Archäologisches Experiment zerbröckelt beim ersten Anlauf in der Brandgrube

Die Helfer holen die Ergebnisse des ersten Testbrandes aus der Brandgrube.

Spannender Anblick: Das Feuer in der Grube direkt neben der Holz-Erde-Mauer.

Sind mit ihnen vor mehr als 2.000 Jahren tatsächlich besondere Stoffe gewebt worden? Hat die Ankunft der Römer diese seltene Form der Webgewichte verschwinden lassen? Warum die „dreieckigen eckgelochten“ Webgewichte 11-7 v. Chr. noch in der Region am Hellweg verwendet werden und dann verschwinden – die Antwort darauf muss noch etwas warten. Das archäotechnologische Experiment, das am Wochenende den Anfang dafür machen sollte, ist noch nicht ganz geglückt.

Wie die Germanen zeigten sich die Akteure des archäologischen Experiments vor dem Grubenhaus mit dem Webstuhl.

Es sollte den Auftakt für die Eröffnung des Grubenhauses im Römerpark sein. Eine tiefe Grube hatten die Akteure dafür direkt neben dem Nachbau der Lagermauer gegraben und ein großes Feuer entfacht. Gut zwei Dutzend frei nach archäologischen Funden modellierte Varianten der seltenen Webgewichte wurden in das Feuer gelegt. Zusätzlich kamen noch 80 Spinnwirtel dazu. Materialen die es braucht, um das Experiment bis zum Ende zu durchzuführen. Denn letztendlich soll am Nachbau eines historischen Webstuhls im neuen Grubenhaus ausprobiert werden, ob die Webgewichte tatsächlich für den so genannten „2/1-Köper-Stoff“ verwendet werden können.

Der Webstuhl steht bereits.

Das zumindest ist die Theorie von Archäologin Gisela Michel. Sie erforscht mit einem Real-Experiment in Bergkamen, ob die Theorie eine reelle Chance hat. „Diese Webgewichte wurden von den Germanen verwendet und hatten ein Zentrum vor allem in Nordfrankreich, waren aber über die Niederlande bis nach Paderborn verbreitet, wenn auch selten“, erklärt sie. Vermutlich wurden sie deshalb nicht so oft benutzt, weil der Stoff, für den sie benötigt wurden, komplizierter in der Herstellung war.

Zerstört waren leider fast alle Varianten der seltenen Webgewichte.

Der erste Brand jedenfalls funktionierte am Wochenende nicht ganz. Fast alle Webgewichte kamen zersprungen und zerbrochen in der Asche der Grube wieder zum Vorschein. „Vermutlich ein Materialfehler“, meint die Archäologin. „Die Magerung des Tons war wohl nicht ganz in Ordnung“, sagt sie. Der Brand muss noch einmal wiederholt werden Dafür ist aber auch noch genug Zeit. Im August werden sie am Gewichtswebstuhl im Grubenhaus erst beim Weben benutzt. Der Stuhl steht schon. Die Vorbilder dafür stammen vor allem aus dem Mittelalter, denn diese Form des Webstuhl wurde über sehr lange Zeit vor allem in Skandinavien weiter verwendet.

Dachschindel aus Holz entstanden abseits des Experiments.

Zu entdecken gab es rund um die Holz-Erde-Mauer des ehemaligen Römerlagers aber noch viel mehr. Eine römische Ausrüstung lag zur Anprobe bereit. Die Besucher konnten lernen, wovon sich die Einheimischen damals ernährt haben. Der Speisenzettel war jedenfalls weit weniger exotisch als heute. Dachschindel entstanden mit historischen Geräten ebenso wie gefärbte Wolle und Ledermaterialien. In einer anderen Ecke entstanden steinzeitliche Werkzeuge. Es war einmal mehr ein spannender Rundgang durch die Bergkamener Geschichte, der einiges zu bieten hatte und noch einige interessante Fortsetzungen erleben wird.

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Stadtradeln mit neuem Teilnehmerrekord und sauberer Belohnung

Bis zum Lenker verschwanden die Räder in der Radwaschanlage und kamen blitzblank wieder raus.

Horst Steinhoff hat in 6 Jahren schon 13.000 km mit seinem E-Bike erradelt. Da war das Stadtradeln fast ein Klacks.

Zum zweiten Mal ist er beim Stadtradeln dabei. In seiner Radgruppe hat er den 7. Platz belegt mit 504 km. Jeden Tag steigt Horst Steinhoff auf sein E-Bike, das er vor sechs Jahren in einem großen Discounter erstanden hat – auch ohne Stadtradel-Aktion. „Jeden Morgen geht es zum Schwimmen nach Werne und am Wochenende auch nach Lünen“, erzählt er. Mit 81 Jahren hat er damit lässig deutlich jüngere Mitradler weit hinter sich gelassen.

Ab in die Waschanlage – eine kostenlose Belohnung für alle Teilnehmer.

Sein Fahrrad glänzt jedenfalls wieder wie neu, als es aus der Rad-Waschanlage kommt. Dafür ist er wie viele andere am Samstag eigens in die Marina gestrampelt. Dort musste er erst einmal Schlange stehen, denn der Andrang war enorm. Schließlich gibt es einen derartigen kostenlosen Service nicht alle Tage. „Es ist ein kleines Dankeschön für alle, die mitgemacht haben“, sagt Karsten Quabeck. Immerhin haben in diesem Jahr wieder noch mehr Bergkamener als noch im Vorjahr die Fortbewegung mit eigener Muskelkraft zugunsten einer Klimaverbesserung entdeckt. Ein neuer Kilometer-Rekord ist auch zu erwarten.

Auch das Hafenfest-Maskottchen durfte nicht fehlen.

699 Radler haben in diesem Jahr drei Wochen lang alles gegeben, was ihre Räder und die hiesigen Radwege hergeben. Aktuell sind 126.500 km zusammengekommen – es werden wohl noch mehr werden, denn es darf noch 2 Wochen lang nachgemeldet werden. Eine ganze Menge CO2, die eingespart werden konnte. Auch das Bergkamener Gymnasium hat sich mit einem eigenen Team formiert. Hier fuhr eine 5. Klasse ganz weit an die Spitze – auf ungewöhnliche Weise. Der Sport wurde für 3 Wochen kurzerhand mit dem Rad absolviert. Statt auf zwei Beinen ging es dabei sogar mit dem Rad ins Sportstadion – eine Runde nach der anderen.

Mitmachen zählt: Dabeisein ist alles

Lecker: Handgemachtes Eis gab es zusätzlich zum Rad-Spaß.

Für andere zählten eher die Idee und das Motto „Hauptsache dabei sein“. 83 km hat ein Teilnehmer mit äußerst sportlichem Emblem auf dem Trikot geradelt. „Ich bin ehrlich gesagt eher für das Laufen, aber die Aktion hat einen guten Zweck und Mitmachen zählt“, sagt er augenzwinkernd. Bei anderen hat das Knie überraschend nicht mitgemacht. Andere hatten vor den doch recht häufigen und gewaltigen Unwettern verständlichen Respekt.

Schlange stehen für die kostenlose Radwäsche: Der Andrang war groß.

Die meisten Fahrräder hatten dann auch die schnelle und automatische Wäsche bitter nötig. Entsprechend groß war die Nachfrage zum Abschluss des Stadtradelns. Zudem hatte die Stadt Bergkamen noch einige andere Attraktionen in die Marina geholt. Ein Glücksrad, bei dem es nette Accessoires für das Rad oder Karten mit Radrouten zu gewinnen gab. Ein Fahrrad-Händler stand mit den neuesten E-Bike-Modellen und fachkundiger Beratung bereit. Vor allem gab es hier aber schnelle Hilfe für die Behebung des falschen Reifendrucks, klappernde Ketten oder den falsch eingestellten Sattel. Nebenan lockte noch ein mobiler Eiswagen mit handgemachten Leckereien passend zum sonnigen Wetter.

Andere gönnten sich auch weitere schmackhafte Belohnungen für 3 Wochen Rad-Anstrengung.

Einige erwarteten beim Anblick des Hafenfest-Maskottchen vielleicht sogar eine Art Mini-Hafenfest. Sie pilgerten jedenfalls in ganze Gruppen in die Marina und nahmen wenigstens ein Selfie mit dem flauschigen Otter mit nach Hause.




Harter Schmickler ganz weich – auch wenn es „nicht aufhört“

Was soll man machen: Es hört einfach nicht auf mit und von Wilfried Schmickler.

Bitterböse, bierernst, beißend sarkastisch: So kennt man Wilfried Schmickler. Meist mosert er sich wütend und wortgewandt durch den ganz normalen Wahnsinn, hebt stets den Zeigefinger und legt ihn garantiert auf die schmerzende Wunde. Dass er fast zu Tränen gerührt sein kann, lässt sich dabei noch nicht mal erahnen. In Bergkamen sprang er sogar von der studio bühne, um sich für eine Geste der Zuneigung aus dem Publikum zu bedanken. Den Dank richtete er, der mit grimmiger Miene Angst und Schrecken verbreiten kann, mit liebevollen Blicken auch an alle, die den Kulturbetrieb am Nordberg nach zwei kargen Corona-Jahren wieder ans Laufen bringen – „mit so viel Liebe und Engagement“.

Singen kann Wilfried Schmickler auch – mit nicht weniger eindrucksvollen Worten.

Den butterweichen Schmickler gab es aber erst zum Schluss. Dafür reichte ein Stückchen Schokolade mit seinem Konterfei. Davor galt es, eineinhalb knallharte Stunden mit alles anderer als leichte Kabarett-Kost zu verarbeiten. Schmickler lesend, tanzend, singend, reimend, schwadronierend, bombardierend, balancierend. Was er mit Wörtern anstellen kann, ist Hochkultur. Da verwandeln sich Adjektive in verbale Waffen, wenn sie, auch schon mal jenseits der Etikette herausgekramt, unbarmherzig auf Rechtsradikale, AfD und russische Kriegstreiber abgefeuert werden. Nicht weniger beeindruckend sind die Eigenkreationen an Substantiven, wenn Schmickler sie in allen Versformen rund um Klimakatastrophen, Anti-Corona-Gegner oder postfaktischen Störfeuern auftürmt. Das Tempo ist immer atemberaubend. Der Inhalt ist eine Flut aus allem, was das Hier und Jetzt zu bieten haben. Nicht ohne Querverweise auf vermeintlich längst vergangene Untaten, was es noch schmerzhafter macht.

Immer nachdenklich, meistens wütend, immer mahnend: Schmickler, der Redner.

Schenkelklopfer gibt es nur, wenn die Gehirnzellen zu platzen drohen. Kurz verschnaufen, dann geht es unbarmherzig weiter. Mit aufrichtiger Hoffnung auf Vernunft dort, wo Terror und Tod gerade den Ton angeben, steigt Schmickler überraschend ein und zollt der Politikerin im Kleidungsirrsinn seinen nicht weniger unerwarteten Respekt. Sofort wütet er sich warm mit der Herde im Impfstau, Zockerpfaffen, Hubschrauberflügen, Wahlkampfreisen in Kriegsgebiete und Schüttelreimen auf den Stimmungstaliban. Das Lachen stirbt in den Juxraketen, Kopfnebel breitet sich mit Corona unaufhaltsam mit langfristigen geistigen Folgen aus. Dann doch lieber Talkrunden mit Schafen, die sich in die Wolle kriegen, als echtes TV.

Die Friedenstaube hat Wilfried Schmickler mit nach Bergkamen gebracht.

Es braucht Trostspender für die Seele, eine Hölle für Schurken ohne appellierte Solidarität und Vernunft und einen geistigen Plumpssack, der mit dem Ampelmännchen Scholz am CDU-Kindergarten vorbeigeht. Ehemalige Kanzlerkandidaten wandeln mit Mentaltrainern über das Wasser und FDP-Chefs verwandeln sich in Marxisten für Vermurkste. Es muss erst Schmickler kommen, damit die vielgeforderte Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede endlich gehalten wird. Ob er sich damit wirklich als Parlamentspoet empfehlen will, ließ er offen. Nicht aber, dass der Boykott – oh Gott – unser aller komfortable Zonen zum Schmelzen bringen wird. Auch dass es der Neandertaler nicht weiter in der Entwicklung gebracht hat als bis zum Endspurt der Menschlichkeit in der Neuzeit mit korruptem Spitzensport und entgötterten Friedhöfen der Natur. „Was ist das für ein Tier, die Gier?“, fragt er, gründet eine Widerstandsgruppe gegen den Jugendwahn und lässt keinen Zweifel: „Es hört nicht auf“.

Hoffnung lässt Schmickler dann aber doch durchblicken: Ist es nicht doch einfach nur der Mut, der uns allen fehlt? „Auch der Hass auf die Niedrigkeit verzerrt die Züge“, mahnt er abschließend. Und verspricht: „Wir sind nicht taub, blind oder stumm – wir kümmern uns drum!“ Hoffentlich.




Bergkamen blüht mit der 14. Blumenbörse prächtig auf

Gut besucht war der Nordberg, auf dem sich Blumen in allen Varianten präsentierten.

Tomaten, Rosen, Spargel, Zierapfel, Lavendel, Schnittlauch, Rhododendron: Es gab am Samstag auf der Bergkamener Blumenbörse nichts, was nicht auf den Balkon oder in den Garten passt. „Bergkamen blüht auf“ war endlich nach endloser Corona-Pause wieder das Stichwort. Und das passte auch wie Faust aufs Auge. Gutgelaunt strömten die ersten schon zwei Stunden vor dem offiziellen Beginn auf den Nordberg, um sich die schönsten Blumen und Pflanzen zu sichern.

Das Bergkamener Maskottchen entsteht unter der Kettensäge.

Dabei ist Corona hinter den Kulissen immer noch präsent. Zwei Aussteller mussten infektionsbedingt kurzfristig absagen. Die restlichen gut 30 Stände füllten die Lücke mit kunterbunten Angeboten. Wer wollte, konnte zwischen den Blumen und Gemüsepflanzen Erdmännchen aus Stahl springen lassen oder echte Hühnerküken hineinsetzen. Letztere schlüpften direkt vor Ort. Das Holzmaskottchen entstand unter der akkubetriebenen Kettensäge und dürfte etwas zu groß für die meisten Gärten oder Balkone sein. Den passenden Kompost gab es für die Blumenkästen gleich dazu.

Einen Blick in die Ferne: Auch das konnten Interessierte im Vorfeld der Fundsachenversteigerung riskieren.

Der Mini-Kühlschrank aus dem Keller des Fundbüros macht sich in den kommenden heißen Tagen sicher auch ganz gut. Er bekam bei der Versteigerung fast so viel Aufmerksamkeit wie die unzähligen Fahrräder, die Rollatoren, Handys, der Schmuck und die Spiele für die Konsole. Vieles davon war gefunden worden und hatte seine Besitzer verloren. Manches war von der Polizei sichergestellt worden. „Wir konnten aufgrund der Pandemie zwei Jahre lang nichts versteigern – unsere Keller sind übergequollen, wie mussten schon in andere Räume ausweichen“, schildert Susanne Lütgebraucks. Mehr als 60 Fundstücke hatte sie zusammengestellt. „Wir haben noch viel mehr“, sagt sie.

Junge Französinnen verzieren Taschen am Stand der Partnerstadt Gennevilliers.

Auch wenn sich die Sonne etwas Zeit ließ: Die Stimmung war mehr als gut. In der Europa-Ecke konnten zum Europatag der Kulturen Postkarten aus der Partnerstadt Gennevilliers abgeschickt, der Gipfel der Welt erklettert oder eine Kostprobe von Leckereien aus den Partnerstädten im polnischen Wieliczka und türkischen Silifke oder deutschen Hettstedt vor Ort ausprobiert werden. Die passenden Sprachkurse gab es von der VHS gleich dazu. Dazu tanzten weiblichen Cowboys und engagierte Musiker von mobilen Live-Bands wie den „Polkas“ oder „Swingenden Gärtnern“. Da hatten die meisten Besucher längst schon ganz besondere Muttertagsgeschenke in den Körben und Taschen.

Bergkamen blühte jedenfalls so richtig auf – passend zu den anstehenden ersten hochsommerlichen Tagen.

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Römerpark startet mit knallharten Gladiatorenkämpfen in die Saison

Hoch her ging es in der „Arena“ bei den Gladiatorenkämpfen zur Eröffnung der Römerpark-Saison.

Da gingen manche Vorurteile mit dem Weihrauch in der Opferschale in Rauch auf. Wer von den Besuchern der Gladiatorenkämpfe in der Oberadener „Arena“ ahnte schon, dass früher auch Frauen mit haarsträubenden Waffen gegeneinander antraten? Oder dass die blutigen Spektakel ursprünglich aus dem Totenkult kommen und Kämpfer früher an antiken Gräbern aufeinander eindroschen? Eine kleine historische Lehrstunde, die auf dem Gelände des Römerparks am Wochenende außerordentlichen Spaß machte.

Netz, Dreizack und noch viel mehr eigentümliche Waffen waren im Einsatz.

Da durfte man nicht nur hemmungslos seinen Favoriten anfeuern, der oder die sich mit unterschiedlichen Helmen, Lendenschurzen, Beinschienen und Schilden im Sand wälzte. Dazu gab es gleich die passenden lateinischen Bezeichnungen, wenn Netze dicht gefolgt vom Dreizack flogen, Schwerter und Dolche hervorgeholt wurden und Waffen, die man ernsthaft noch nie gesehen hatte. Der Saisonstart am Nachbau der Holz-Erde-Mauer begann jedenfalls spektakulär. Und auch ein wenig besinnlich, denn beim Weihrauchopfer nach dem feierlichen Einzug der Akteure inklusive Schlüsselübergabe sollte jeder an alle Menschen denken, die es gerade weniger beschaulich und bequem haben.

Feuer machen mit Steinzeitwerkzeugen: Gar nicht so leicht.

Auch nach diesem aufsehenerregenden Einstieg gab es viel zu entdecken. Hinter der Mauer im einstigen Römerlager hatten sich in mehreren Zelten gleich verschiedene Epochen der Bergkamener Geschichte aufgebaut. In der Steinzeitecke mühten sich Väter, Mütter und Kinder mit einfachsten Werkzeugen ab, um ein Feuer zu entfachen. Was heute ganz bequem auf Knopfdruck zu haben ist, war für die ersten Menschen echte Schwerstarbeit. Auch bei den Germanen war es alles andere als leicht, an farbiges Material für die Kleidung zu kommen. Das Färben erforderte unzählige Arbeitsgänge und echtes Fachwissen über die Natur und ihre Farben.

Musik ist Trumpf – auch in längst vergangenen Zeiten.

Holz bearbeiten, mit einem Wurfgeschoss das Lager verteidigen, die langweiligen Stunden des Wartens mit Musik aus längst vergessenen Musikinstrumenten versüßen oder einfach nur Licht in der nicht elektrifizierten Dunkelheit nachhaltig hinbekommen: Überall konnten die Besucher etwas lernen. So wird es in der neuen Saison nach heftigen Corona-Einschränkungen auch munter weiter gehen auf dem Gelände des Römerparks – mit einigen Neuerungen. Dazu gehört ein neuer Handwerkerunterstand mit Holzwerkstatt und Schmiede, verbesserten Lagerflächen und rekonstruierter Terrasse, einem germanischen Grubenhaus und einem Steinzeit-Unterstand. Mitte des Jahres wird der Eingangsbereich nach antiken Vorbildern inklusive Porticus neugestaltet. Der Nachbau des Nordtores steht ebenfalls an.

Das Programm ist jedenfalls randvoll mit Einweihungen, Erlebniswochenenden, Kinderfreizeiten und Festen im Römerpark. Das wird ein spannender historischer Sommer!

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Messe Natur & Garten empfiehlt sich als Frühlingsfest mit viel guter Laune

Neu: Die Messe als Frühlingsfest mit Fairtrademarkt.

Sie schaute gelassen auf alles herab. Die Pflanzen, die Speisen, die Dinge, die sich Menschen in den Garten stellen, den Kompost, die Tiere in Aquarien. Lediglich bei dem gewaltigen Bienenschwarm, der in der Imkerei gerade als kompakte Wolke ein- und ausflog, riskierte Kakadu „Kitty“ einen neugierigen Blick in die Höhe. Sie war der wohl kurioseste Besucher der Messe „Natur & Garten“, die als Frühlingsfest mit neuem Namen am Samstag mehr Besucher auf der Ökologiestation verdient hätte.

Kakadu „Kitty“ liebt Ausflüge. Die Messe „Natur & Garten“ konnte sie nach 2 Jahren Pause endlich wieder von der Schulter aus betrachten.

„Kitty“ kennt die Messe schon – noch vor Corona und noch mit altem Konzept. Die Pandemie hat auch hier Flexibilität erfordert. Bei der ersten Neuauflage nach zwei Jahren war weiterhin ein coronakonformes Konzept gefragt. Deshalb spielte sich alles im Freien ab. Und das Wetter unterstützte mit schmeichelhaften Frühlingslüftchen. Nicht allerdings die Realität, auch wenn Masken, Tests und Impfen schon fast vergessen scheinen. Allein ein Dutzend Aussteller hat das Virus niedergestreckt und kurzfristig große Lücken in das liebevoll geplante Ausstellerbild gerissen.

Fair gehandelt: Kunterbunte lustige Eierwärmer.

Denn zum ersten Mal sollte es einen eigenen Fairtrademarkt geben. Der präsentierte sich etwas spärlich aufgrund der Ausfälle mit Kaffee, Honig, Schokolade, nachhaltigen Tipps in Broschürenform von der Verbraucherzentrale, farbenfrohen Eierwärmern und kunstvoller Kreativität aus Nepal. Die beliebten Gemüsepflanzen hatten ihre gewohnte Ecke, ebenso der Pflanzenflohmarkt mit Maiglöckchen, Kakteen und Co. Im Inneren gab es lediglich die stets gut frequentierte Kuchentheke. Anstelle von Ausstellern präsentierten sich diesmal Fotos von Dr. Janine und Herbert Teuppenhayn mit einer „vielfältigen Tierwelt im heimischen Garten“ als Sonderausstellung für alle, die trotzdem noch die Maske dabei hatten.

Staunend betrachten Besucher Wesen aus dem Wasser.

Zu entdecken gab es trotzdem viel. Kuriose Wesen aus dem Wasser, Autobahnen für Igel, Kreaturen unter dem Mikroskop, Fachliteratur, Gartendekoration, frischer Apfelsaft oder frisch gezapftes Bier. Wer noch mehr Unternehmungslust mitbrachte, konnte die bei Exkursionen durch die Lippeaue, im Wildbienengarten oder in der Imkerei ausleben. Oder er und sie genoss es ganz entspannt wie „Kitty“ von einem gemütlichen Platz aus mit schönen Leckereien zwischendurch – für die Menschen sorgten der Biofleisch-Grill oder die Bäckerei für kulinarische Entspannung.

Organisatorin Agnès Teuwen konnte zufrieden sein mit dem ersten „Frühlingsfest“ in der Ära nach mehr als zwei Jahrzehnten Michael Bub. Die Besucher waren begeistert und genossen es, bei schönem Wetter endlich mal wieder gemeinsam etwas erleben zu können.

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Sicherheit und Solidarität unter dunklen Krisenwolken: Saskia Esken beschwört zum 1. Mai den Zusammenhalt

Saskia Esken am Rednerpult in der recht gut gefüllten Römerbergsporthalle.

Die historische Fahne konnte sie auch nicht aus der Reserve locken. Ebenso wenig die politische Prominenz oder das schöne Maiwetter. Der Museumsplatz in Oberaden blieb zur traditionellen Maikundgebung recht dünn besetzt. Dabei durften sich die Gewerkschaften für die Interessen der Arbeitenden endlich nach langer Corona-Pause wieder in Bewegung setzten. Mit Saskia Esken, der Bundesparteivorsitzenden der SPD, an der Spitze.

Gemeinsam auf den Weg machten sich die Teilnehmer der Kundgebung – in überschaubarer Anzahl.

Zuvor war noch unklar, ob die prominente Gastrednerin mitlaufen wird. Von einem Sturz und Krücken war die Rede. Sie kam dann aber gut gelaunt und entpuppte sich mit sportlichem Schuhwerk äußerst marschgewandt. Immerhin lieferte der Spielmannszug den passenden Takt. Und die Römerberghalle war auch besser gefüllt, als der kurze Kundgebungszug befürchten ließ. Was dann verbal folgte, war weit entfernt von einstigen Kampfreden ihrer historischen Vorgänger. Angesichts der bevorstehenden Wahlen gab Saskia Esken eine fast ausschließlich vom Blatt abgelesene, fast nüchterne Parteiempfehlung ab. Dass dabei der Ukrainekrieg, Flüchtlingsfluten, Waffenlieferungen, Aufrüstung, drohende Ausweitungen der Konflikte, drastische Inflation und anderes aktuelle Ungemach im Vordergrund standen, war wenig überraschend.

Gemeinsamkeit und Solidarität: Das stand bei Saskia Esken im Vordergrund.

Endlose Pandemiebewältigung und dauereskalierender Krieg direkt vor der Tür: Die Last wiegt bei allen politischen Akteuren schwer. Auch bei Saskia Esken war deutlich zu spüren, dass Lösungswege schwer zu finden sind. Es gilt zudem, einiges an Kritik beiseite zu schaufeln. Unmissverständlich machte sie klar, „dass Putin mit der Vernichtung der Ukraine und seinem imperialistischen Großmachtstreben“ nicht gewinnen darf. Seit Jahrzehnten kultivierte vermeintliche Gewissheiten seien über Nacht verloren gegangen. An ihre Stelle treten höchst umstrittene Waffenlieferung. Die „umsichtige, aber entschlossene, bedachte“ Handlungsweise von Scholz verteidigte sie vehement: „Die Zusammenarbeit hat Priorität – ich bin froh darüber, dass Olaf Scholz sich nicht treiben lässt, nicht überstürzt handelt, sondern verantwortungsvoll ist und abwägt.“ Schließlich müsse verhindert werden, dass sich der Krieg zu einem Flächenbrand ausweite.

Lauter Protest für das Sondervermögen der Bundeswehr

Gewerkschaftsfahnen und Plakate zu einzelnen Themen gingen in der Menge mit.

Für die Rechtfertigung des Sondervermögens der Bundeswehr erntete sie vereinzelten lauten Protest. Um die Bündnisfähigkeit der Bundeswehr sei es schlecht bestellt mit mangelnder Ausrüstung und mangelhaften Strukturen. Das sei auch ein Ergebnis von 16 Jahren unionsgeführter Parteipolitik, fehlte auch der Wahlkampfseitenhieb nicht. Alle anderen wichtigen politischen Projekte der SPD wie Energiewende, bezahlbarer Wohnraum, Bildungschancen – das alles werde diesem Schritt, „der uns nicht leicht fiel“, nicht untergeordnet, sondern gehöre zu einem „erweiterten Sicherheitsverständnis“ im „Bemühen um eine neue europäische Friedensordnung“. Dazu brauche es mehr als nur Rüstung.

Die Bergbautradition steht in Oberaden auch beim 1. Mai noch immer im Mittelpunkt.

Es folgte eine lange Aufzählung der jüngsten „guten Taten“. Die Entlastungspakete für die Menschen allein reichten nicht, „auch bei den Löhnen muss Bewegung rein“. „Diese Inflation müssen wir gemeinsam lösen“, betonte sie. Es ginge um eine „Politik, die den Fortschritt umarmt“. Wie das alles erreicht werden soll, blieb jedoch offen. Der Respekt vor der Arbeit sei an vielen Stellen verloren gegangen. Der Mindestlohn als Erfolgsgeschichte, stabile Renten als langfristige Sicherung, Kindergrundsicherung als Ziel, weniger Abhängigkeiten in den Lieferketten, Digitalisierung, Zuwanderung für Fortschrittsfähigkeit, Fortbildung als Grundrecht: Es ging hurtig einmal querbeet durch alle sonst noch drängenden Themen – und daran mangelt es wahrlich nicht. Dafür gab es höflich langanhaltenden Applaus, nachdem erneuten Störrufen der Garaus bereitet wurde.

Gemeinsames Handeln für den Frieden und mehr

Hat mindestens eine ebenso lange Tradition: Die Erbensuppe am 1. Mai.

Krieg, Inflation, Energiekrise: Die Themen waren auch bei den übrigen Rednern allgegenwärtig. Volker Wagner als Vorsitzender der IGBCE Ortsgruppe Oberaden versäumte es nicht, traditionsgemäß darauf hinzuweisen, dass der Ausstieg aus der Steinkohle ein großer Fehler gewesen sei, der sich jetzt räche. Er forderte eine nationale Kohlereserve. „Wie angreifbar wird erneuerbare Energie in Zukunft sein?“, fragte er. Bürgermeister Bernd Schäfer griff das ebenfalls vielbeschworene Thema der Solidarität auf. Es habe wahrlich ruhigere Zeiten gegeben, in denen es Maikundgebungen in Oberaden gab. Gerade jetzt sei es „umso wichtiger, dass es Gewerkschaften gibt“. Gemeinsames Handeln sei wichtig – die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht selbstverständlich.

Solidarisch ging es auch anschließend beim gemeinsamen Fest zu. Man stellte sich brav in der endlosen Schlange für die Erbsensuppe an, kaufte spannende Getränkemixe als Spende für die Ukraine oder füllte die herumwandernden Spendenboxen. Und unterhielt sich noch lange auch über den Auftritt lokaler Prominenz für eine engagierte Darbietung bergbaulicher Liedtradition.

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Wuchtige Archäotechnik: Römerpark lädt zur handwerklichen Zeitreise ein

Nicht nur hier ist Kraft gefragt: Am Anfang will ein Teil vom Baum zerlegt werden.

Er schlägt mit solcher Wucht zu, dass es laut durch den Wald knallt. Die Kinder auf dem Spielplatz nebenan hören alle gleichzeitig auf zu spielen und drehen die Köpfe zum Römerpark. „Guck doch mal, was der da macht“, rufen einige und laufen mit noch mehr Neugierigen durch das Tor. Das haben die meisten von ihnen noch nie gesehen. Einen bärenstarken Mann in Lederschuhen und Leinenhosen, der einen ganzen Baumklotz mit einem Beil in die Luft wuchtet.

Die Rohschindel entsteht.

Was Steven Mizushima dort am Osterwochenende hinter der Holz-Erde-Mauer trieb, war keine Show. Holzklötze zerteilen, aus Scheiten mit dem Schindeleisen hauchdünne Scheiben schälen, das Ganze auf der Ziehbank hobeln: Schindeln entstanden hier. Tausende. 4.000 Schindeln genau braucht es, um die Behausung für die Handwerker, die kontinuierlich am Wachstum der römischen Lagerbefestigung bauen, wetterfest zu machen. Ganz so wie vor mehr als 2.000 Jahren.

Die Besucher schauen neugierig bei jedem Handwerksschritt zu.

Anhaltspunkte dafür liefert die Erde, auf der sich allein am Ostersonntag fast 200 Besucher das uralte Handwerk anschauten. Auch Holzschindeln aus der Zeit der römischen Besatzung haben die Archäologen hier gefunden. Ebenso Werkzeuge. Steven Mizushima weiß aber auch aus anderen Gründen ganz genau, was er tut. Er ist gelernter Forstwirt und kennt die Bäume mit ihrem Holz in- und auswendig. Wie hölzerne Dachschindeln gemacht werden, dass hat er von Meistern ihres Fachs in Norddeutschland gelernt. Dort gibt es noch einige wenige Vertreter der längst ausgestorbenen Berufe wie Möillenhauer. „Da lernt man alles, was man braucht, um solche fast vergessene Handwerkskunst wieder aufleben zu lassen.“

Zeigen, „was niemand mehr macht“

Mal eben mit einer Hand hochheben, was allmählich zerlegt wird.

Genau das macht ihm Spaß. Etwas zeigen, „was niemand mehr macht“. Seit acht Jahren geht er jetzt in dieser Leidenschaft auf. Dafür übernachtete er auch am Wochenende in den spartanischen Zelten auf dem Gelände des Römerparks, umgeben von unzähligen antiken Werkzeugen und selbst im benachbarten Wald gefällten Bäumen. Archäotechniker nennt sich das aus Sicht der Wissenschaft. Jemand, der längst vergessene Kunstfertigkeiten wieder originalgetreu zum Leben erweckt. Schindelhauer hieß mal der Beruf, den er hier zeigt.

Zum Schluss gibt es den Feinschliff mit dem Hobel.

Für eine Holzschindel braucht er nur wenige Handgriffe. Ein Ungeübter würde sich ungleich länger mit den ungewohnten Werkzeugen abmühen. Mancher will es nicht glauben und überprüft staunend die Klingen der Beile, Äxte und Hobel und versucht sich daran, den gewaltigen Holzhammer hoch über den Kopf zu wuchten. In den Händen von Steven Mizushima klafft schon die eine oder andere frische Wunde. Manches Gerät ist so scharf, dass eine leichte Berührung bereits Spuren hinterlässt. Alle ließen sich zeigen, wie die Schindeln am Ende auf den Dächern befestigt werden: Versetzt, fast genauso wie moderne Dachziegel und übereinander: Das Holz wölbt sich mit der Zeit und hinterlässt Lücken.

Ein spannendes Wochenende, das für Steven Mizushima schon früher anfing als formell gedacht. Die Besucher standen bereits um acht Uhr früh am Eingang und schauten neugierig hinein. In den nächsten Wochen kommen die nagelneuen und schweißtreibend hergestellten Schindeln übrigens auf das erste Dach. Da gibt es dann noch mehr zu sehen.

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Endlich wieder gemeinsam: Fastenbrechen stillt Hunger nicht nur an den Iftar-Tischen

Andrang am Iftar-Büffet in der Mensa des studio theaters.

Die Teller sind schon gefüllt, als der Muezzin seinen Ruf in die Mensa des studio theaters schickt. Die zwei Jungs am Tisch der beiden türkischstämmigen Familien schlagen sofort zu. Dabei brauchen sie noch nicht zu fasten. Ihre ältere Schwester schon. Sie hält sich aber noch vornehm zurück. „Ich möchte gern fasten und es stört mich auch nicht, wenn in der Schule alle essen und trinken“, sagt sie und lässt ihre Gabel auch jetzt noch eine Weile liegen. Sie hat es nicht eilig beim Iftar, dem traditionellen abendlichen Fastenbrechen während des Fastenmonats Ramadan.

Musik mit traditionellen Instrumenten.

Am Freitag gab es endlich wieder ein gemeinsames öffentliches Fastenbrechen. Kurzfristig, spontan und mit geladenen Gästen – aber in guter Tradition. Eingeladen hatten, wie schon seit vielen Jahren, der interreligiöse Gesprächskreis und das städtische Integrationsmanagement. Muslime, Christen, Ungläubige und Andersgläubige: Alle waren eingeladen, denen am guten multikulturellen Zusammenleben etwas liegt.

Der Muezzin ruft und das Fastenbrechen kann beginnen.

Am Tisch neben den beiden türkischstämmigen Familien, die schon in der 3. Generation in Bergkamen leben, waren die Teller der deutschen Gäste noch leer. Sie warteten, bis sich die lange Schlange am Büffet etwas gelichtet hatte. Feigen und Brot begleiteten die Gespräche, die sich hier vor allem um den Krieg in der Ukraine und saftig gestiegene Lebenshaltungskosten auf allen Ebenen drehten. Aber auch hier fasten einige. Denn seit langem findet die vorösterliche christliche Fastenzeit einmal zeitgleich mit dem muslimischen Ramadan statt. Der eine verzichtet sichtlich kämpfend auf soziale Medien, der andere ringt mit der Abstinenz von Schokolade. Andere probieren sich im Intervallfasten – aus gesundheitlichen Gründen.

Ein Zeichen senden für Frieden und Toleranz

Gute Stimmung an den Iftar-Tischen.

Auch Ehrenbürgermeister Roland Schäfer bekannte sich bei der Begrüßung im studio theater als aktiver Fastender. Wichtiger war ihm aber der Hinweis, dass das multikulturelle Miteinander in Bergkamen vor allem bereichernd sei. „Eine Gesellschaft lebt von Anregungen und auch von Auseinandersetzungen.“ Dazu tragen Begegnungen wie diese bei, die durch Corona viel zu lang ausfallen mussten. Denn gemeinsam an den Iftar-Tischen zu speisen, „sendet auch ein Zeichen für alle Weltenbürger für Frieden und Sicherheit, für Liebe, Respekt, Toleranz und gegenseitige Hilfe“, so der DITIB Moscheegemeinde Oberaden, Zekeriya Kalabalik.

Roland Schäfer und Zekeriya Kalabalik begrüßten die Gäste.

Der verwies auch auf die über 60 Jahre, in denen nun schon in Bergkamen die Kulturen miteinander leben. Die ersten Muslime kamen als Gastarbeiter aus der Türkei, waren am Ende Fachkräfte und haben Kinder und Enkel in der 2. und 3. Generation mit Hochschulabschlüssen oder eigenem Unternehmen. „Sie alle haben viel geleistet für Integration und ein friedliches Zusammenleben.“ Das gemeinsame Fastenbrechen am Freitag sollte auch zeigen, dass „der Ramadan voll ist mit spirituellen Schönheiten und Wünschen.“ Der Koran betone gerade den Wert der Unterschiede zwischen den Menschen, der verschiedenen Sprachen und kulturellen Farben. Alle stammten von einem Propheten ab, egal welcher Religion sie angehören. Was zählt seien die Verantwortung füreinander, die Dankbarkeit, Geduld und Solidarität, vor allem aber die Barmherzigkeit.

Skeptische Blicke von den kleinsten Gästen.

Die Rezitation von Koranversen zum Thema Fasten zeigte die melodische Schönheit der theologischen Basis der Fastenzeit. Dazu gab es anschließend noch mehr Melodien aus klassischen Musikinstrumenten. Ein Abend, der nicht nur den physischen Hunger stillte, sondern auch die Sehnsucht nach Austausch, Gemeinschaft und kultureller Anregung. Auch dieser Hunger will nach langer Durststrecke offensichtlich endlich wieder gestillt werden.

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Blau-gelbe Bänder formen Menschenkette und setzen ein Zeichen für den Frieden

Eindrucksvoller Anblick: Die Menschenkette auf dem Marktplatz als Zeichen für den Frieden.

Ihr kommen die Tränen, als sie zum Mikrofon greift. Als sie zu sprechen beginnt, verstummen alle Gespräche auf dem Markt in Bergkamen. „Mein Kind wurde vor 10 Tagen in der Ukraine geboren“, flüstert die junge Frau. „Ich hoffe“, sagt sie und dann versagt ihr die Stimme. Rund um sie herum wehen blaue und gelbe Bänder im Wind. Gut 500 Menschen halten sie mit den Händen jeweils an einem Ende. Es sind so viele gekommen, um gegen den Krieg zu protestieren und ein Zeichen für den Frieden zu setzen, dass aus der Menschenkette eine Menschenschnecke wurde.

Kerzen und Landesfarben so weit das Auge reichte.

Kerzen brennen in der Mitte. Auf bunten Fahnen erinnert „Peace“ an das, was bis vor wenigen Tagen noch trügerische Sicherheit für die meisten in Europa war. Auf einigen schnell gestalteten Schilder wird Putin direkt aufgefordert, den Wahnsinn in der Ukraine zu beenden. In vielen Gesichtern ist angesichts der aktuellsten Nachrichten von atomaren Drohungen einfach nur blanke Angst zu sehen. „Seit wenigen Tagen hat sich unsere Welt vollständig verändert“, sagt Bürgermeister Bernd Schäfer. „Krieg hat in der Vergangenheit und Gegenwart nur eines gekannt: Verlierer.“ Deshalb sei nur ein Weg möglich: Zurück an den Verhandlungstisch.

Die Friedenstaube hob ab – zumindest auf den Plakaten.

Die Stimme der nächsten Rednerin zittert, als sie daran erinnert, dass gerade in diesem Moment unzähligen Menschen „an den Grenzen stehen und vertrieben werden“. Dafür müssten wir „unsere Türen öffnen – „sie alle haben Putin nichts getan, niemand hat das.“  Auch die Beigeordnete Christine Busch kämpft mit den Emotionen, als sie betont: „Wir haben das in Bergkamen schon oft bewiesen, dass wir Menschen aufnehmen können – das werden wir auch jetzt tun.“

Bänder in den ukrainischen Landesfarben vereinten die Mahnenden.

Ganz spontan und in aller Eile haben sich alle in Bergkamen am Donnerstag digital organisiert, die dem Krieg in der Ukraine etwas entgegensetzen wollen. Solidarität, offene Herzen, ein Zeichen, ein deutliches Statement: Kirchen, Parteien, Religionen, Vereine, Verbände und die Stadt Bergkamen haben kurzfristig alle mobilisiert, die hier Flagge zeigen wollten. Sie eint das blanke Entsetzen über ein Szenario, das viele auf europäischem Boden nicht mehr für möglich hielten. Ohnmacht, Hilflosigkeit, Wut: Keiner, der hier den anderen über die Bänder bei der Hand nahm, kann fassen, was sich gerade direkt vor der Tür Europas abspielt.

Auch die Jüngsten wollten wenigsten mit einer Kerze der Hoffnung auf Frieden Ausdruck verleihen.

„Die Zeiten sind vorbei, in denen wir naiv glauben können, dass wenn wir gut sind auch die anderen gut zu uns sind“, betonte Marco Morten Pufke abschließend. Er sei froh, dass die Politik erst wenige Minuten zuvor im Bundestag Einigkeit gezeigt habe und Zeichen für Solidarität, Demokratie, Freiheit und Frieden gesetzt habe. Blaue und gelbe Bänder und Ballons zogen am Ende friedlich nach Hause und setzten so im ganzen Stadtgebiet kleine farbige Akzente.

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Acht Frauen lassen auf der Bühne des Gymnasiums die Masken fallen

Von wegen „Me too“. Diese 8 Frauen ließen sich am Samstag auf der Bühne des Gymnasiums überhaupt nichts sagen. Sie hatten allesamt eine Hauptrolle und spotteten allen weiblichen Stereotypen. Sie hätten sämtliche das Zeug zu hinterhältigen Mörderinnen gehabt. Doch wer den Hausherrn am Ende umgebracht hatte, war bei der Aufführung des Theaterkurses eigentlich egal. Viel spannender war es, der ungehemmten Spielfreude zu folgen. Und eine Maske nach der anderen fallen zu sehen.

Viele Frauen und ein großes Durcheinander.

Endlich gab es wieder eine Aufführung des Kurses, der als Fortsetzung des Literaturkurses die Leidenschaft für das Theater kultiviert. Diesmal ohne Lockdowns, nur mit lästiger Masken- und Testpflicht. Und mit einem mehr als schalen Beigeschmack des Krieges in der Ukraine, weshalb die Gedanken aller zunächst auch dorthin ging – bevor sich überhaupt ein Vorhang hob. „Für viele von uns ist es auch eine persönliche Belastung, denn viele Schülerinnen und Schüler haben Verwandte oder Kontakte in die Ukraine“. Deshalb tat es auch gut, einen Abend lang mal etwas ganz anderes zu hören und zu sehen.

Auch die Hausdame hatte es faustdick hinter den Ohren.

Die Wahl fiel auch deshalb auf das Theaterstück des französischen Autors Robert Thomas, weil der Theaterkurs tatsächlich ausschließlich aus jungen Darstellerinnen besteht – acht an der Zahl. Die beiden männlichen Kollegen stießen erst später dazu und kümmerten sich um das beeindruckende Bühnenbild, Ton und Licht. „Vor zwei Wochen war die Bühne noch eine Baustelle. Es ist beeindruckend, was sich gleich vor uns präsentiert.“

Tolles Bühnenbild – komplett selbstgestaltet.

Das schmucke Wohnzimmer eines reichen Industriellen zeigte sich in ganzer Pracht hinter dem Vorhang. Dort und unsichtbar hinter den vielen Türen spielte sich die höchst verwickelte Handlung ab. Anstelle beschaulicher Weihnachten gab es einen toten Hausherrn, ein gekapptes Telefon, eine verschwundene Waffe, ein zerstörtes Auto und ein verschlossenes Eingangstor. Das alles war ebenso Fassade wie das sorgsam gepflegte Image jeder einzelnen der Anwesenden. Die Hausdame entpuppt sich als Spielsüchtig, die Tochter als schwanger, die Oma hortete ihre Aktien im Kissen und die „vertrocknete“ Tante schrieb flammende Liebesbriefe.

Engagiertes Spiel auf der Bühne.

Nächtlicher Streit, dubiose Teelieferungen, ein Hausmädchen mit heimlichen Rendezvous, Explosionen, vergiftete Hunde: Es ging drunter und drüber und keine der Frauen war, was sie wirklich zu sein schien. Ein sarkastisch-humoristischer Ausflug in die Abgründe der menschlichen Fassaden, hinter der sich Abgründe auftun – ganz wie aktuell in mancher Realität.

Ein Geschenk für alle.

Die Freude am Spiel steckte jedenfalls an und ließ für ein paar Stunden die raue Realität mit drohenden Szenarien in den Hintergrund treten. Für den Kurs gab es das Aufführungsplakat in Luxusausführung. Und die Gewissheit, hat sich fortgesetzte Engagement nach dem Unterricht mehr als gelohnt hat.

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