Wenn Frauen in anderen Zeiten auch zum anderen Zeitpunkt immer zurückstecken müssen

Glitter bei der Matinee zum nachgeholten Internationalen Frauentag.

Ein „anderer Zeitpunkt“ war es ganz gewiss, an den es den Internationalen Frauentag in Bergkamen Ende August anstelle des traditionellen März verschlagen hatte. Ob es auch wirklich getreu dem Motto „andere Zeiten“ sind, mag jede Frau für sich selbst entscheiden. Objektiv hat sich nicht viel verändert, seit es die Frauenbewegung gibt. Das musste auch ein Mann konstatieren, der als Bürgermeister die Begrüßung übernahm.

Bürgermeister Bernd Schäfer und die Gleichstellungsbeauftragte Martina Bierkämper.

„Auf dem Papier ist die Gleichstellung vorhanden – Zugang zu Bildung und gleichbezahlten Jobs sind immer noch nicht selbstverständlich, viele Frauen müssen Gewalt erleben“ und träumen nur von fairer Arbeitsteilung in der Familie, von Respekt und Wertschätzung, resümierte Bernd Schäfer. Der Wille zur Veränderung fehle immer noch vielerorts – „zum Teil befeuert durch Corona, insbesondere in den so genannten systemrelevanten Berufen wie in der Pflege oder im Einzelhandel oder auch bei der Kindererziehung in den Lockdown inklusive der fatalen Folgen für die Erwerbsbiografie“. Die Stadt setzt ein Zeichen, indem Christine Busch als erste Frau für das Amt der 1. Beigeordneten vorgeschlagen wird. Zumal „uns Zeiten mit extremem Fachkräftemangel drohen“, so Schäfer.

Engagierte Worte von der Gleichstellungsbeauftragten.

Frauenmärz im August tut deshalb Not. „Wir wollten und konnten nicht bis zum nächsten März warten, um auf die drängenden Themen aufmerksam zu machen“, betonte die Gleichstellungsbeauftragte Martina Bierkämper. Es sind eben irgendwie doch andere Zeiten, auch wenn sich vieles allzu vertraut anhört. Corona, Klimakrise, Krieg und statt Finanz- die Energiekrise. In Bergkamen gibt es zum Glück ein gutes Beratungsangebot, das viele Folgen der Pandemie auffangen konnte. Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine wurde auch gut gemeistert. Unterstützung tut hier weiter bitter not, auch in der Ukraine selbst für Widerstand, Wiederaufbau und Frieden. Beim Klimawandel „ist ein umfassender gesellschaftlicher Wandel erforderlich, bei dem wir Frauen an den Lösungen der drängenden Probleme beteiligt werden müssen“, so Bierkämper weiter. Sie wies auch auf die Not der Frauen in Afghanistan hin, die nicht vergessen werden darf.

Frauen bei der Krisenlösung beteiligen

Gemeinsam beim Zähneputzen träumen: Ehealltag mit Lennhardt und Lennhardt.

Die Krisen dürfen nicht „einfach nur irgendwie abgearbeitet werden – wir Frauen wollen jetzt beteiligt ein, weil wir Lösungen mit einbringen können“, lautete der Appell der Gleichstellungsbeauftragten. Wie das im ganz normalen Alltag aussieht, zeigte das Comedy-Ehepaar Lennhardt und Lennhardt“ mit einem Augenzwinkern auf der Bühne – wohlwissend, dass hier mehr Wahrheit drinsteckt als Fiktion. „Frisiert und aufgemöbelt“ ging es dabei durch alle Bereiche des Zusammenlebens von Mann und Frau. Mit einem Rabenmutter-Blues mit fettigen Haaren und dreckigen Ohren, der aus tiefster rabenschwarzer Seele kam. Da wurden schon mal Rechnungen für Dienstleistungen gestellt, damit die Künstler-Ehe funktioniert. Der Traum vom kinderbetreuten Luxusurlaub strandete in der Realität auf dem Bauernhof. Und der Flirt mit dem feurigen spanischen Regisseur änderte auch nichts an der Wärmflasche anstelle des Feuers unter der Bettdecke.

Auch unter der Bettdecke war allerhand los, in dem mehr Wahrheit als Comedy steckte.

Fröhlich ging es durch die neue Küche mit luftigem Loftcharakter und anschließend direkt zum Italiener. Der Wechseljahr-Song durfte nicht fehlen, ebenso wenig wie das Gebet an den Urgrund des Seins, der Körper-Gebrechen-Song und das Lied vom minimalen Anspruch. Als Barbie und Ken wird das wahre Leben auch nicht viel besser. Mit geliehenen Socken gab es noch eine kleine Mutdusche für den depressiven Mann, bevor das üblicherweise komplett fehlgeleitete Geschenk zum 18. Bühnenjahr inklusive 30. Hochzeitstag in mehreren heftigen Zugaben inklusive Jodelauftritt gipfelte. Ein bisschen Selbstironie von beiden Geschlechtern muss dann eben auch sein, um zu erkennen, dass der Weg auch nach mehr als 100 Jahren Frauenbewegung immer noch ein weiter ist.

Frauentag22_1
Frauentag22_1
Frauentag22_2
Frauentag22_2
Frauentag22_3
Frauentag22_3
Frauentag22_5
Frauentag22_5
Frauentag22_6
Frauentag22_6
Frauentag22_7
Frauentag22_7
Frauentag22_9
Frauentag22_9
Frauentag22_13
Frauentag22_13




Kunstwerkstatt sohle 1 feiert 25 Jahre Dialog und Partnerschaftsfunken in der Kunst

Die aktuellen Kunstschaffenden der Künstlergruppe sohle 1 im Jubiläumsjahr auf einen Blick.

„Kunst“, sagt Gründungsvater Dieter Treeck, „ist ein spannender Dialogpartner“ – über alle Grenzen und Epochen hinweg. Das wünscht er sich für die Kunstwerkstatt sohle 1 auch die nächsten 25 Jahre. Und vor allem „kritische Betrachter“, denn ohne Kritik funktioniert Gesellschaft ebenso wenig wie die Kunst. Nur so gibt es Weiterentwicklung.

Gründungsvater Dieter Treeck (l.) mit allen Wegbegleitern.

Streng genommen hätte die Kunstwerkstatt erst einen Tag später, am 28. August, ihren 25. Geburtstag gefeiert. Weil sich in der Corona-Atempause aber die Veranstaltungen stapeln, „haben wir etwas vorgefeiert“, sagt die Vorsitzende Silke Kieslich am Samstag, während sich alle Künstler mit Gästen im Hof des Pestalozzihauses versammelt haben. Die Big Band der Musikschule spielt auf, im Hof wimmelt es nur so vor Gemälden auf Holz und in den Kunsträumen des Gebäudes werden noch fleißig Schablonen ausgeschnitten für den Siebdruck. Das Plenair mit Kunst in der Entstehung zum Anfassen und Anschauen ist noch nicht ganz zu Ende, da steigt die Geburstagsparty. Und die Jubiläumsausstellung wirft ihre Schatten voraus.

Dieter Treeck bei seiner Jubiläumsrede.

„Wir sind zusammen im analogen Zeitalter gestartet und im digitalen angekommen“, fasst Silke Kieslich 25 Jahre prägnant zusammen. Viel ist in einem Vierteljahrhundert entstanden, auf allen Ebenen in allen Dimensionen. Dabei hat es ganz und gar analog angefangen. Mit Dieter Treeck, der die Partnerschaftsidee bei Besuchen im polnischen Wieliczka wörtlich nahm. Die Bergkamener Partnerstadt veranstaltete ein großes Plenair. Das zündete auch den Funken für die Idee, eine eigene Kunstwerkstadt in Bergkamen zu initiieren. 1997 war es so weit. Der Funke zündete auch noch weitere im Kreis der Partnerstädte. In Hettstedt ließ sich der dortige Verein inspirieren, um sich in einen kunstorganisierenden in einen kunstschaffenden zu verwandeln. Auch deshalb war Harald Illmer am Samstag mit Mitstreitern aus Hettstedt bei der Jubiläumsfeier dabei.

Vom Funken, der überspringt

In den Räumen der Pestalozzischule konnte noch beobachtet werden, wie Kunst entsteht, wie hier beim Siebdruck.

20 Gründungsmitglieder waren es anfangs. Inzwischen sind es 36 in allen Kunstsparten. Und immer wieder kommen neue dazu, denn die sohle 1 hat einen ganz besonders guten Ruf – über die Stadtgrenzen hinaus. Doris Trost und Bärbel Seprzagala kommen aus Lünen, sind befreundet und beobachteten schon lange mit Bewunderung, was sich in der Nachbarstadt künstlerisch tut. In verschiedenen Kunstgruppen waren beide aktiv, als zeitgleich die Anfrage kam, ob sie in der Kunstwerkstatt mitmachen wollen. Die eine mag die Bildhauerei. Die andere das Zeichnen, Malen und Radierungen. Beide sind sich einig: „Unsere Kunstwerke stehen zu Hause. Ständig kommt ein neues dazu, aber niemand sieht sie“, sagt Doris Trost. „In einer Künstlergruppe gibt es Austausch mit den anderen, man bekommt Anregungen, Themen, Kritik, Ratschläge“, ergänzt Bärbel Seprzagala. „Darauf freuen wir uns am meisten. Und: Die Qualität der Kunst, die hier in der Gruppe entsteht, ist schon einzigartig.“

Ganz besondere Klangmusik gab es neben der bildenden Kunst.

Die Funken, die im Großen gezündet haben, lodern bei jedem Einzelnen weiter. Roland Schäfer begleitete als Stadtdirektor und später als Bürgermeister die Entstehung und Entwicklung der Kunstwerkstatt. Die ergänzte das ohnehin schon bunte Kunstschaffen in der Stadt mit dem Bilderbasar und anderen einzigartigen Initiativen mehr als anregend. Wie die Künstler selbst das sehen und es erlebt haben, lässt sich ab dem 2. September mit der Jubiläumsausstellung „Wegmarke 25“ genauer beobachten. „Darin schauen wir auf 25 Jahre zurück und spielen auch mit der Zahl 25“, macht Silke Kieslich Lust auf die Vernissage, die in der Galerie sohle 1 um 17 Uhr beginnt.

Die Jubiläumsfeier wurde am Samstag noch mit bezaubernder Klangmusik, Tanz von der Schreberjugend und offenen Ateliertüren mit Blicken auf entstehende und vollendete Kunst abgerundet.

Sohle1_25_4
Sohle1_25_4
Sohle1_25_5
Sohle1_25_5
Sohle1_25_6
Sohle1_25_6
Sohle1_25_7
Sohle1_25_7
Sohle1_25_8
Sohle1_25_8
Sohle1_25_2
Sohle1_25_2
Sohle1_25_9
Sohle1_25_9
Sohle1_25_1
Sohle1_25_1
Sohle1_25_10
Sohle1_25_10




Marina quillt mit Rallye und Musik-Party zum Sommer-Abschluss über

Begeisterte Kinderscharen lassen sich mit Musik und Seifenblasen zum akrobatischen Tanzen animieren.

Wenn schon kein Hafenfest, dann wenigstens eine Hafenparty. Das war das Motto am Samstag auf allen Seiten. Der Andrang in der Marina konnte es jedenfalls locker mit dem ausgefallenen Groß-Event aufnehmen. Mit der Sommer-Rallye für die Kinder und abschließender Musik-Party für die Erwachsenen war es dicht dran. Punktuell war kein Durchkommen mehr. Und das Ende der Schlangen vor den Spielstationen oder Speiseständen war manchmal nicht mehr genau auszumachen.

Wenn das keinen Spaß macht: Ponyreiten fast wie auf dem echten Pferderücken – zielgenau durch den Parcours.

„Wir hätten hier locker noch sechs weitere Stationen aufbauen können und es gäbe immer noch Warteschlangen“, staunte Karsten Quabeck vom Stadtmarketing. Auch gelegentliche Regentropfen veranlassten niemanden dazu, seinen festen Platz in der Schlange vor dem Tattoo- oder Button-Stand, dem Ponyreiten und Zielspritzen, den bunten Sommerkappen oder dem Ninja-Action-Parcours preis zu geben. „Es ist unglaublich, was hier los ist – ein wirklicher Erfolg“, ist Karsten Quabeck mehr als zufrieden.

Akribisch wird die Sonnen-Kappe bemalt.

Zusammen mit den Bergkamener Familienzentren war das kunterbunte Treiben organisiert worden. „Wir haben 2.000 Kinder und ihre Familien eingeladen – und es sind offenbar alle gekommen“, beobachtet Riccardo Conte von der AWO das Gedränge am Air Brush-Stand. „Wir haben vor einiger Zeit auf gut Glück Kompressoren angeschafft und uns selbst in der Kunst des Tattoo-Sprühens versucht“, schildert er. Was als zeitsparende Alternative für das Kinderschminken gedacht war, „kam so gut an, dass wir das jetzt nur noch machen“, sagt er augenzwinkernd. „Die Masse an Kindern hätten wir heute auch gar nicht geschafft“, ergänzt er. 30 Sekunden dauert es gerade einmal, schon ist ein fantasievolles Motiv für bis zu 3 Tage auf der Haut verewigt.

Im Labyrinthischen Wirrwarr den Überblick behalten

Überraschende Walking-Acts kommen mit dem Fischernetz aus der Menschenmasse.

Die Begeisterung der Kinder war jedenfalls grenzenlos. Mancher erwachsene Begleiter musste unterwegs durch die sechs Parcours die Flügel strecken. „Wie geht das denn jetzt hier?“, fragt sich ein leicht ratloser Großvater laut beim Anblick von Tunneln, Reifen, Kisten mit kreativen Naturmaterialien und einem labyrinthischen Wirrwarr aus Absperrbändern. Während die Enkeltochter alles auf dem Bauch, mit den Zehenspitzen, hüpfen, springend und schlängelnd spielerisch meistert, bricht ihm schlicht der Schweiß im schwülen Sommerwetter aus. Als nächstes steht auch noch ein Parcours mit Miniatur-Pony samt mechanischem Hoppeleffekt an. „Ich komme gleich wieder“, sagt er ermattet und erholt sich kurz beim Anblick der Künstlerinnen, die aus einem nassen Sandklotz ganz langsam und akribisch riesige Figuren meißeln. Und lässt sich vom Seemann auf Stelzen mit dem riesigen Fischernetz lachend einfangen – Selfie inklusive.

Und tschüss: Der dritte Ball wehrt sich noch, hat aber keine Chance gegen den Wasserstrahl.

Die Feuerwehr hat in nächster Zeit ganz bestimmt kein Rekrutierungsproblem. Die Nachwuchs-Feuerwehrleute haben sich mit der Mini-Spritze durchweg bewährt als es darum ging, vier Bälle zielgenau von den Flaschen zu spritzen. Die selbstbemalten Kappen taten spätestens dann Not, als der Zauberer im wieder zurückgekehrten prallen Sonnenschein seinen Auftritt hatte. Und mit dem mutigen Einhorn auf dem frisch gestanzten Button trauten sich die meisten auch auf das Elektro-Surfbrett mit fiesen Action-Stufen.

Richtig gute Musik zum Abschluss mit den „De Coronas“.

Ein aufregender und schweißtreibender Tag, der mit Gutscheinen für Würstchen, Waffeln und Getränken belohnt wurde. Doch darum ging es gar nicht. Endlich gab es mal wieder die Gelegenheit für die ganze Familie, echte Abenteuer gemeinsam mit vielen anderen zu erleben. Dass es am Abend auch noch einen heftigen musikalischen Ritt durch die Hitlisten gab, rundete den generationenübergreifenden Erlebnistag perfekt ab. Auch hier gab es kein Halten und vor allem absolut keine Parkplätze mehr. Denn jeder wollte dabei sein, als die holländische Band „De Coronas“ ihrem beziehungsreichen Namen zum Glück keine Ehre machte und die Corona-Wolken machtvoll vertrieb. Mittendrin ein Podest für die persönlichen Musikwünsche der Zuschauer, die von den vier Akteuren auf der Bühne mit Links beantwortet wurden.

Hafenparty1
Hafenparty1
Hafenparty4
Hafenparty4
Hafenparty5
Hafenparty5
Hafenparty8
Hafenparty8
Hafenparty9
Hafenparty9
Hafenparty11
Hafenparty11
Hafenparty12
Hafenparty12
Hafenparty13
Hafenparty13
Hafenparty14
Hafenparty14
Hafenparty15
Hafenparty15
Hafenparty16
Hafenparty16
Hafenparty19
Hafenparty19
Hafenparty20
Hafenparty20
Hafenparty21
Hafenparty21
Hafenparty23
Hafenparty23




Das Kulturpicknick verabschiedet sich mit turbulentem Improtheater

Auch körperlich engagiert ging es auf der Bühne bei der Urlaubstherapie zur Sache.

Diesmal ging es verbal hoch her beim letzten Kulturpicknick des Bergkamener Kultursommers 2022. Auch körperlich hatten die „Springmäuse“ mit ihrem Impro-Theater einiges zu bieten. Dazu brauchte es nur einen Tisch, vier gut gelaunte Akteure und ein Publikum, das alle Urlaubserlebnisse hemmungslos rausließ. Und freimütig Einblicke ins Privatleben gewährte, die schließlich sehr frei interpretiert auf der Bühne landeten.

Ein engagiertes Quartett: Die Springmaus.

Da war von asthmatischen Brunftschreien über kantonesische Begegnungen mit Ameisen im Erlebnishotel samt Ziegen im Bad alles dabei. Ob es der Country Robot Rap mit Gin Tonic am Ende tatsächlich bei jedem auf die Liste der Sommerhits schaffte, sei dahingestellt. Es machte jedenfalls Spaß, auf der Picknickdecke oder aus der Perspektive der Liegestühle zu beobachten, wie sich jedes hineingerufene Stichwort umgehend in eine haarsträubende Szenerie verwandelte. Ob als Slowmotion-Aktion, verwegener Urlaubsschlager oder Talkshow mit kreativer Gebärdensprache.

Volle Arena im Römerpark beim letzten Kulturpicknick.

Es traf vielleicht nicht immer jeden Geschmack, wenn die Urlaubshassmomente am Büffet mit weißen Socken in den Sandalen oder den nicht abgezogen Hinterlassenschaften im Stillen Örtchen als Schlagerhäppchen etwas zu tief in die Albernheit getunkt wurden. Gute Laune verbreitete es allemal zu beobachten, wie unter dem Dauergeläut der benachbarten Kirche mit verschiedenen Emotionen die Unterwäsche der Kinder im Elternkoffer landet und der Ritt auf der Banane gründlich schief geht. Der Ballermann-Talk mit Gebärdenspräche über Bier und Sangria ging nahtlos in die Partnerberatung für das Publikum über – als Soundtrack für das gemeinsame Lebensmotto in der Reggae-Variante.

Absolute Faszination in der ersten Reihe.

Es war ein gutgelaunter Abschluss dieses Kultursommers, der mit wohlwollendem Applaus belohnt wurde. Der echten Suchtfaktor wie beim Tandemsaugen schwappte allerdings nicht ganz über. Dennoch: Das Kulturpicknick hat längst seinen festen Platz in der Bergkamener Kulturlandschaft und wurde gerade in diesem Jahr nahezu ausgehungert begrüßt. Alle Veranstaltungen waren mehr als gut besucht und die Bergkamener haben sich professionell darauf eingestellt. De Luxe-Picknickkörbe und -Decken werden immer häufiger. Ganze Menüs kommen daraus zum Vorschein und machen die sommerlichen Abende im Römerpark zu einem zusätzlichen Erlebnis. Die Vorfreude auf das nächste Jahr ist schon jetzt unbändig.

Springmaus1
Springmaus1
Springmaus3
Springmaus3
Springmaus5
Springmaus5
Springmaus6
Springmaus6
Springmaus8
Springmaus8
Springmaus10
Springmaus10




Archäologisches Experiment gedeiht: Mit 1.000 Litzen auf dem Weg zum antiken Stoff

Noch einige Litzen fehlen, bis der germanische Webstuhl einsatzbereit ist.

Oben greift die Hand Zielsicher zwischen die Fäden, schafft sich Raum und zieht einen anderen Faden hindurch. Der wird unten in einer bestimmten Reihenfolge um den Holzbalken gewickelt. Dann geht alles wieder von vorn los. Knapp 1.000 Mal. Das dauert das ganze Wochenende. Um ein hochwertiges Stück Stoff zu bekommen, mussten die Menschen vor gut 2.000 Jahren viel Geduld haben. Und reichlich Arbeit investieren.

Filigrane Handarbeit ist gefragt.

Eigentlich sollte der germanische Webstuhl im Grubenhaus sogar schon die ersten Stoffteile herstellen. So weit kam es bei brütender Hitze am Wochenende aber nicht. Mit Mühe waren alle Litzen gebunden, um den Webstuhl überhaupt einsatzbereit zu bekommen. Das ging nicht ohne Hilfe. Die Archäologin Gisela Michel brauchte die fleißigen Hände der „Germanin“ Melissa Solich, die das Fadenwirrwarr für ein zügiges Fortkommen lichtete. „Das macht richtig Spaß. Wann hat man sonst schon die Gelegenheit, so ein spannendes archäologisches Experiment hautnah mitzuerleben?“

Das richtige Muster entsteht im Fadengewirr.

Denn ein Experiment ist es wahrlich, was dort mühsam in mehreren Schritten entstanden ist. Am Anfang standen die sogenannten dreieckigen Webgewichte. Die wurden in lediglich geringer Zahl in einem bestimmten Verbreitungsgebiet von den Archäologen entdeckt. Sie haben eine einmalige Form und scheinen für das Weben einer besonderen Sorte Stoff verwendet worden zu sein. Genau erforscht ist das noch nicht. Gisela Michel hat es sich zur Aufgabe gestellt, diese These zu beweisen. Dafür hat sie zunächst die Webgewichte originalgetreu mit der richtigen Ton-Magerung hergestellt und gebrannt. Dann entstand der Webstuhl ebenfalls nach historischen Vorlagen mithilfe eines Fachmanns. Nun folgt noch der letzte Schritt, das Weben. 2/1er Köper heißt die Technik, bei der Schuss und Kette eine Rolle spielen. Doch das muss jetzt noch warten.

Abtauchen in 2000 Jahre alte Handwerkskünste

Bunte Stoffe standen mit den zugehörigen Färbemitteln bereit.

Während die beiden Frauen im Akkord die Fäden zogen, blühte im Schatten des Nachbaus der römischen Holz-Erde-Mauer das germanische Handwerksleben – den hitzigen Umständen entsprechend. In einer Ecke konnte man sich mit eigenen Augen überzeugen, wie Wolle als Grundmaterial für das Weben gefärbt wird. In der anderen Ecke lagen Fibeln und Schnallen für die fertigen Stoffe bereit. Kettenhemd und Helm blieben meist ungenutzt nur zur Anschauung liegen – sich damit durch die pralle Sonne zu bewegen, war schlichtweg eine Tortour.

Hier entsteht ein Kamm aus Geweih.

Schweißtreibend war auch der Entstehungsprozess für die filigranen Kämme, die unter anderem auch für die Wolle verwendet werden. Sie entstehen je nach Zielgruppe aus Elfenbein, Geweih oder Knochen. Mit der Säge und viel Geduld geht es an das Grundmaterial, um daraus Anhänger oder auch Würfel zu formen. Die liegen entweder über dem fertigen Stoff, der sich dann in ein Kleidungsstück verwandelt hat – oder verschwinden in Beuteln darunter und darüber.

Allzu viele Besucher trauten sich nicht in die wabernde Hitze und den Schatten der Bäume. Gewappnet mit reichlich Getränken und in gemachem Tempo wanderten sie von Stand zu Stand und tauchten für ein Weilchen in eine ganz andere Welt ein. Das fiel nicht schwer, hatten die Fachleute doch zusätzlich einige spannende Informationen zu bieten.

Webstuhl_1
Webstuhl_1
Webstuhl_2
Webstuhl_2
Webstuhl_3
Webstuhl_3
Webstuhl_5
Webstuhl_5
Webstuhl_7
Webstuhl_7
Webstuhl_8
Webstuhl_8
Webstuhl_9
Webstuhl_9
Webstuhl_11
Webstuhl_11
Webstuhl_14
Webstuhl_14




Kino Open-Air füllt die Stuhlreihen mit beschwingter Rentner-Komödie und viel Sternenhimmel-Flair

Tolle Kulisse mit heimischer Action-Eröffnung beim Open-Air-Kino.

Etwas Nachhilfe brauchten die Bergkamener schon. Auf der Leinwand stand zwar die Aufforderung in riesigen Lettern. Unter ihre Stühle schauten sie aber erst, als die Mitarbeiter der Stadt an jeder Reihe im Open-Air-Kino vorbeimarschierten und laut ausriefen, dass es jetzt etwas zu gewinnen gibt. Immerhin 10 Kinogutscheine waren unter den Sitzen versteckt. Wer zu den Glücklichen gehörte, ließ es sich jedenfalls nicht anmerken.

Volle Reihen und flimmernder Projektor vor tollem Nachthimmel.

Einfach war es auch nicht, das zu erkennen. Inzwischen war die Nacht über dem Gelände der Bogenschützen hereingebrochen. Ein halber Mond hatte sich direkt neben die riesige Kinoleinwand geschoben und die Bäume glühten in prächtigen bunten Farben. Eine tolle Kulisse, von der die meisten offenbar mehr in den Bann gezogen wurden als vom Gewinnerglück. Außerdem heulten plötzlich Feuerwehrsirenen auf und das Blaulicht tauchte das Gelände für ein paar Sekunden in funkelndes Lichterfeuer der anderen Art. Kurz darauf wurde auf der Leinwand die Drehleiter ausgefahren, Feuerwehrleute rannten in voller Montur zum Einsatzort, die Flotte der Einsatzwagen rückte aus: Der nagelneue Imagefilm war mehr als nur die Eröffnung des Filmabends. Es war fast schon eine eigene Action-Einlage.

Tolle Stimmung bescherte die Mobile Band.

Bis dahin war das Open-Air-Kino eigentlich wie immer verlaufen. Schon eine Viertelstunde vor dem offiziellen Beginn standen die Besucher mit Decken, Kissen und Picknickkörben auf dem Roten Teppich, um sich einen von 500 Sitzplätzen zu sichern. Pizza, Pommes, Popcorn, Nachos: Es stand alles bereit, um vier Stunden bis zum Kinobeginn mehr als sinnvoll zu vertreiben. Zumal die Mobile Musikband sich mit alten, neuen und aktuellen Hits mitten durch die Besucher musizierte und gute Stimmung verbreitete. Schon lange vor dem Filmstart war es voll. Der eigentliche Film war längst zur Nebensache geworden.

Volker Meyer parkt als „Stadtteilpolizist“ zum letzten Mal in der ersten Reihe direkt neben dem Roten Teppich.

Denn wenn die Reihe „Sommer in Bergkamen“ mit den Veranstaltungen durch die Stadtteile zieht, dann ist es immer auch ein Stück Stadtteilparty und eine Frage der Ehre, dabei zu sein. Hier trifft man sich und feiert. Dann ist auch der „Ortsscheriff“ in seinen letzten paar Amtstagen dabei. Polizist Volker Meyer parkte wie immer direkt neben dem Roten Teppich, um das letzte Mal auch als Ordnungshüter die Veranstaltung zu begleiten. Seit 45 Jahren ist er Polizist. Seit 1994 als Dienstältester in „seinem“ Stadtteil Overberge. Am 31. August geht er in Rente. Ein bisschen Wehmut war deshalb schon dabei, als er über den Roten Teppich ging. „Es war eine tolle Zeit hier in Overberge“, resümiert er. Bei jedem Kino-Open-Air war er ganz nebenbei auch dabei. Langweilig wird ihm bestimmt nicht werden. „Mein großes Hobby ist das Reisen. Ich war schon fast überall – und es gibt immer noch einiges zu entdecken“.

Spektakuläre Feuerwehreinlage zum Start des Imagefilms in eigener Sache.

Das bewiesen auch die Leinwand-Akteure um Maren Kroymann, Heiner Lauterbach und Barbara Sukowa als Anfänger-Großeltern mit Leih-Enkeln. Da geht es von Anfang an selbstverständlich drunter und drüber mit den lieben Kleinen und deren Eltern. Vor allem aber mit den eigenen Erwartungen und den Herausforderungen der Realität. Ein quietschvergnügter Ausflug in die etwas anderen Seiten des Rentnerdaseins, der Spaß machte – auch wenn er erst unlängst im Fernsehen lief. Dabei fehlte aber garantiert die Traumkulisse mit Sternenhimmel und Mondschein. Und mit den leicht empörten Fledermäusen, die regelmäßig dicht an der Leinwand vorbeiflatterten.

OpenAirKino22_8
OpenAirKino22_8
OpenAirKino22_3
OpenAirKino22_3
OpenAirKino22_4
OpenAirKino22_4
OpenAirKino22_6
OpenAirKino22_6
OpenAirKino22_9
OpenAirKino22_9




Abbruchparty: Wellenbad wird zum Abschied nach 50 Jahren fast allein gelassen

 

Anstehen und jubeln zum großen Abschiedsfinale.

Gedämpfte Partystimmung im Wellenbad.

Noch steht alles im Wellenbad Weddinghofen. Die Rutsche, der Sprungturm, die Umkleidekabinen, das Haus, in dem sich die Wellenmaschine verbirgt. Auch wenn am Samstag zur Abbruchparty geladen wurde – ganz offiziell. Genauer gesagt ist es die letzte Party vor dem Abbruch. Bis dahin schaukeln sich noch in regelmäßigen Abständen die Wellen in die Höhe und läuft das Wasser die Rutsche hinab in das Sportbecken. Wie schon seit 50 Jahren.

Nochmal ab durch die Rutsche, bevor sie abgebaut wird.

„Es ist richtig traurig, dass das alte Wellenbad wegkommt“, meinen Joulin (15), Vanessa (17) und Paulina (15). „Wir sind immer hier, mit der ganzen Clique. Wir hören Musik, schwimmen, haben einfach Spaß. Wir sind mit dem Wellenbad quasi aufgewachsen“, sagen sie. „Es wird uns fehlen!“ Deshalb sind sie auch zur Abbruchparty gekommen. Und sie werden jede freie Minute nutzen zum Abschiednehmen.

Spaß in den Wellen nur noch für kurze Zeit. Dann wird die Wellenmaschine abgestellt.

Das wird nicht mehr allzu viel Zeit sein. Ab dem 15. August wird der Betrieb auf halbe Tage zurückgefahren – abhängig vom Wetter. Ab Oktober startet der Rückbau. Bis dahin muss noch viel erledigt werden: Fernwärme- und Gasleitungen müssen entfernt, Bauwasser installiert werden. Und: Ein großer Teil der Ausstattung zieht nach Ghana um. Dort entsteht ein neues Krankenhaus, das dankbar ist für jede Unterstützung. Die alten Mülleimer finden hier ebenso eine sinnvolle Wiederverwendung im OP-Bereich wie die Stangen für die Absperrungen, die Spinde und die Trennwände der Umkleiden. Dr. Samuel Okae als Organisator war deshalb am Samstag ebenso beim großen Abschied mit von der Partie wie andere, die seinen Nothilfeverein unterstützen.

Über das Wasser laufen ist gar nicht so einfach.

Die meisten jungen Besucher wollten einfach nur Spaß haben. Es warteten riesige Wassertiere und Inseln darauf, beklettert zu werden. Übers Wasser gehen konnte jeder Einzelne auch – wenn er denn den Dreh herausfand und es über die Plastikplane im Wasser schaffte. Stelzen, Hüpfbälle, Teamwettkämpfe: Das Partyteam hatte ein buntes Programm ausgearbeitet, damit richtig Stimmung aufkam. Allzu viele hatten allerdings bei deutlich abgekühlten, aber immer noch strahlend schönen Sommertemperaturen nicht den Weg ins Wellenbad gefunden.

Verhaltener Abschied mit Wehmut

Rutschspaß vor fast verlassenen Liegewiesen.

Die riesige Wiese blieb fast leer. Auch auf den meisten Bänken um die Schwimmbecken war noch Platz. Hier hatten es sich auch ältere Besucher gemütlich gemacht. Eine von Ihnen war schon „seit bestimmt 20 Jahren nicht mehr hier – vorher aber regelmäßig mit den Kindern wegen der Rutsche und den Wellen“, erzählt sie. „Das Wellenbad gehört doch einfach zu Bergkamen dazu, es ist schade, dass es jetzt verschwindet. Ich wollte heute einfach Abschied nehmen.“ Ebenso wie eine junge Familie, die häufig aus Kamen hierherkommt. „Die Rutsche ist toll, die Wellen – das ist großartig für Kinder“, erzählt das Ehepaar. „Wir ziehen hier gern unsere Runden im Sportbecken. Wenn das Wellenbad jetzt schließt, haben wir eine ganze Weile gar kein Freibad mehr und müssen in die Halle. Mit einem Kombibad wird es bestimmt auch nicht einfacher, richtig Schwimmen zu gehen“, glauben sie. Eine Frau kommt mindestens einmal in der Woche aus Castrop-Rauxel hierher. „Wenn ich meine Schwester besuche, geht im Sommer mit den Enkeln immer ins Wellenbad – das gehört für mich zu Bergkamen dazu. Und es wird mir wirklich fehlen, denn die Alternativen sind richtig teuer.“

Die riesigen Wassertiere machten trotzdem Spaß.

Wehmütig ist auch der Bäderbetriebsmanager der GSW, Sven Holtsträter. Schon im Kamener Freibad, wo er einst seine Ausbildung begann, „hat es ehrlich gesagt weh getan“, als die Bagger anrückten. Hier in Bergkamen hat er auch am Beckenrand die Schwimmgäste im Auge behalten. „Auch das ist ein schwerer Schritt – aber es entsteht ja etwas Neues, in dem viel Potenzial steckt“, meint er. Zumal sich das Badeverhalten der Gäste definitiv verändert hat. Es kommen viel weniger Gäste in die Freibäder. „Richtig voll wird es fast nur noch, wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen.“ Das treibt die Kosten noch zusätzlich in die Höhe.

Das ließ sich auch am Samstag beobachten. Abschied hin oder her: Den meisten war es bei bis zu 25 Grad offenbar zu kalt. „Wir hätten mit mehr Besuchern gerechnet“, resümiert Sven Holtsträter.

Abbruch1
Abbruch1
Abbruch3
Abbruch3
Abbruch5
Abbruch5
Abbruch7
Abbruch7
Abbruch8
Abbruch8
Abbruch9
Abbruch9
Abbruch13
Abbruch13




Im 26. Jahr feiert die 25. Sommerakademie Jubiläum und eine Generation Kunstleidenschaft

Bis zum letzten Moment noch am Objekt arbeiten: Die 25. Sommerakademie ging am Freitag zu Ende.

Das hat ebenfalls Tradition: Gemeinsames Abschlussessen der einzelnen Kurse inmitten der geschaffenen Kunstwerke.

Bayern, Niedersachsen, Berlin, Düsseldorf, Bonn: Der Ruf der Sommerakademie geht längst weit über die Grenzen des Kreises Unna hinaus. Wenn hier Holz und Stein in fantasievolle Formen gebracht werden, aus Farben Aquarelle und freie gemalte Welten entstehen, gedruckt und gezeichnet wird, dann sind gestandene und Nachwuchskünstler inzwischen seit Generationen am Werk. Am Freitag zeigten die 82 Teilnehmer zum 25. Mal, was sie in einer Woche geschafft und geschaffen haben. Eigentlich wäre es die 26. Auflage gewesen, wenn es Corona nicht gäbe.

Musik gehört dazu, wenn die Abschlussausstellung gefeiert wird.

Also war es eigentlich ein Jubiläum eines echten Erfolgskonzepts, dass auch alle Volkshochschulen über die Stadtgrenzen hinaus verbinden. Aus dem Kreis Unna sind alle dabei, die Nachbarn aus Hamm ebenso. Und weil es von Anfang an nicht nur Spaß gemacht, sondern auch echte Künstler hervorgebracht hat, sind die meisten Teilnehmer mehr als treu. Sagenhafte 40 Prozent kommen von außerhalb, weil es sich eben herumgesprochen hat: Freunde und Bekannte werden angeworben. Ehemalige Westfalen lesen und hören in der Ferne davon.

Die Steinbildhauerei präsentiert sich in 3D.

Ines genießt schon länger das Rentenalter in vollen Zügen. Mit der Sommerakademie begann sie eigentlich mit der Premiere vor 26 Jahren. „Ich hörte von der Ausstellung der Ergebnisse der ersten Akademie und schaute mir das an. Es war faszinierend und ich wollte auch dabei sein“, erinnert sie sich. Seitdem hat sie nur ein einziges Mal gefehlt. Ansonsten steht mindestens ein gewaltiger Stein jedes Jahr für sie bereit. In der Steinbildhauerei ist sie fest gebucht. Das ist fast schon wie eine Familie. „Wir sind eine tolle Gemeinschaft in der einen Woche. Wir kennen uns inzwischen ewig, die Atmosphäre ist eine ganz besondere und unser Dozent einfach großartig“, sagt sie. Als Schülerin im Internat probierte sie sich bereits am Ton aus, gestaltete Weihnachtskarten. Der Stein war für sie eine echte Herausforderung. „Was man hier wegmeißelt, ist unwiederbringlich verloren. Jeder Stein hat seine eigene Struktur, die man erstmal kennen lernen muss.“ Diesmal hat sie sogar 3 Objekte geschaffen. Was genau, das weiß sie schon, wenn sie sich die Steine im Vorfeld besorgt.

„Ruhig ein bisschen mutiger sein“

Johanna mit ihrem ersten Kunstobjekt aus Holz.So weit ist Johanna noch nicht. Die 24-jährige Landschaftsgärtnerin kennt sich zwar mit der Natur und ihren Materialien aus. Aus Holz hat sie jetzt aber zum ersten Mal ein Kunstobjekt geschaffen. Der Kopf, an dem sie eine Woche lang gearbeitet hat, ist noch nicht ganz fertig. Aber er bekommt einen Ehrenplatz bei ihr zuhause. Und sie wird weiter machen mit der Holzbildhauerei. „Ich bin froh, durch Zufall in diesem Kurs gelandet zu sein. Es war eine großartige Erfahrung und hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Es ist unbeschreiblich zu sehen, wie ganz langsam etwas entsteht, was man innerlich vor Augen hat.“ Viel Anleitung brauchte sie bei ihrer Sommerakademie-Premiere. „Die war großartig – so konnte ich mich Schritt für Schritt vorantasten.“ Ihre Mutter hatte vor einiger Zeit auch einmal die Sommerakademie absolviert und animierte sie, es selbst einmal auszuprobieren. Schließlich experimentierte die Tochter immer schon mit Ton und Malerei. „Immer zweidimensional – diesmal in 3D“, erzählt sie lachend. Der Satz, den sie mit nach Hause nehmen wird, ist ganz einfach und universell: „Du kannst ruhig etwas mutiger sein.“

Viel zu sehen gab es auf dem Gelände der Ökologiestation zum Abschluss der Sommerakademie.

Regenfluten, fortgewehte Zelte, unerträgliche Hitze, eisige Kälte: Bei 25 Sommerakademien war alles dabei. Immer ein engagiertes Dozententeam, eine erstklassige Versorgung, zwischendrin sogar Kinderbetreuung. Und zum Abschluss gibt es immer eine Ausstellung, bei der stets gute Musik, Leckeres vom Grill und viel Anerkennung für die künstlerische Leistung geboten wird.

Eine Neuauflage wird es natürlich 2023 geben – wie immer in der letzten Woche der NRW-Sommerferien. Also schonmal vormerken, die Plätze sind begehrt.

SoAka22_3
SoAka22_3
SoAka22_4
SoAka22_4
SoAka22_6
SoAka22_6
SoAka22_7
SoAka22_7
SoAka22_9
SoAka22_9
SoAka22_10
SoAka22_10
SoAka22_12
SoAka22_12
SoAka22_13
SoAka22_13

 




Akrobatik verwandelt den Römerpark mit Poesie und Klaschnikov in ein Straßenkunst-Paradies

Feuriges Kabarett auf der Bühne des Kulturpicknicks im Römerpark.

Charmante Jonglage mit Poesie und Musik gab es zum Einstieg.

Feuerspeiende Maschinen, Schlagzeug spielende Ratten, Gummikörper in undenkbaren Verrenkungen, beflügelte Menschen mit fünf jonglierenden Bällen: Märchenhaft war das 2. Kulturpicknick dieses Sommers. Ohne Anmeldungen, mit Liegestühlen und Picknickdecken, mit begeistertem Jubel und Zugaben – und mit fantasievollen Geschichten zur Akrobatik.

Eine verrückte Ratte übernimmt das Schlagzeug.

 

Dass zwischen der Jonglage mit 2, 3, 4 und 5 Bällen die geflügelten Ameisen aus den Ritzen der Arena im Römerpark zum Liebesflug starteten, störte nur ein bisschen. Auch die gefräßigen Mücken konnten den Spaß an der Musik synchron zu betörender Akrobatik nicht wirklich schmälern. Regelrecht poetisch war der Einstieg in das Kulturpicknick. Das begann, als die ersten Dosen mit Käsehäppchen und Olivensticks schon längst geleert waren.

Da fliegen die Bälle bei der beflügelten Jonglage.

Felice und Cortes aus Berlin schauten in gut gelaunte und offene Gesichter, die begeistert mit auf die Reise in fabulöse Welten gingen. Da hob Ikarus beflügelt fast mit den zärtlich auf Armen und Büchern jonglierten Bällen ab. Eine durchgeknallte Ratte ließ die Drumsticks am Schlagzeug gewaltig in die Lüfte fliegen. Am Ende landeten auch die Linkshänder fast im Rattenkrankenhaus, denn sie stampften und klatschten um die Wette zu hochklassigem Gesang. „Ihr seid ein Teil unserer Geschichte, wenn ihr nach Hause geht – und wir sind ein Teil eurer Geschichte.“ Daran gab es nichts zu zweifeln, auch nach mehreren Zugaben nicht, bei denen sich der Hut, der durch das Publikum ging, stattlich füllte.

Abenteuerliche Taverne mit Wodka und Krimi

Hula-Hoop der anderen Art.

Was sich danach in der verrückten Taverne des „Kabaretts Kalaschnikov“ abspielte, war nicht weniger sagenhaft. Dort floss der Wodka für das Publikum in Strömen, dagegen konnte auch der leicht verzweifelte Rotarmist nichts ändern. Die zweifelhafte Bardame klemmte sich lässig die Fersen hinter die Ohrläppchen und verknotete so ziemlich alle Gliedmaßen auf dem Tresen. Die Putzfrau ging im wahrsten Sinne auf die Palme und wirbelte in luftiger Höhe direkt vor der Römermauer herum. Der korrupte Bürgermeister jonglierte mit dem Diabolo und ließ sich Herzen mit Pfeil und Bogen vom Schädel schießen – abgefeuert mit dem Fuß, selbstverständlich.

Einen Gummihandschuh mit der Nase auf dem Kopf aufblasen? Kein Problem!

Das Publikum traute seinen Augen kaum, rieb sich unablässig dieselben und forderte auch hier eine Zugabe nach der anderen. Die Kinder konnte sich im Sand vor der Bühne nicht entscheiden, ob sie angesichts von Feuersäulen aus beängstigenden Waffen die Flucht ergreifen oder vor Unmengen von Hula-Hoop-Reifen, die weibliche Körper emporwirbelten, fasziniert die Bühne kapern sollten. Ein aufregender Abend, der eine Überraschung nach der anderen zu bieten hatte – von Straßenkunst der allerfeinsten Art.

Für das letzte Kulturpicknick am 19. August sollten sich alle schon jetzt Zeit nehmen. Der Andrang wird groß sein, denn das kulturelle Kleinod im Römerpark ist längst schon ein echtes Kulturhighlight des Sommers geworden.

KPicknick_2_22_1
KPicknick_2_22_1
KPicknick_2_22_3
KPicknick_2_22_3
KPicknick_2_22_2
KPicknick_2_22_2
KPicknick_2_22_5
KPicknick_2_22_5
KPicknick_2_22_7
KPicknick_2_22_7
KPicknick_2_22_9
KPicknick_2_22_9
KPicknick_2_22_10
KPicknick_2_22_10
KPicknick_2_22_11
KPicknick_2_22_11
KPicknick_2_22_12
KPicknick_2_22_12
KPicknick_2_22_14
KPicknick_2_22_14
KPicknick_2_22_16
KPicknick_2_22_16
KPicknick_2_22_18
KPicknick_2_22_18
KPicknick_2_22_20
KPicknick_2_22_20
KPicknick_2_22_21
KPicknick_2_22_21
KPicknick_2_22_22
KPicknick_2_22_22
KPicknick_2_22_23
KPicknick_2_22_23
KPicknick_2_22_24
KPicknick_2_22_24
KPicknick_2_22_25
KPicknick_2_22_25




Ein VW-Bulli mit Mission: Revival für Toleranz und Lebensgefühl

Magisch zog der rote Bulli von Anja Kinzel die Besucher an – begleitet vom Eis-Bulli.

Ein knallbuntes Prachtexemplar aus der Ausstellung verbreitet ebenfalls gute Laune.

Mancher wäre am Sonntag am liebsten hineingestiegen in den 50 Jahre alten VW-Bulli und wäre losgebraust. Einfach nur, um ein wenig von dem Lebensgefühl abzubekommen, das aus den knallbunten Bildern von Anja Kinzel aus allen Poren herausquillt. Locker und leicht geht es gechillt durch die Landschaft – ein Gefühl, das angesichts von Kriegen, Corona-, Flüchtlings-, Energie-, Klima-, Preis-, Versorgungs- und noch viel mehr Krisen bitter Not tut.

Auch der Eisbulli hebt die Stimmung – schnell noch auf Hochglanz gebracht.

„Der VW-Bulli erobert Bergkamen“, hieß es deshalb am Sonntag im „Schaufenster“ neben dem Rathaus. Dabei musste der knallrote Oldtimer gar nicht viel dafür tun, einfach nur dastehen. Alle Gäste der Ausstellungseröffnung schlichen mit verzückten Gesichtern drumherum. Fast jeder hatte eine persönliche Geschichte dazu auf Lager. Sei es der Traum von der Freiheit, Flower Power, allen Konventionen einfach mal die kalte Schulter zeigen oder schlicht unglaublich cool sein: Der VW-Bulli weckt Erinnerung und Träume. Hemmungslos und generationenübergreifend.

Viele Gäste kamen zur Open-Air-Eröffnung der Ausstellung.

Thomas Heinzel wies in seiner Begrüßung darauf hin, wie viele Emotionen mit dem Gefährt verbunden sind – so viele, dass auch die E-Flotte des Automobil-Riesen das Kult-Modell wieder aufleben lässt. Kunsthistorikerin Franka Burde griff das Motiv auf ließ das Gefühl von Freiheit, Fernweh, die Entstehung der Pop-Art und ein wenig Spiegelung der Gesellschaft greifbar werden. Heiterkeit verbreitet der Bulli, der vor 70 Jahren als Transporter auf große Fahrt ging und sich schnell zu einem zweiten Zuhause für all jene entwickelte, die ausbrechen wollten. Weg vom Konsum, hin zum Wesentlichen.

Nackte Füße und Stapel aus Habseligkeiten

Franka Burde erklärte aus kunshistorischer Sicht, was die Besucher erwartet.

Da kleben die nackten Füße der Insassen an der Heckscheibe oder auf dem Dach stapeln sich sämtliche Habseligkeiten. Das Peace-Zeichen darf nicht fehlen, die Blumen sowie nicht, wenn Anja Kinzel den Bulli in Ausschnitten in den verschiedensten Momenten festhält. Die Entstehungsprozesse selbst dauern für jedes Bild mehrere Tage: Es werden mehrere Schichten in unterschiedlichen Techniken aufgetragen. So ist das Werk schon bei der Entstehung im Wandel. Anders als in der deutlich angelehnten Pop-Art sind alle erdenklichen Farben im Einsatz. Spielerisch ist die Auseinandersetzung mit einem Thema, das Anja Kinzel auch privat ganz entschieden prägt.

Nicht nur Füße an der Heckscheibe wecken Erinnerungen oder Hoffnungen…

„Der VW-Bulli war für mich immer ein echter Lebenstraum – und ich habe lange überlegt, bis ich ihn mir vor drei Jahren endlich erfüllt habe“, erzählt die Lünenerin, die zeitweilig auch in Bergkamen lebte und bei der Stadtverwaltung arbeitete. Privat ging es oft nach England, mitten hinein in die Surfer-Szene. Dort war der Bulli allgegenwärtig – und eine echte Leidenschaft begann. „Er entschleunigt. Mit dem VW-Bulli kann man einfach nicht schneller vorwärtskommen, als der Motor hergibt“, sagt wie. Und: „Man wird überall sofort angesprochen. Jeder hat eine persönliche Geschichte, die mit dem VW-Bulli in irgendeiner Form verbindet.“

Andre Schwickert lieferte die passende Musik aus den 60ern und 70ern.

Vielleicht sollte man den VW-Bulli auf Friedensmission schicken? In Bergkamen strahlt er nun jedenfalls hemmungslos sein Lebensgefühl aus und verbreitet die frohe Botschaft von der Lässigkeit und Toleranz. Nicht nur als Eiswagen, bei dem die süße Abkühlung noch eine Spur besser schmeckt als normal. Auch mit der Musik, die untrennbar mit ihm verbunden ist – präsentiert am Sonntag von Andre Schwickert.




In Zelten und im Escape-Room in das mittelalterliche Leben abtauchen

Schwertkämpfe durften nicht fehlen.

Urinschau und Schweineblase beim Medicus.Ob der gemeine Oberadener im Mittelalter an der Holz-Erde-Mauer zur Ader gelassen wurde und mit Pfeil und Bogen auf die Jagd ging, wird wohl niemand mehr herausbekommen. Irgendwo in der Nähe hatte bestimmt die Schweineblase ihren großen Auftritt beim Einlauf, und Wolle wurde garantiert auch mit dem gefärbt, was die Natur hergab – mit inzwischen ausgestorbenen Schafsorten direkt nebenan. Das Mittelalter-Camp am Nachbau der römischen Holz-Erde-Mauer war auf jeden Fall eindrucksvoll.

Wolle wird gezupft.

Allein die mit allen möglichen kreativen Öffnungen vorn und hinten versehenen Kleidungsstücke waren spektakulär. So war ein dringendes Bedürfnis meist schnell umgesetzt. Grobe Baumwolle, gewickelte Gamaschen und sehr grobes Schuhwerk trugen den mittelalterlichen Menschen durchs meist übelriechende Leben. Die heutigen Darsteller hatten aber fast die gleichen Probleme wie die Menschen vor allerhand Jahrhunderten. Wie schützt man sich vor gefräßigen Mücken, stechendem Sonnenschein, sofort danach folgenden Sintfluten und einer Zeckenplage? Eichenprozessionsspinner wird es damals wohl weniger geballt gegeben haben.

Mit Ölen und Schindeln ums Überleben kämpfen

Ein Blick auf die mittelalterliche Küche.

Alle möglichen Sorten von Ölen wurden damals auf die selten gewaschene Haut aufgetragen. Toilettenspülungen gab es nicht wirklich und auch Waschen war ein Luxus. Entsprechend würzig war der Duft, der jeden Menschen im Mittelalter umgab. Zumal auch noch die vier Säfte im Körper ihr Unwesen trieben: Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle. Da wurde mit Schröpfköpfen und Kräutern hantiert, um die vielen unheimlichen Krankheiten auszumerzen. Blut durfte nicht fließen außer beim Aderlass, das hatte die Kirche zwischenzeitlich verboten.

Schindeln für das Dach waren echte Schwerstarbeit.

Dafür ging es deutlich spannender zu, denn niemand wusste genau, wie lange er oder sie Pest und Cholera, Pocken und anderes überleben würde. Wer das schaffte, dem drohte in einem der vielen Kriege das frühe Ende. Dagegen wappnete sich die meisten mit einer Vielzahl von Waffen, nicht nur Pfeil und Bogen. Schindeln und Fachwerkwände mussten außerdem her, um ein Dach über dem Kopf und den wertvollen Lebensmitteln zu haben. Auch das zeigten die Darsteller am Wochenende. Jeder konnte sich selbst mit Hobel und Axt ausprobieren. Mal eben passgenau ein Lederstück in einen Gürtel verwandeln, die Punzen richtig setzen, einfädeln und nähen, die Schafe im Verschlag unterbringen: Alles gar nicht so einfach.

Juchu: Im Escape-Room ist die Lösung des Rätsels gefunden.

Ganz schön mühsam war das Leben, es drehte sich rund um die Uhr darum, überhaupt zu überleben. Der Speisenzettel war damals deutlich kürzer als heutzutage und zumeist wenig freudvoll. Auf die selbstgeschnitzten Teller kam, was Bäume, Wälder und Äcker hergaben. Wie gefährlich es zuweilen werden konnte, zeigte auch der Escape-Room, der mittendrin aufgebaut war. Im 14. Jahrhundert etwa legten sich die lokalen Landesherren gewaltig miteinander an, weil es um die Ausweitung der eigenen Ländereien ging. Es wurde belagert, gebrandschatzt, entführt, erpresst. Rund um den Grafen von der Mark entspinnt sich einen spannende Kriminal-Geschichte mit einem wahren Kern, die von den meisten innerhalb einer knappen Stunde mit vielen historischen Rekonstruktionen und Hilfestellungen gelöst wurde.

Mittelalter1
Mittelalter1
Mittelalter2
Mittelalter2
Mittelalter5
Mittelalter5
Mittelalter7
Mittelalter7
Mittelalter10
Mittelalter10
Mittelalter11
Mittelalter11
Mittelalter12
Mittelalter12
Mittelalter13
Mittelalter13
Mittelalter14
Mittelalter14
Mittelalter15
Mittelalter15
Mittelalter17
Mittelalter17
Mittelalter19
Mittelalter19