Erste Kulturpicknick füllt (fast) den letzten Winkel im Römerpark

Die Hände hoch: Die Bergkamener brauchten im fast schon überfüllten Römerpark keine spezielle Aufforderung.

Das war nun wirklich ein Kurzurlaub! Und was für einer! Der Römerpark verwandelte sich beim ersten Kulturpicknick der Saison in einen riesigen Strand für die ganze Familie. Picknickdecken und Strandstühle, wohin die Augen reichten. Es war fast schon schwierig, mittendrin zwischen Salaten, Kuchen und Snacks noch die Bühne mit den Akteuren zu erkennen. Die hatten für ein Rekordpublikum auch das passende Programm aus Comedy, Jonglage und A-Capella-Gesang dabei. Und das perfekte Hochsommerwetter.

Exquisite Auslagen konnten auf den Picknickdecken bewundert werden.

Randvoll gepackte Bollerwagen, überfüllte Fahrradanhänger, Picknickkörbe und Stühle unter den Armen: Die Bergkamener waren am Freitagabend mit Kind und Kegel Richtung Römerberg unterwegs. Längst hat sich herumgesprochen, dass die Kulturpicknicks ein echtes Sommerereignis sind. Plätze sind Mangelware für alle, die zu spät kommen. Die Atmosphäre: Einfach nur gut gelaunt und gelassen. „Greifen Sie ruhig zu!“, hieß es von den Picknickdecken, wenn Mitzuschauer erstaunt vor der eigenen Auslage anhielten. „Wir haben genug dabei!“ Im Sand der Arena hatten sich längst besonders begeisterungsfähige Fangruppen im jüngsten Alter gefunden. Sie begleiteten die Darsteller eskortenartig, wenn die sich jonglierend unter das Publikum mischten. Hunde bellten synchron zum Applaus. Und für die besonders spektakulären Darbietungen wurden auch das ausgelassene Spiel auf dem Spielplatz kurz unterbrochen.

Achtung, Comedy-Zauberei: Drop Bert brauchte keine Worte, um das Publikum zu begeistern.

Das Publikum war ausdrücklich zum Mitmachen angehalten. Und es ließ sich nicht lumpen: Engagiert wurde mitgeklatscht, mitgesungen, mitgetanzt, mitkommentiert und mitjongliert. Wenn der schlappe Teddybär zurück auf die Bühne geworfen werden musste, fehlte es nicht an Freiwilligen. Kegel flogen schnurgerade durch die Luft. Die Bergkamener haben eindeutig Artistenqualitäten. „Drop Bert“ gab als Vorprogramm aber auch alles, um seine Zuschauer in Stimmung zu bringen. Dafür braucht er nur hin und wieder echte Worte. Der Rest bestand aus Gebrabbel und abenteuerlichen Geräuschen aus der Beatbox. Die begleiteten ein clowneskes Gestolper mit Pseudo-Zauberei über die Bühne und ins Publikum hinein. Jede Reaktion wurde in die Show integriert. Als am Ende fünf Kegel synchron durch die Luft flogen, hatte fast jeder Bergkamener daran mitgewirkt.

A-Capella-Kontrast mit dem ganz normalen Alltagswahnsinn

Die fünf Jungs von „Anders“ waren wirklich anders – mit richtig guter Musik.

Fast schon ein Kontrast dazu war die A-Capella-Boygroup „Anders“ aus Freiburg. Auch sie begeisterten mit ungewöhnlichen Geräuschen zu lupenreiner Sangeskunst. Die Liedtexte waren aber zunächst vordergründig romantisch und melancholisch, wenn sie „Schau mir in die Augen“ sangen oder „Du fehlst!“ beklagten. Es gipfelte jedoch stets in einer satten Portion Selbstironie und entpuppte sich als ganz normaler Alltagswahnsinn, was dort Hip-Hop-mäßig durchexerziert wurde. Jede fühlte sich angesprochen, wenn „Unangenehmes“ am Fließband ausgepackt wurde und alles mitsingen konnten. Oder wenn die Feiernerds ihren Eigenbrötler zur Party überredeten. Und wenn sich die Welt der Probleme nicht nur im Wartesaal frei entfaltete. Tosenden Applaus gab es für Solo-Einlagen mit der Beat Box, die als Mitmach-Übung getarnt waren.

Auch Gesang auf der Bühne kann actiongeladen sein.

Alle Hände waren in der Luft, wenn mitgeklatscht werden sollte. Dazu musste eigentlich niemand konkret aufgefordert werden. Die Bergkamener waren so gut gelaunt, dass sie selbst den Takt vorgaben. Auch wenn in dem Getümmel der eine oder die andere verloren ging. Die tränenreiche Wiedervereinigung vom panisch verirrten Sohn, der seinen Papa und die richtige Picknickdecke nicht mehr wiederfand, wurde mit frenetischem Applaus belohnt. Mancher wischte sich verstohlen ein Tränchen aus dem Augenwinkel, als sich alle glücklich in die Arme fielen.

Das nächste Kulturpicknick auf keinen Fall verpassen: Am 26. Juli gibt es das „Wunschkonzert der Extraklasse“ – wieder mit „Drop Bert“ im Vorprogramm. Und: Es ist kostenlos!

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Frühmittelalterliche Krieger und Damen stellen sich und ihre Mode vor

Frühmittelalterliche Modenschau im Römerpark.

Geld gab es keins. Dafür reichlich Krieg und Waffen. Die Körbe wurden aus Brennnesseln, Schwertlilie oder Brombeere geflochten. Die Wolle färbte der Verwandte des Waldmeisters tiefrot. Und in der Schmiede konnte der Arm schonmal lahm gelegt werden, bis genug Luft in die Holzkohle gepumpt wurde, um das Eisen für Messer und Drechsel zu erhitzen. Im Frühmittelalter war das Leben alles andere als leicht. Aber es gab auch viele Parallelen zu heute. Davon konnten sich die Besucher am Wochenende mit eigenen Augen im Römerpark überzeugen.

Hausaltare waren auch im Frühmittelalter beliebt. Hier entsteht gerade einer.

Beispielsweise waren die Völker gehörig in Bewegung. Derjenige hatte die Macht, der am meisten Land besaß. Also gab es einen unablässigen Krieg und die Völkerscharen zogen kreuz und quer über den Kontinent – ​​und darüber hinaus. Migration der anderen Art. Und eine Vermischung der Kulturen, die einen regen Austausch bedeutet. Was heute die politischen Schlagzeilen prägt, ist also eigentlich nichts Neues – und hat es schon immer gegeben.

Beim Schmieden zählt nicht unbedingt die Kraft, sondern die Technik.

Merowinger, Franken, Burgunder, Bajuwaren: Das sind nur einige der Völker, die damals Schlagzeilen machten. Wie diese Menschen genau aussahen, zeigt vor allem die Archäologie und Funde aus Gräbern. Die Darsteller im Frühmittelalter-Camp haben alles, was sie am Leib trugen, diesen Funden nachempfunden. Oft haben Sie die Gürtelschnallen und Fibeln selbst gemacht, die Stoffe eigenhändig gefärbt und gewebt. Bei einer kleinen Modenschau zeigt sie den Zuschauern, was die Menschen kurz nach dem Verschwinden der Römer und der Verbreitung des Christentums taten.

Kulturvermischung und Kriegsmigration

Waffen prägt die Kleidung immer und überall.

Wer aus dem Thüringer Königreich stammte, war beispielsweise von Kopf bis Fuß für den Kampf vom Pferd aus ausgestattet – inklusive Bogen und Pfeilen, die besonders fiese Wunden hinterließen. Die Frauen trugen stets über die Jahrhunderte hinweg Schleiertücher und Mantelkleider. Und oft einen Gürtel, an dem alles baumelte, was die Frau für den Alltag brauchte – von Messer bis zum Kamm. Christliche Symbole wurden gleichzeitig mit Schmuck getragen, der noch an die heidnischen Zeiten angelehnt war. Die Franken kamen gar mit phrygischen Mützen, daher, die ursprünglich bei den Persern erfunden wurden – dort als lederne Variante aus der Haut von Ochsenhoden.

Von etwas Leben mussten auch die Menschen im frühen Mittelalter.

Auch die Dame und der Herr, deren Gräber vor einigen Jahren an der Autobahn in Bergkamen entdeckt wurden, stammten aus dem Frühmittelalter und hatten reichen Schmuck und Waffen als Beigaben im Grab. Vorbilder für die Modenschau waren auch Grabfunde aus Dortmund-Asseln oder dem nahen Dülmen. Ein spannender und anschaulicher Ausflug in die Zeit, der mit einer Präsentation der damaligen Waffen und Kriegskunst abgeschlossen wird.

Ausprobieren konnten sich die Besucher überall: beim Funkenschlagen und mit der steinzeitlichen Axt in der Steinzeit-Ecke oder am Blasebalg der Schmiede, in der zukünftig die Ausstattung der lagereigenen Werkstatt entstehen soll. Und das nächste Fest steht auch schon wieder kurz bevor, nach dem Drusus-Feriencamp vom 8. bis 11. Juli: Am 17. und 18. August wird das Mittelalterfest gefeiert.

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Erste Vereinsmesse startet ambitioniert

Rettung von Eingeklemmten aus einem Fahrzeug: Die Feuerwehr zeigte spektakuläre Rettungsarbeiten.

Luftig ging es in der Römerbergsporthalle zu. Bei der Premiere der Vereinsmesse am Samstag blieb noch viel Platz für Aussteller. Anstelle der ursprünglich angemeldeten 21 Vereine kamen krankheitsbedingt nur zwölf. Und auch die Besucher ließen zumindest am Vormittag noch auf sich warten.

Gar nicht so leicht: Mit der Rauschbrille war es ganz schon knifflig, am Stand des blauen Kreuzes den Schlüssel ins Schloss zu bekommen.

Dabei entsprang die Idee ambitionierten Zielen. „Wir hören von den Vereinen immer wieder, dass der Nachwuchs fehlt und auch das ehrenamtliche Engagement Mangelware wird“, schildert Nicole Czyzmowski vom Vorstand des SPD-Ortsvereins. „So entstand die Idee für diese Vereinsmesse. Damit die Vereine ein Forum haben, um sich vorzustellen. Und damit die Leute sich über das Angebot informieren können.“ Vor allem den kleineren Gruppen und Vereinen soll die Messe die Möglichkeit bieten, auf sich aufmerksam zu machen.

Der Nachwuchs des Museumsfördervereins präsentierte sich mit am Stand.

Nachwuchs hat der Museumsförderverein einigen. Der kam auch gleich mit zur Vereinsmesse, um zu zeigen, wie viel Spaß das Engagement für die Bergkamener Geschichte machen kann. Neben dem Museum gibt es den Römerpark mit dem Nachbau der Lagerumwehrung. Hier sind nicht nur Darsteller für die verschiedenen geschichtlichen Epochen gefragt, sondern auch Aufsichten und Informationsangebot. Der Nachwuchs kommt aktuell vor allem aus den eigenen Reihen. „Meine Mutter arbeitet im Museum“, sagt ein junger Mann. „Meine Mutter steht hier neben mir uns ist schon lange im Förderverein“, sagt der andere. Ihnen macht es Spaß, zu helfen. Das schon von Kindesbeinen an. Und sie interessieren sich für Geschichte, auch wenn das Schulfach zugegebenermaßen weniger attraktiv ist.

Perücken und Schminkutensilien bei der Volksbühne 20.

Nachwuchs hat auch der Theaterverein Volksbühne 20 unter den insgesamt 87 Mitgliedern. Sogar eine eigene Jugendgruppe. Aber: „Die meisten unserer Mitglieder sind passiv. Und viele gehen auch mit Studium oder Berufsausbildung fort“, schildert das engagierte Trio am Informationsstand. „So ist es immer wieder schwierig, neue Mitstreiter zu finden, die sich auch aktiv einbringen.“ Nicht nur Schauspieler sind heiß begehrt. Auch Bühnenbauer und Techniker werden im Verein mit offenen Armen aufgenommen. Dabei muss man nicht unbedingt in den Verein hineingeboren sein. „Mein Vater hat vor einigen Jahren eine Anzeige gelesen und wir sind zusammen hingegangen. Er ist nicht so lange dabeigeblieben. Ich habe erst in der Jugendgruppe mitgemacht und die dann später übernommen. Es macht einfach riesig großen Spaß“, sagt eine junge Frau.

Früh übt sich: Ein junger Labrador schickt sich an, bald in den THW-Dienst einzutreten.

Das Bergkamener Vereinsleben hat eine Menge zu bieten. „Vieles davon kannte ich selbst nicht und war in der Vorbereitung der Messe baff erstaunt“, sagt Nicole Czyzmowski. Dazu gehört auch die Rheuma-Liga, die Erkrankte mit Wasser- und Trockenfunktionstraining unterstützt – und vielen wertvollen Informationen. „Es gibt 250 verschiedene Rheuma-Erkrankungen, alle sind unheilbar“, erläutert ein Vertreter am Stand. Auch der Sozialverband Deutschland hält vor allem Beratungs- und Unterstützungsangebot bereit, aber auch zahlreiche gemeinsame Aktivitäten in Gruppen.

Vor der Tür zeigte die Feuerwehr spektakulär, was bei ihnen zum Alltag gehört: Das Aufschneiden eines verunfallten Autos zur Rettung von eingeklemmten Personen. Direkt nebenan bereitete sich ein junger Labrador darauf vor, sich später einmal in einen THW-Einsatzhund zu verwandeln. Das THW-Hundegeschirr steht ihm schon gut. Kostenloses Kuchenbüffet, Bratwurst und Getränke, Mitmachaktionen an den Ständen: Die erste Mitmachmesse kam ambitioniert daher und braucht wohl noch etwas Mundpropaganda, bis sie sich wirklich herumgesprochen hat. Ziel ist es, die Messe regelmäßig anzubieten. Doch zunächst wird gemeinsam Bilanz gezogen.

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Von 6,5 bis 376 PS: Oldies legen bewunderten Stopp in der Marina ein

Anhalten und Aufgabe lösen: Die Marina Rünthe war nur ein kurzer Stopp auf der Rallye von zwei- und vierrädrigen Oldies.

„Oh!“, riefen einige. „Ah!“, entfuhr es anderen. Sie vergaßen den Regen und stürmten ungebremst an die Absperrungen auf dem Hafenplatz in der Marina. Hier rollte gerade ein Oldtimer nach dem anderen in die Boxen vor grauer Hafenkulisse. Mancher musste erst einmal hektisch mit dem nächsten Regenguss das Verdeck seines offenen Gefährts herunterklappen. Da spielte die Aufgabe, die es hier beim 17. ADAC Oldtimer Classic zu lösen galt, kurzfristig keine Rolle mehr.

Auf das Detail kam es bei vielen Gefährten an. Dieser Käfer hatte auch stilechtes Gepäck dabei.

Bergkamen war nur ein Gastspiel auf der rund 100 km langen Tour mit 23 Stationen und verschiedenen Aufgaben. Ausrichter war der MSC Bork. 100 Teilnehmer waren dem Ruf gefolgt, auch wenn das Wetter nicht gerade einladend und oldtimerfreundlich war. Motorräder und Automobile starteten in jeweils einer Minute Abstand in verschiedenen Klassen an der Startlinie in Waltrop. Über Lünen, Selm und Heil ging es wieder zurück. Nach einem guten Frühstück, versteht sich. Und mit einer Mittagspause auf dem Hof Keinemann in Rünthe.

In manches Fahrzeug wären viele Bewunderer gern eingestiegen, um mitzufahren.

Ralf Bilke und Karin Luicke bereiteten den Hafenplatz für die Ankömmlinge vor und hielten die Aufgabenzettel bereit. Die hatten es in sich: Gleich mehrere Fotos von Fahrzeug-Cockpits waren abgebildet. Die Teilnehmer mussten möglichst viele davon fehlerfrei dem richtigen Fahrzeug zuordnen. „Das könnte ich selbst auf Anhieb nicht“, sagt Ralf Bilke und lacht. Aber darauf kommt es am Ende auch nicht an, sondern auf den Spaß am betagten Gefährt und auf die Freude an der gemeinsamen Ausfahrt.

Auch optisch machten die Gäste etwas her bei leider sehr durchwachsenem Wetter.

„Damit haben wir früher Bier ausgefahren!“, ruft ein Zuschauer verzückt, als ein DKW um die Kurve kommt. Das mintfarbene Fahrzeug ist außer Konkurrenz und zieht dennoch gleich eine Traube von Schaulustigen magisch an. Kurz darauf dröhnt die Erde. Ein knallroter Renault Alpine rollt auf den Hafenplatz. Es ist ein optisch und akkustisch begeisterndes Schaulaufen. Austin Healey, Triumph TR3A, MG Baujahr 1948, DKW oder die meterlange Citroen 11 CV Limousine mit 56 PS und 1900 ccm: Mit offenen Mündern ist mancher umgehend schockverliebt. Oder erzählt von den eigenen Erlebnissen mit dem einen oder anderen Gefährt.

Schnell das Verdeck schließen: Der Regen kam immer mal wieder dazwischen.

Den Käfer in den verschiedensten Ausführungen haben viele noch leibhaftig erlebt. Aber auch 6,5 PS konnten immense Begeisterung auslösen – auf 2 Rädern als Gritzner-Kayser 150F, Baujahr 1953. Wie ein VW Bulli mit 30 PS 1959 den Einsatzort als Feuerwehrwagen erreichte, darf der Fantasie überlassen werden. Vom Goggomobil über die Isetta bis zum Porsche und Dodge reichten die liebevoll gepflegten Stars. Es gab eine Klasse für Motorräder und 5 für Automobile: bis 1955, bis 1965, bis 1975, bis 1985 und bis 1991.

Auch Bergkamener waren dabei mit einer Honda CB 400   Baujahr 1982, mit einem Willys-Overland Baujahr 1943, einem Mercedes W 123 280CE Baujahr 1983 und einem Mercedes 190 E Baujahr 1988. Sogar aus Bremen kamen Anmeldungen. Die Schirmherrschaft hatte übrigens Ina Scharrenbach, NRW Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung.

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Wegmarke „Menschenbilder“ blickt vor und hinter die Gesichter-Fassaden

Gut besuchte Eröffnung der Jahresausstellung der Künstlergruppe sohle 1 in der gleichnamigen neuen Galerie: Es zählte nicht nur erste Blick.

In der neuen Galerie „sohle 1“ durfte man am Sonntag dem ersten Eindruck nicht immer trauen. Bei der Jahresausstellung der Künstlergruppe kam es oft auch auf den zweiten und dritten Blick an. Auch wenn es sich um Porträts und Menschenbilder handelte: „Wir sehen immer nur das Bild eines Menschen, nicht den Menschen selbst“, mahnte Dr. Heinrich Th. Schulze-Altcappenberg bei der Einführung. Und der stv. Bürgermeister Kay Schulte stellte fest: „Bei Bildern geht es immer um das schnelle Reagieren – und wir es spielen Empathie, Sympathie, Abneigung oder Vorwissen eine Rolle.“

Porträts aus Pixeln: Hier musste der Betrachter mehrfach genau hinsehen.

Aus der Nähe waren es nur unzählige Pixel. Wer ein paar Schritte zurücktrat und einen zweiten und dritten Blick riskierte, vor dessen Auge formten sich langsam ganz andere Szenen. Graffiti aus anderen Welten waren hier abgebildet. Porträts der eigenen Art. Was der Betrachter zuerst zu sehen glaubte, verwandelte sich aus einer anderen Perspektive. 1998 fand die erste Jahresausstellung als „Wegmarke“ statt. Damals unter dem Motto „Visitenkarten“. Jetzt sind es Porträts und die sind ganz dicht dran an dem ersten Thema.

Auch kurz vor der Eröffnung wurde noch ein letztes Mal Hand an die Kunstwerke gelegt, um sie ins rechte Licht zu rücken.

Dabei war es die zweite Jahresausstellung in den neuen Räumen des Museums, das noch immer nicht vollständig umgebaut ist. Zum letzten Mal mit Simone Schmidt-Apel als Kulturreferentin. Anders als in den alten Räumen versammelten sich die vielen Gäste nicht mitten zwischen den Kunstwerken für die Ausstellungseröffnung. Sie mussten die ersten Eindrücke aus den Ausstellungsräumen mit in den Vortragsraum nehmen und konnten nur durch eine offene Tür einen Blick auf die weit entfernten Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Drucke und Collagen erhaschen. „Wir sind gespannt, welche Eindrücke sich in unseren Köpfen am Ende mit dem Gesehenen decken, ergänzen oder verändern“, so Silke Kieslich vom Vorstand.

Gastkünstlerin aus der Ukraine

Auch auf die Perspektive kommt es bei dieser Wegmarke an.

Besonders eindrücklich waren die Porträts der Gastkünstlerin Anastasila Kononko. Die Ukrainerin hat in ihrer Heimat und bei ihren Reisen Menschen porträtiert und ihnen die Fotos geschenkt. Darunter auch ihre erste Lehrerin. Das Porträt selbst bildete sie stets noch einmal mit den Porträtierten ab. So entstand zusätzlich ein Bild im Bild. Ein interessantes Spiel mit Realitäten, die – egal ob in der kriegsgebeutelten Ukraine oder in Indien – besondere Assoziationen und Hintergrundwissen in die Beurteilung des Bildes einfließen lassen.

Angeregte Gespräche in den Ausstellungsräumen.

Nicht verabredet war die Abbildung des fremden, anderen Menschen in vielen Bildern, was sich schließlich zum Leitthema entwickelte. Wie immer gab es Werke, die unmittelbar für das Thema entstanden. Andere waren wie ein Porträt aus Serpentin schon vor 30 Jahren unter dem Einfluss der Begegnung mit einer Künstlergruppe in Afrika entstanden. Andersherum entwickelten sich mit ähnlichen Stillagen völlig andere Aussagen. „Die einzigartige Individualität des Menschen wird gezeigt – und die Tatsache, dass der Mensch selbst unbestimmbar bleibt“, so Schulze-Altcappenberg.

Buck Wolters begleitete die Ausstellungseröffnung mit der Gitarre.

Von Porträts einiger Berühmtheiten über Frauenporträts bis zu einbandagierten Köpfen oder abstrakten Körpern aus Holzelementen: „Es ist nur momenthaft, was wir sehen – der Schaffensakt und unsere Vorstellung vom gezeigten Menschen bzw. die des Künstlers.“ Wie viel mehr noch hinter dem vordergründigen Blick auf das Porträt steckt, zeigt eine kritische Auseinandersetzung mit der philosophischen Behauptung Blochs, der im menschlichen Gesicht die „einzige Sprache, die jeder versteht“ sieht. „Sehen wir wirklich, was wir sehen?“, fragte Schulze-Altcappenberg und warf das Pokerface Putins, das maskenhafte Lächeln des chinesischen Staatschefs oder das viel zu freundliche Gesicht der kundenorientierten Verkäuferin in die Waagschale.

Ob man dem Bild eines Menschen überhaupt trauen und hinter die Fassade schauen kann: Diese Beurteilung bleibt jedem selbst überlassen. Der Besuch dieser Wegmarken-Ausstellung hilft bestimmt dabei und bietet hervorragende Beispiele, gleich in mehrere Dimensionen abzutauchen.

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Kindertagespflege feiert Jubiläum und Bergkamener Erfolgsgeschichte

Eine starke Gemeinschaft: Alle Mitstreiter des Vereins Familiäre Kindertagesbetreuung.

Sie gehörten zu den ersten in der Region, die sich der Kindertagespflege organisiert und strukturiert annahmen. „Wir wurden damals schon mit viel Skepsis beobachtet“, erinnert sich Elke Middendorf, eine der Mitbegründerinnen des Vereins „Familiäre Kinder-Tagesbetreuung“. „Und wir mussten ganz schön kämpfen. Die ersten Qualifikationen führten wir mit Bekannten, Freunden und vielen Ehrenamtlichen durch.“ Das ist jetzt 27 Jahre her und der Verein mit seinem breiten Qualifizierungsangebot längst nicht mehr wegzudenken. Grund genug zum Feiern.

Beim Jubiläumsfest auf dem Hof Middendorf waren die Glitzertattoos besonders begehrt.

Zumal die Kindertagespflege in Deutschland in diesen Tagen seit 50 Jahren existiert. Als sich am 1. Januar 1997 der Verein in Bergkamen gründete, gehörte er zu den Vorreitern. „Niemand wusste so recht, wie das eigentlich geht“, erinnert sich Margarete Hackmann, die zweite Mitgründerin. Die VHS bei der professionellen Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern mit ins Boot zu bekommen, war auch nicht leicht. „Die wollte zunächst nicht“, weiß Elke Middendorf noch. Viele Gespräche und Überzeugungsarbeit waren nötig, stets kritisch beäugt von der Politik. Heute wissen alle von der Stadtverwaltung bis zum charitativen Mitstreiter, was sie am Know-how und dem unermüdlichen Engagement des Vereins haben.

Es gab viele spannende Spielstationen für die Kinder.

„Ziel war es immer Familien zu unterstützen, besonders in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, sind sich alle im Rückblick einig. Zumal es für Eltern immer noch schwierig ist, einen Platz in Einrichtungen zu ergattern. Es ging überhaupt erst darum, die Kindertagespflege als gleichrangige Alternative zum Besuch eines Kindergartens zu etablieren. Dazu gehörte auch eine qualifizierte Ausbildung aller, die heute neutral als „Kindertagespflegeperson“ bezeichnet werden – und die Etablierung von Qualifizierungsstandards.

50 Jahre Kindertagespflege in Deutschland

Lecker: Frische Bratwurst vom Grill.

In NRW betreuen heute 15.390 Kindertagespflegepersonen insgesamt 62.994 Kinder. In Bergkamen kümmern sich aktuell 45 Kindertagespflegepersonen um 190 Kinder. Die vom Verein angebotene Qualifizierung dauert 16 Monate, die letzte hat im März begonnen. Dort lassen sich gerade vier Personen ausbilden. „Im Bereich der Qualifizierung hat sich in den vielen Jahren unglaublich viel geändert“, schildert Geschäftsführerin Simone Pelzer. „Sie ist deutlich umfangreicher geworden, umfasst längst mehr als 300 Unterrichtsstunden.“ Qualifizierung nach QHB (Qualifizierungshandbuch) nennt sich das, was erst Ende 2022 zuletzt angepasst wurde. Die Anforderungen steigen laufend.

Begehrt war auch das Kuchenbüffet.

Viele Gründe, um das Erreichte ausgiebig zu feiern – natürlich mit den betreuten Kindern, deren Eltern und den Betreuungspersonen. So war es auf dem Hof Middendorf am Wochenende gehörig voll und umtriebig. Zahlreiche Spielstationen waren auf dem weitläufigen Gelände aufgebaut, wo sich die Kinder hingebungsvoll mit abwaschbaren Glitzer-Tattoos, Hüpfgeräten und Geschicklichkeitsspielen vergnügten. Es gab ein stattliches Kuchenbüffet, Bratwurst – und viel Zeit für den Austausch auch mit Ehemaligen. Und es gab auch lobende Dankesworte der Beigeordneten Christine Busch. Sie hob die große Bedeutung des Vereins für die Zusammenarbeit im Bereich der Kindertagesbetreuung hervor.

Die Jubiläumsfeier soll der Grundstein für zukünftigen regelmäßigen informellen Austausch sein.




Hafenfest endet mit Tango, Wasserski und Shantys

Farbenfrohe Formation bei der Wasserski-Show auf dem Kanal.

Schon mal Tango am Wasser getanzt? Oder sich die zur Reggae-Musik rot getanzten Füße von Wasserski-Nixen nass spritzen lassen, ein zünftiges Matrosenlied auf den Lippen? Am 3. und letzten Tag des Hafenfestes war das kein Problem. Hier ging es ganz und gar bewegt zu auf dem gesamten Hafengelände.

Etwas geschrumpfte Pyramide auf Wasserskiern und turbulentem Kanal-Wasser.

Wer hätte gedacht, dass sich die Folgen der Flut in Süddeutschland auch hier bemerkbar machen. Der Wasserskiverein Fuldabrück stand bei seiner Show auf dem Datteln-Hamm-Kanal zum ersten Mal überhaupt in diesem Jahr auf dem Wasser. Davor war durch Dauerregen und Pegel-Höchststände nur Theorie und Üben auf dem Trockenen möglich. Dass dann die eine oder andere Pyramide etwas kleiner ausfiel, weil Artistinnen schon an der Startrampe ins Wasser fielen, störte im Publikum niemanden. Jede der beeindruckenden Formationen bekam frenetischen Applaus, denn die Bedingungen waren alles andere als einfach. Es fegte ein stattlicher Wind über das Wasser und es bildeten sich nervöse Wellenteppiche. Mit guter Laune und farbenfrohen Darbietungen bewältigte die Truppe das besonders charmant.

Tango-Einlagen mit viel Charme

Hingebungsvolle Tango-Tänzer am Marina-Ufer.

Charmant war auch das, was sich im Innenhof des Hafencafés abspielte. Hier drehten sich mehrere Tanzpaare zu argentinischen Tangoklängen engumschlungen auf dem Marina-Pflaster. Ganz ähnlich, wie es in vielen Städten Trend ist: Romantisches Tanzvergnügen direkt am Wasser. Deutlich flotter ging es auf der Bühne der Hafenmeisterei zu. Hier zeigten die Tänzerinnen und Tänzer von „Dancers Home“, wie viel Akrobatik und Lebensfreude Choreografien zu aktuellen Hits zu bieten haben. Direkt dahinter erlebten die Reservisten der Bundeswehr ein ganz neues Interesse. Die aktuelle Weltlage und insbesondere die politische Diskussion in Europa über Wehrfähigkeit und Aufrüstung zog auch angesichts der Europa-Wahl viele Interessierte an den Stand.

Ganz schön schnell: Die Power-Boote zeigten, was ihnen steckt.

Richtige Power bahnte sich auch auf der anderen Hafenseite ihren Weg. Bis 30 PS reicht das, was manches der Eigenbauten der RC Powerboot-Freunde unter der Haube hat. Die Gefährte sind großen Vorbilder nachempfunden und fliegen im wahrsten Sinne mit bis zu 150 km/h über die Wellen. Spezielle Akkus liefern die gewaltigen Kräfte, die ca. einen Kilometer lang wirken. Den Zuschauern entwichen laute Rufe des Erstaunens, wenn der Hebel auf der Fernbedienung richtig durchgedrückt wurde. Seit gut 25 Jahren treffen sich die RC Powerboot-Freunde. Ihre Basis ist eine WhatsApp-Gruppe, die sich inzwischen bis weit über die Lünener Gründungsgrenzen herumgesprochen hat. Mitstreiter kommen aus dem Hochsauerlandkreis, Burscheid oder Haltern. Auch aus Bergkamen stammen die Eigentümer von Booten, die regelmäßig auf dem Horstmarer See zu Wasser gelassen werden.

Ebenfalls hingebungsvoll waren die Shanty-Chöre, die hochmoderne Varianten mit E-Gitarre präsentierten.

Tag 3 des Hafenfestes klang aus, wie er begonnen hatte. Mit viel Musik, prachtvollem Wetter, guter Laune und ausgelassenem Spiel der Kinder im GSW-Kinderparadies und Piratennest. Ein Höhepunkt war das Shanty-Chor-Festival, das mit seiner 22. Auflage eine große und treue Fangemeinde den ganzen Tag über vor der Bühne auf dem Hafenplatz versammelte. Ein tolles Festwochenende für die ganze Familie.

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Tag 2 des Hafenfest holt den maritimen Sommer in die Marina – und pralle Menschenmassen

Prachtvoller Anblick: Höhenfeuerwerk zum Abschluss des 2. Hafenfesttages in der Marina.

Einfach wieder aufstehen und weitermachen. Tag 2 des Hafenfestes zeigte auf vielfältige Weise, worauf es im Leben ankommt. Egal, ob man schon beim Start des Hafenlaufes umgerannt wird, mit dem Flyboard immer wieder ins Hafenwasser klatscht oder beim Fischerstechen schon 1 Sekunde nach der Starthupe von der Rampe fällt. Dafür bot das Marina-Gelände mehr als genug Gelegenheit bei prachtvollem Wetter und vollem Ansturm.

Startschuss für den Hafenlauf.

Auf dem Fahrradparkplatz wurde die Suche nach einer freien Stelle zur Schwerstarbeit. Beim Höhenfeuerwerk freien Blick zu erhaschen, war fast so schwierig, wie sich vor der Bühne beim Auftritt von „Burning Heart“ einzureihen. Endlich ein Hauch von Sommer, endlich wieder schönes Wetter: Alles strömte in den Rünther Hafen. Auch wenn sich dort inzwischen das meiste an Land statt auf dem Wasser abspielt. Für die früher so beliebten kreativen Bootkonstruktionen beim „Flying Dutchman“ finden sich keine Mitstreiter mehr. Wo früher Dutzende Drachenboote zum feuchtfröhlichen Wettstreit antreten, gab es jetzt nur noch fünf Anmeldungen. „Das ist zu wenig, damit können wir keinen Wettkampf anbieten“, so Karsten Rockel vom Stadtmarketing.

Action beim Fischersteche im Hafenbecken.

Das Fischerstechen hat immer noch seinen Reiz: Acht Mannschaften traten beim Balanceakt auf der Rampe an der Bootsspitze mit gepolsterten Lanzen gegeneinander an. Das Flying Board war heiß begeht, um sich mit gewaltigen Wasserdüsen in die Höhe zu schießen. Die Powerboote auf der anderen Hafenseite waren schon fast zu schnell, um ihnen mit dem bloßen Auge zu folgen. Auch in der Kinderunterhaltung ging es ganz schön rasant zu. Mit Bungee-Seilen schossen die Kinder unablässig in die Höhe, feuerten Bälle im Piratennest aus der Kanone ins Ziel oder tanzten sich mit den Akteuren auf der Bühne klitschnass im Takt nass.

Besinnliche Momente am Rande

Schiffstaufe vor der Hafenmeisterei.

Es gab aber auch besinnliche Momente. Etwa bei der Taufe des „Roten Johannes“, dem neuen Boot der DLRG. Nach über 30 Jahren hatte das alte Schiff unwiderruflich ausgedient. GSW und Stadt steuerten zu der Anschaffung eines neuen Exemplars bei, damit vor allem in der Marina alle sicher unterwegs sein können. Eingeweiht wurde das neue Boot gleich vor Ort mit einem christlichen Kurzgottesdienst, Segnung, klassischer Bootstaufe durch Bürgermeister und GSW-Chef und der Jungfernfahrt mit anschießenden Rundfahrten. Auch der Tauchcontainer bot entschleunigende Anblicke beim Auftritt der „Mermaids“, die mit Meerjungfrauenflosse elegant an den Scheiben vorbeiglitten oder DLRG-Rettern, die in aller Ruhe mit voller Tauchausrüstung eine Bergung bewältigten.

„Burning Heart“ bringt die Menge zum Kochen.

Unbestrittenes Highlight war aber der Auftritt der Lokalmatadoren von „Burning Heart“. Weit länger als vier Stunden lang brachten sie die dicht zusammengequetschte Menge auf dem Hafenplatz zum Kochen. Kollektiv sangen sich die Bergkamener selbst durch die Wartezeit bis zum Höhenfeuerwerk mit Stadion-Pyrotechnik-Gesängen. Das lohnte sich, denn diesmal entfalteten sich besonders beeindruckende Lichtgebilde synchron zur Musik am Himmel. Dass die Sicherheitskräfte gelegentlich aufkeimende oder bereits voll entfaltete Schlägereien am Rande schlichten mussten, gehört bei derartigen Menschenmengen inzwischen zum Alltag.

Dafür ging es in der Dunkelheit garantiert sicher im Pulk wieder nach Hause. Mit vielfältigen Eindrücken von einem rundum gelungenen 2. Hafenfesttag.

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Aktion beim Fischerstechen.
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Mit Bootsparade, Musik und Tanz: Hafenfest 2024 ist eröffnet

Gut gefüllt im prallen Sommer-Sonnenschein: Die Marina Rünthe füllte sich am Freitag stattlich zum Auftakt des Hafenfestes.

Ein tiefes, sattes Tuten. Ein hohes fröhliches Tröten. Ersatzweise auch eine Vuvuzela oder Fahrradhupe. Ob stolze Yacht, motorbetriebenes Schlauchboot oder mit Pedalen angetriebenes Kajak: Am Freitag schickten große und kleine Gefährte bei der Bootsparade zur Eröffnung des Hafenfestes lautstark Grüße in die punktgenau sommerliche Hafenluft. Oft genug auch mit stolzen Bergkamen-Fahnen geschmückt. Immerhin stand der Kapitän ganz oben an der Hafeneinfahrt und winkte jedem einzelnen der 28 Boote zu.

Bürgermeister Bernd Schäfer mit Kapitänsmütze bei der Begrüßung der „Abnahme“ der Bootsparade.

Die Kapitänsmütze stammte noch aus dem Fundus des Vorgängers, erfüllte aber voll und ganz ihren Zweck. Bürgermeister Bernd Schäfer war an Deck des Hafenbistros nicht zu übersehen und erntete begeisterte Fanfaren von unzähligen Schiffshörnern. Bundeswehr, DLRG, Feuerwehr, private Bootsbesitzer oder Yachtschule: Es war eine illustre Bootsparade zum Auftakt des Hafenfestes.

Ein vorbildlicher Sonnenuntergang sorgte für das passende Flair.

Tag 1 des Hafenfestes ist in der Marina Rünthe traditionell dem gemeinsamen Feiern und Flanieren am Wasser gewidmet. Auf den beiden Bühnen gab es handfeste Musik. Rundherum hatten die Buden und Wagen alles an kulinarischen Köstlichkeiten zu bieten, was zu einem fast sommerlich-maritimen Festauftakt gehört. Die Sonne gab jedenfalls alles und bot eine farbsatte Kulisse mit stattlichem Sonnenuntergang bei deutlich erwärmten Temperaturen. Endlich kamen T-Shirts und Sandalen zum Einsatz, auch für ein spontanes Tänzchen direkt vor der Bühne.

Die Boote bei der Einfahrt in die Marina.

Der Fahrradparkplatz war schon fast bis an die Kapazitätsgrenze gefüllt. Auch zu Fuß strömten unablässig die Besucher Richtung Hafenpromenade. Ganze Pilgerscharen waren auf allen Straßen rundherum unterwegs. Mit Kinderwagen und Hunden an der Leine ging es auf die beiden Plätze der Marina, wo sich der Sommer endlich mal wieder von seiner überaus freundlichen Seite zeigte. Ein gelungener Auftakt für das, was noch zwei Tage lang folgen soll.

Musik und Tanz samt DJ gab es auf der Hauptbühne.

Richtig rund geht es am Samstag mit randvollem Unterhaltungsprogramm vom Hafenlauf über Fischerstechen, Musik und Tanz, Kinderparadies und Piratennest bis zu Flyboard- und Powerbootvorführungen, Taucontainer, Unterwasserrugby und Mermaiding. Abends sind der Auftritt von „Burning Heart“ und das musikalische Höhenfeuerwerk die Highlights. Sonntag ist Familientag mit ökumenischem Gottesdienst, Shanty Chor-Festival und diversen Tanzvorführungen als besondere Akzente. Das ganze Programm gibt es hier.

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Kulturfest bewegt mit Musik und Literatur für Vielfalt und Menschlichkeit

Volle Zuhörereihen in der Ökologiestation beim Musikprogramm des Kulturfestes. Hier stehen die „Letzten Heuler“ auf der Bühne.

Dieser Anblick hätte ihn gefreute. Kunterbunt war der riesige Menschenauflauf auf der Ökologiestation am Wochenende. Menschen in indischen Saris mischten sich unter Besucher mit allen möglichen Hautfarben und aus den verschiedensten Herkunftsländern. Sprachen vermischten sich mit Musik und dem Duft exotischer Speisen. Viele hatten Friedenstauben auf die Haut gemalt oder einen Button mit einer Friedensbotschaft angesteckt. Genau das war die Vision von Karlheinz „Charly“ Röcher kurz vor seinem plötzlichen Tod.

Reinhard Fehling im Einsatz mit seinem Chor für seinen Freund Charly Röcher.

Dieser Traum ist am Samstag wahr geworden – Dank seiner vielen Freunde und Mitstreiter. Allen voran Reinhard Fehling. „Er hatte diese Idee von einem großen Kulturfest noch vorangetrieben. Er hat sich so vielfältig engagiert. Ein friedliches Miteinander und Menschlichkeit waren Charly ein großes Anliegen. Das sind wir ihm schuldig. Es ist ein bisschen sein Vermächtnis“, erzählt Fehling und seine Augen füllen sich dabei ein wenig mit Tränen. Deshalb hat er alle seine musikalischen Verbindungen spielen lassen, um Mitstreiter zu finden. Bilitis Naujoks von „Pro Mensch“ mobilisierte die vielen Freunde und Gesinnungsgenossen auf der literarischen Seite. So füllte sich ganz selbstverständlich ein Programm, das es locker mit einer Großveranstaltung aufnehmen konnte.

Der Aktionskreis „Wohnen und Leben“, von Charly Röcher selbst ins Leben gerufen, trat neben der Sparkasse, dem Multikulturellen Forum und den Lions Bergkamen als Sponsor auf.  Die Ökologiestation stellte die Location. So schloss sich der Kreis, den man als Lebenswerk bezeichnen könnte. Und auch die Stimmung passte zu dem, was Charly Röcher immer selbst vorgelebt hatte. Jeder hatte ein Lächeln auf den Lippen. Überall waren offene Arme, die unbedarfte Besucher sanft mitten ins Geschehen zogen. Genießerisch geschlossene Augen auf den Stühlen im großen Saal, wo sich ein Musikprogramm ans andere reihte. Herzhaftes Lachen und pures Entsetzen in den Gesichtern in dem kleinen Raum, wo ein Buch nach dem anderen von den Autoren persönlich vorgetragen wurde.

Von der Harfe bis zur BVB-Übertragung

Stand auch auf dem randvollen Programm des Kulturfestes: Eine ganz besondere Sufragetten-Ausstellung.

Die Harfe erklang hier ebenso wie jiddische Lieder und Klezmer-Musik oder Barbershop-Klänge nach Vorträgen von Nachwuchs-Bläsern. Bilitis Naujoks und Bernhard Büscher lasen ebenso aus ihren Büchern wie ihre Schützlinge vom Exilschriftsteller-Programm des Pen. Darunter auch Stella Gaitano, die ihre Zuhörer in die fast verwunschene und ebenso grausame Welt in Afrika mitnahm – mit allen Härten des Überlebens, aber auch den zauberhaften Momenten der Menschlichkeit.

Friedensbotschaften wurden auf die Haut gemalt.

Ein buntes Gemisch, das auch auf dem Außengelände die gute Stimmung multiplizierte. An den vielen Informationsständen gab es ebenfalls kunterbunte Einblicke in das Festmotto. „Vielfalt, Toleranz und Gemeinsinn“ spiegelten sich in bunten Büffets, in den Ergebnissen der Button-Maschine, den geschminkten Kunstwerken auf der Haut und sogar in den fair gehandelten Fußbällen. Denn auch dem Fußball-Abend wurde mit der Live-Übertragung des BVB-Spiels Rechnung getragen.

Vorher sorgte aber noch der Auftritt der „Letzten Heuler“ für einen Höhepunkt. Mit der Band „4 You“ und Hits aus den 50ern ging es nahtlos in den Champions-League-Event über. Das wiederum passte perfekt zum Appell des Abends: „Bewegt euch!“ Hoffentlich wird der auch über die Festgrenzen hinaus gehört, denn auch die anstehende Europawahl im Zeichen von skurrilen Erscheinungen von Rechtspopulismus und veränderten Kriegszeichen war den Organisatoren ein Anliegen.

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Mitreißende Worte gab es bei den Lesungen.
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Hollandmarkt verwandelt den Nordberg einen Tag lang in Klein-Nederland

Durfte auf keinen Fall auf dem Hollandmarkt fehlen: Käse aus Holland.

„Komm mal wacker her und probier. Echt lecker!“, lockt der Mann hinter Tausenden von Honigwaffeln mit deutlich niederländischem Akzent. An dem riesigen Fischstand muss niemand locken, da wird Kibbeling im Akkord frittiert. Die Fritjes tauchen nebenan gleich bergeweise ins Fett ein und die Schalen für die Frikandel sind im Dutzend vorbereitet. Es ist Hollandmarkt und der Nordberg zeigt, was er kann, wenn man ihn nur lässt. Hier ist stellenweise überhaupt kein Durchkommen mehr.

Wer sitzend essen wollte, der musste bei dem Andrang auf Fikandel und Co. schon mal warten. Es war voll, nicht nur auf dem Herbert-Wehner-Platz.

Bei fast sommerlichem Wetter machten sich alle auf den Weg. Stellplätze für Fahrräder waren Mangelware. Zu Fuß bildeten sich kleine Pilgerscharen aus allen Richtungen. Keine Frage: Der Nordberg hat eigentlich nur auf gut 40 Stände mit (fast) durchweg holländischen Angeboten gewartet. Die gesamte Bummelzone war voll mit Schirmen, Tischen und Verkaufswagen. Von der echt ledernen Tasche bis zum Schälmesser, von Blumenzwiebeln und ausgewachsenen Blütenpflanzen bis zum dampfend frischen Rosinenbrot aus dem Ofen reichte das kunterbunte Angebot.

Poffertjes waren nicht die einzigen Leckereien, die im Akkord zubereitet wurden.

Sogar wem ein Knopf abfiel oder die Hose vom vielen Herumlaufen herunterrutschte, dem konnte an einem Kurzwaren-Stand geholfen werden. Winzig kleine Kinderkleidung und riesenhafte Käse-Räder direkt neben endlos langen Weingummi und Gewürzreihen: Es war eine Augenweide, was sich unter praller Sonne alles offenbarte. Selbst die Poffertjes kamen in einer frühlingshaften Sonderkreation daher: Mit dicker Erdbeerendekoration.

Ansturm sorgt für partiellen Ausverkauf

Ebenfalls original holländisch: Die Blaskapelle.

„Besser geht’s nicht“, sagt Karsten Quabeck vom Stadtmarketing mehr als zufrieden. „Das Wetter spielt mit, die Bergkamener kommen in Strömen – und der holländische Veranstalter hat ein vielseitiges Standangebot auf die Beine gestellt“, freut er sich über den regen Zulauf. Die Marina Rünthe konnte schon vor einiger Zeit den Zulauf nicht mehr stemmen. Zum dritten Mal fand der Hollandmarkt nun schon auf dem Nordberg statt. „Der ist ideal mit seinen umfangreichen Parkmöglichkeiten und dem größeren Plätzen“, bilanziert Quabeck. Da fand auch die echt holländische Blaskapelle bequem Raum für regelmäßige Platzkonzerte.

Holzschuhe gab es auch in klein zum Mitnehmen.

Auch diesmal dürften zumindest die Anbieter kulinarischer Köstlichkeiten schon frühzeitig ausverkauft gewesen sein. Fisch war ebenso heiß begehrt wie Brot in allen Variationen. Die Weingummi-Fächer waren vereinzelt schon nach der Halbzeit leergefegt. Kein Wunder, machte eine Runde nach der anderen im Kinderkarussell doch mindestens so hungrig wie artistische Selfie-Aktionen in den Riesen-Holzschuhen. Und auch die Entdeckungstour schürte den Appetit, spätestens wenn sich Feuerlöscher mit BVB- und Schalke-Outfit und Wurstfüllung als besonders außergewöhnliches Mitbringsel anboten.

Das Wetter hielt zwar nicht ganz bis zum Schluss am Abend durch. Das tat der mehr als erfolgreichen Bilanz und der sommerlich-ausgelassenen Stimmung aber auch keinen Abbruch.

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