40 km/h über die Autobahn schlich. Andere Kapitäne der Landstraße hatten sich dann bei der Autobahnpolizei über dieses „rollende Hindernis beschwert.

Kurz vor dem Kreuz Unna-Ost konnte auf der A44 ein Streifenteam der Autobahnpolizei den beschriebenen Sattelzug sichten. Dieser fuhr mit eingeschalteten Warnblinkern, mit geringer Geschwindigkeit und deutlicher Schräglage über die Autobahn. Die Beamten leiteten den Lkw von der Autobahn in ein nahgelegenes Industriegebiet.

Hier staunten die Beamten nicht schlecht. Die Überprüfung des Sattelzuges zeigte, dass an der rechten Seite des Aufliegers auf der mittleren Achse das komplette Rad fehlte. Gleichzeitig die Ursache für die deutliche sichtbare Schräglage. Offenbar hatte es hier einen Reifenschaden gegeben. Vermutlich waren dadurch die Luftzuleitungen des Bremszylinders beschädigt worden. Diese waren vom Zylinder abgeschraubt und behelfsmäßig mit Klebeband abgedichtet worden. Weiterhin war auf der rechten Seite der Hinterachse ein Rad montiert, welches offensichtlich nicht dorthin gehörte. Der Reifen stand samt Felge deutlich seitlich über den Fahrzeugumriss hinaus.

Somit lag die Vermutung nahe, dass zunächst dieser Reifen platzte und der Fahrer das nicht passende Reserverad der Zugmaschine auf die dritte Achse des Aufliegers montierte. Als nächstes platzte offenbar der Reifen auf der zweiten Achse und beschädigte die Bremsschläuche. Da kein Reservereifen mehr zur Verfügung stand, demontierte der Fahrer wohl das gesamte Rad, dichtete provisorisch die Luftleitungen ab und setzte seine Fahrt fort.

Weiterhin wurde festgestellt, dass die Bremsklötze auf der linken Seite, dritte Achse, komplett verschlissen waren. Die Felge war mit frischem und rostigem Metallabrieb bedeckt. Die Oberfläche der Bremsscheibe war auf der Außenseite auf kompletter Breite und auf der Innenseite zur Hälfte stark aufgerissen. Dies zeigt deutlich, dass hier die Trägerplatte des Bremsklotzes Kontakt zur Bremsscheibe hat. Da die Felge schon deutlich auch mit rostigem Metallabrieb bedeckt war, muss dieser Zustand zumindest schon gewisse Zeit vorgelegen haben.

An beiden Bremsscheiben der Zugmaschine (Vorderachse) und an mindestens zwei Bremsscheiben des Aufliegers war deutliche Rissbildung festzustellen. Diese waren vom Zustand her als grenzwertig einzustufen. Weiterhin war durch die Beamten im vorderen rechten Bereich der Zugmaschine deutlicher Druckluftverlust hörbar.

Der Sattelzug war, gemäß der Ladepapiere, mit ca. 20 Tonnen Früchten beladen.

Durch die langsame Fahrt des Sattelzuges auf der Autobahn kam es zu einer riskanten Behinderung des nachfolgenden Verkehrs. Aus Gründen der Sicherheit für sich und andere hätte der Fahrer den Lkw auf kürzestem Weg von der Autobahn entfernen müssen. Er fuhr jedoch nachweislich an mindestens zwei Abfahrten vorbei (Kamen-Zentrum und Unna-Zentrum).

Die Montage eines unzulässigen Rades, welches auch noch deutlich seitlich übersteht, kann allenfalls für das Verlassen eines Gefahrenbereiches als zulässig angesehen werden. Gleiches gilt für das Abklemmen und provisorische Abdichten der Bremsschläuche. Hätte die „Reparatur“ mittels Klebeband nicht gehalten, wäre es während der Fahrt zum plötzlichen Druckluftverlust und somit zum Liegenbleiben des Sattelzuges mitten auf der Autobahn kommen. . Aus all diesen Gründen untersagten die eingesetzten Beamten dem Fahrer die Weiterfahrt. Dazu wurden das Kennzeichen des Aufliegers, der zugehörige Zulassungsschein und die Ladepapiere sichergestellt.

Damit könnte dieser Sachverhalt sein Ende gefunden haben. Doch weit gefehlt: Am Mittag des 30. Dezember erhielten die Beamten der Autobahnpolizeiwache einen Anruf aus Bautzen (!). Der dortige Beamte teilte den verdutzten Kollegen in Kamen mit, dass er einen russischen Sattelzug kurz vor polnischen Grenze kontrolliert habe. Dieser Sattelzug sei wohl aufgrund eines technischen Defektes liegengeblieben. Anstelle des amtlichen Kennzeichens war lediglich ein selbst gemaltes Nummernschild vorhanden. Der Fahrer des Sattelzuges händigte dem Kollegen in Bautzen eine Kopie des Sicherheitsleistungsformulars aus, das ihm die Kollegen aus Kamen während ihres Einsatzes ausgehändigt hatten.

Nun kümmert sich wahrscheinlich auch ein Sachverständiger um den Zustand des Sattelzuges. Die Fahrt nach Hause dürfte sich so für den russischen Lkw noch etwas hinziehen.