Overberge eröffnet dicht gedrängt den Weihnachtsmarktreigen

Hoch hinaus ging es beim Voltigieren im Schulhof.

Wenn in Bergkamen die Weihnachtsmärkte öffnen, sind alle auf den Beinen. Dann wird der Budenzauber zum Stadtteilfest. Vor allem in Overberge. Wer hier die Adventszeit in vollen Zügen einläuten will, der muss schon früh da sein. Am Samstag war es jedenfalls schwer, auf vier Rädern überhaupt in die Nähe zu gelangen. Der Ansturm war immens.

Die Ehrlich-Sisters in zauberhafter Aktion.

Denn an der Overberge Grundschule fiel der Startschuss für den ersten der vier Bergkamener Weihnachtsmärkte. Ortsvorsteher Rainer Bartkowiak hatte auch diesmal wieder 40 Stände auf die Beine gestellt – mit reichlich Erfahrung. Immerhin war es die 15. Auflage. „Ich bin von Anfang an dabei – immer an der Technik und bei der Stromversorgung. Inzwischen als Organisator“, erzählt er und hat dafür nicht viel Zeit, weil auf der Bühne im Schulhof schon wieder der nächste Auftritt ansteht.

Bunt geschmücktes Willkommen für die Besucher.

Die Schreberjugend, Voltigieren, das Zauberinnen-Quartett der Ehrlich-Sisters, Jagdhornbläser, Chor und Nikolaus: Allein das Vorführ-Programm war stattlich. Die Zuschauermengen umso mehr: Wenn hier Zaubertricks gezeigt oder Kunststücke auf dem künstlichen Pferd präsentiert wurden, gab es für ein paar Minuten überhaupt kein Durchkommen mehr. Staus und stockender Durchgangsverkehr auch in und vor den Klassenräumen. Hier gab es alles, was rund um Weihnachten irgendwie von Relevanz ist.

Selbstgebasteltes von den Grundschulkindern beim Förderverein.

Da stapelten sich selbstgestrickte Mützen, Schals und Handschuhe in gewaltigen Mengen. Kleine und große gehäkelte Weihnachtswichtel bevölkerten die Gänge. Sterne und Weihnachtsbäume gab es aus Papier und Holz in allen Varianten. Selbstgestaltete Karten, selbstgemachte Marmeladen, ganze Dekorations-Sets für den guten Hospiz-Zweck: Hier fiel die Auswahl mehr als schwer. Zumal vieles dabei war, das direkt von den Kindern und Eltern der Grundschule stammte und dessen Erlös ihnen direkt wieder zugutekam. Dafür hatten alle extra gebastelt und alle Register der Kreativität gezogen – vom Kerzen-Häuschen bis zur tannengeschmückten Geschenkverpackung.

Lecker: Glühwein von der Feuerwehr.

Ganz schön anstrengend war es, eine Runde durch die Stände zu bewältigen. Da tat Erfrischung und Erholung not. Die gab es draußen im zünftig kalten Hüttendorf. Dort hatten die Vereine, Verbände und Parteien geballtes Ehrenamt für ein vielfältiges kulinarisches Angebot mobilisiert. Vom Glühwein über Pommes bis zum Reibekuchen und Pilz-Topf: Leckereien überall. Inklusive Karten für das ebenfalls garantiert handgemachte Theatervergnügen. Denn der Weihnachtsmarkt ist traditionell auch der Auftakt für den Kartenverkauf des Theatervereins, der aus dem Verkaufen nicht mehr herauskam.

WeihOV23_14
WeihOV23_14
WeihOV23_13
WeihOV23_13
WeihOV23_12
WeihOV23_12
WeihOV23_11
WeihOV23_11
WeihOV23_10
WeihOV23_10
WeihOV23_9
WeihOV23_9
WeihOV23_8
WeihOV23_8
WeihOV23_7
WeihOV23_7
WeihOV23_6
WeihOV23_6
WeihOV23_5
WeihOV23_5
WeihOV23_4
WeihOV23_4
WeihOV23_3
WeihOV23_3
WeihOV23_2
WeihOV23_2
WeihOV23_1
WeihOV23_1




Wohlschmeckende Schlachtplatte mit holpriger Jahresendabrechnung

Launiger Barbie-Auftakt für ein Schlachtfest mit anfangs rosaroter Brille.

Ein Schlachtfest war es nicht gerade. Aber hübsch angerichtet präsentierte Robert Griess seine Schlachtplatte im studio theater. Er kam zur Premiere seiner „Jahresendabrechnung“ mit einem gut gelaunten Ensemble und launigen Höhepunkten eines Jahres, das alles andere als komisch war. Vielleicht blieb auch deshalb ein überwiegend flaues Gefühl zurück und der Lacher des Öfteren im Halse stecken.

Linksversiffte Hamas-Debatte.

Ganz glatt lief es jedenfalls nicht bei der Erstaufführung des Traditionsprogramms, das der Kölner Kabarettist Robert Griess schon seit 2007 mit jährlich neuer Zusammensetzung initiiert. Es hakte hier und da, gerade bei den musikalischen Varianten der zurückliegenden Ungeheuerlichkeiten. Die Bergkamener verziehen aber jeden Versprecher und Stolperer und ließen sich willig mit hineinziehen in Klimawandel, Hamas-Debatte der Engagierten, rechtspopulistische Aufstiegsszenarien, nackten Bahnsinn oder Russeninvasionen, die in chronischen Staus stecken bleiben. Alice Köfer (Berlin) Holger Müller (Köln) und Kathi Wolf (Ulm) glänzten vor allem als Solisten. Die Themenauswahl traf allerdings nicht immer die wirklichen Jahreshöhepunkte und glitt gelegentlich in seichten Klamauk auf.

Beeindruckende Mimik gab es zu saftigen Inhalten.

Der Start war vielversprechend mit rundum rosaroten Barbie-Brillen-Blicken auf eine „gutaussehende“ und klimaneutrale Regierung in einem perfekten 2023, das ohne Brillen in einen Haufen Müll zerfiel. Den wie versprochen aufzuräumen, gelang zunächst recht ordentlich mit dem Morgenappell von Ausbilder Schmidt und bildungsfreien Rekruten in einer maroden Truppe, die den anstehenden Konflikten garantiert nichts entgegenzusetzen hat. Die Hamas-Debatte der Engagierten mit Meuchel-Samuel und Neid-Debatte und Nazis im ganz nahen Osten inklusive Höcke-Kanzlerschaft und Gen-Test traf nicht ganz den Kern. Die unfreiwillige Gebärden-Teilnahme im Bahn-Zoom-Meeting gehörte eher in längst vergangene Corona-Jahre, die sich mancher in digitaler Hinsicht wieder zurückwünschen mag.

Von Tierkadavern bis zur Flüchtlingsroten-Kreuzfahrt

Immer ein garantierter Lacher: Ausbilder Schmidt.

Isländische Volksweisen, die sich rückwärts gesungen als „alle meine Entchen“ entpuppten, waren zwar ulkig, aber mehr auch nicht. Und die Gründe-Forschung für den Aufstieg der Rechtspopulisten blieb in „linksversifften“ Gemeinplätzen mit Verschwörungstheorien, ungeimpftem Sperma und Lügenpresse stecken. Mit Tierkadavern auf dem Kopf  und optischem Waterboarding der Männer ging es in die internationale Trump- und Johnson-Politik, die mit Scholz heiter im Bällebad endete. Die rechtsverdrehte Quizshow mit dem Nazi-Uropa und teflonbeschichtete Skandale setzte sich nach der Pause mit analogen Erinnerungen inklusive Frontex-Grenzkontrolle auf der Mittelmeer-Flüchtlingsroute im Kreuzfahrt-Format fort.

Interessant: Die Emoji-Variante des Erlkönigs.

Die Esoterik-Messe entglitt etwas mit kurzer Kanzlerlinie beim Handlesen. Die schleichende Digitalisierung mit humanoider KI zum Geburtstag und Emoji-Erlkönig-Variante war dagegen amüsant, auch wenn das Wärmepumpen-Lied mit Udo Lindenberg-Einlage noch etwas Feinschliff benötigt. Ob wir uns alle 2024 in einer Wagenknecht-Republik wiedertreffen? Eines ist sicher: Es wird wieder ein Schlachtfest geben, für das es hoffentlich erfreulichere Anlässe gibt, die sich leichter entwirren lassen. Spaß macht es den Bergkamenern garantiert: Sie applaudierten am Freitag ausgiebig und dankbar für eine wohlschmeckende Jahresendabrechnung auf der Schlachtplatte.

Schlachtplatte_11
Schlachtplatte_11
Interessant: Die Emoji-Variante des Erlkönigs.
Schlachtplatte_10
Schlachtplatte_10
Schlachtplatte_9
Schlachtplatte_9
Schlachtplatte_8
Schlachtplatte_8
Schlachtplatte_7
Schlachtplatte_7
Schlachtplatte_6
Schlachtplatte_6
Beeindruckende Mimik gab es zu saftigen Inhalten.
Schlachtplatte_5
Schlachtplatte_5
Schlachtplatte_4
Schlachtplatte_4
Schlachtplatte_3
Schlachtplatte_3
Linksversiffte Hamas-Debatte.
Schlachtplatte_2
Schlachtplatte_2
Immer ein garantierter Lacher: Ausbilder Schmidt.
Schlachtplatte_1
Schlachtplatte_1
Launiger Barbie-Auftakt für ein Schlachtfest mit anfangs rosaroter Brille.




Mit Luke Mockridge und knallharter Stand-up Comedy in die neue LOL-Runde

Voll und ganz in seinem Element: Luke Mockridge war der Überraschungs-Auftritt beim ersten LOL-Event der neuen Saison.

Wenn das keine Überraschung war. Da sprang plötzlich Luke Mockridge über die Bühne – ganz und gar unangekündigt. Der Inbegriff der Stand-up Comedy höchstpersönlich als Ersatz für die Absage und den Krankheitsausfall zweier Kolleginnen dort, wo er selbst einmal angefangen hatte. Spitze Begeisterungsschreie, verdutztes Raunen, tosender Applaus: Der Auftakt für die neue LOL-Saison im studio theater hatte am Freitag einen echten Knaller. Rotzfrech, böse und knallhart wie eh und je.

„Bumillo“ ließ es bayerisch-gelassen angehen.

Dabei lieferten zunächst die Bergkamener die beste Selbstironie. Da ging es schnurstracks mit Moderator Lukas Wandke zum Saufen zu Claudia in den Partykeller, zum harten Bürojob auf das Chemiegelände und an die fragwürdigen „Rünther“ unter dem T-Shirt von Marina. Fast schon mitleiderregend schienen die Erlebnisse, die „Bumillo“ alias Christian Bumeder als bayerischer Hausmann mit Stahlkappen-Hausschuhen, süddeutscher Spitznamen-Kultur und Sisyphos-Hausmann-Rap im Gedenken an das gar nicht so lang zurückliegende Hausfrauen-Bild der historischen Werbung als erster auf der Bühne präsentierte.

Anschauliche Interpretation der weiblichen Raststätten-Problematik von Patricia Lürmann.

Etwas zünftiger übernahm Patricia Lürmann als „dicke Lesbe“ auf der Lava vor dem Raststätten-Klohäuschen mit Schüsselyoga und Dosenchampignons das Ruder. Hasserfüllt ging sie dem Kochbücher-Extremismus auf den Grund – mit interessanten Analogien zwischen Grillkultur und Salafismus inklusive Vegetarier-Outing. Luke Mockridge jedoch schöpfte aus dem Vollem. Den Anfang machte der bekannte Geschwister-Komplex, um dann nahtlos sämtliche Aliens zu entlarven, die im weltlichen Wahnsinn untergetaucht sind. Da bekamen die Liegeradfahrer auf fahrbaren Gynäkologenstühlen ebenso ihr Fett weg wie Zehenschuh-Träger, sämtliche Sarahs und Philipps und Jannicks der Erde und natürlich Heidi Klum bei der Übernahme der Weltherrschaft.

Blick in die eigene Selbstgerechtigkeit

Luke Mockridge beherrscht auch den Bühnentanz.

LOL ist junge Comedy und eine Bühne vor allem für alle, die noch keinen Star-Status haben. Das bedeutet in der Regel: Herzhaft hemmungslos wird hier vom Leder gezogen, ohne jede Scheuklappe. Ein Versprechen, das auch am Freitag von den drei Hauptakteuren eingehalten wurde. In der zweiten Hälfte ging es in umgekehrter Reihenfolge zur Sache. Und Luke Mockridge zog hier alle Register. Frischen Wind forderte er für den schlaffen deutschen Sport: Mit Nacktelfmetern und Entertainment-Frischkur „wie bei den Paralympics“. Dafür erntete er empörten Protest, den er sofort mit dem Spiegelblick in die eigene Selbstgerechtigkeit wieder zurückspielte. „Ein kleinwüchsiger Kollege hat den Gag geschrieben und fand ihn super.“ Damit war der Weg frei zu dem, worauf mancher vielleicht gewartet hatte: Gerade erst sei er raus aus dem „Shitstorm“ und seiner größten Sorge, nach dem Online-Hate der letzten Jahre und Monate im Dschungelcamp zu landen. Sogar sein Bruder sei aus der Fahrschule geflogen, weil er den gleichen Namen habe: Das sorgte für partielle Totenstille im Saal. Seine Verwunderung über „Frauen, die Autofahren lehren“ holten die Lacher zurück, auch wenn sie manchen im Halse stecken blieben.

Lukas Wandke hatte als Moderator seine eigenen Comedy-Qualitäten.

Krasse Selbstironie holte auch Patricia Lürmann mit „eineinhalb Händen“ und absurden Ärzte-Erlebnissen hervor, die mit dauerrotierenden Rollstühlen und „Kackstuhl“-Irrwegen endeten. Im Vergleich zum geordneten gesellschaftlichen Hühner-Gefüge im eigenen Garten blieb da nur eine Schlussfolgerung: „Der Idiot ist zurück – und wird gewählt“. Das „Meinen-Dürfen“ führt zur angetasteten Menschenwürde. Das saß, bevor es als Finale einen tieferen Einblick in die Spülmaschinen-Philosophie mit Handstandduschern und brutaler Brezn-Kalorien-Realität inklusive bayerischem Techno von Bumillo gab.

Alle Akteure beim letzten Vorhang mit stehenden Ovationen.

Ein mehr als erstklassiger Comedy-Abend, der erreichte, was gutes Kabarett soll: Betretene Selbsterkenntnis, Spiegel für eigene Vorurteile, nachdenkliche Einblicke und vor allem schonungslose Gags. Und Belohnungen für Claudia und die anderen witzigen Bergkamener: Tickets für die nächste LOL-Runde am 23. Februar, dann wieder im Stadtmuseum in Oberaden.

LOL1_1
LOL1_1
LOL1_2
LOL1_2
Holte echte Comedy-Qualitäten aus dem Bergkamener Publikum heraus: Moderator Lukas Wandke.
LOL1_3
LOL1_3
Gemäßigt startete Bumillo den LOL-Reigen im studio theater.
LOL1_4
LOL1_4
LOL1_5
LOL1_5
LOL1_6
LOL1_6
LOL1_7
LOL1_7
LOL1_8
LOL1_8
Tanzen kann Luke Mockridge auch.
LOL1_9
LOL1_9
LOL1_10
LOL1_10
LOL1_11
LOL1_11




Jubiläumswald wächst weiter – und lässt Tränen kullern

Alle packten am Samstag beim Pflanzfest mit an – egal ob Klein oder Groß.

Zwischendurch musste Kelsey Klamath tatsächlich Handschuhe überstreifen. Auf der Pflanzfläche III des Jubiläumswald war zum 33. Pflanzfest dann doch der Herbst zwar mit punktuell strahlendem Sonnenschein, aber frischem Wind aufgezogen. Die Saiten ihrer bis dahin virtuos bearbeiteten Gitarre fühlte sie nicht mehr richtig. Gut, dass die meisten Baumpaten gut vorbereitet waren – mit Mützen, Schals, Gummistiefeln und Handschuhen. Ein Paar wurde ihr von mitleidigen Zuhörern sofort zum Auftauen zur Verfügung gestellt.

Auch der Kanuverein Rünthe pflanzte einen Baum – zum ersten Mal.

Zum Glück, denn die Musik tat an manchen Pflanzstellen an der Overberger Straße bitter Not. Beim Kanuverein Rünthe beispielsweise rollten viele Tränen. Die Mitglieder setzten zum ersten Mal einen Baum in den Boden des Jubiläumswaldes – für ihr im Frühjahr verstorbenes Mitglied Rolf-Dieter Bartsch. „Er war 40 Jahre unser bester Mann, die kreative Seele der Technik, Steuermann im Drachenboot, Hausmeister und Kaffeefee – er war einfach großartig“, sagt einer, dem dabei das Wasser in die Augen steigt. „Der Baum ist eine schöne Erinnerung an ihn, der uns ganz furchtbar fehlt“, sagen alle. Auch Ehefrau und Tochter waren dabei und hielten sich fest in den Armen. „Das ist so ein schönes Zeichen – ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen“, sagen beide. „Der Kanuverein war sein Leben, das hätte ihm gefallen.“

Pflanzte für 35 Jahre Burning Heart einen prächtigen Baum: Frontmann Thomas Leitmann mit Ehefrau und Hund.

Am anderen Ende der Pflanzfläche legte Thomas Leitmann, der Frontmann von Burning Heart, noch eine letzte Schüppe Erde an den Spitzahorn. „Das war mal überfällig – eigentlich seit 10 Jahren“, sagt er. „Ich hatte schon oft davon gehört und eigentlich hatten wir schon zum 25. Bandjubiläum vor, einen Baum zu pflanzen. Irgendwie ist aber immer etwas dazwischengekommen.“ Für die meisten Band-Kollegen war das auch am Samstag so. Thomas Leitmann war allein mit Ehefrau und Hund vor Ort. „Alle haben jetzt die Anweisung, im Sommer zum Gießen anzurücken“, sagt er lachend. Schließlich soll der Baum zum 35-Jährigen von Burning Heart auch vernünftig angehen. „Wir sind privat absolute Ahorn-Fans, da war die Baumwahl keine Frage“, sagt er. Die Band probt mit 2 Mitgliedern mit Bergkamener Wohnsitz immer noch in Bergkamen. Also verstand sich auch die Ortswahl von selbst

Ab sofort Anmeldungen für Pflanzung im Frühjahr

Erstklassige Musik durfte nicht fehlen. Auch Verpflegung stand für die Baumpaten bereit.

Einen Ahorn gab es von den Kindern und Enkelkindern auch zur Diamantenen Hochzeit von Klaus und Christel Pott. „Das ist doch eine schöne Sache, um sich jedes Jahr hier zu treffen und gemeinsam anzustoßen“, ist sich die Familie einig. An Maria Charlotte Müller erinnert jetzt eine Silber-Linde. „Sie ist kürzlich verstorben und war eine hingebungsvolle Gärtnerin mit einer großen Begeisterung für Bienen. Wenn die Bienen sterben, stirbt auch die Menschheit, hat sie immer gesagt“, erzählt ihre Enkelin. Deshalb war es auch selbstverständlich, dass sie einen Baum bekommt, den die Bienen lieben. „Der passt super zur Oma“, sagen alle. Sie sind aus Werne, Bergkamen, Witten und Weddinghofen gekommen, um mit der Pflanzung eine bleibende Erinnerung an sie zu schaffen.

Der Baubetriebshof und die Firma Röttger bereiteten die Bäume für die Pflanzung vor.

36 Bäume kamen am Samstag in den Boden: 10 mal Spitzahorn, 8 mal Silberlinde, 7 mal Bergahorn, 5 mal Schwarznuss, 3 Stileichen, 2 Rotbuchen und eine europäische Lärche. Übrigens wurde alles sorgsam vom Baubetriebshof und der Firma Röttger vorbereitet. Seit 2006 sind damit 898 Erinnerungen an Tod, Geburt, Hochzeit, Eheglück, Taufe, Konfirmation/Kommunion, Abitur und alle erdenklichen anderen Lebensereignisse auf den drei Flächen des Jubiläumswaldes geschaffen worden. Pflanztermine gibt es im Herbst und im Frühjahr. Für die nächste Pflanzung am 6. April nimmt das Bürgerbüro schon jetzt Bestellungen entgegen. Die Kosten: 130 Euro.

Jubiläumswald1
Jubiläumswald1
Jubiläumswald2
Jubiläumswald2
Jubiläumswald3
Jubiläumswald3
Jubiläumswald4
Jubiläumswald4
Jubiläumswald5
Jubiläumswald5
Jubiläumswald6
Jubiläumswald6
Jubiläumswald7
Jubiläumswald7
Jubiläumswald8
Jubiläumswald8
Jubiläumswald9
Jubiläumswald9
Jubiläumswald10
Jubiläumswald10
Jubiläumswald11
Jubiläumswald11
Jubiläumswald12
Jubiläumswald12




Mit Schmäh und Dachboden-Philosophie anspruchsvolle Kabarett-Spuren hinterlassen

Holte Erhellendes aus dem Dachboden-Gerümpel, nicht nur mit der Taschenlampe: Stefan Waghubinger.

Ja Servus! Das war mal ein anderer kabarettistischer Abend im studio theater. Mit Taschenlampe, einer Tasse mit schlechtem Wein und einem verrümpelten Dachboden. Vor allem aber mit einem Hauch von Wiener Schmäh, viel hausgemachter Philosophie und entstaubender Selbstfindung. Gut, dass Stefan Waghubinger sein Sakko aus-, den Husten raus- und die erhellende Erkenntnis trotz Erkältung nie verließ: Sein Debüt auf der Bergkamener Kabarett-Bühne war nachhaltig. Schade, dass sich das viele am Freitagabend entgehen ließen.

Da muss sich manchmal doch aufregen über die guten Tage, die jetzt hätten kommen können.

„Den kennt man ja nicht“, sagte einer, der sich dennoch auf das Unbekannte einließ. „Das ist ja ein Österreicher, hoffentlich versteht man den überhaupt“, sorgte sich eine andere Stammbesucherin. Immerhin stapelte sich RuhrPott-Weiß in der Kulisse als Anker für die ganz Ängstlichen. Der Kontrast zu seinem Vorgänger Matze Knop hätte größer auch nicht sein können. Mit akzentuierten Denkpausen schlich Stefan Waghubinger um Tische, Stuhl, Besen und Zeitungsstapel herum und sortierte ruhig plaudernd sein Übriggebliebenes, seine (Alb-)träume und das, was hätte kommen können.

Die leeren Rahmen füllen sich immer wieder.

Von der Schwammerlsuppe ging es irgendwie fast logisch zum großen philosophischen Scrabble-Spiel mit Papst, Dalai Lama und Co., winkenden Jesuskindern made in China in der Krippe, gestrickten Captain Kirk-Jacken samt Begegnung mit dem Bild vom eigenen Ich, in Schokolade erstarrten Märtyrern zur wahrhaftigen Konfrontation mit der personifizierten nackten Wahrheit. Was ein wenig depressiv anmutete, verbarg hinter dem zerstreuten Plauderton süffisant Handfestes. „Ich weiß es vorher und es kommt doch anders“, nicht nur mit der Schwammerlsuppe. Und alles reagiert ständig unzuverlässig: „Wenn sich etwas im Leben verändert, müsste es doch lauter sein!“, sagte er und ging nahtlos zum Loslassenlernen und eingebauten Sollbruchstellen im Leben über. Wozu kaputte Toaster doch gut sein können.

Prost: Der aufgehobene Wein tut jetzt Not.

Ehemals gemoppte Minderheiten sind jedenfalls längst Mehrheiten, Zufall und Notwendigkeit wachsen sich mit der Evolution einigermaßen krankhaft aus – nicht nur zu Hamsterkäufen. Die leeren Rahmen füllen sich jedenfalls immer wieder neu mit erstaunlichen Erkenntnissen. Auch als Biene Maja zwischen Milliarden Sternen vor dem Spiegel. Wären wir doch alle auf den Bäumen geblieben, dann wäre wenigstens die globale Wohnungsnot gelöst. Und hinter den betenden Dürer-Händen steckt in Wahrheit der religionsfreie Mückenmord. Sinnfreies zum Religiösen erklären, das macht vieles erträglicher. Und es gibt noch die genialen Eichhörnchen, die einfach nur nach der Nuss suchen.

So sieht’s aus: Die Wahrheiten liegen überall auf dem Dachboden.

Paradoxe Intervention, die dennoch zum Selbstmord führt. Sozialismus, der die Ausbeutung vorantreibt. „Wo ist der Asteroid, wenn man ihn braucht?“, fragt Waghubinger. Er hat am Freitag auf jeden Fall in Bergkamen Spuren hinterlassen. Mit mehr oder weniger direkt ausgeplauderten Wahrheiten, die garantiert noch über den Abend hinaus nachwirken. Servus. Wiedersehen macht Freude! Und: Die guten Tage kommen bestimmt noch.




Bergkamener Pyramide schickt Lichtwünsche in den Himmel

Die beleuchtete Pyramide wächst stetig in den Himmel der Marina hinauf.

Schnell nochmal im Internet nachschauen, wie Südamerika wirklich aussieht. Dann sind alle Kontinente auf die Acrylkugel gemalt. Eine Weltreise sollen die blauen Linien symbolisieren. Das würde das Ehepaar so gern einmal machen. Große Herzen in allen Farben entstehen an einem anderen Tisch. „Ich wünsche mir einfach nur Liebe und mehr Rücksicht aufeinander“, sagt die Urheberin. Direkt nebenan sind blaue Linien das Symbol für Wasser. Der Stift setzte gerade an, ein Boot auf das durchsichtige Plastik zu malen. „Ein Boot, das ist mein Traum“, meint die Bergkamenerin, die sich jetzt ganz auf das Malen konzentriert.

Die Bergkamener bemalen fleißig eine Kugel nach der anderen.

Hinaufwachsen in den Himmel sollen die Wünsche und Träume der Bergkamener. Dort oben sollen sie bei den Göttern, Kräften, Energien oder was auch immer Gehör finden. Ganz so, wie es sich die Menschen schon seit Tausenden von Jahren vorstellen, wenn sie Pyramiden bauen. Diese Pyramide lebt nur vier Stunden lang in der Marina in Rünthe. Kaum haben die Teilnehmer ihre Kugeln verziert, werden sie auch schon gestapelt. 200 Stück, vier Meter hoch. Ein Podest und Gitter für jede Etage geben den Kugeln Halt. Licht strahlt von innen die Wünsche an. Schließlich soll der Himmel sie auch wirklich sehen. Um 19 Uhr geht es los, um 23 Uhr wird alles wieder abgebaut.

Christine Behr vor der Pyramide mit einer der 200 verzierten Acrylkugeln.

Die Kugeln mit ihren Wünschen und Träumen verschwinden danach aber nicht. „Sie werden in andere Kunstwerke integriert und leben weiter“, schildert Künstlerin Christiane Behr. Daheim in Mönchengladbach wird sie die Kugeln weiterbearbeiten. „Mir ist es wichtig, die Kunst Menschen näher zu bringen, die sonst weniger damit zu tun haben. Ich will sie mitgestalten lassen“, schildert sie und schaut begeistert zu, wie immer mehr Menschen auf dem Platz in der Marina kommen. „Es ist toll, wie groß die Resonanz und das Interesse hier in Bergkamen sind“, freut sie sich.

Die Pyramide als großer persönlicher Traum

Liebe ist den Bergkamenern wichtig.

Die Gesundheit steht ganz hoch im Kurs bei den Wünschen der Bergkamener. Aber auch der Frieden und mehr Miteinander sind angesichts der aktuellen globalen Entwicklungen gefragt. Manchmal sind die Wünsche aber auch sehr persönlich und individuell. Ein Junge wünscht sich dringend „Tausend Kätzchen“. Ein anderer kann ohne Lamborghini fast nicht mehr leben.

Eine tolle Kulisse entstand mit der Pyramide.

Für Christine Behr geht mit dem Projekt jedenfalls ein großer persönlicher Wunsch und Traum in Erfüllung. „Eine Pyramide in dieser Form wollte ich schon immer umsetzen“. Auch für die Stadt Bergkamen erfüllt sich mit dieser Nacht der Lichtkunst ein Wunsch: Noch mehr Kunst in den öffentlichen Raum zu bringen, ganz getreu dem Ruf als besonders experimentierfreudige und kunstverbundene Kommune. Dass die Pyramide in unmittelbarer Nähe zu den Lichtsignalen von Mischa Kuball entsteht, ist daher auch kein Zufall. Irgendwie wollen beide Werke Zeichen in den Himmel senden. Vielleicht klappt es ja zusammen noch besser.

Besucher aus Ahlen schauten sich das Ergebnis in dieser Nacht im Rahmen einer Exkursion an. Im Gegenzug konnten Bergkamener nach Ahlen fahren und sich dort ebenfalls umschauen. Führungen gab es aber auch innerhalb des Stadtgebiets zu den Lichtkunstobjekten.

Perspektive von innen: Der Ehemann der Künstlerin stapelt eine weitere Kugeln auf die Pyramide.

Bis dahin war der Ehemann von Christine Behr ununterbrochen im Einsatz. Unablässig kletterte er die Leiter hoch, um eine Kugel nach der anderen aufzustapeln. Denn an den beleuchteten Tischen und in einem Pavillon entstanden die Pyramiden-Elemente fast im Akkord. Oder die Teilnehmer brachten sie mit. Auch die Helfer vom Fachbereich Kultur der Stadt Bergkamen hatten an diesem Abend und schon Wochen davor ganz andere Aufgaben als gewohnt. „Richtig spannende“, waren sich alle einig. Die Lichttechnik, die Gitter mit den richtigen Abständen: Hier gab es alle Hände voll zu tun.

Mit einem beeindruckenden Ergebnis, denn die Pyramide machte sich optisch ganz prächtig. Auch wenn sich vor allem die Erwachsenen bei dem Projekt überwinden mussten. „Viele haben doch Hemmungen, etwas zu zeichnen oder zu malen oder überhaupt ihre eigenen Wünsche auszudrücken“, hat Christine Behr beobachtet. „Viele befürchten, sie könnten das nicht gut genug – dabei geht es darum gar nicht. Es geht um das gemeinsame Schaffen!“

Lichtkunst1
Lichtkunst1
Lichtkunst2
Lichtkunst2
Lichtkunst3
Lichtkunst3
Lichtkunst5
Lichtkunst5
Lichtkunst6
Lichtkunst6
Lichtkunst7
Lichtkunst7
Lichtkunst8
Lichtkunst8
Lichtkunst9
Lichtkunst9
Lichtkunst10
Lichtkunst10
Lichtkunst11
Lichtkunst11
Lichtkunst12
Lichtkunst12
Lichtkunst13
Lichtkunst13
Lichtkunst14
Lichtkunst14
Lichtkunst15
Lichtkunst15
Lichtkunst16
Lichtkunst16
Lichtkunst17
Lichtkunst17
Lichtkunst18
Lichtkunst18
Lichtkunst19
Lichtkunst19
Lichtkunst20
Lichtkunst20
Lichtkunst21
Lichtkunst21
Lichtkunst22
Lichtkunst22
Lichtkunst23
Lichtkunst23
Lichtkunst24
Lichtkunst24
Lichtkunst25
Lichtkunst25
Lichtkunst26
Lichtkunst26

 




Tag des Apfels bleibt Rekord-Publikumsmagnet

 

Hat eine besondere Tradition beim Tag des Apfels: Frisch gepresster naturtrüber Apfelsaft.

Treue Besucher hat der Tag des Apfels zuhauf. Die strömten auch am Samstag zu Hunderten auf die Ökologiestation in Heil. Mancher parkte dafür schon fast in Rünthe, so groß war der Zuspruch. Denn in fast drei Jahrzehnten hat sich längst herumgesprochen, dass hier etwas geboten wird – und das Wetter garantiert gut ist.

Auch ein Kakadu gehört jetzt zu den Stammgästen – besonders begeistert von der Musik der Steeldrummer.

Unter den neuesten Stammgästen ist auch ein exotischer Vogel. Ein Kakadu beäugte schon im vergangenen Jahr hochinteressiert auf der Schulter seiner Besitzerin, was hier alles vor sich ging. Am Samstag war er wieder da, nicht weniger neugierig. Besonders begeistert war er von der Steeldrum-Gruppe, die trommelnd an den Ständen der fast 80 Aussteller vorbeizog. Die vielen Äpfel dürften es ihm nicht weniger angetan haben.

Pomologe beim Apfeltest.

Die waren der Hauptgrund für den großen Andrang. Die Pomologen hatten auch bei der 28. Auflage des Apfelfestes kaum Zeit für eine Pause. „Die Leute sehen beim Spaziergang Apfelbäume, deren Früchte niemand pflückt – und fragen sich, was es überhaupt für eine Sorte ist“, berichten die Fachleute. Viele hatten Kostproben davon dabei und ließen sich ausgiebig beraten. Auch von Matthias Nüsken, dem angehenden Obstbaumwart. „Der Informationsbedarf ist riesig. Vor allem aber erzählen die Leute, dass sie auf der Suche nach Apfelsorten sind, die sie aus ihrer Kindheit, aus den Gärten der Großeltern kannten, aber ihre Namen nicht wissen.“ Oder sie holten sich am Samstag Rat für die richtige Baumpflege von ihm.

Riesenandrang auf dem gesamten Gelände der Ökologiestation.

Denn die letzten Äpfel werden jetzt gerade gepflückt. Das zeigten die vollen Körbe, die an der Saftpresse auf ihre Verwertung warteten. Auch das ist Tradition beim Tag des Apfels: Literweise frisch gepresster, naturbelassener Apfelsaft. Dabei hatten es nicht alle Apfelbäume leicht in diesem Jahr. Viele Sorten litten unter dem späten Frost im Frühjahr, hatten Schädlingsbefall oder waren von der Trockenheit der letzten Jahre gestresst. Dennoch reichte die Ernte für beeindruckende Vielfalt an den Ständen: Ob als Saft, getrocknet, eingemacht, als Mus auf Reifekuchen oder eingelegt – Äpfel begeisterten in jeglicher Form.

Äpfel präsentieren sich in allen Formen und Zuständen

Ganz neu dabei: Pferdeäpfel.

Sogar als Pferdeäpfel. Die waren zum ersten Mal mit einem eigenen Stand vertreten. Nicht irgendwelche, sondern die Ausscheidungen von Islandpferden. „Wir haben 60 Pferde auf einem eigenen Gestüt in Fröndenberg, züchten auch selbst. Die Tiere gelten als besonders robust und widerstandsfähig“, sagt der Eigentümer des „Ruhrpottapfels“. Als Naturdünger sind sie deshalb gefragt, weil sie frei von Antibiotika, Hormonen, Spänen oder Stroh sind. Vor allem Kleingartenanlagen gehören zu den Kunden.

Die Kinder hatten vor allem mit den Kürbissen viel Spaß.

Gezüchtete Pflanzen, Selbstgebasteltes, Handarbeiten, Gartendekoration aus Holz oder Stahl, Wild, Goulasch vom besonderen Rind, Gemüse, Gewürze, Käse, Seifen, Selbstbedrucktes: Beim Tag des Apfels gab es nichts, was es rund um den Apfel nicht gibt. Auch die Kürbisse durften als saisonale Kollegen nicht fehlen an den Schnitztischen für die Kinder. Für die gab es zum ersten Mal auch eine eigene Vorleseaktion in der Jurte mit Schauspielbegleitung.

Birgit Manz war stellvertretend für alle Beteiligten von der Naturförderungsgesellschaft über die Biologische Station bis zum Umweltzentrum Westfalen mehr als zufrieden mit dem Zuspruch. „Wir haben immer gutes Wetter, darauf können wir bauen“, freute sie sich über die stetig herbeiströmenden Besucher. Dennoch ist es immer schwieriger auch für die Ökologiestation, Veranstaltungen überhaupt zu stemmen. „Viele Aussteller bekommen kein Personal mehr und die Konkurrenz ähnlicher Veranstaltungen ist groß“, sagt sie. Deshalb arbeiten alle zusammen auch an neuen Ideen wie einer grünen Woche im April rund um gesunde Ernährung.

Apfeltag1
Apfeltag1
Apfeltag2
Apfeltag2
Apfeltag3
Apfeltag3
Apfeltag4
Apfeltag4
Apfeltag5
Apfeltag5
Apfeltag6
Apfeltag6
Apfeltag7
Apfeltag7
Apfeltag8
Apfeltag8
Apfeltag9
Apfeltag9
Apfeltag10
Apfeltag10
Apfeltag11
Apfeltag11
Apfeltag12
Apfeltag12
Apfeltag13
Apfeltag13
Apfeltag14
Apfeltag14
Apfeltag15
Apfeltag15
Apfeltag16
Apfeltag16
Apfeltag17
Apfeltag17
Apfeltag18
Apfeltag18
Apfeltag19
Apfeltag19
Apfeltag20
Apfeltag20
Apfeltag21
Apfeltag21
Apfeltag22
Apfeltag22
Apfeltag23
Apfeltag23
Apfeltag24
Apfeltag24
Apfeltag25
Apfeltag25

 




21. Lichtermarkt malt unvergessliche Bilder mit Licht und Feuer

 

Funkensprühende Action auf dem Stadtmarkt.

Eine Waldelfe auf Stelzen ganz für sich allein. Oder eine lauschige Zwiesprache mit einem sprechenden Vogel-Hochhaus. Klitschnass ist nicht nur der Apfel, den die beleuchteten Schaufensterpuppen hinter dem Baumstamm hervorstrecken. Mancher watet bis zu den Knöcheln in Pfützen und Schlamm beim Lichtermarkt. Wer am Freitag Geduld hatte, der wurde belohnt. Nach gut zwei Stunden hörten die ganz schlimmen Sturzbäche auf. Freie Bahn für Feuer, Licht und richtig gute Herbstlaune.

Ohne Schirme war anfangs nicht an einen poetischen Spaziergang durch den Stadtwald zu denken.

Denn auch wenn es punktuell ungebremst durch Gesichter und in die Gummistiefel hineinlief: Die Bergkamener und Besucher aus den Nachbarstädten strömten unablässig Richtung Stadtmarkt. Erst leicht verhalten, dann ungebremst. Kein Wunder, gab es doch auch bei der 21. Auflage des GSW-Lichtermarkt wieder einmal Eindrücke satt für alle Sinne. Eine mehr als reizvolle Melange aus spektakulärer Action und anmutiger Fantasiewelt, die triefendes Ungemach vergessen ließ.

Wunderschöne Geschichten gab es in der St. Elisabeth-Kirche.

Wer es eher poetisch mochte, der war in der St. Elisabeth-Kirche goldrichtig. Felice und Cortes waren mit fliegenden Bällen, Kegeln und Drumsticks singend in längst vergangenen Zeiten und traurig-komischen Begegnungen unterwegs. Da landete kurz mal Ikarus mit Flügeln hinter dem Schlagzeug und erwies sich als geschickter Jongleur vor dem ständig in andere Farben getauchten Altar. Unter den frisch mit Streetart verzierten Stützen des Marktdaches ging es da schon etwas handfester zu. Die Akteure von Cirq’ulation Locale lieferten sich Kämpfe mit flammenden Fackeln, wirbelten mit Überschlägen synchron durch die Luft oder wedelten mit beeindruckender körperlicher Biegsamkeit auf riesigen Stangen umher – das alles vor Funken-Gestöber und Flammenexplosionen.

Die Musik hatte es schwer im strömenden Regen

Barocke Lampen begleiteten die Flaneure im Stadtwald.

Die Musik war allerdings die Leittragende des Abends. Zumindest in der ersten Hälfte hatten Saxophon, Handpan und Gesang hatten unter dem zeitweise beeindruckend prasselnden Wolkenergüssen ohne schützende Dächer schlicht keine Chance. Da blieben die meisten Vorhänge der Bühnen geschlossen. Die Besucher im Stadtwald hatten ohnehin mit im wahrsten Sinne fließenden Hindernissen zu kämpfen hatten. Mancher wurde da von leicht verzweifelten Künstlern auf trockenen Umwegen aus den Lichtinstallationen geklaubt. Andere verhedderten sich gefährlich mit Schirmen bei dem Versuch, den Pfützen in der Standleuchten-Allee zu auszuweichen.

Spiel mit Licht und Schatten.

Ganz Hartgesottene gönnten sich ein Spiel mit dem Lichtprojektor, ein Selfie mit Leuchtmitteln am Körper oder einen kleinen Schattentanz hinter dem tropfenden beleuchteten Stoffvorhängen. Die fabelhaften Fantasy-Stelzenwesen hatten es auch nicht leicht. Ihre federleichten Kostüme waren schon nach dem ersten Nieselregen klitschnass. Mit strahlendem Lächeln stolzierten sie dennoch durch die Menge und verbreiteten neben Faszination auch echte Verzückung. Nur die ganz Nüchternen wollten es nicht so recht glauben: „Was soll das denn sein?“, fragte ein junger Besucher im Kindergartenalter kritisch die Waldelfe, die darauf eine verblüffend direkte Antwort in einer verqueren Fantasiesprache hatte.

Fantasievoll strotzten die Darsteller den anfänglichen Wetterkapriolen beim Lichtermarkt mit viel Licht und guter Laune.

„Wenn das Wetter besser wäre, wäre es hier richtig, richtig, schön“, meinte eine von denen, die sich das Wasser aus dem Gesicht wischen mussten, um überhaupt noch etwas zu sehen. Sie konnte mit etwas Geduld später noch einen neuen Anlauf nehmen, um alle leuchtend bunten poetischen Lichter-, Sprach- und Musikgeschichten im Stadtwald richtig schön genießen zu können.

Der Bergkamener Lichtermarkt ist jedenfalls längst eine feste regionale Institution, die sich die treuen Fans nicht nehmen lassen – egal wie heftig das Wetter zuschlägt. Gut so, denn auch in diesem Jahr war es wieder die perfekte Einstimmung auf die dunkle Jahreszeit. Mit viel Liebe zum Detail, unerschütterlich guter Laune und Bildern, von denen alle noch lange zehren können – Feuerwerk-Abschluss inklusive.

Lichtermarkt33
Lichtermarkt33
Lichtermarkt34
Lichtermarkt34
Feurig und akrobatisch ging es unter den Arkaden auf dem Stadtmarkt zu.
Lichtermarkt11
Lichtermarkt22
Lichtermarkt22
Lichtermarkt20
Lichtermarkt20
Lichtermarkt5
Lichtermarkt5
Lichtermarkt21
Lichtermarkt21
Lichtermarkt19
Lichtermarkt19
Lichtermarkt18
Lichtermarkt18
Lichtermarkt7
Lichtermarkt7
Lichtermarkt6
Lichtermarkt6
Lichtermarkt9
Lichtermarkt9
Lichtermarkt3
Lichtermarkt3
Feuerig und funkensprühend ging es auf dem Stadtmarkt zu.
Lichtermarkt30
Lichtermarkt30
Lichtermarkt29
Lichtermarkt29
Lichtermarkt36
Lichtermarkt36
Lichtermarkt4
Lichtermarkt4
Lichtermarkt24
Lichtermarkt24
Lichtermarkt13
Lichtermarkt13
Lichtermarkt12
Lichtermarkt12
Lichtermarkt10
Lichtermarkt10
Lichtermarkt16
Lichtermarkt16
Lichtermarkt15
Lichtermarkt15
Lichtermarkt28
Lichtermarkt28
Lichtermarkt31
Lichtermarkt31
Lichtermarkt35
Lichtermarkt35
Lichtermarkt23
Lichtermarkt23
Lichtermarkt25
Lichtermarkt25
Lichtermarkt1
Lichtermarkt1
Lichtermarkt8
Lichtermarkt8




Streetart ist offiziell übergeben – und weckt bewegende Emotionen

Immer noch in Aktion, während die offizielle Übergabe schon stadtfindet: Miguel Peralta und seine Mutter mit Kindern.

Das ältere Ehepaar geht näher heran an die Hauswand der Jugendkunstschule, dann wieder weiter weg. Sie legen den Kopf schräg, zeigen hier und dorthin. Dann zücken sie das Handy und machen ein Foto. „Einfach toll, dieses Bild – es drückt so viel aus, was einem gerade durch den Kopf geht“, sagen sie. Ein kleiner Junge drückt ein paar Stunden vorher glückselig eine Karte mit seinen Namen als Graffiti-Version an seine Brust. „Das ist so cool“, ruft er und schaut den Künstler von ART-HAUS dankbar an. Allein diese kleinen Momente waren das Geld für das Streetart-Projekt wert.

Ein riesengroßes Team von engagierten Künstlern hat Großartiges geschaffen.
Ein riesengroßes Team von engagierten Künstlern hat begleitet von Schülerinnen und Schülern Großartiges geschaffen.

Sie drücken aus, was die sechs vollendeten und seit Sonntag offiziell übergebenen und demnächst 7 farbenfrohen, riesigen Bilder mitten im Stadtbild erreichen sollen. Sie wollen verschönern, zum Nachdenken und Diskutieren anregen und damit für ein Stück bessere Lebensqualität sorgen. In krisengeschüttelten Zeiten eine gute Idee, die nicht unbedingt ungeteilte Zustimmung findet. „Was macht ihr da eigentlich?“, war eine Frage, mit der sich der Kulturausschussvorsitzende Thomas Heinzel sogar in der Schlange beim Bäcker konfrontiert sah. Nachdem er es vor der Bäckertheke erklärt hatte, war die Reaktion ganz anders: „Das ist mal was Gutes“, war sich die geschlossene Bäckerei einig. „Diese Momente gibt es so nicht oft für Politiker, das kann ich Ihnen garantieren!“

Prof. Gerber ist von der Kunst-Aktion ergriffen und begeistert.

Dass Kultur und Kunst generell mehr sind als nur Selbstzweck, sondern „Antriebskraft, Motor, ein Synonym für Fortschritt – das Essentielle in einer Gesellschaft“, ist für Prof. Eckhard Gerber glasklar. Er hat den Stadtmarkt architektonisch gestaltet und selbst heftigen Gegenwind erlebt. „Diese Aktion ist eine gute Idee – sie lädt zur Diskussion ein, zu mehr Wertschätzung“, lobte er. Und sie hat seine Kunst noch zusätzlich aufgewertet: „Dadurch sind die Stützen zu wirklichen Säulen geworden – denn Säulen entstehen erst durch künstlerische Gestaltung“, sagte er und zeigte auf die Graffiti-Typografien, die sich verschmolzen aus arabischen Buchstaben und Linien zum Dach des Stadtmarktes emporschlängeln.

Ein beeindruckender Anblick.

Die Mutter, die ihre Kinder schützend in den Armen hält, gefiel als Motiv nicht jeder Wohnungsbaugenossenschaft. Dass sie jetzt an der Ebertstraße an einer Hausfassade zeigt, wie sehr gerade Kinder umgeben von Kriegen, Vertreibung, Flucht und Not Schutz brauchen, ist umso wichtiger. Viele Passanten bleiben vor dem Hubwagen stehen, auf dem Miguel Peralta immer noch an seinem Werk malt, während in der Stadtbibliothek die offizielle Übergabe stadtfindet – und dort hochgradig emotional wird.

Emotionen bei den Initiatoren und Wegbereitern

Angeregte Diskussionen gab es schon zu Eröffnung zwischen Politikern und Künstlern.

Denn auch Torch ist da, ein Wegbereiter der HipHop und Streetart-Kultur in Deutschland. Inzwischen lehrt er an der Kunstakademie Kassel unter anderem die Philosophie des Graffiti. Darin und in der Straßenkunst geht es vor allem darum, „die Urkraft zu bewahren“. Kinder und Jugendliche haben diese Kunstform erfunden und sich damit den Erwachsenen, jeder Tradition und jeder festgeschriebenen Norm entzogen. „Sich ausprobieren, mit eigenen Wegen und Mitteln ausdrücken, Kunsträume neu definieren, sich selbst ermächtigen – das ist der Kern dieser Kunst“, sagt er und hat dabei fast Tränen in den Augen.

Auch am studiotheater gab es eine Punktlandung: Der Hubwagen steht noch davor.

Auch Dustin Schenk und Stefan Gebhardt, die künstlerischen Leiter des ART-HAUS Projektes fehlten da fast die Worte. Sie wollten nur noch danken – für den Mut, für die Möglichkeiten, für das geballte Engagement des Kulturamt-Teams. „Wir haben erlebt, dass alle Orte hier eine eigene Seele haben. Für die Gesamtschule haben wir den Generalschlüssel bekommen, so viel Vertrauen wurde geschenkt. Mit dem Gymnasium haben wir über WhatsApp den Gerüstaufbau im Urlaub geplant – das war fast schon verrückt und gleichzeitig einzigartig“, schildern sie. Dass in zehn Tagen aus Ideen Realität wurde, haut sie auch jetzt noch restlos um: „Ein atemberaubendes Tempo, der Wahnsinn!“

Christina Loi ist als Kulturdezernentin der Bezirksregierung ebenfalls begeistert von dem, was in Bergkamen entstanden ist.

Es hat sich gelohnt: „Das Projekt bringt Welten zusammen“, ist Kulturdezernentin Simone Schmidt-Apel überzeugt. Mehr noch: Geldgeberin Christina Loi, Kulturdezernentin der Bezirksregierung, sieht Bergkamen „wieder als Hotspot“ mit hochrangigen internationalen Künstlern. „Die Stadt war immer schon ein Motor in Kulturdingen in der Region, mit diesem Projekt in Konkurrenz mit den großen Ruhrgebietsstädten umso mehr – das ist richtig cool!“

Mit einer geführten Tour konnten alle Interessierten am Sonntag die Kunstwerke selbst in Augenschein nehmen.

Streetart_6
Streetart_6
Streetart_7
Streetart_7
Streetart_2
Streetart_2
Streetart_3
Streetart_3
Ein riesengroßes Team von engagierten Künstlern hat Großartiges geschaffen.
Streetart_4
Streetart_1
Streetart_1
Streetart_5
Streetart_5
Streetart_9
Streetart_9
Streetart_10
Streetart_10
Streetart_11
Streetart_11
Streetart_14
Streetart_14
Streetart_13
Streetart_13
Streetart_8
Streetart_8
Streetart_12
Streetart_12
Streetart_15
Streetart_15




Markt für Kinderrechte klärt auf und bietet Spaß in besonders schlimmen Zeiten

Einmal Cowboy sein: Beim Markt für Kinderrechte kein Problem.

Auch wenn der Markt für Kinderrechte inzwischen längst eine Tradition hat: Aktueller könnte er nicht sein. Im Nahen Osten werden grausame Massaker und Angriffe an Kindern und der Zivilbevölkerung verübt. In der Ukraine ist unter beständigem Bombenhagel an Schule und ein normales Leben nicht mehr zu denken. In anderen Teilen der Welt müssen Kinder unter unmenschlichen Bedingungen schuften oder bitteren Hunger leiden. Die Rechte der Kinder werden weltweit mit Füßen getreten und ignoriert wie nie.

Lange Schlangen bildeten sich vor den vielen Ständen auf dem Stadtmarkt.

Also ist auch nach drei Jahren wichtiger denn je, erneut auf eben diese weltweit gültigen Rechte hinzuweisen. Dass Kinder im Krieg geschützt werden müssen, beispielsweise. Dass sie ein Recht auf Schutz auf der Flucht haben. Oder dass sie schlicht spielen dürfen und ein Recht auf Bildung haben. „Viele wissen all dies immer noch nicht – auch oder gerade, wenn sie selbst mit ihren Kindern Erfahrungen bei den aktuellen Geschehnissen gemacht haben“, weiß Christian Stork, Vorsitzender des Stadtjugendrings. Deshalb kann es eigentlich nicht genug Märkte für Kinderrechte geben. Den haben auch in diesem Jahr wieder die engagierten Mitglieder im Stadtjugendring auf die Beine gestellt. Mit einer stetig wachsenden Anzahl von Mitstreitern.

Komplett versunken in die künstlerische Gestaltung der eigenen Version des Erdballs.

„Wir sind diesmal 20 Gruppen, die hier auf dem Stadtmarkt ein vielfältiges Programm gestalten – und es werden immer noch mehr“, freut sich Christian Stork. Neu war diesmal beispielsweise die Naturfreunde-Jugend. Viele Kitas und Kindergärten beteiligten sich. Es gab Bewegungs- und Spielangebote, Bastelecken, Kinderschminken und Tanzen. Und Angebote, die das Spielerische mit dem Förderaspekt verbanden. Wenn beispielsweise ein simples Püppchen aus Einzelteilen gebastelt wurde, dann gab sie die eigenen Gefühle, Wünsche und Emotionen zum Ausdruck. „Das fällt Kindern heutzutage zunehmend schwer, die eigene Gefühlswelt auszudrücken und Worte oder Symbole dafür zu finden – gerade dann, wenn sie schlimme Erfahrungen wie Krieg, Vertreibung oder Flucht erlebt haben“, weiß die Landtagsabgeordnete Silvia Gosewinkel. Als Logopädin interessierte sie sich dafür besonders und beobachtete fasziniert, wie die Kinder hier eigene Wege entdeckten.

Auch Tanzen war im Angebot.

„Das ist ein tolles und wichtiges Angebot, das hier mit diesem Markt der Kinderrechte gemacht wird“, sagt die Politikerin. „Deshalb bin ich auch hier!“ Sie erkundete zusammen mit vielen neugierigen Besuchern die verschiedenen Bereiche für Kinderrechte, beobachtete die Kinder beim Spielen, Toben, Basteln und gegenseitigen Kennenlernen. Sie alle hatten Zettel dabei, die sie von einem Angebot zum nächsten führten – und am Ende zu kostenlosen Getränken und Würstchen als Belohnung. Das Angebot war generell kostenlos. „Wir bauen auf Spenden, und die waren in den vergangenen Jahren immer großzügig“, sagen die Organisatoren.

Beim Kinderschminken war es schwer, stillzuhalten: Drumherum passierte viel zu viel Spannendes.

Auch diesmal war die Resonanz wieder gewaltig. Es bildeten sich lange Schlangen an den Ständen. Begehrt war auch die Stadtbibliothek mit Spielen, Hörbüchern und Lesepaten. Vor allem aber mit der Graffiti-Variante des eigenen Namens, gemalt von Streetart-Künstlern, die gerade eigentlich die Fassaden von Gebäuden verschönern. „Das ist richtig cool“, sagt ein Junge, der seinen Namen auf der Karte stolz an die Brust drückt. „Sowas Tolles zeige ich sofort all meinen Freunden!“

MarktKinderrechte_1
MarktKinderrechte_1
MarktKinderrechte_2
MarktKinderrechte_2
MarktKinderrechte_3
MarktKinderrechte_3
MarktKinderrechte_4
MarktKinderrechte_4
MarktKinderrechte_5
MarktKinderrechte_5
MarktKinderrechte_6
MarktKinderrechte_6
MarktKinderrechte_7
MarktKinderrechte_7
MarktKinderrechte_8
MarktKinderrechte_8
MarktKinderrechte_9
MarktKinderrechte_9
MarktKinderrechte_10
MarktKinderrechte_10




Handwerkerfest beendet die Römerparksaison mit allen Sinnen und Epochen

Funken flogen am Schmelzofen beim Handwerkerfest.

Egal ob Feuersteine wetzen als Steinzeitmann, Steine schleudern als iberischer Krieger der Antike, Wasserspeicher anbringen als Römer, Gürtel nähen als Skandinavier oder Kerzen ziehen, Leder stanzen, Bronze schmelzen und Holz hobeln als Mittelaltervertreter: Für alle, die ein Handwerk in der Tradition längst vergangener Zeiten ausüben, ist genau das ein wahres Fest. Deshalb saßen sie alle auch vor oder in ihren Zelten und Bauten und zeigten auf dem Gelände der Holz-Erde-Mauer, wie ihr Handwerk fasziniert. Zum Abschluss der Freiluftsaison, was ebenfalls schon längst eine Tradition hat.

Fachsimpeln und selbst mitmachen machte besonders großen Spaß.

Wenn die Besucher dann nicht nur zuschauen, sondern selbst mitmachen wollen, ist das Fest perfekt. Wie bei dem jungen Familienvater, der sich Stück für Stück selbst seine Fuchsschwanzkette aus winzigen Klammern bog. Stets unter geduldiger Anleitung, begleitet von spannenden historischen Erläuterungen. Oder wie die Kinder, die sich die Schwerter und Schilde schnappten und neben der Mauer so kämpften wie einst die Römer mit den Germanen. Oder wie der Jugendliche, der sich fast die Nase anbrannte bei dem Versuch, im Schmelzofen ganz genau mitzubekommen, wie das Metall bei stetiger Luftzufuhr aus dem Blasebalg immer flüssiger wurde und die Gussform füllte – über Jahrhunderte übrigens in fast unveränderter Weise.

Kerzen ziehen aus der Gussform – das gab es schon vor 100 Jahren in dieser Form.

Dann schmerzt auch der nächtliche Dauerregen nicht so sehr. Das Interesse und die vielen neugierigen Fragen der Besucher sind der größte Lohn. Irgendwann wird der Kessel für das Erhitzen des Bienenwachses für das Kerzengießen ausgetauscht gegen den Suppentopf und jeder der historischen Akteure bekommt seine Portion. Denn legt auch Museumsleiter Mark Schrader die Kelle mit dem frisch angerührten Lehm zur Seite und lässt das Fachwerk ein paar Minuten lang Fachwerk sein. Wer zwei Tage lang fast 24 Stunden lang in andere Zeiten eintaucht und ununterbrochen arbeitet, hat sich gerade diese gemeinschaftlich-gemütlichen Momente verdient.

Auch Hobeln will gelernt sein, selbst wenn sich die Geräte kaum verändert haben.

Die meisten machten aber auch dann nicht Pause. Der Hobel flitzte unter den Händen unbedarfter Besucher weiter über das Holz und zwischen den Suppenlöffeln gab es genaue Anweisungen, in welchem Winkel und mit welchem Schwung das Gerät am besten funktioniert. Die wilden Bienen übrigens verhielten sich ganz genauso wie ihre Kolleginnen vor mehr als 2.000 Jahren: Sie fielen geschlossen über die Rest-Waben her, die ihre domestizierten Verwandten auf dem Gelände fleißig mit Honig gefüllt hatten. Damit füllen sie ihre Speicher auf und bereiten sich auf den Winter vor.

Viel Arbeit ist ein Wasserspeier, den sich schon die Römer als fantastische Tiergestalten an den Dachfirst hängten.

Wie die menschlichen Historien-Darsteller übrigens auch. Jetzt kommt die Zeit, wenn neue Ideen daheim umgesetzt werden. Denn es gibt bestimmt wieder neue archäologische Funde von Wurfgeschossen, Schmuckstücken oder Holzbauteilen, die sich mit dem originalgetreuen Werkzeug genauso nachbilden lassen, wie es in den verschiedenen Epochen geschah. Die Kerzenzieherin geht garantiert wieder auf die Suche nach alten, gut 100 Jahre alten Formen, als die Massenproduktion allmählich begann. Solche Formen gibt es hierzulande kaum noch: „Ich habe sie in den USA, in Österreich und der Schweiz gefunden und bin ständig weiter auf der Suche“, erzählt sie.

Dann gibt es in der neuen Römerparksaison im nächsten Jahr bestimmt wieder ganz neue Handwerksprodukte aus uralten Zeiten zu sehen. So, wie es sie hier in den verschiedenen Zeiten gegeben hat.

Handwerkerfest12
Handwerkerfest12
Handwerkerfest1
Handwerkerfest1
Handwerkerfest2
Handwerkerfest2
Handwerkerfest3
Handwerkerfest3
Handwerkerfest4
Handwerkerfest4
Handwerkerfest5
Handwerkerfest5
Handwerkerfest6
Handwerkerfest6
Handwerkerfest7
Handwerkerfest7
Handwerkerfest9
Handwerkerfest9
Handwerkerfest17
Handwerkerfest17
Handwerkerfest15
Handwerkerfest15
Handwerkerfest8
Handwerkerfest8
Handwerkerfest11
Handwerkerfest11
Handwerkerfest10
Handwerkerfest10
Handwerkerfest13
Handwerkerfest13
Handwerkerfest18
Handwerkerfest18
Handwerkerfest14
Handwerkerfest14
Handwerkerfest16
Handwerkerfest16
Handwerkerfest19
Handwerkerfest19
Handwerkerfest20
Handwerkerfest20
Handwerkerfest21
Handwerkerfest21