Mit viel Humor und Ernst die Schaltstellen besetzen
Zwischen den Extremen unbescheiden schalten und walten mit Platz für Anerkennung: So erhofft sich der 36. Internationale Frauentag in Bergkamen die Zukunft für die Frauen. Mehr Selbstbewusstsein, mehr Schalter umlegen, mehr Schaltstellen besetzen, mehr Eintreten für Werte, die es mit den Folgen der modernen Gesellschaft aufnehmen. So sehen die Mittel der Zukunft aus. Denn bei allem Humor, der am Sonntag traditionell im Treffpunkt im Vordergrund stand: Es steht immer noch mehr schlecht als recht um die Gleichberechtigung.
Martina Bierkämper sieht die Frauen als Gleichstellungsbeauftragte wieder oder auch immer noch zwischen den Extremen sitzen. Zwischen jenen, die ein „Amazonia“ samt Weltherrschaft der Frauen befürchten – und jenen, die sich die Frau zurück zu Herd und Kind wünschen. Der Mensch müsse in den Mittelpunkt gestellt werden in einer modernen Gesellschaft, in der flexible Familienstrukturen, gleiche Bezahlung und Chancen selbstverständlich sein sollten. Selbstverständlich ist da aber noch lange nichts. „Vieles ist immer noch ein Dauerthema“, betonte Bürgermeister Roland Schäfer. Gleiches Gehalt, Spitzenpositionen: „Es bleibt noch viel zu tun“, so seine Bilanz. Die war im Übrigen die letzte als Stadtoberhaupt beim Internationalen Frauentag – „mit viel Wehmut“, wie Schäfer zugab. Allerdings: „Ich werde auch in Zukunft kommen!“
Denn ein Besuch im Treffpunkt lohnt sich immer, wenn hier die Frauen die Macht übernehmen – wenigstens einen Tag lang. Dann steht traditionell der Humor im Vordergrund, diesmal unter der beschwingten Federführung von Kabarettistin Anka Zink. Die nahm die Schaltstellen im Motto des Frauentags mehr als selbstbewusst auf und nannte ihr Programm gleich „Schaltjahr“. Denn eigentlich sitzen die Frauen ja längst an den Schaltstellen – den wirklich wichtigen. Sie sind zum Beispiel dort schlau genug, es Männern machen zu lassen, wo es schlicht nervig und langweilig wird wie beim „Computerkram“. Frauen haben längst erkannt, dass sie mit dem Handy die wahren Fußfesseln der modernen Gesellschaft und neuen Wanzen im Wohnzimmer mit sich herumtragen. Wie zum Hohn klingelten deshalb auch diverse mobile Endgeräte im Publikum mehrfach auf, ohne dass ein Gegenmittel gefunden werden konnte.
Anka Zink hetzte unentwegt auf – für mehr Selbstverantwortung und Selbstbehauptung. Einfach mal wieder nach Schildern fahren, digitale Unfälle in Kauf nehmen und sich daran erinnern, dass es durchaus nützlich ist, Wörter und Sätze auch vor dem Schreiben zu kennen. Blondinenwitze haben jedenfalls mit Blick auf prominente Politiker wie Trump und Johnson ihre Berechtigung, ebenso wie das Fragen nach dem Weg. Auch im letzten Fall waren Männer im Laufe der Geschichte auf fatalen Irrwegen unterwegs wie Moses, Kolumbus oder Odysseus. Was passieren kann, wenn der Politik ihre Zielgruppen abhandenkommen, zeigte Anka Zink auf subtile Weise am Beispiel der SPD. Der fehlen die Arbeiter, die wiederum nicht mehr ausgebeutet, sondern schlicht überflüssig werden, sich der Langeweile ergeben und am Ende komische Parteien mit komischen Politikern wählen.
Vom misslungenen Workflow über die erloschene Gelinggarantie jenseits des Thermomix bis zum Schrittzähler am Mixer: „Es gibt noch viel Potenzial“, bilanziert auch sie gutgelaunt und wird dann richtig ernst. „Wir müssen dabei für jeden Anerkennung und einen Platz im Leben übriglassen – denn Anerkennung kostet nicht viel, nur Überwindung“, sagt sie, nicht nur mit Blick auf unterbezahlte Pflegeberufe.
Wie es sich anfühlt mit den Schaltstellen, das zeigte das Frauentagsquiz zum Abschluss. Einen Schalter hat der Frauentag schon umgelegt. Die Stände im Foyer gibt es nicht mehr, nur noch einen Tisch für alle – um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Erlöse gehen übrigens einmal mehr an das Mädchen- und Frauennetzwerk und an das Frauenforum.