Betrug bei der Arbeitslosenunterstützung: Zwei Anklagen – keine Verurteilung
von Andreas Milk
Zwei Betrugsanklagen verhandelte das Kamener Amtsgericht an diesem Dienstag – in dem einen Fall war das Jobcenter in Bergkamen „Schauplatz“ der mutmaßlichen Straftat, in dem anderen die Arbeitsagentur in Kamen. Verurteilt wurde am Ende keiner der beiden Angeklagten. Einen sprach der Richter frei; den anderen verpflichtete er zur Zahlung eines hohen Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung, danach wird das Verfahren eingestellt.
In dem Fall aus Kamen ging es um rund 900 Euro. Dieses Geld soll der Angeklagte – heute Außendienstmitarbeiter einer Brauerei – von der Arbeitsagentur im Spätsommer vorigen Jahres bezogen haben. Und das, obwohl er in der Zeit erst geringfügig, dann sogar sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Er selbst sagt: Er sei davon ausgegangen, dass Daten automatisch ausgetauscht werden und er die Agentur gar nicht über die Arbeitsaufnahme zu informieren braucht. Der Richter hielt ihm vor, es habe laut Akten mehrere Kontakte zwischen ihm und Agentur-Mitarbeitern gegeben – ob er denn gar nicht auf die Idee gekommen sei, seine neuen Jobs einfach mal zu erwähnen? 1.200 Euro muss der Mann nun als Buße an die Deutsche Herzstiftung überweisen. Die zuviel bezogenen 900 Euro zahlt er obendrein in monatlichen Raten an die Arbeitsagentur zurück.
Anders lag die Sache bei dem Bergkamener Fall. Knapp 2.500 Euro waren zu Unrecht geflossen an die so genannte Bedarfsgemeinschaft eines Mannes, der längst wieder Arbeit bei einer Logistikfirma gefunden hatte. Das war in der Zeit von Juli bis September 2021. Seiner Aussage nach hatte er seinen neuen Arbeitsvertrag damals in den Briefkasten des Jobcenters geworfen. Direkten Kontakt „auf dem Amt“ gab es nicht. In den Akten landete der Arbeitsvertrag allerdings nicht. Dass das Schreiben verklüngelt worden sein konnte, hielt eine als Zeugin geladene Jobcenter-Mitarbeiterin für äußerst unwahrscheinlich: Arbeitsaufnahmen seien schließlich „der größte Schatz, den wir haben“, erklärte die Frau. Der Richter wandte ein, wo Menschen arbeiteten, passierten auch Fehler. Für den Angeklagten sprach, dass er nach Auffliegen des Falls bei einem Datenabgleich prompt reagierte, Unterlagen nachreichte und mit der Rückzahlung der 2.500 Euro begann. Vor Gericht redete er sich auch nicht mit Unwissenheit heraus. Der Richter sprach ihn frei. Zwar sei es möglich – und nicht einmal unwahrscheinlich -, dass der Mann doch betrügen wollte. „Aber wir machen hier keine Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern Rechtsprechung“. Heißt: Im Zweifel für den Angeklagten.